Protocol of the Session on April 8, 2008

Antrag der Abg. Dr. Christoph Rabenstein, Peter Hufe, Adelheid Rupp u. a. u. Frakt. (SPD) Ausbau der wissenschaftlichen Bibliotheken in Bayern zu innovativen Informationszentren 5. Personelle und finanzielle Stärkung der Fachhochschulbibliotheken (Drs. 15/8202)

Antrag der Abg. Dr. Christoph Rabenstein, Peter Hufe, Adelheid Rupp u. a. u. Frakt. (SPD) Ausbau der wissenschaftlichen Bibliotheken in Bayern zu innovativen Informationszentren 6. Beseitigung struktureller Defizite im Personalbereich der Fachhochschulbibliotheken und Hochschulbibliotheken (Drs. 15/8204)

Lage der Universitätsbibliotheken.“ Wir sind hier bei der Mittelzuteilung – Medienetat pro Studierendem – auf dem vorletzten Platz aller Bundesländer. Der Freistaat Sachsen investiert rund 80 Euro pro Studierenden im Jahr, Bayern 29,7. Da kann ich nur sagen: Bayern vorne? – Diesmal liegt Bayern allerdings, wenn ich die Rangfolge anschaue, auf dem vorletzten Platz.

Nach diesem Bericht – und das hat mich auch überrascht – waren alle Mitglieder des Hochschulausschusses, also auch die CSU-Kollegen, der Meinung, dass etwas unternommen werden muss, und die Anträge wurden leicht umformuliert im Eingangssatz – das ist mir jetzt ganz wichtig –: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Rahmen künftiger Haushaltsplanung darauf hinzuwirken….“. Die Anträge wurden dann einstimmig, auch von den CSU-Kollegen, angenommen.

(Beifall der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

So weit, so gut. Hier geht es um das Fachliche. Und nun kommt das Parteipolitische: Im Haushaltsausschuss und im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes werden die Anträge abgelehnt. Diejenigen Abgeordneten der CSU, die von den Dingen Ahnung haben und die Materie kennen, werden von den eigenen Leuten niedergestimmt. Warum wohl?

Es geht hier nicht um Hochschulpolitik, um die Hochschulen, um die Studierenden und die Fachhochschulbibliotheken oder Universitätsbibliotheken – es geht um die Rechthaberei der CSU.

(Beifall bei der SPD)

Es geht hier eindeutig um die Arroganz der Macht: Wir haben die Zweidrittelmehrheit, und da kann der Antrag der SPD noch so richtig sein, er wird dann einfach abgelehnt, wenn es darauf ankommt.

An diesem Beispiel zeigt sich exemplarisch, wohin wir nach 50 Jahren CSU-Regentschaft gekommen sind. Das erkennen die Betroffenen, und das erkennen zunehmend auch die Wähler.

Es wurde dann immer wieder das Argument gebracht, die Anträge wären – ich bin sicher, das kommt auch heute, und das hat auch der ehemalige Staatssekretär Freller so gebracht – in der Sache ja richtig, aber da sie die Finanzen beträfen, könnten sie in der Form nicht gestellt werden. Auch das ist natürlich vorgeschoben. Zum einen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen: Warum hat dann der Fachausschuss dafür gestimmt? Und zum Zweiten: Fast alle Anträge, die in den Ausschüssen – auch von der CSU – gestellt werden, sind natürlich finanzrelevant. Dann könnten wir gleich mit der Arbeit in den Ausschüssen weitgehendst aufhören,

(Beifall der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

dann noch einmal intensiv im Ausschuss diskutiert, und wir haben uns auch geeinigt, dass wir, bevor wir darüber abstimmen, einen Bericht des Staatsministeriums anfordern. Staatsminister Dr. Goppel hat dann einen 30-seitigen Bericht erstattet, und ich muss sagen: Ich war etwas erstaunt, denn im Großen und Ganzen kann dieser Bericht als Begründung der SPD-Anträge gelten.

(Beifall bei der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

Staatsminister Dr. Thomas Goppel hat jeden einzelnen Antrag nicht nur in der Substanz – das möchte ich betonen – unterstützt, sondern auch im Detail begründet.

Ich möchte einige Zitate aus dem Bericht hier erwähnen. Auf Seite 5 schreibt Dr. Goppel – ich zitiere wörtlich –:

Die am 14.02.2007 vom Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur durchgeführte Anhörung der Situation der wissenschaftlichen Bibliotheken in Bayern hat deutlich gemacht, dass die Ressourcenausstattung der Bibliotheken mittlerweile so angespannt ist, dass eine weitere adäquate Wahrnehmung dieser Versorgungsfunktion gefährdet erscheint.

(Susann Biedefeld (SPD): Recht hat er!)

