Protocol of the Session on April 16, 2008

Ich erinnere mich noch sehr gut, meine Damen und Herren, an den Kürzungshaushalt, den Nachtragshaushalt 2004, der hier beraten worden ist. Wir haben viele Vorschläge dazu eingereicht, und Sie haben immer gesagt: Ja, das ist gut, was Sie vorschlagen – aber wo bleibt der Deckungsvorschlag? Das haben Sie auch bei geringsten Beträgen gesagt. Für Sie ist das jetzt alles vergessen, ein halbes Jahr oder fünf Monate vor der Landtagswahl. Die Wahlgeschenke werden verteilt, ohne dass Sie Deckungsvorschläge machen.

(Beifall bei der SPD)

Punkt zwei geht also nicht. Über den Punkt drei kann man sich unterhalten. Aber diese Frage wird nicht hier im Landtag entschieden, sondern im Deutschen Bundestag. Auch hier haben Sie keinen Deckungsvorschlag gemacht. Aus Ihrer Sicht – das nehme ich jedenfalls an – macht das nur Sinn, wenn in Bayern keine höheren Sätze verlangt werden als im übrigen Bundesgebiet, sondern niedrigere. Wenn die Einnahmen jetzt 1 Milliarde Euro betragen, müssen Sie eben einen Deckungsvorschlag machen, wenn die Einnahmen jetzt auf 800 oder 600 Millionen Euro heruntergehen.

Dasselbe gilt für die anderen Spiegelstriche. Mit den beiden ersten sind wir einverstanden. Wir haben deshalb beschlossen, uns bei diesem Antrag der Stimme zu enthalten, weil wir natürlich auch im Blick auf Berlin koalitionstreu bleiben wollen. Wir wollen uns an die getroffenen Vereinbarungen halten und werden uns daher bei der Abstimmung über diesen Antrag der Stimme enthalten.

(Beifall bei der SPD)

dass die Erbschaftsteuer für den Freistaat Bayern – wir liegen auf Bundesebene ziemlich weit oben; auf Bundesebene sind es vier Milliarden Euro – eine Milliarde Euro bzw. 900 Millionen Euro ausmacht. Das schwankt immer leicht. Aber es ist rund eine Milliarde Euro. Sagen Sie doch einmal, woher Sie das Geld im Haushalt nehmen wollen, das Sie aufgrund der Änderungen des Gesetzentwurfs brauchen würden. Das ist eine Finanzpolitik, die sicherlich nicht seriös genannt werden kann. Sie verweisen immer auf andere Länder. In Österreich gibt es zwar keine Erbschaftsteuer, aber die Steuersysteme anderer Länder kann man nur insgesamt vergleichen, und man kann sich nicht einzelne Steuerarten herauspicken.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was würden Sie denn sagen, wenn wir vorschlagen würden, in Deutschland oder in Bayern die Lohnsummensteuer wieder einzuführen, wie sie in Österreich verlangt wird? – Da würden Sie auch sagen, das ist Unsinn und vernichtet Arbeitsplätze. – Es ist also eine unsachliche Vorgehensweise, sich einzelne Bereiche herauszupicken und dann zu sagen: So wollen wir es auch. Wenn wir diesen Wettbewerb der Steuersysteme in Europa weiterhin betreiben und uns überall nur das Günstigste herauspicken und sagen, das ist die optimale Lösung, dann wird der Staat künftig noch stärker unterfinanziert sein, als er es heute ohnehin schon ist.

(Beifall bei der SPD)

Nach Angaben der OECD – das ist heute schon einmal gesagt worden –, haben wir in Deutschland eine Steuerlastquote von 21 %. Damit liegen wir auf der Skala der Industrieländer am unteren Ende. Ich räume allerdings ein, dass es dabei auch auf die Verteilung ankommt.

(Engelbert Kupka (CSU): Die Soziallastquote!)

Völlig richtig. Denn die Arbeitnehmer und der Mittelstand sind zum Teil überproportional belastet gegenüber Großkonzernen und international tätigen Unternehmen; das ist klar. – Soweit zur allgemeinen Regelung.

Jetzt zu einzelnen Punkten, Herr Kollege Kupka. Im Großen und Ganzen hätten Sie sich den Antrag sparen können, weil die Entscheidungen im Bundesrat unter Federführung von Bayern und Rheinland-Pfalz fallen; Sie haben die Debatte sicherlich genau verfolgt. Wir haben das damals schon unter Faltlhauser und Mittler gemacht; und jetzt sind es Deubel und Huber. Ich verstehe nicht, dass Sie nicht koalitionstreu, nicht vertragstreu sind. Sie treffen Abmachungen in der Koalition und vereinbaren Regelungen, sind aber nicht bereit, diese Regelungen auch hier im Bayerischen Landtag einzuhalten. Das ist doppelzüngig und unehrlich.

