(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Kollegin ist niemals vernebelt!)
Es geht doch darum zu sagen: Wir wollen eine klare Aufgabenabgrenzung. Dabei wird es Themen geben, bei denen auch die CSU und die Staatsregierung einer Ausdehnung von Kompetenzen der Europäischen Union das Wort reden. Ich nenne beispielsweise die Außenpolitik, wo wir mehr Miteinander in Europa brauchen. Ich nenne weiterhin die Sicherheitspolitik. Natürlich müssen die Kompetenzen der Europäischen Union auch auf dem Binnenmarkt gestärkt und nicht geschwächt werden. Es gibt aber viele andere Bereiche, bei denen die Kompetenzen nicht auf die Ebene der Europäischen Union gehören. Sie wissen genau, dass der Rat sich beispielsweise in Lissabon überhaupt nicht um die Zuständigkeiten in Europa geschert hat und quer über alle Zuständigkeitsbereiche hinweg irgendwelche Ziele postuliert hat. Wir wollen jedoch ein bürgernahes, verständliches und transparentes Europa. Wir wollen uns die Möglichkeit erhalten, im eigenen Land selber Politik zu gestalten.
Da es – dies muss ich Ihnen vorhalten – bei den ersten Beratungen des Konvents in der Tat derartige Vorstöße des Bundes nicht gegeben hat, ist ein solcher Beschluss des Landtages, wie er jetzt ansteht, notwendig. Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben durch ihren Beauftragten, den früheren Kollegen Peter Glotz, und den Vertreter des Bundestages, MdB Meyer, im Konvent keinerlei entsprechende Vorstöße unternommen. Stattdessen hat der Vertreter der Bundesregierung gemeinsam mit Vertretern vier weiterer Mitgliedstaaten Vorschläge vorgelegt, die der Forderung nach Aufgabenreform in den einzelnen Politikbereichen eine Absage erteilen. Das ist doch die Realität der letzten Wochen.
Deshalb ist der Antrag berechtigt. Er ist auch dringlich. Er beinhaltet die Aufforderung, die Bundesregierung möge sich nicht von dem entfernen, worüber lange Zeit Konsens in Deutschland bestanden hat. Natürlich bedeutet ein politisches Subsidiaritätsgremium keinen Fortschritt im eigentlichen Sinne.
Meine Damen und Herren, es geht jetzt darum, in einem Verfassungskonvent die grundlegende Struktur Europas über die Jahre 2004 und 2005 hinaus festzulegen. Es geht darum, deutlich zu machen, wie ein Europa der 20 oder 25 in der Zukunft gestaltet werden kann. Wann, wenn nicht jetzt, sollte denn eine solche klare Meinungsäußerung, wie wir sie beabsichtigen, in den Europakonvent hineingetragen werden? Wenn es Ihnen darum geht, Föderalismus zu gewährleisten, Subsidiarität zu verankern, Möglichkeiten der eigenen Gestaltung hier im Hause, im Parlament, und in der Staatsregierung zu erhalten, müssten Sie doch eine klare, auf dem Subsidiaritätsprinzip beruhende Aufgabenabgrenzung vornehmen.
Herr Müller, packen Sie deshalb nicht noch alles Mögliche mit hinein und betreiben Sie nicht billigen Wahlkampf, sondern konzentrieren Sie sich auf das, was in dem Antrag steht. Wenn Sie für ein bürgernahes, demokratisches, vernünftiges, transparentes und der Aufga
benverteilung in einer föderativen Ordnung gerecht werdendes Europa sind, müssten Sie diesem Antrag zustimmen. Die Staatsregierung wird jedenfalls entsprechend diesem Antrag handeln.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das war eine ausgesprochen sanfte Rede des Herrn Staatsministers. So erlebt man Sie selten. Warum war dies wohl der Fall? Sie wollten damit zum Ausdruck bringen, dass Sie, sonst ein Meister der Polemik und der Diffamierung, sich jetzt entsprechend absetzen.
Ich weiß sehr genau, was ich da sage. Herr Huber, Sie waren früher Generalsekretär. Ich nehme Ihnen das gar nicht übel. Sie kennen ja auch die Debatten in diesem Haus. Nur eines nehme ich Ihnen übel: Warum lesen Sie nicht den Antrag, ehe Sie ans Rednerpult gehen?
Bei diesem Antrag – das habe ich auch Kollegen Zeller gesagt – geht es doch nicht darum, eine Debatte zu provozieren, in der wir uns darüber Gedanken machen, wie wir in der Zukunft mit den Kompetenzen, mit Subsidiarität, mit Europa der Regionen umgehen. Diesbezüglich gibt es in diesem Haus eine große Übereinstimmung. Da gibt es auch als Parlament gegenüber anderen eine große Übereinstimmung. Das ist doch nicht das Thema dieses Antrags. In diesem Antrag steht, dass Sie eine detaillierte Kompetenzabgrenzung wollen. Frau Gote ist gerade näher auf das Thema eingegangen, sodass ich das nicht nochmals zu tun brauche.
Und dann heißt es: „Der Landtag stellt fest:“ Wir sollen also per Mehrheit feststellen – im Antrag, nicht einmal in der Begründung! –, dass die Bundesregierung mit ihrem bisherigen Verhalten im Prozess der Erarbeitung eines Verfassungsvertrages ihrer diesbezüglichen Verantwortung gegenüber den Regionen nicht nachkomme.
