Protocol of the Session on October 8, 2002

Das Problem dabei ist Folgendes: Es ist zunächst einmal für den einzelnen Bürger eine teure Angelegenheit, weil der Erwerb solch einer elektronischen Signatur derzeit 70 bis 80 Euro kostet. Das müssen sie jedes Jahr erneuern, und die mathematische Formel gilt zurzeit nur für einen beschränkten Zeitraum. Das heißt, es wird nicht so sein, dass alle Bürger, die den einen oder anderen Verwaltungsvorgang, für den nach dem Gesetz bisher die Schriftform vorgeschrieben ist, mit der elektronischen Signatur ausführen wollen, sich eine solche Signatur kaufen werden. Aber es wird damit die Möglichkeit geschaffen. Denken wir dabei auch an Firmen, denken wir an den gewerblichen Bereich, die als Partner von Behörden ständig mit diesen zu tun haben. Für diese kann es durchaus eine große Erleichterung sein, all diese Vorgänge mit einer elektronischen Signatur abzuwickeln.

Von daher ist die Staatsregierung mit ihrem Gesetzentwurf – um das noch einmal zu sagen – wirklich am Puls der Zeit: Es sollen die technischen Möglichkeiten, die es zurzeit überhaupt gibt, genutzt werden. Dafür sollen wir die rechtlichen Voraussetzungen mit diesem Gesetzentwurf schaffen. Die CSU-Fraktion begrüßt ihn, und ich freue mich auf die Detailberatungen, die in den Ausschüssen sicher noch anstehen.

Es sei nochmals gesagt, lieber Kollege Dr. Hahnzog: Datenschutz wird in einem anderen Gesetz geschrieben.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 2 e

Gesetzentwurf des Abgeordneten Prof. Dr. Gantzer und anderer (SPD)

zur Änderung des Gesetzes zur parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung hinsichtlich der Maßnahmen nach Artikel 13 Absatz 3 des Grundgesetzes sowie der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz (Drucksache 14/9991)

Erste Lesung –

Tagesordnungspunkt 2 f

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes, des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz, des Bayerischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes und des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes (Drucksa- che 14/10180)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9991 wird von Prof. Dr. Gantzer begründet. Sie haben 10 Minuten Redezeit.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegen uns zwei Gesetzentwürfe vor, die sich letztlich mit den Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz und den Kontrollmöglichkeiten des Parlamentarischen Kontrollgremiums befassen

Unser Gesetzentwurf befasst sich ausschließlich damit, die Kontrollmöglichkeiten per PKG zu verbessern. Wir wollen also das Recht haben, Akten und Dateien beim LfV einzusehen; wir möchten Mitarbeiter anhören können; wir möchten die Möglichkeit haben, das LfV zu besuchen, Sachverständige zu bestellen. Wir möchten für Angehörige des LfV auch das Recht schaffen, sich an uns nicht in eigenen, aber in betriebseigenen Angelegenheiten zu wenden.

Jetzt könnte man auf den ersten Blick fragen: Du liebe Zeit, welche Ausweitung von Befugnissen soll da für das Parlamentarische Kontrollgremium vorgenommen werden? – Ich kann dazu nur sagen: Diese Möglichkeiten haben wir schon in einem ähnlichen Gesetz, nämlich das PKG des Bundes hat alle diese Möglichkeiten. Deswegen sind wir der Meinung, dass wir nicht schlechter behandelt werden sollten, als das Parlamentarische Kontrollgremium in Berlin.

Daher dieser Antrag. Er passt wirklich sehr, sehr gut zu dem Antrag, den die Bayerische Staatsregierung einbringt. Denn die Staatsregierung will im Sinne der Terrorismusbekämpfung weitere zusätzliche Befugnisse – wie es so schön heißt – für das Landesamt für Verfassungsschutz schaffen: Es soll zusätzliche Auskunftsbefugnisse und sonstige erweiterte Befugnisse geben, es soll der Einsatz besonderer technischer Mittel im Schutzbereich des Artikels 13 des Grundgesetzes näher geregelt werden, aber auch ausgeweitet werden. Dasselbe gilt vor allem dann bei der Datenerhebung bei Kreditinstituten, Fluggesellschaften, Telekom, IMSI-Catcher.

Dabei muss ich feststellen – wenn ich diese zwei Gesetzentwürfe zusammen betrachte –, dass auf der einen Seite die Staatsregierung will, dass der Staat mehr Überwachungs- und Eingriffsmöglichkeiten bekommt, und zwar in Gebieten, die wirklich sehr intim sind, wenn ich nur an den Artikel-13-Bereich denke, nämlich Eingriffe in Wohnungen durch Abhören, und das in verschärfter Art, während auf der anderen Seite die abwehrende Haltung der Bayerischen Staatsregierung steht,

dass das Parlamentarische Kontrollgremium mehr Rechte bekommt. Das passt nicht zusammen.

Meine Damen und Herren, wir kündigen an, dass wir diese beiden Gesetze verknüpft behandelt haben wollen. Heute ist dies schon zum ersten Mal der Fall – in den Ausschüssen werden wir uns weiter darüber unterhalten müssen. Es kann nicht sein, dass der Staat für sich stärkere Eingriffsrechte in Intimbereiche in Anspruch nimmt, aber dem Gremium, das solche Eingriffe zu überwachen hat, Kontrollmöglichkeiten verweigert, die, wie ich schon einmal gesagt habe, in Berlin gang und gäbe sind. Die Berliner Regelungen beruhen auf einem gemeinsamen Gesetzentwurf von 1998. Auch die Abgeordneten der CDU und der CSU haben den entsprechenden Antrag gemeinsam eingebracht und dann fraktionsübergreifend beschlossen.

Wenn ich im Gesetzentwurf der Staatsregierung sehe, dass die G-10-Kommission, die kleinste Kontrollkommission, die wir in diesem Hause überhaupt haben, sehr wohl einen Teil der Rechte bekommen soll, die wir fordern, nämlich Auskunftsrechte, Einsicht in die gespeicherten Daten und in Akten und Zutritte zu allen Diensträumen, die im Zusammenhang damit stehen, uns diese Rechte aber verweigert werden, verstehe ich die Welt nicht mehr, Herr Staatssekretär. Das müssen Sie uns nicht nur heute, sondern auch in den Ausschussberatungen erklären. Wir wollen daher die beiden Gesetzentwürfe miteinander verknüpft behandeln. Wir sind der Meinung: Wenn Sie schon stärkere Eingriffe in die Grundrechte der Menschen ermöglichen wollen, müssen Sie uns, dem Parlamentarischen Kontrollgremium auch größere Kontrollmöglichkeiten geben. Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung wird von Herrn Staatssekretär Regensburger begründet. Bitte schön.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Ich darf zunächst den Gesetzentwurf der Staatsregierung kurz begründen und anschließend einige Anmerkungen zu Ihren Ausführungen und zum Gesetzentwurf der SPD machen.

Der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung verfolgt das Ziel, das Terrorismusbekämpfungsgesetz des Bundes und die Neuregelungen von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses durch das Artikel-10-Gesetz in Landesrecht umzusetzen und zu ergänzen. Diese Umsetzung ist notwendig, da ansonsten das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz die durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz des Bundes geschaffenen Auskunftsrechte gegenüber Banken, Luftverkehrsgesellschaften, Telekommunikations- und Teledienstanbietern nicht nutzen könnte. Das Terrorismusbekämpfungsgesetz des Bundes macht die Nutzung dieser Auskunftsrechte von entsprechenden Kontrollregelungen des jeweiligen Landesgesetzgebers abhängig, die denen des Bundes gleichen.

Deshalb sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es der Umsetzung jedenfalls des Terrorismusbekämpfungsgesetzes durch 16 Landesgesetzgeber nicht bedurft hätte, wenn die Bundesregierung der Anregung Bayerns im Bundesrat gefolgt wäre und den Landesbehörden für Verfassungsschutz unmittelbar Kraft Bundesrechts die Auskunftsberechtigungen gegenüber Banken, Luftverkehrsgesellschaften, Telekommunikations- und Teledienstanbietern gewährt hätte. Dann könnten die Landesbehörden für Verfassungsschutz bundesweit schon seit Januar 2002 diese Auskunftsrechte zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus nutzen. Deshalb ist es aberwitzig, der Staatsregierung, wie geschehen, eine Verzögerung der Eröffnung dieser Auskunftsrechte vorzuwerfen – Frau Schmitt-Bussinger hat dies konkret getan.

Wir haben uns nicht damit begnügt, die Vorgaben des Bundes Wort für Wort zu erfüllen, sondern wir haben dort, wo es möglich war, dem Bayerischen Landtag vorgeschlagen, die gesetzgeberischen Möglichkeiten des Landesgesetzgebers zu nutzen. Wir schlagen deshalb über die Bundesregelung hinaus vor, diese Auskunftsrechte auch zur Bekämpfung des gewaltbereiten Inlandsextremismus und der organisierten Kriminalität dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz zu gewähren. Vom Bund war es zu kurz gedacht, diese Auskunftsrechte nur zur Bekämpfung des internationalen, insbesondere des islamistischen Terrorismus nutzen zu lassen.

Wir sind der Auffassung, dass sämtliche Aufgabenbereiche des Verfassungsschutzes für die innere Sicherheit in unserem Lande gleichermaßen wichtig sind. Eine Beschränkung nur auf die Terrorismusbekämpfung mit internationalem Bezug und die Vernachlässigung des gewaltbereiten Inlandsextremismus und der organisierten Kriminalität ist deshalb aus unserer Sicht verfehlt. Nach unseren Vorstellungen muss der Verfassungsschutz auch in der Lage sein, zum Beispiel die gewaltbereite Skinhead-Szene durch Auskünfte bei Banken hinsichtlich ihres Finanzierungshintergrundes aufzuklären. Dies ist nur ein Beispiel aus der Praxis.

Auch der Einsatz des IMSI-Catchers, eines technischen Gerätes zur Ermittlung der Geräte- und Kartennummer eines Handys, muss ergänzend durch den Landesgesetzgeber geregelt werden, weil der Bund dies entgegen dem Antrag Bayerns im Bundesrat nur für das Bundesamt für Verfassungsschutz geregelt hat. Der IMSI-Catcher kann insbesondere von großer Bedeutung für die Vorbereitung von G-10-Maßnahmen sein. Als Verfahrensregeln gelten dann die Regeln des G-10-Verfahrens entsprechend.

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz ist erforderlich, um die Kontrollbefugnisse der G-10-Kommission dem neuen Artikel-10-Gesetz des Bundes anzupassen. Die Befugnis der G-10-Kommission, den gesamten Komplex der Datenverarbeitung zu kontrollieren, wird klargestellt, auch wenn die G-10-Kommission diese Kontrollbefugnis in extensiver Auslegung des bisherigen AGG 10 in der Praxis bereits weitgehend wahrgenommen hat.

Die Neuregelung im Artikel-10-Gesetz selber macht aber auch eine Veränderung der Vorschriften im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz erforderlich, die die Befugnis des Landesamtes für Verfassungsschutz zu Eingriffen im Schutzbereich des Artikels 13 Grundgesetz regeln, das heißt, den so genannten Lauschangriff des Verfassungsschutzes. Bislang wurde bei diesen Regelungen in Artikel 6 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes weitgehend auf die bisherigen alten G-10-Regeln verwiesen. Die Verweisungen sind deshalb durch Neuregelungen zu ersetzen. Diese entsprechen in vollem Umfang materiell-inhaltlich denen des bisherigen Rechts.

Weitere Einschränkungen, wie sie der Bund über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur strategischen Fernmeldekontrolle hinaus im G-10-Gesetz auch für die individuelle G-10-Kontrolle eingeführt hat, sind im Bereich des Artikels 13 Grundgesetz verfassungsrechtlich weder geboten noch politisch angebracht.

In der aktuellen Sicherheitslage mit konkreter terroristischer Bedrohung kann es nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, die Nutzung von notwendigen Informationserhebungsrechten durch überzogene Verfahrens- und Kontrollrechte faktisch zu erschweren oder gar zu verhindern. Wir meinen, dass unsere Orientierung an der bisherigen Rechtslage der notwendigen Abwägung zwischen den individuellen Schutzrechten der Bürger und der Effektivität und Praxistauglichkeit von Sicherheitsgesetzen hinreichend Rechnung trägt.

Die zusätzlichen Auskunfts- und Datenerhebungsrechte des Landesamts für Verfassungsschutz nach dem Bayerischen Verfassungsschutzgesetz bedürfen selbstverständlich der entsprechenden Kontrollmöglichkeiten, weshalb auch das Parlamentarische KontrollgremiumGesetz entsprechend angepasst wird. So ist künftig dem Parlamentarischen Kontrollgremium regelmäßig über die Nutzung der neuen Auskunftsrechte gegenüber Banken, Fluggesellschaften, Post- und Telekommunikationsdienstleistern zu berichten. Damit wird die parlamentarische Kontrolle ebenso sichergestellt wie die Kontrolle durch die G-10-Kommission.