(Beifall bei der SPD)

Im ersten Punkt Ihres Antrags geht es um die Behaltensfrist von 15 Jahren, die im Referentenentwurf stand. Sie ist längst vom Tisch. Der Bundesrat hat, glaube ich, ein

Aber auch inhaltlich ist der Antrag für uns nicht zustimmungsfähig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben uns eben im Rahmen der Haushaltsdebatte darüber unterhalten, dass Sie acht einzelne Vorschläge zur Steuererleichterung machen, acht Vorschläge, die ungedeckt sind. Wir halten das für unredlich.

Es geht aber auch, uns GRÜNEN jedenfalls, darum, dass wir den Wert der Erbschaftssteuer anerkennen. Wir sagen Ja zu dieser Steuer, weil sie eine Gerechtigkeitssteuer ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die soziale Kluft in der Gesellschaft vergrößert sich. 10 % der Bevölkerung besitzen über zwei Drittel des gesamten Volksvermögens; die ärmere Hälfte besitzt nichts. Wir wissen, dass Deutschland so wohlhabend ist wie noch nie. Insgesamt dürfte das Vermögen bei rund 5 400 Milliarden Euro liegen. Das ist gut so. Bei einer gleichmäßigen Verteilung wären das 81 000 Euro pro Kopf. Die Realität ist aber, dass immer mehr Menschen immer weniger haben und einige immer mehr. Die Ungleichheit der Vermögensverteilung in Deutschland verharrt nicht einmal beim ungerechten Status quo, sondern sie verschärft sich.

Die von Ihnen geplante Erbschaftssteuerreform, die von der großen Koalition, also von CSU und SPD geplante Steuerreform, wird eine stärkere Entlastung der Vermögenden zur Folge haben. Die Schere zwischen arm und reich wird sich also weiter öffnen. Genau das wollen wir nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sagen deshalb Ja zur Gerechtigkeitssteuer „Erbschaftssteuer“. Sie hat nicht nur wegen der Einnahmen eine ausgleichende Wirkung auf das Vermögen, sondern auch wegen der damit eröffneten staatlichen Handlungsspielräume. Sie leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Umverteilung des Vermögens zwischen den Generationen und zwischen den Schichten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist der Kern unserer Überlegungen. Ihre Überlegungen hingegen, Herr Kollege Kupka, – Sie haben das weniger hier als vielmehr vorhin beim Nachtragshaushalt klargemacht –, ist eine andere. Sie wollen die Erbschaftssteuer immer weiter zurechtstutzen, bis Sie irgendwann an dem Punkt sind, an dem Sie sagen: Die Bürokratiekosten sind zu hoch, sie lohnen sich nicht, lasst uns die Steuer abschaffen!

(Engelbert Kupka (CSU): Das ist doch heute schon der Fall!)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Hallitzky. – Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gestern gefragt, was dieser CSU-Antrag eigentlich soll – ein Antrag, mit dem Sie den Ministerpräsidenten und einen Fachminister, sei es Huber oder Söder, auffordern, im Bundesrat etwas zu tun. Es gibt eigentlich nur drei Möglichkeiten, wie so ein Antrag begründet ist: Entweder die tun nichts, wenn Sie sie nicht dazu auffordern,

(Beifall bei den GRÜNEN)

die zweite Variante ist – schlimmer noch – dass die beiden nicht wissen, was sie in Berlin zu tun haben, wenn Sie es ihnen nicht in den Antrag schreiben,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und die dritte Variante ist – ich vermute, das ist der eigentliche Grund des Antrags, aber sie ist noch viel peinlicher als die beiden anderen –: Sie wissen, dass Sie Ihren Leuten in Berlin den Rücken stärken müssen, weil Sie sonst dort niemand mehr zur Kenntnis nimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

Es zeigt doch die Schwäche Ihrer Führung, wenn Sie heute so einen Antrag stellen müssen.

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift „Cicero“ – nach der eigenen Darstellung „Das Magazin für politische Kultur“ – wird das Ganze noch etwas drastischer formuliert. Ich zitiere:

Nach Milliardenabschreibungen im Bankendesaster, Transrapidpleite, der Niederlage bei den Kommunalwahlen, einer schlingernden Schulpolitik und schließlich noch der Rauchverbotsposse ist die Bayern-vorn-Rhetorik der regierenden CSU verstimmt.

