Protocol of the Session on January 30, 2008

Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag – ich erwähnte es eingangs – wird im Zuge der parlamentarischen Beratungen eigene Impulse setzen und Prioritäten aufzeigen, aber wir sind uns jetzt bereits über das Gesamtbild einig. Bayerns Staatshaushalt ist solide, zukunftsfest und wachstumsorientiert. Wir schnüren ein ausgeglichenes Paket für ganz Bayern mit klaren Schwerpunktsetzungen zugunsten der Schulen und Hochschulen und geben ein

unmissverständliches Bekenntnis zur inneren Sicherheit und zum sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt ab.

Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen im Ausschuss, die am 20. Februar beginnen und bitte die Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses um sachorientierte und konstruktive Beschlüsse zum Wohl des Freistaats Bayern und seiner fl eißigen und engagierten Menschen – ob in der Familie, am Arbeitsplatz oder im Ehrenamt. Ich bedanke mich für die teilweise große Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Mütze.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war eigentlich, Herr Minister Huber, von Ihrer Verkleidung beim Veitshöchheimer Fasching enttäuscht. Wie ich gesehen habe, sind Sie als Zirkusdirektor gekommen, um zu zeigen, dass Sie Ihren Zirkus – sozusagen das, was rechts vor mir sitzt – im Griff haben. Ich weiß nicht, ob Sie eine Peitsche dabei hatten.

(Georg Schmid (CSU): Für die Opposition!)

Ich habe mir gedacht, eigentlich hätten Sie als Schornsteinfeger oder als Hufeisen – es gibt noch ein drittes Glückszeichen, welches ich nicht nenne – kommen müssen. Das wäre angesichts dieses Haushaltes, den Sie uns heute vorlegen, der heute eingebracht wird, angepasster gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Prof. Dr. Kurt Faltl- hauser (CSU): Den tollen Witz habe ich jetzt nicht verstanden!)

Das war auch kein Witz.

Es ist so, wie es immer ist: Ein Wahljahr steht vor der Tür, die Kassen füllen sich und die CSU kann wieder übers Land ziehen und das Geld mit vollen Händen ausgeben. Nach vier langen Jahren der Dürre, unter denen auch Sie gelitten haben, ist das, was Sie uns vorgelegt haben, noch vorlegen werden und worüber wir in den nächsten Wochen und Monaten diskutieren werden – der Ausschussvorsitzende hat Sie darin noch bestärkt –, ein Eigenlob, wie wir es schon lange nicht mehr hier im Hause gehört haben; wir hören hier sehr viel Eigenlob, aber das hat das bisher Dagewesene getoppt. Es war ein Eigenlob sondersgleichen.

Doch selbst die Presse in Bayern nimmt Ihnen dieses Eigenlob inzwischen nicht mehr ab. Ich darf ein paar Überschriften aus den Zeitungen zitieren: „Bescherung mit Beckstein“, „Erwin im Glück“, „Bayern schwimmt im Geld“. – Sie tun jetzt so, Herr Minister, als wäre das alles auf Ihrem Mist gewachsen. Ein einziger Satz in Ihrer gesamten Rede weist darauf hin, wem Sie dieses Glück zu verdanken haben. Es steht dort: „… dank der stark

gestiegenen Steuereinnahmen“. Wem haben Sie es also zu verdanken? – Den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern im Freistaat Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN – Georg Schmid (CSU): Das ist immer so gewesen!)

Natürlich, lieber Herr Kollege Schmid, aber es geschah auf dem Rücken der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Wer hat denn im vergangenen Jahr die Mehrwertsteuer erhöht? Wer hat sie denn von 16 auf 19 % erhöht? Von daher ist die Antwort, auf wessen Rücken das geschieht, ganz klar.

(Manfred Ach (CSU): Wer hat die Ökosteuer eingeführt?)

Wenn Sie, Herr Minister, von einem Bilderbuchhaushalt sprechen, dann hört sich das gut an. Aber wir sind erwachsen, wir sind aus dem Alter heraus, in dem man uns Bilder zeigen muss, um uns etwas zu erklären. Wir können lesen und wir haben uns diesen Haushaltsentwurf genau angeschaut. Es sind einige Dinge enthalten, die uns nicht so gefallen und die in einem Bilderbuchhaushalt, der für Kinder geschrieben wäre, keinen Platz fi nden würden.

Sie nennen Ihre drei neuen Grundlinien: Investieren, Vorsorgen, Tilgen. Bei diesen drei neuen Grundregeln ist uns aufgefallen: Es gab schon einmal diesen Dreiklang, den Ihr Vorgänger, Herr Professor Faltlhauser, geprägt hat: Sparen, Reformieren, Investieren. Wir haben diesen Dreiklang schon damals kritisiert. Ihre drei neuen Grundlinien ergeben sich letztlich aus den Konsequenzen der drei alten, denn Sie müssen jetzt investieren, Sie müssen endlich vorsorgen und Sie können dank der stark gestiegenen Steuereinnamen tilgen.