Diese Aussagen ziehen sich durch den ganzen Bericht. Auf Seite 6 wird von einer „chronischen Unterfinanzierung“ gesprochen, auf Seite 11 von einer „stagnierenden bis rückläufigen Entwicklung der finanziellen und personellen Ressourcen“ und auf Seite 15 von einem „massiven Stellenabbau“. Auf Seite 16 findet sich die Aussage, dass die Einrichtungen, also die wissenschaftlichen Bibliotheken, nicht mehr in der Lage seien, ihren Aufgaben nachzukommen. „Diese Entwicklung ist auf Dauer“, schreibt der Minister, „verhängnisvoll für den Wissenschaftsstandort Bayern und die Universitäten und deren Einrichtungen.“

(Susann Biedefeld (SPD): Er sagt die Wahrheit!)

Zur wichtigsten Bibliothek im Freistaat, der Bayerischen Staatsbibliothek, schreibt Dr. Goppel, wohlgemerkt der Wissenschaftsminister, nicht die böse Opposition, nicht die böse SPD, die alles schlecht redet: „Die Leistungsgrenzen der vorhandenen personellen Ressourcen sind weit überschritten. Die einschneidenden Kürzungen im Erwerbsetat haben zur Folge, dass die Staatsbibliothek nicht mehr in der Lage ist, ihren genuinen gesetzlichen Sammelauftrag im erforderlichen Maße wahrzunehmen.“

(Susann Biedefeld (SPD): Alle Achtung!)

Das ist, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, starker Tobak.

Die äußerst angespannte Lage an den Fachhochschulbibliotheken wird ebenfalls angesprochen. Da äußert sich Dr. Goppel folgendermaßen: „Im Bereich der studentischen Literaturversorgung ist die Lage der Fachhochschulbibliotheken insgesamt noch angespannter als die

Es wurden die Erwerbsmittel um insgesamt 1,3 Millionen Euro angehoben; das sind über 15 %. Damit hat man mehr Bewegungsspielraum. Gerade auch in Richtung neue Medien haben sich die Möglichkeiten verbessert.

Außerdem haben die Hochschulen die Möglichkeit, zusätzliche Stellen einzusetzen und flexibel auf die Notwendigkeiten zu reagieren. Auch darf ich darauf verweisen, dass die Studiengebühren, die für zwei Semester immerhin 150 Millionen Euro ausmachen, einiges an Spielraum bringen. Mit entsprechendem Personal können längere Öffnungszeiten sichergestellt werden, was ebenfalls Verbesserungen für die Studierenden mit sich bringt.

In nächster Zeit wird es auch bei den Hochschulen eine Steigerung um 3000 Stellen geben. Im Hinblick auf die doppelten Jahrgänge will man auch im Hochschulbereich mehr Stellen schaffen und damit die Flexibilität erhöhen.

Ich möchte noch einmal klarstellen: Uns geht es nicht um das Grundsätzliche, sondern es geht darum, dass wir in der jetzigen Situation die jahrelange Vorwegfestlegung ablehnen, dass wir aber der Meinung sind, dass wir im nächsten Doppelhaushalt, den wir ja schon vorzubereiten beginnen, solche Dinge mit einbringen können.

Wir lehnen die Anträge ab.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Bause.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die GRÜNEN-Fraktion begrüßt die Initiative der SPD zur Stärkung der wissenschaftlichen Bibliotheken in Bayern und unterstützt sie auch. Die Lage der wissenschaftlichen Bibliotheken ist in der Tat dramatisch, insbesondere durch drei Entwicklungen. Zum einen sind dies die steigenden Studierendenzahlen, zum anderen die Aufgabenveränderung und die Aufgabenerweiterung der Bibliotheken. Es wurde schon gesagt, dass sich die Bibliotheken zu Informationszentren umgestalten, die nicht nur von den Studierenden genutzt werden, sondern zum Glück von immer breiteren Bevölkerungsschichten, sodass immer mehr Menschen Zugang zu Informationen haben. Drittens ist die Lage durch den unsinnigen Sparkurs der Landesregierungen und durch den jahrelangen Stellenabbau dramatisch.

Wie dramatisch die Lage ist, hat das Wissenschaftsministerium in dem von Herrn Rabenstein zitierten Bericht selber eingestanden. Darin wird ausgeführt, die Lage sei so angespannt, dass eine weitere adäquate Wahrnehmung der Versorgungsfunktion gefährdet sei. Die chronische Unterfinanzierung wird noch einmal herausgestellt und die Tatsache betont, dass die Situation der Bibliotheken seit Langem durch gegenläufige Entwicklungen beim Ressourcenbedarf und bei der Ressourcenausstattung gekennzeichnet sei. Dem ist nichts hinzuzufügen, und insoweit besteht dringender Handlungsbedarf.

und wir könnten sagen: Wir haben einen Haushaltsausschuss, der bestimmt alles, da wird alles, was finanzrelevant ist, besprochen und diskutiert, und die anderen können die Diskussionen einstellen.