Das ist ein unverschämter Angriff, zu dem ich Ihnen sage: Es wäre besser, über so einen unverschämten Angriff überhaupt nicht zu reden. Kein Mensch von Ihnen wird zur Kenntnis nehmen, was da gemacht wird. Nur, es ist unredlich. Sie bringen einen Antrag ein, und sechs Tage später stellen Sie fest, die Bundesregierung habe nicht deutsche Interessen vertreten und habe nicht entsprechend gehandelt. Das ist sehr peinlich und lächerlich. So dummes Zeug sollten Sie nicht machen.
Das ist der Punkt, Herr Huber. Wenn Sie mit uns eine Debatte über die Frage führen wollen, wie wir in Zukunft mit Subsidiarität umgehen, dann sind wir sehr nahe bei
einander. Das wissen Sie. Wenn Sie aber einen Antrag zum Anlass nehmen, um die Gemeinsamkeiten zu instrumentalisieren, und überlegen, wie Sie vom Europaausschuss der CSU auch noch ein bisschen Wahlkampf machen können – und das ist nichts anderes als läppischer, blöder Wahlkampf –, dann muss ich sagen, im Grunde genommen ist es schade um diese Dinge.
Erstens. Wie bereits angesprochen wurde, ist eine Arbeitsgruppe zur Subsidiarität eingerichtet worden. Ich darf Ihnen einige der Mitglieder nennen. Drei sind aus Deutschland. Einer davon ist Herr Teufel, ein zweiter ist Herr Brok, beide CDU. Ich habe von beiden Vorwürfe dieser Art bis zum heutigen Tage nicht gehört. Sie sollten sich einmal mit diesen Leuten in Verbindung setzen.
Zweitens. Wo liegt denn der eigentliche Konflikt, wenn es um Kompetenzabgrenzung und um Subsidiarität geht? Er liegt doch nicht zwischen uns, sondern er liegt zum Beispiel zwischen Deutschland und Frankreich. Ich will auch deutlich machen, dass das mit unterschiedlichen Traditionen zu tun hat. Europa wird auch davon leben, dass es unterschiedliche Traditionen und Historien gibt. In Frankreich wird nun einmal der Staat und die Zentralität anders gesehen als bei uns. Es wird auch nicht so sein, dass die Bundesregierung alle Positionen wird durchsetzen können, sondern es wird einen vernünftigen Kompromiss geben und Frankreich wird einer der härtesten Brocken sein, die uns daran hindern, das Ganze so zu realisieren, wie wir es vielleicht gerne hätten.
Drittens – auch das ist ein wichtiger Punkt –. Sie reden – und das ist typisch für Sie im Zusammenhang mit Europa – immer nur von den Regierungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich warte darauf, dass wir endlich mehr von den Parlamenten reden, die in den Prozess Europas einbezogen werden müssen.
Und zum Vierten darf ich Ihnen ein Zitat bringen. Vielleicht kann Ihnen das etwas weiterhelfen, Herr Huber. Der Vertreter der Bundesregierung, Herr Glotz, hat am 1. Juli auf einer Konferenz in Berlin Folgendes gesagt: „Ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung ist eine deutliche Klärung der Aufgabenverteilung und Kompetenzen in der EU im Sinne des Subsidiaritätsprinzips.“
Solche Positionen der Bundesregierung kann man doch nicht als Verkauf deutscher Interessen diffamieren. Das ist doch ausgesprochen jämmerlich.
Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten empfiehlt die unveränderte Annahme. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Es gibt keine. Damit ist der Antrag angenommen.
Ich gebe jetzt noch das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Weiterführung von Schulsozialarbeit sicherstellen“ auf Drucksache 14/10055 bekannt: Mit Ja haben 69 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein 95; es gab zwei Stimmenthaltungen. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt worden.
Wir haben gesagt, wir machen bis 14.45 Uhr Mittagspause. Diese Zeit haben wir erreicht. Die Mittagspause ist zu Ende, und jetzt beginnen wir mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge. Europa war wichtiger als Mittagessen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten gestern eine Debatte über die wirtschaftliche Situation in Deutschland und darüber, wie es weitergehen soll. Diese Debatte war aus meiner Sicht recht polemisch, wenig substanziell. Das muss uns nicht weiter verwundern angesichts der Tatsache, dass wir so kurz vor einer Bundestagswahl stehen.
Ich will in Verbindung mit diesem Antrag den Versuch machen, auf die Aussagen des Kandidaten der CDU/ CSU und auf das Wahlprogramm der Union einzugehen, hauptsächlich bezogen auf diese Zauberformel „Dreimal 40“ oder „Dreimal unter 40“, bezogen auf die Staatsquote, die auf unter 40% gesenkt werden soll, auf den Spitzensteuersatz, der auf unter 40% gesenkt werden soll, und auf die Sozialversicherungsanteile. Dazu heißt es auszugsweise im Programm:
Dazu haben wir das Programm „Dreimal 40“ entwickelt. Es steht für niedrige Steuern, stabile Sozialversicherungen, einen sparsamen Staat. