Protocol of the Session on December 12, 2007

(Christa Naaß (SPD): Die höchste Arbeitszeit in Deutschland!)

Dass die Opposition natürlich immer mehr fordert, wissen wir; das gehört zur Demokratie. Wenn wir Ihren Forderungen und Anregungen nachgeben würden, wären wir wahrscheinlich schon ruiniert. Das hat keinen Sinn. Ich möchte ausdrücklich anerkennen, dass wir in schwierigen Zeiten unseren Beamtinnen und Beamten etwas haben zumuten müssen. Das hat niemand gern getan.

Das war aber die Voraussetzung für den ausgeglichenen Haushalt.

(Ludwig Wörner (SPD): Das war die Geschichte mit den Fröschen!)

Jetzt, in besseren Zeiten, können wir deshalb mehr geben als andere Länder. Jetzt greife ich rein zufällig RheinlandPfalz heraus, damit Sie einen guten Vergleich haben. Dort können Sie Zeichen setzen.

(Christa Naaß (SPD): In Bezug auf die Arbeitszeit haben wir Zeichen gesetzt!)

Rheinland-Pfalz wird vom SPD-Bundesvorsitzenden regiert. Das Land gibt eine vergleichbare Besoldungserhöhung erst ab 2008, nicht ab Oktober 2007. Die Erhöhungen bewegen sich zwischen 0,5 % im höheren Dienst und 1,5 % in den anderen Laufbahnen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Haben die vorher so gekürzt?)

Bayern gibt allen mindestens das Doppelte.

(Christa Naaß (SPD): Das habt ihr den Leuten schon vorher genommen!)

Wir sind doppelt so gut wie Rheinland-Pfalz – mindestens.

(Beifall bei der CSU)

Das sind Fakten, die zählen, keine Sprüche. Deshalb können wir jetzt sagen: In schwierigen Zeiten haben wir ein Sparopfer erbeten. Das ist übrigens auch in anderen Ländern verlangt worden. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir auch bei den Sonderzuwendungen, gemeinhin als Weihnachtsgeld bezeichnet, den höchsten Prozentsatz haben.

(Christa Naaß (SPD): Und bei der Arbeitszeit sind wir auch am höchsten!)

Es gibt SPD-regierte Länder, die die Weihnachtszuwendung fast bis auf Null gekürzt haben. Wenn Ihr Herz so stark für den öffentlichen Dienst schlägt, dann beraten Sie doch Ihre Kollegen in den anderen Ländern, damit man dort so beamtenfreundlich wird wie wir in Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Zur Frage nach dem funktionslosen Beförderungsamt für Lehrer. Vom vorherigen Ministerpräsidenten wie auch von Ministerpräsident Dr. Beckstein ist dies zugesagt und ist auch so in der Regierungserklärung verankert. Das ist also ein Ziel der Staatsregierung.

(Christa Naaß (SPD): 2011!)

Ich darf dem Hohen Haus mitteilen, dass wir im Frühjahr nächsten Jahres die Eckpunkte für das neue Dienstrecht vorlegen werden. Das ist in zahlreichen Gesprächen mit Gewerkschaften und Berufsverbänden vorberaten und wird dann in einem Eckpunktepapier selbstverständlich dem Hohen Hause vorgelegt. Frau Kollegin Naaß, zu Ihrem Finanzierungsvorschlag einer Umschichtung bei den Schulleitern möchte ich darauf hinweisen, dass wir seit dem Jahr 2001 nicht weniger als 6000 Planstellen oder Äquivalente im Lehrerbereich geschaffen haben.

Mit diesen Zahlen gehen wir in das Jahr 2008 hinein. Die Versuche der Opposition, bei den bayerischen Schulen etwas schlechtzumachen, werden nicht greifen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben jetzt eine zurückgehende Schüler- und eine steigende Lehrerzahl. Eine Vermehrung der Lehrerstellen um 6000 in sechs Jahren kann sich überall in Deutschland sehen lassen. Deswegen ist es der richtige Weg, dass wir, wenn gewisse Spielräume da sind, mehr Lehrer beschäftigen, um damit die Unterrichtssituation in den Schulen zu verbessern.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Pfaffmann?

Ja, natürlich.

Herr Staatsminister, wollen Sie denn abstreiten, dass Sie in den letzten fünf Jahren ausgerechnet bei den Stellenplänen der Volksschulen 2925 Planstellen für Lehrerinnen und Lehrer gestrichen haben?

Herr Staatsminister.

Herr Kollege, wenn ich mich recht erinnere, habe ich Ihnen das schon vor ein paar Wochen erklärt. Aber offenbar hilft eine einmalige Erklärung nichts. Ich fordere daher jetzt einen großen Nürnberger Trichter, damit Sie es endlich begreifen.

Es handelt sich um eine Umschichtung von Lehrerkapazitäten. In den Volksschulen zählen wir z. B. deutlich weniger Schüler. Einmal ist an den Grundschulen ein Rückgang der Kinderzahlen zu verzeichnen. Zweitens steigt die Übertrittsquote. Es ist logisch, dass ich die Lehrerstellen von dort, wo wir deutlich weniger Kinder haben, wegverlagere hin zu den Schulen, zu denen die Kinder wechseln. Es sind insoweit nicht Planstellen gekürzt worden, sondern Planstellen sind entsprechend der Übertrittsquote von den Volksschulen zu Realschulen und Gymnasien verlagert worden.

