Protocol of the Session on March 16, 2004

(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Schröder regiert doch!)

Da muss man nicht Schröder rufen! Auch Sie sind verantwortlich für das Wohlergehen unseres Landes und damit auch für das Wohlergehen Bayerns, Herr Kollege Waschler. Man kann nicht alles nach Berlin abschieben, wie Sie es tun.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wenn etwas gut läuft, dann haben Sie es gemacht, und wenn es nicht so gut läuft, dann war es Berlin. Diese alte Melodie kennen wir.

(Zurufe von der CSU)

Die Haushaltspolitik Bayerns steht im Jahre 2004 unter dem Motto: sparen, reformieren, investieren. Ich fürchte aber, dass dieses schöne Motto aufgrund seiner Auswirkungen in Zukunft anders lauten wird, nämlich kürzen, zerstören, wiederaufbauen. Das wird das Ergebnis sein.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU: Oh, oh! Schröder ist dran!)

Liebe Freunde, nun zum öffentlichen Dienst. Eine loyale, engagierte, motivierte und leistungsbereite Beamtenschaft ist für unser Land unentbehrlich. Unsere Beamten und Angestellten leisten gute Arbeit, nicht nur die Häuptlinge, sondern auch die so genannten Indianer. Aufgrund der Politik der Staatsregierung allerdings ist der Vertrauensverlust im öffentlichen Dienst sehr groß. Die Stimmung schwankt zwischen Wut und Resignation, hervorgerufen durch die Politik der Staatsregierung.

Der Bruch von Wahlversprechen hat erheblich mit zu dieser Stimmung beigetragen.

„Es wird auch keine Verlängerung der Arbeitszeit geben, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg“, so Edmund Stoiber im April 2003 vor der Landtagswahl.

„Es gibt derzeit keinerlei Überlegungen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit der Polizeibeamten in Bayern; dies gilt ausdrücklich auch für die Zeit nach den Landtagswahlen in Bayern.“ Hermann Regensburger im April 2003.

„Die Bayerische Staatsforstverwaltung sowohl im Hinblick auf die Organisationsform als auch im Hinblick auf die Ausrichtung der Forstreform liegt richtig. Es besteht daher kein Anlass, die Beschlüsse der Bayerischen Staatsregierung zur Forstreform oder zur Privatisierung in Frage zu stellen.“ Erwin Huber am 29. April 2003.

Versprochen – gebrochen, das war das Motto der Staatsregierung nach der Landtagswahl.

(Beifall bei der SPD)

Die Grenze der Opferbereitschaft in der Beamtenschaft des öffentlichen Dienstes ist erreicht, wenn nicht gar überschritten. Verlängerung der Wochenarbeitszeit für alle, der Lebensarbeitszeit für Polizei und Justizvollzugsbeamte, Verlängerung der Wiederbesetzungssperre, Beförderungsstau bei der Polizei, Wegfall des Urlaubs- und Kürzung des Urlaubsgeldes, schlechtere Bedingungen bei der

Beihilfe als in allen anderen Bundesländern. Statt Dank und Anerkennung für ihre Arbeit werden von Seiten der Staatsregierung unsere Beamten noch beschimpft. Wenn Herr Huber im Zuge der Forstreform zu den Förstern sagt: „Wer den Sumpf austrocknen will, darf nicht die Frösche befragen“, dann sind das Sprüche gegenüber unseren Beamten, die diese nicht verdient haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Zuruf von der CSU)

Nach einem Bericht der „Landauer Neuen Presse“ unterstellt Erwin Huber der Lehrerschaft, sie bräuchte nach Schuljahresbeginn drei Wochen, um mit dem regulären Unterricht zu beginnen und sie sammle bereits Anfang Juli die Schulbücher wieder ein. Seine Forderung nach einem Solidaropfer der Lehrerschaft begründet er damit, dass deren Sozialranking weit unten angesiedelt sei. Verehrter Herr Staatsminister Huber, dass dann automatisch eine Retourkutsche vom Philologenverband kommt, was unser Sozialranking anbelangt, haben Sie damit natürlich provoziert.