Ihr Vorgänger hat das mit dem Investieren am Schluss nicht mehr so ernst genommen und dafür gespart. Er hat an der Infrastruktur gespart – ob es die soziale Infrastruktur war oder die Infrastruktur, die man gemeinhin mit Häusern, Straßen und Brücken umschreibt.

Der Clou in diesem Haushalt, Herr Minister – das fi nde ich ganz interessant; sie geben das ja sogar zu – ist: Sie geben zu, dass es in den letzten vier Jahren nicht genügend Investitionen gegeben hat, dass Sie die Infrastruktur vernachlässigt haben. Der ORH hat es über Jahre hinweg angemahnt. Jetzt geben Sie es zu. Wenn es diesen Investitionsstau nicht gegeben hätte, bräuchten Sie kein Sonderprogramm zu dessen Abfi nanzierung, wie es jetzt aufgelegt wird. Sie bauen den Investitionsstau ab und das Erste, was Ihnen dabei einfällt, ist natürlich der Staatsstraßenbau. Man glaubt es kaum.

(Manfred Ach (CSU): Der ORH wünscht es!)

Investieren heißt für die CSU vor allen Dingen der Bau neuer Straßen.

Man meint nicht, dass die CSU im 21. Jahrhundert angekommen ist. Allein der Vergleich in diesem Nachtragshaushalt der Investitionen in den Straßenbau in Höhe von 150 Millionen Euro zusätzlich – Sie haben vorhin die Zahlen genannt – und der in den Ausbau der Kinderkrippen in Höhe von 100 Millionen Euro, zeigen Ihre Prioritäten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU.

(Zurufe von der CSU)

Das sind die wahren Prioritäten. Das ist es, was der CSU einfällt, nämlich der Staatsstraßenbau.

(Georg Schmid (CSU): Das ist auch wichtig! – Zuruf des Abgeordneten Manfred Ach (CSU))

Herr Vorsitzender Ach, das ist genau das, was die Polizei immer anmahnt, nämlich dass die Eltern ihre Kinder zur Kinderkrippe und zur Schule nicht immer mit dem Auto fahren sollen. Dazu aber später mehr.

Die Versäumnisse sind also inzwischen so groß geworden, dass investiert werden muss. Es ist nur die Frage, ob Sie so viel Geld, wie Sie investieren müssen, in diesem einen Jahr ausgeben können.

Herr Ach, Sie haben vorhin selber gefragt, ob es nicht besser gewesen wäre, wie wir es Ihnen vorgeschlagen haben, nicht zu sparen und dann zu investieren, wie Sie es jetzt nämlich machen müssen, weil sie dazu gezwungen sind, da die Infrastruktur sehr marode ist – Stichwort Universitäten –, und unserem Vorschlag zuzuhören.

(Zuruf des Abgeordneten Manfred Ach (CSU))

Nein, wir haben nicht von Schulden gesprochen, da verwechseln Sie uns mit einer anderen Partei. Wir haben gesagt: investieren, um zu sparen. Bei der energetischen Sanierung wären zum Beispiel sofort Gelder frei geworden. Rechtzeitiges Sanieren spart teures Sanieren und Neubauten, die Sie jetzt erstellen müssen. Das wäre unserer Meinung nach eine nachhaltige Finanzpolitik gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihre Zielmarke sei nicht die Wahl in diesem Jahr, sagen Sie. Gleichzeitig gestattet der Finanzminister der CSULandtagsfraktion aber die freie Verfügungsgewalt über 150 Millionen Euro, die die Fraktion natürlich mit einer großen Pressemitteilung auch feiert. Ich nenne das jetzt – in Anführungszeichen – „Spielgeld“. Das ist eine große Summe, da soll man sehr vorsichtig sein.

(Georg Schmid (CSU): Spielgeld gibt es nur bei Monopoly!)

Richtig. Über 0,38 % des Haushalts darf die CSU entscheiden. Auch das ist eine sehr interessante Feststellung. Doch was macht sie damit? Sie versucht in diesem Wahljahr natürlich, die Fehler der vergangenen vier Jahre

wieder zu korrigieren. Sie versucht, was in den vergangenen Jahrzehnten immer funktioniert hat, sich den Wahlerfolg zu erkaufen. Denn es liegt schließlich im eigenen Interesse jeder meiner Kolleginnen und jedes meiner Kollegen hier auf der rechten Seite, wiedergewählt zu werden. Gespart wurde bei der Jugendarbeit – nun gibt es 3 Millionen für die Jugendarbeit; gespart wurde bei den Sportstätten – nun gibt es 5 Millionen für die Sportstätten; gespart wurde bei den Privatschulen – nun gibt es 10 Millionen für diese. Und natürlich sagt die Fraktion: 40 Millionen für den Staatsstraßenbau.

(Zuruf des Abgeordneten Georg Schmid (CSU))

Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, was die Förderung des ländlichen Raums betrifft, haben Sie anscheinend eine Sperre im Kopf, denn die Förderung des ländlichen Raums sieht anders aus.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeord- neten Manfred Ach (CSU) – Weitere Zurufe von der CSU)

Mehr Straßen bedeutet aber auch mehr Verkehr. Das ist eine Gleichung, die so steht. Mehr Auto- und Lkw-Verkehr bedeutet gleichzeitig höhere Emissionen. Neben dem Schwerpunkt Staatsstraßenbau kommen Sie jetzt aber gleichzeitig mit Ihrem „Klimaprogramm Bayern 2020“ daher. Klimaschutz ist doch für die CSU nur solange interessant, wie sie an ihrer eigenen Politik nichts ändern muss. Das wird auch bei diesem Vorschlag wieder deutlich.

Die für das Klimaprogramm eingestellten 350 Millionen Euro sehen zunächst einmal sehr respektabel aus. Dieser Betrag wird aber, auf vier Jahre gestreckt, schon weniger. Außerdem endet das Klimaprogramm im Jahr 2011. Es ist ein interessanter Vorschlag; mal sehen, ob danach noch etwas kommt.

Lieber Herr Huber, da, wo man sofort und natürlich bares Geld sparen könnte – Stichwort CO2 und Energie –, gehen Sie in diesem Jahr sehr vorsichtig voran. Es soll 35 Millionen Euro für die Sanierung staatlicher Gebäude geben. Da aber noch 3600 Gebäude auf die Sanierung warten, brauche ich einen langen Atem. Ich glaube aber nicht, dass ich in diesem Hause noch erleben werde, dass dieser Sanierungsstau angesichts der „Schnelligkeit“ abgebaut werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie geben zumindest zu, dass es eine Anpassungsstrategie geben muss, um dem Klimawandel zu begegnen. Das ist ein Politikwechsel. Da muss man schon ganz genau hinsehen; denn die CSU hat noch vor ein paar Jahren bestritten, dass es einen Klimawandel gibt, dass er von Menschen gemacht wird und dass man sich damit auseinandersetzen müsse. Das ist inzwischen bei Ihnen angekommen, und dazu gratulieren wir Ihnen sehr herzlich.

Herr Finanzminister, Sie loben den Freistaat Bayern zu Recht für seine geringen Quoten, sei es die Pro-KopfVerschuldung oder die Zinslastquote. Das ist richtig, da steht Bayern gut da. Aber ein kleiner Wermutstropfen fällt da schon in den Wein, denn auch die Staatsregierung hat unter der CSU-Führung in den letzten Jahrzehnten – trotz Tilgung! – eine Schuldenlast von 23 Milliarden Euro aufgebaut, Herr Ach. Einen Großteil dieser Schulden hat der ehemalige Ministerpräsident vor allem in den letzten zehn Jahren angehäuft. Ich wäre also, was das angeht, mit dem Eigenlob vorsichtig.

(Manfred Ach (CSU): Das stimmt wieder nicht!)

Was die Investitionsquote, die besondere Kennzahl angeht, loben Sie sich wiederum für die Erhöhung dieser Quote. Auch die SPD hängt an dieser Zahl sehr sklavisch. Aber über die Qualität von Investitionen sagt diese Quote zuerst einmal gar nichts aus. Also, Transrapid gehört auch zur Investitionsquote, auch Staatsstraßen sind natürlich Investitionsquote. Ob sie nachhaltig sind, ist eine ganz andere Frage.

Ganz interessant fand ich die Abkehr von der Faltlhauserschen Doktrin, dass in Bayern die Finanzpolitik auf die Konjunktur keinen Einfl uss haben könne, weil Bayern dafür viel zu klein sei.

Sie, Herr Minister Huber, loben sich auch für die gute Konjunkturpolitik, die Sie in diesem Haushalt betreiben. „Bayern als Stabilitätsfaktor“ – wir sehen uns das an und fragen uns: Was stimmt denn jetzt?

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Kurt Faltl- hauser (CSU))

Anscheinend ist gute Finanzpolitik davon abhängig, wer gerade auf dem Ministerposten sitzt. Eine glaubhafte Finanzpolitik sieht unserer Meinung nach anders aus.