Weiter heißt es in diesem „Magazin für politische Kultur“:

Auch auf dem Berliner Parkett brüllt der bayerische Löwe nicht mehr, er krächzt. Das PleitenPaar von der Isar wird hier spöttisch nur noch als Weißwürstl belächelt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr Antrag von heute ist in diesem Zusammenhang somit eine Initiative zur Rettung Ihrer bayerischen Weißwürstl. Ich sage Ihnen: Er kommt zu spät.

(Beifall bei den GRÜNEN)

wissen aber doch alle, dass sich die Lebenswirklichkeit viel differenzierter darstellt, als das bei diesem einfachen erbschaftssteuerlichen Ansatz der Fall ist. In der heutigen Zeit reicht sie von den Patchwork-Familien über Wahlverwandtschaften bis hin zu Gemeinschaften zum gemeinsamen Älterwerden, bei denen man miteinander und füreinander sorgt. Wenn man diese Fakten zugrunde legt, dann entspricht schon der Gesetzentwurf der großen Koalition nicht der heutigen Lebenswirklichkeit. Doch Sie legen in Nummer 2 Ihres Antrags noch einmal drauf. Wir können diesem Antrag nicht zustimmen. Nicht nur der Verwandtschaftsgrad, sondern der Grad des tatsächlichen Zusammenstehens müsste Grundlage der Überlegung sein.

Den dritten Leitgedanken, Herr Kollege Kupka, den haben Sie so unklar formuliert, dass man von Haus aus gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Sie wollen die Erbschaftssteuer „entsprechend regionaler Besonderheiten“ differenzieren. Was sind denn bitte „regionale Besonderheiten“? Sollen die Niederbayern künftig mehr Steuern zahlen als die Schwaben, damit das sprichwörtlich sparsame Schwabenland künftig etwas mehr hat? Oder sollen jene, die in Starnberg wohnen, mehr zahlen, als die, die in Hof wohnen? – Das ergibt sich aus den Formulierungen Ihres Antrags jedenfalls nicht. In Ihrer Rede haben Sie die Frage eben präzisiert: Es geht wohl um die Zulassung länderspezifischer, und nicht regionaler Unterschiede. Das ist im Text aber nicht erkennbar. Das ist aber ein problematischer Weg. Zum einen, weil wir wissen, und dazu haben Sie sich offen bekannt, dass das die Einfallstür für bestimmte Länder sein soll, um die Erbschaftssteuer abzuschaffen. Diesen Weg wollen wir aber nicht mitgehen. Zum anderen ist der Weg auch verfassungsrechtlich problematisch. Sie lenken von einem Problem ab, das Sie in der Föderalismuskommission offensichtlich nicht lösen können, nämlich dem Problem einer vernünftigen Kompetenzverteilung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fassen wir zusammen: Dies ist ein überflüssiger Antrag zur Rettung des Unrettbaren, der von einer negativen Grundhaltung zur Erbschaftssteuer, die für uns eine Gerechtigkeitssteuer ist, getragen ist. Dies ist ein Antrag, der das CSU-Klientel hofiert und der die Realität des miteinander Lebens in der heutigen Gesellschaft nicht akzeptiert, sondern negiert. Darüber hinaus ist der Antrag unklar formuliert. Einem solchen Antrag können wir nicht zustimmen; wir werden ihn ablehnen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Staatsregierung erteile ich Herrn Staatsminister Huber das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Staatsregierung begrüßt diesen Antrag. Wir halten ihn für eine gute Unterstützung der derzeitigen parlamentarischen Beratung im Deutschen Bundestag und für die abschließenden Beratungen, die dann im Bundesrat stattfinden werden. Ich möchte in besonderer Weise die Frage der Zuständigkeiten herausgreifen, weil dieser Aspekt ab

Das ist heute schon der Fall? – Herr Kupka, Ihre Ehrlichkeit ehrt Sie, leider aber nicht Ihr Ansinnen. Für uns ist Artikel 14 des Grundgesetzes nämlich unteilbar. Sie, als Jurist, haben in dieser Frage vielleicht eine andere Auffassung. Für uns ist es nicht nur ein Wahlrecht, wo man aus ökonomischen Gründen Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 herausziehen kann, so dass man sagen kann: Das Eigentum wird gewährleistet. In Artikel 14 wird auch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums betont.

(Engelbert Kupka (CSU): Das hat doch nichts mit dem Steuerrecht zu tun!)

Es gibt keinen guten ökonomischen Paragraphen und keinen schlechten sozialen Paragraphen, wenn es um die Frage geht, wer über unser Volksvermögen die Verfügungsgewalt hat.