Was die Reformen des Herrn Staatsministers Huber anbelangt, so hat sich dazu auch der Würzburger Abgeordnete Walter Eykmann geäußert. Er müsste eigentlich hier im Saale sitzen. „Ist Huber im Reformrausch?„, so Walter Eykmann im „Mainecho“ vom 21. Januar diesen Jahres.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das Wort „Reform“ kann man weglassen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Dann stellt er fest: Wenn die Katze übereilt gebiert, dann gibt es blinde Junge. Auch schlechten Stil wirft der Kollege Eykmann dem Staatskanzlisten vor. „So hatte das Kabinett über den Kopf der CSU-Fraktion hinweg die Verlängerung der Wiederbesetzungssperre für öffentliche Planstellen von 9 auf 12 Monate beschlossen. Den zuständigen Abgeordneten wurden solche Neuigkeiten dann nur so nebenbei mitgeteilt.“ So zürnt Eykmann und erklärt, er wolle massiven Widerstand im Landtag ankündigen

(Zuruf von der SPD: Aha!)

So einfach geht das nicht. Er ist im Augenblick nicht da. Ich bin gespannt, wie sich Herr Eykmann bei den namentlichen Abstimmungen verhält, und wie der massive Widerstand aussieht.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Landtagsfraktion jedenfalls dankt allen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes in Bayern für ihre hohen Leistungen und ihre hervorragende Einsatzbereitschaft.

(Beifall bei der SPD)

Die Investitionsquote im Haushalt sinkt. Das hat unmittelbar negative Wirkungen auf Einkommen und Konjunktur und damit auf Investitionen, Beschäftigung und Wachstum. Aber es gibt auch negative Auswirkungen auf den Staat selbst. Professor Thomas Bauer, Präsident des bayerischen Bauindustrieverbandes und Inhaber eines Tiefbauspezialunternehmens, beklagt in einer Pressekonferenz am 12. Februar 2004 – nachzulesen in der Verbandszeitung – den starken Rückgang der Investitionen im Haushalt des Freistaates und stellt zum Effekt der Sparpolitik Folgendes fest:

Das staatliche Vermögen verfällt weiter. Von Verwaltungsgebäuden über Hochschulen und Straßen bis hin zur gesamten kommunalen Infrastruktur. Der Finanzminister

so Bauer

darf sich darauf einrichten, dafür in künftigen Jahren gewaltige Ausgaben einzustellen. Nachdem jeder nicht rechtzeitig behobene Schaden Folgeschäden nach sich zieht, kostet dieses Vorgehen weit mehr als rechtzeitiges Handeln.

(Beifall der Abg. Helga Schmitt-Bussinger (SPD))

Das heißt, wenn im Jahre 2006 die Nettoneuverschuldung ausgewiesen werden sollte, geht das an der tatsächlichen Bilanz des Staates vorbei, denn der nochmalige Substanzverfall der Anlagen wird dabei nicht gerechnet.

Herr Bauer stellt abschließend fest, de facto ist das kein Beitrag zum Schuldenabbau, sondern zum Aufbau neuer Schulden.

Recht hat der Mann mit dieser Analyse der Haushaltspolitik der Staatsregierung.

(Beifall bei der SPD)

Übrigens: Herr Bauer ist nicht nur Präsident des Bauindustrieverbandes, sondern er ist in einem weiteren Ehrenamt Schatzmeister der CSU. Sein Parteivorsitzender und die CSU-Landtagsfraktion sollten auf ihren Parteifreund Bauer hören, meine Damen und Herren. Manfred Christ, der CSU-Abgeordnete aus Aschaffenburg, hat am 13.01.2004 im „MainEcho“ Folgendes erklärt, beziehungsweise dort ist ein Brief von ihm an den Bayerischen Ministerpräsidenten veröffentlicht worden. „Christ gegen Senkung der Investitionsquote“ so lautet die Überschrift. In diesem Brief an Ministerpräsident Edmund Stoiber regt er an, einen Haushalt ohne Neuverschuldung erst für das Jahr 2008 anzustreben.

(Karin Radermacher (SPD): Richtig! Das würde man ihm nicht zutrauen! - Beifall bei der SPD)

Richtig. Mit dieser Aussage des CSU Abgeordneten sind wir einverstanden.

Und weiter unten steht: „Christ kann das Argument, eine geringere Neuverschuldung würde nachfolgende Generationen weniger belasten, nicht nachvollziehen.“ – Das können wir auch nicht, meine Damen und Herren von der CSU.