Ich habe zum Beispiel hier einen Antrag der CSU, der auch im Hochschulausschuss besprochen wurde. Da geht es um die Erhaltung der Bestände der wissenschaftlichen Bibliotheken, und es heißt: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Landtag ein Konzept vorzulegen…“. Der wurde einstimmig von allen Ausschüssen durchgewinkt, auch im Plenum einstimmig so beschlossen. Die Anträge der SPD werden in der gleichen Formulierung – deswegen haben Sie auch zugestimmt, dass sie umformuliert werden – mit der gleichen Argumentation abgelehnt. – Also: So kann man nicht mit uns verfahren!

Ich komme zum Schluss und zurück zu den Bibliotheken. Einmal muss ich sagen: Die Arbeit hat sich trotz alledem rentiert. Es ist einiges auf den Weg gebracht worden, zum Beispiel auch bei der Bayerischen Staatsbibliothek. Das ist ganz gut. Aber ansonsten muss ich sagen: Es bleibt zu hoffen, dass sich – erstens – die Mehrheitsverhältnisse im Herbst ändern und wieder Sachpolitik und weniger Parteipolitik im Hohen Haus eine Rolle spielen, und zweitens, dass dann entsprechend den Anträgen die dringend notwendigen Verbesserungen in diesem Bereich eingeleitet werden.

Noch besser, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wäre es natürlich, das Hohe Haus schließt sich schon heute dem Votum des federführenden Hochschulausschusses an und stimmt den Anträgen der SPD zu. Darum bitte ich Sie.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Görlitz.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Haushaltsausschuss hat die Anträge abgelehnt, und ich möchte an dieser Stelle begründen, warum wir an dieser Ablehnung festhalten.

Ich glaube, es ist aus der Berichterstattung von Herrn Dr. Rabenstein schon deutlich geworden, dass es nicht darum geht, die Probleme der Bibliotheken nicht zu sehen und die vorgesehenen Verbesserungen per se abzulehnen, sondern die Ablehnung richtet sich einfach dagegen, dass hier weit reichende, jahrelange Vorwegfestlegungen erfolgen sollen, und das können wir so nicht hinnehmen.

(Susann Biedefeld (SPD): Eine Entscheidung zulasten der Studentinnen und Studenten in unserem Land!)

Ich denke natürlich, dass es wichtig ist, dass unsere Bibliotheken entsprechend arbeiten können, und darf darauf verweisen, dass sich in der letzten Zeit, in den letzten Jahren einiges positiv verändert hat.

(Susann Biedefeld (SPD): Laut Goppel nicht!)

was den Nachtragshaushalt angeht, für nicht so berücksichtigungswert halten kann; denn dort sind die Schwerpunkte anders gesetzt. Das ist der Unterschied.

Dann folgt wie bisher die Wunschliste möglicher Maßnahmen. Diese betreffen die personelle und die finanzielle Stärkung einer ganzen Reihe von Bereichen, wobei ich Wert darauf lege, dass wir festhalten: Es hat sich zwar durchaus einiges an den Studierendenzahlen getan, und es hat auch einige zusätzliche Aufgaben gegeben, aber beim Personal war keine Verschlechterung zu verzeichnen. Ich meine, das müssten wir angesichts der Tatsache, dass wir zum Beispiel in der Denkmalpflege heftige Abstriche hingenommen haben und hinnehmen mussten, schon registrieren. Auch hierüber kann man streiten; aber wenn gespart wird, können Sie nicht an einer Stelle anfangen und plötzlich sagen, das interessiere nicht mehr, sondern dort werden Sie es dann ganz genauso umsetzen müssen.

Die Umsetzung der Um- und Ausbauplanung der Bayerischen Staatsbibliothek, die personelle und finanzielle Stärkung der Universitätsbibliotheken ist dort aufgeführt, ebenso die Beseitigung struktureller Defizite im Personalbereich der Fachhochschulbibliotheken und Hochschulbibliotheken und die Modernisierung der Informations- und Kommunikationstechnik.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen aller Fakultäten, manchmal muss auch ein Minister träumen dürfen. Gerne gebe ich zu: Wenn ich träumen dürfte, würde meine Wunschliste für die Bibliotheken ganz ähnlich aussehen wie die Wunschliste, die Sie formuliert haben.

(Simone Tolle (GRÜNE): Lassen Sie doch Träume wahr werden! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wir helfen Ihnen!)

Verehrte Frau Kollegin, bei aller Bereitschaft: Ich zähle Ihnen ehrlich auf, worin die Defizite liegen, wo noch gemeinsame Aufbauverpflichtungen bestehen. Wenn wir das tun, dann beschimpfen Sie die Fraktion in unterschiedlichen Teilen. Wenn ich es nicht tue, bezichtigen Sie mich der Lüge. Was soll ich tun? Mir ist die Wahrheit lieber, als dass Sie mich anderweitig beschimpfen.

Ein Mitglied der Staatsregierung unterscheidet von der Opposition, dass es die Realitäten im Auge behalten und die Frage nach der Finanzierbarkeit stellen muss. Einfach zu fordern, ist eben das eine und das Richtige zu fordern, ist das andere.