Ich meine, dass jeder, der eine bayerische Schule besucht hat, dies begreifen muss. Das ist doch leicht einzusehen. Wenn es bei Ihnen nicht hilft, dann ist das der Grund dafür, dass Sie seit 50 Jahren in der Opposition sind.

(Lachen bei der SPD)

Obwohl ich einen aggressiven Seitenschritt gemacht habe, hoffe ich auf Zustimmung zu diesem Gesetz. Ich bedanke mich für die guten Beratungen.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/9290, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/9433, 15/9447 und 15/9448 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, Drucksache 15/9508, zugrunde.

Ich lasse zunächst über den vom federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsantrag auf Drucksache 15/9433 abstimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Letzteres ist die Mehrheit. Stimmenthaltungen? – Es gibt keine Enthaltungen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf 15/9290 empfiehlt der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen. Ich verweise insoweit auf Drucksache 15/9508.

Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion, die SPD-Fraktion und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine Enthaltungen. Damit ist das Gesetz einstimmig beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. – Das sind wiederum alle drei Fraktionen. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Anpassung der Bezüge 2007/2008 und zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften“.

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung haben die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/9447 und 15/9448 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (Drs. 15/8865) – Zweite Lesung –

Änderungsanträge des Abg. Joachim Unterländer u. a. (CSU) (Drsn. 15/9282 und 15/9458)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Unterländer.

Herr Präsident, Hohes Haus! Das Zweite Änderungsgesetz zum AGSG enthält neben völlig unumstrittenen Themenbereichen wie der Fortsetzung des Belastungsausgleichs und der Zuständigkeit für die Fragen des Freiwilligen Sozialen Jahres, zu denen es auch Änderungsanträge gegeben hat, auch die Zuständigkeitsveränderung bei der Suchtberatung. Aber der Kern ist die Zusammenführung der Eingliederungshilfe für den ambulanten, teilstationären und stationären Bereich auf der Ebene der überörtlichen Sozialhilfeträger, nämlich bei den bayerischen Bezirken. Diese Forderung deckt sich seit vielen Jahren mit den Überlegungen der Behindertenverbände und der Sozialpolitik. Nun sind die Voraussetzungen geschaffen, um dieses Werk umzusetzen.

Damit muss nicht nur eine rein finanzielle Zusammenfügung von Zuständigkeiten, sondern auch eine grundsätzliche Bestandsaufnahme verbunden sein, wie in der Zukunft die Politik für und mit Menschen mit Behinderung aussieht. Es geht nicht nur darum, Eingliederungshilfe technokratisch zu verlagern, sondern auch um eine inhaltliche Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung.

Seit vielen Jahren sind die Verschiebebahnhöfe und Schnittstellenprobleme sowohl in der Eingliederungshilfe als auch in der Hilfe zur Pflege die Hauptursache für mangelnde Effizienz, Leistungsverweigerungen und eine verbesserungsbedürftige Behindertenpolitik.

Im Vorfeld hat es bei der Zuständigkeitsveränderung zur Eingliederungshilfe einige offene Fragen und die Sorge gegeben, dass der zukünftige Zuständigkeitsträger, nämlich die bayerischen Bezirke, bezüglich des Leistungsniveaus der Eingliederungshilfe Einschränkungen vornehmen könnte. Vor diesem Hintergrund hat meine Fraktion einen begleitenden Entschließungsantrag formuliert. Zu den Inhalten werden sowohl die Frau Vizepräsidentin und Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern, Kollegin Barbara Stamm, als auch ich noch Stellung beziehen.

Es ist notwendig, insbesondere darauf hinzuweisen, dass die bewährten und angebotenen Strukturen in der Eingliederungshilfe im stationären, aber insbesondere auch im ambulanten Bereich nicht dadurch beeinträchtigt werden dürfen, dass dieses Ziel – mehr Effektivität, mehr Stringenz und die Vermeidung von Verschiebebahnhöfen – erreicht wird. Vielmehr muss die Behindertenpolitik weiterentwickelt werden.

Ich meine in diesem Zusammenhang die Bewältigung der Herausforderungen bezüglich bedarfsgerechter Angebote für die zunehmende Zahl älterer Menschen mit Behinderung, die Gewährung einer angemessenen Hilfe auch in Wohngemeinschaften und Wohngruppen, die Berücksichtigung der teilweise von den Trägern vorgenommenen Umstrukturierungen im stationären Bereich, die Beibehaltung und Weiterentwicklung der überaus

bewährten offenen Behindertenarbeit, die Berücksichtigung des teilweise von den Betroffenen gewünschten Paradigmenwechsels hin zu einem selbstbestimmten Leben in einem eigenständigen Lebens- und Wohnumfeld, die in diesem Zusammenhang wichtige Verknüpfung der Angebote mit der Bundesagentur für Arbeit bezüglich der Arbeitsassistenzen und die Berücksichtigung des stationären Aufenthalts in einer Behinderteneinrichtung als Wohnsitz nach SGB VIII. Dies haben wir im Ausschuss einstimmig als Ziel beschlossen.

Der Verband der Bezirke hat als Ziel vorgegeben, dass alle Leistungsvereinbarungen durch die Bezirke übernommen werden, also das, was in den Kommunen im ambulanten Bereich positiv geregelt worden ist. Es muss eine Dialogkultur zwischen den Leistungsanbietern und den Kostenträgern zustande kommen, wie wir sie zum Teil im Bereich der Psychiatrie aufgebaut haben.