Protocol of the Session on April 16, 2008

Vorweg lasse ich über die vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung empfohlenen Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/9880 und 10205 abstimmen. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen dem Änderungsantrag auf Drucksache 15/9880 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt’s Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Halt! Wir haben uns enthalten!)

Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat sich der Stimme enthalten. Der Änderungsantrag ist trotzdem abgelehnt.

Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen dem Änderungsantrag auf Drucksache 15/10205 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

derung von Treibhausgasemissionen, aber was bringen Sie? – Sie bringen immer noch die bekannten minus 10 Millionen Tonnen. Das haben Sie im Jahr 2000 bereits gesagt, das haben Sie 2003 gesagt, und das sagen Sie 2007. Inzwischen liegen die alarmierenden UNO-Klimaschutzberichte vor, die wirklich zum Handeln veranlassen – aber bei Ihnen: absolute Fehlanzeige. Auf diesen zehn Seiten, auf denen es um die Minderung von Treibhausgasemissionen geht, gibt es keine einzige konkrete Zahl, um wie viel Sie mit Ihren Maßnahmen die CO2-Emissionen reduzieren wollen.

Damit sind wir am entscheidenden Punkt. Genau darauf zielt unser Dringlichkeitsantrag. Ihr Klimaprogramm liegt ein halbes Jahr zurück. Bis heute haben Sie für Bayern keine einzige Zahl betreffend die Reduktion genannt.

Insofern sagen wir in Punkt 1 unseres Dringlichkeitsantrags: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, ein belastbares Szenario vorzulegen, in dem dargelegt wird, welche Ziele der Reduktion von Treibhausgasen in Bayern in den nächsten Jahren bis 2020 angestrebt werden sollen.“ – Kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass Sie um 10 Millionen Tonnen, von 90 Millionen Tonnen auf 80 Millionen Tonnen heruntergehen. Das bedeutet gerade einmal 4 % oder 5 % Reduktion bezogen auf 1990, dem Vergleichsjahr des Kyoto-Protokolls. Und das Kyoto-Protokoll fordert für Deutschland 21 % Reduktion. Sie reden von den 10 Millionen Tonnen im Jahr 2000, im Jahr 2003 und im Jahr 2007. Gerade so wie das hundertjährliche Hochwasser, das Bayern alle drei Jahre heimsucht, so kommen Sie mit Ihren 10 Millionen Tonnen.

Das ist zeitlich zu kurz gegriffen. Wir brauchen ein Szenario für Bayern bis 2020, und wir brauchen anspruchsvolle Ziele. Erst brauchen Sie das Szenario, und dann prüfen Sie bitte Ihre Maßnahmen, die dort drinstehen. Sagen Sie doch, welche Reduktion bringen die Maßnahmen, die Sie im „Klimaprogramm Bayern 2020“ festgelegt haben. Diese Zahlen endlich vorzulegen, fordern wir Sie in Punkt 2 unseres Antrags auf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sagen Sie, wie weit Sie die CO2-Emissionen mit diesen Maßnahmen – insgesamt 350 Millionen Euro, wobei Forschungsmittel und Hochwasserschutz enthalten sind – reduzieren wollen. Wenn Sie mutig sind, sagen Sie auch, wie weit Sie die Emissionen in der Landwirtschaft reduzieren wollen. Dazu ist überhaupt nichts in dem Programm enthalten. Ich denke beispielsweise an Stickoxide, Lachgas und Methangas. Welche Vorschläge haben Sie dazu anzubieten? – Bisher haben wir nichts gehört.

Im Gegenzug hat die Fraktion der GRÜNEN eine Energieverbrauchsstudie in Auftrag gegeben. Die sogenannte Klimastrategie Bayern haben wir durchrechnen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben sie ebenfalls im letzten Herbst vorgelegt. Es sind fünf Maßnahmenpakete genannt, die es umzusetzen gilt und die ich Ihnen gerne nenne. Wir haben auch durch

Ich darf um Ihre Aufmerksamkeit bitten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Warum Namentliche Abstimmung? Herr Kaul, das kann ich Ihnen sagen. Klimaschutz ist eine der größten zentralen Herausforderungen, die wir bewältigen müssen,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und zwar hier in Bayern, in Deutschland, EU-weit und weltweit.

Sie wissen, das Handlungsfenster ist klein; es sind 13 Jahre. Wenn ich mir ansehe, was die Bayerische Staatsregierung bis jetzt leistet bzw. an Programmen vorgelegt hat, dann muss ich feststellen, das ist leider viel zu wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beispielsweise haben wir von der Bayerischen Staatsregierung Mitte November 2007 ein sogenanntes Klimaschutzprogramm vorgelegt bekommen.

(Henning Kaul (CSU): Ein sehr gutes!)