Meine Damen und Herren, demgegenüber sind die erweiterten Kontrollrechte des Parlamentarischen Kontrollgremiums, wie sie im Gesetzentwurf der SPD vom 11. Juli 2002 vorgesehen sind, aus der Sicht der Staatsregierung nicht notwendig. Die Staatsregierung hatte das Parlamentarische Kontrollgremium in der Vergangenheit immer umfassend informiert. Fragen – Herr Kollege Dr. Gantzer, das wissen Sie selbst – blieben zu keiner Zeit offen. Deshalb stellt sich schon die Frage nach der Notwendigkeit zusätzlicher Kontrollrechte. Unabhängig davon bestehen auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einräumung weiterer Kontrollrechte wie zum Beispiel das Recht auf Akteneinsicht, das Recht, Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz unmittelbar anzuhören oder Sachverständige mit einzelnen Untersuchungen zu beauftragen.

(Abg. Prof. Dr. Gantzer (SPD): Und in Berlin?)

Eine solche gesetzliche Regelung – ich komme noch zu Berlin – würde das Parlamentarische Kontrollgremium mit den Rechten eines permanent tagenden Untersuchungsausschusses ausstatten. Solche Kontrollrechte wären damit auch Ausdruck eines ständigen unberechtigten Misstrauens gegenüber dem Landesamt für Verfassungsschutz, das als einzige Behörde dann permanent mit den Mitteln des Untersuchungsausschusses kontrolliert werden könnte.

Ein eventueller Hinweis auf Bundesrecht, Herr Kollege Dr. Gantzer, geht an der Sache vorbei – er hört jetzt nicht zu; deshalb muss ich noch einmal anfangen –; denn im Bundesgesetz sind im Gegensatz zu Ihrem Gesetzentwurf durchaus auch Verweigerungsmöglichkeiten seitens der Bundesregierung vorgesehen.

Andere im Gesetzentwurf der SPD vorgesehene Rechte des Parlamentarischen Kontrollgremiums sind zum Teil bereits in der Geschäftsordnung des Kontrollgremiums geregelt, zum Beispiel die öffentliche Bewertung aktueller Vorgänge, oder können dort oder auch in der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags geregelt werden. Ich nenne nur die Information des Parlamentarischen Kontrollgremiums über Eingaben von Bürgern über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamts für Verfassungsschutz, die in anderen Ausschüssen des Bayerischen Landtags federführend behandelt werden. Hiergegen bestehen aus der Sicht der Staatsregierung selbstverständlich keine Bedenken.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzentwurfs der Staatsregierung ist die Änderung des Bayerischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes. Es wird um Vorschriften des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes ergänzt. In Zukunft sollen Sicherheitsüberprüfungen bei allen Personen möglich werden, die in besonders sensiblen Bereichen einer lebens– oder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt sind. Auch dies ist eine Folge der Terroranschläge des 11. September 2001. Die Festlegung der lebens– oder verteidigungswichtigen Einrichtungen wird durch Rechtsverordnung der Staatsregierung erfolgen. Meine Damen und Herren, wir müssen die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass terroristische Vereinigungen versuchen, gezielt Personen in derartige Einrichtungen einzuschleusen oder dort bereits Beschäftigte für ihre Zwecke anzuwerben. Wir ergänzen deshalb die Regeln des Bundes zum vorbeugenden personellen Sabotageschutz in diesen Einrichtungen.

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung ist somit ein wichtiger Beitrag zur Gewährleistung der inneren Sicherheit in Bayern und zum Schutz vor terroristischen Anschlägen. Wir sind es unseren Bürgern, aber auch unseren Verbündeten in der ganzen Welt schuldig, die rechtlich zulässigen Grenzen der Informationsgewinnung zum Schutz vor terroristischen Anschlägen auszunutzen. Durch ausreichende Verfahrensvorschriften und Kontrollregelungen ist durchaus sichergestellt, dass eine verantwortungsbewusste Nutzung dieser Rechte erfolgt und die Individualrechte der Bürger nicht verletzt werden. Ich bitte das Hohe Haus, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Ich erteile nun Frau Kollegin Tausendfreund das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung hat nicht gerade eine besondere Eile bei der Umsetzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes an den Tag gelegt. Seit der Verabschiedung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes sind neuneinhalb Monate vergangen. Erst jetzt legt der bayerische Innenminister seinen Vorschlag zur Umsetzung dieses Gesetzes vor. Herr Dr. Beckstein versuchte im vergangenen Jahr, nach außen den Eindruck zu vermitteln, dass alles nicht schnell genug ginge und nicht ausreiche. Offenbar waren ihm die überzogenen Forderungen über das Bundesgesetz hinaus wichtiger als die Erledigung der Hausaufgaben im eigenen Land.