(Beifall bei der SPD)

„Unsere junge Generation“ so schreibt Manfred Christ „wäre jetzt schon von Arbeitslosigkeit, fehlenden Ausbildungsplätzen, fehlenden Möglichkeiten zur Verselbstständigung und fehlenden Möglichkeiten, ihr Leben sinnvoll zu gestalten, betroffen.“ Jetzt sind wir aber alle sehr gespannt, welche Konsequenzen Kollege Christ aus diesen Aussagen zieht. Nachdem die Investitionsquote so stark abgesunken ist, müsste er auf Grund dieser Aussagen den Haushalt eigentlich ablehnen. Ich bin also sehr gespannt, ob die unterfränkischen CSU-Abgeordneten, die zu Hause vor lauter Kraft nicht laufen können, die in den Zeitungen große Sprüche klopfen, im Landtag zu ihrem Wort stehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Echte Widerstandskämpfer in der CSU! Helden sind das! – Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Ich komme noch darauf zu sprechen Herr Kreuzer. Nur langsam, nur Geduld. Wir haben keine Redezeitbeschränkung. Ich werde das in aller Ausführlichkeit darstellen.

Der vorliegende Haushalt ist unserer Meinung nach, und nach Meinung vieler Kommunalpolitiker, der kommunalfeindlichste Haushalt aller Zeiten. Die CSU-Fraktion ist offenbar bereit, den kommunalfeindlichsten Haushalt, den es in Bayern je gab, zu verabschieden. Mit diesem Haushalt treibt die Staatsregierung unsere Städte und Gemeinden fast schon planmäßig in die Zahlungsunfähigkeit. Ich schlage vor, diesen Haushalt umzubenennen in: „Faltlhauser-Liste zum endgültigen Ruin der Kommunalfinanzen in Bayern“.

(Karin Radermacher (SPD): Sehr gut! – Beifall bei der SPD – Dr. Otmar Bernhard (CSU): Die Landesleistungen sind gleich geblieben.)

Der passende Kommentar des Vorsitzenden des Städtetages, Josef Deimer, des Landshuter Oberbürgermeisters, lautete: „Zuerst ziehen sie dir die

Hosen aus und dann verlangen sie, den Gürtel enger zu schnallen.“

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Wie ruinös der Entwurf des Nachtragshauhalts für Bayerns Kommunen tatsächlich ist, machen folgende Rahmendaten deutlich: 309 Millionen Euro weniger im kommunalen Finanzausgleich bedeuten ein Plus von 5,4 % gegenüber dem Stammhaushalt. Damit sinkt das Volumen des Finanzausgleichs um mehr als doppelt so viel wie das Volumen des Gesamthaushaltes mit einem Minus von 2,6 %. Besonders dramatisch ist die Kürzung bei den Investitionsförderungsmaßnahmen innerhalb des FAG mit einem Minus von sage und schreibe 30,9 %. Absolut sind das 550 Millionen Euro weniger.

Die „Faltlhauser-Liste für den endgültigen Ruin der Kommunalfinanzen in Bayern“ ist ellenlang. Direkte Auswirkungen haben die massiven Kürzungen in Kapitel 13 10, betreffend FAG, aber auch die anderen Kürzungen in den Einzelplänen betreffen die Kommunen zumindest mittelbar. Auch hier gilt leider das Motto: „Den Letzten beißen die Hunde“. Hier ist eine durchaus nicht vollständige Liste der Kürzungen, die teilweise oder voll auf die kommunalen Haushalte in Bayern durchschlagen. Ich muss Sie jetzt leider mit einigen Zahlen behelligen, meine Damen und Herren.

Im Haushalt der Staatsbauverwaltung gibt es bei der Wohnungsbauförderung nach dem Wohnungsbauförderungsgesetz Kürzungen um 40,5 Millionen Euro auf 45,5 Millionen Euro. Im Bildungsetat gibt es Kürzungen bei der Jugendarbeit um 3,8 Millionen Euro auf 21,5 Millionen Euro. Das betrifft zum Beispiel den Bayerischen Jugendring, den Ring politische Jugend und die Personalkosten für Jugendarbeit, die präventive Jugendarbeit usw. Im Bildungshaushalt gibt es ebenfalls Kürzungen: bei der Sportförderung um 6,3 Millionen Euro auf 38,5 Millionen Euro. Insbesondere bei den Übungsleiterzuwendungen und bei der Sportbetriebspauschale wurde gekürzt.