„Klimaprogramm Bayern 2020“, so heißt es. Sie investieren 350 Millionen Euro in vier Jahren. Allein für die energetische Sanierung staatlicher Gebäude haben Sie es gerade geschafft, 37 Millionen Euro pro Jahr bereitzustellen. Das ist zu dürftig.

(Zuruf des Abgeordneten Henning Kaul (CSU))

Jetzt sind wir an diesem Punkt, Herr Kaul. Vielleicht könnten Sie nachher einfach ans Rednerpult gehen, anstatt sich mit meinen qualifizierten Kolleginnen quer durch den Raum zu unterhalten. Das tue ich auch gerne, aber jetzt stehe gerade ich am Pult – –

(Henning Kaul (CSU): Da sehen Sie einmal, wie das ist!)

Herr Kaul, wenn Sie Ihr eigenes Programm lesen würden, das Sie gerade in Zwischenrufen so gelobt haben, dann würden Sie feststellen, dass auf Seite 9 steht: „Ziel der Staatsregierung ist es, die Maßnahmen von Bund und EU wirksam zu ergänzen.“ – Das sind hohle Worte angesichts dessen, was Sie machen wollen. Der Bund will eine CO2Reduktion um 40 % bis zum Jahr 2020. Er hat in den Meseberger Beschlüssen vom August 2007 29 Maßnahmen benannt. Bis heute ist keine einzige dieser Maßnahmen wirksam umgesetzt. Das sage ich Ihnen, die Sie als CSU Teil dieser Bundesregierung sind.

Die EU hat eine Reduktion um 20 %, wenn andere Industriestaaten mitmachen eine Reduktion um 30 %, beschlossen. Und was will Bayern mit diesem Programm? – Sie haben zwar in Ihrem Programm zehn Seiten zur Min

gien versorgen können. Wir haben in der Strategie des Öko-Instituts als Brücke verstärkt Erdgas eingesetzt. Wir wollen den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien, eine verstärkte Effizienz durch Kraft-Wärme-Kopplung plus den Atomausstieg.

Ich habe schon gesagt, bei ihrem Referenzszenario haben wir bis 2020 einen Anstieg der CO2-Emissionen um 25 %. Das kann doch wohl nicht Ihr vorbildlicher und wirkungsvoller Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele des Bundes und der EU sein. Unsere Maßnahmenpakete schaffen auch nicht die geforderten 40 %, das sagen wir ganz offen. Wir haben mit unseren Maßnahmenpaketen, die ich Ihnen hier grob skizziert habe, bis 2020 in Bayern eine Einsparung bei den CO2-Emissionen um 15 %, bis 2030 um 29 % im Energiesektor. Aber wenn wir zusätzlich konsequent auf dem Verkehrssektor und in der Landwirtschaft handeln, dann haben wir die Option, auf weitere Emissionsminderungen zu kommen, die sich dem Ziel der Bundesregierung von minus 40 % annähern.

Das ist Aufgabe in dieser Stunde, Aufgabe dieses Parlaments und Aufgabe der Staatsregierung. Es ist nicht hinnehmbar, dass beispielsweise eine CSU-Generalsekretärin, Frau Haderthauer, hier ihre Kritik am geplanten Atomausstieg äußert

(Henning Kaul (CSU): Die Frau Haderthauer!)

und behauptet, der Atomausstieg sei angesichts der Biomasse- und Nahrungsmittelpreisdiskussion unmoralisch. Ich sage Ihnen, was unmoralisch ist: wenn wir den Atomausstieg nicht, wie es vorgeschrieben ist, fortsetzen. Unmoralisch ist es, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nachfolgende Generationen Zehntausende Jahre strahlenden Atommüll zu hinterlassen. Das ist unmoralisch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unmoralisch ist es ebenso, der heutigen Generation ein erhöhtes Krebsrisiko durch radioaktive Emissionen, sei es aus dem laufenden Betrieb, sei es durch Störfälle oder sei es durch Angriffe auf AKWs, aufzubürden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das, meine Kolleginnen und Kollegen der CSU, ist unmoralisch. Atomstrom ist ersetzbar. Das zeigen viele Berechnungen. Darum sind Sie angehalten, gemäß unserem Dringlichkeitsantrag ein Reduktionsszenario für Treibhausgasemissionen vorzulegen, das auf der Grundlage des Atomausstiegsgesetzes von 2002 basiert. Das ist moralisch. Das ist eine dringende moralische Verpflichtung.