Was wollte Herr Dr. Beckstein nicht alles zusätzlich einführen? – Ich erinnere an das Sicherheitspaket III, mit dem Verdachtsausweisungen von Ausländern, die zwingende Speicherung der Religionszugehörigkeit im Ausländerzentralregister, eine zentrale Datei für die biometrischen Daten aller Bundesbürger und die Verschärfung der Wohnraumüberwachung und vieles mehr, ermöglicht werden sollten. Dies alles wurde gefordert, bevor das neue Bundesrecht umgesetzt und auf seine Tauglichkeit hin überprüft wurde. Hier wird deutlich, welches Wahlkampfgetöse Herr Dr. Beckstein mit seinen überzogenen Forderungen veranstaltet hat. Dies war ihm anscheinend wichtiger als eine solide und zeitnahe Arbeit.

Zeitnah ist der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung der Kompetenzen des Verfassungsschutzes und anderer Gesetze jedenfalls nicht. Als solide kann er ebenfalls nicht bezeichnet werden. Nach dem Bundesgesetz sind die zusätzlichen Kompetenzen des Landesverfassungsschutzes an eine gleichwertige Kontrolle wie beim Bund gekoppelt. Diese gleichwertige Kontrolle ist nicht gewährleistet; nicht nur deshalb, weil die GRÜNEN noch immer von der Kontrolle ausgeschlossen sind. Der Hauptgrund sind die Befugnisse des Parlamentarischen Kontrollgremiums, die völlig unzureichend sind. Für eine wirksame parlamentarische Kontrolle ist es erforderlich, dass beide Oppositionsfraktionen dieses Hauses die Kontrollfunktion mit wirksamen Instrumenten ausüben können. Dazu gehören ein Akteneinsichtsrecht, das Einsichtsrecht in Datenbestände, das Betretungsrecht der Räume des Landesamts für Verfassungsschutz, das Recht, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu befragen und das Recht, Sachverständige hinzuzuziehen. Das jetzige Parlamentarische Kontrollgremium hat für uns GRÜNE nur Alibicharakter. Die Mitglieder sind auf das angewiesen, was ihnen von der Spitze des Verfassungsschutzes vorgetragen wird, auch wenn sie kritische Nachfragen stellen können. Ich kann nur sagen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Der SPD-Gesetzentwurf wird von uns unterstützt, weil er genau die Kontrollinstrumente, die auf Bundesebene gelten, für Bayern fordert. An dem Gesetzentwurf der Staatsregierung gibt es aber noch weitere Kritikpunkte: Die Datenübermittlung von öffentlichen Stellen, zum Beispiel dem Verfassungsschutz, an nichtöffentliche Stel

len, zum Beispiel Banken, ist zu weitgehend geregelt. Klare Grenzen sind nicht eingezogen. Die Sicherheitsüberprüfungen bei so genannten lebenswichtigen Einrichtungen sind mit einem Freibrief ausgestattet. Sicherheitsüberprüfungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solcher Einrichtungen sollen bereits möglich sein, wenn eine Beeinträchtigung des Betriebs erhebliche Unruhe in der Bevölkerung entstehen lassen würde. Diese Formulierung ist sehr dehnbar. Problematisch ist auch, dass im „Huckepack-Verfahren“ die erweiterten Auskunftsrechte von Banken, Telekommunikationsunternehmen und Luftverkehrsunternehmen sowie der Einsatz des IMSI-Catchers auch auf die organisierte Kriminalität und den Inlandsextremismus ausgeweitet werden sollen. Der Regelungszweck ist hier zu hinterfragen. Dies ist meines Erachtens vom Bundesrecht nicht gedeckt. Hier muss die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gestellt werden.