Ich will eine letzte Zahl nennen, weil Sie sicherlich sagen werden, dass der Ausstieg aus der Atomenergie nicht möglich sei. Atomstrom ist ersetzbar. Beispielsweise hat der Zuwachs von Strom aus erneuerbaren Energien von 2006 auf 2007 zu einer Reduktion von 14 Millionen Tonnen CO2 in diesem Jahr geführt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

rechnen lassen, was können diese Maßnahmenpakete an Reduktion von Treibhausgasen bringen.

Das Aktionspaket Nummer 1 betrifft die öffentlichen Liegenschaften. Es geht zum Beispiel um den Ausbau des Energiemanagements in öffentlichen Gebäuden – was schon lange aussteht –, die Verbesserung des Sanierungsstandes – was der Rechnungshof seit über 20 Jahren fordert – und die klimaschonende Beschaffung durch die öffentliche Hand. Das liegt in der Zuständigkeit Bayerns. Man kann ausrechnen, was bringt das, wenn man es konsequent umsetzt.

Das zweite Aktionspaket betrifft die Gebäude generell. Es geht zum Beispiel um die Verbesserung des Vollzugs der Energieeinsparverordnung, die klimaschutzorientierte Bauleitplanung und ein Austauschprogramm Stromheizungen. Oder das Aktionspaket zu erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung: Nutzungspflicht erneuerbarer Energien im Wärmesektor beispielsweise. Baden-Württemberg hat dazu ein Landesgesetz auf den Weg gebracht. Das Bundesgesetz ist in weiter Ferne. Weiter: Ausbauoffensive Windkraft, Förderschwerpunkt Tiefengeothermie – da haben Sie nur einen ganz kleinen Ansatz.

Ein weiteres Aktionspaket betrifft das Stromsparen in privaten Haushalten. Es geht dabei beispielsweise um die Optimierung der Heizungssysteme. – Fehlanzeige bis jetzt. Wir haben auch ein Aktionspaket für die Industrie, das beispielsweise die Förderung von Energieeffizienznetzwerken voranbringt. Zu denken ist an die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung mit dem Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen. – Das sind Handlungsschwerpunkte und Maßnahmen, die wir in Bayern umsetzen können. Sie liegen in der Verantwortung der Länder. Wir fordern Sie heute auf, ein solches Szenario vorzulegen. Der nächste Schritt ist, zu sagen, diese und jene Maßnahme führen wir durch; denn sie bringt diese und jene Reduktion. Wir müssen hier endlich Nägel mit Köpfen machen und ganz klar sagen, wohin der Weg gehen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In unserem Szenario „Klimastrategie Bayern“ haben wir zum Vergleich eine Referenzstudie aus dem Wirtschaftsministerium zugrunde gelegt. Letztes Jahr wurde wohl eine neue Energieverbrauchsstudie ausgeschrieben, aber in der Referenzstudie, die derzeit auf dem Tisch liegt und aus dem „Energiedialog“ stammt, haben wir eine Zunahme der Emissionen. In dem Referenzszenario ist von einer Zunahme der CO2-Emissionen bis 2020 um 25 % die Rede. Das ist Ihre aktuelle Studie aus dem Wirtschaftsministerium, wie Sie sich die weitere Entwicklung auf dem Energiesektor in Bayern vorstellen.

Wenn wir jetzt fordern, legen Sie ein neues Szenario vor, dann hat das unter folgenden Bedingungen zu geschehen: Erstens Einsparung, zweitens Atomausstieg und drittens Ausbau erneuerbarer Energien. Wir haben dann auch hier die Diskussion zu führen, welche fossilen Energieträger setzen wir in der Übergangszeit ein, bis wir uns Mitte dieses Jahrhunderts vollständig mit erneuerbaren Ener

Treibhausgasen in Bayern in den nächsten Jahren bis 2020 angestrebt werden sollen. …

über die zu erwartenden Reduktionen des am 16.11.2007 vorgelegten Klimaprogramms Bayern 2020 zu berichten.

Der Antrag stammt vom 15.04.2008. Am 12.03.2008, gerade mal vor vier Wochen, hat der Bayerische Landtag einen Antrag der GRÜNEN beschlossen. Ich zitiere den Text:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Landtag über die Empfehlung des im April 2007 eingerichteten Klimarats baldmöglichst zu berichten. Dabei sind die Zielvorstellungen zur Reduktion der Treibhausgase, die Handlungsbereiche und die konkret vorgeschlagenen Maßnahmen zu benennen.

Werte Kollegin, der heutige Dringlichkeitsantrag ist nichts anderes als der gleiche Beschluss, den wir gefasst haben, nur in andere Worte gekleidet. Ich hoffe, dass irgendwann ein eifriger Journalist den Neuigkeitswert von Anträgen der GRÜNEN analysiert und uns und der Öffentlichkeit vorlegt. Sie sollten sich endlich Zeit nehmen, bevor Sie Anträge stellen – –

(Wortmeldung der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))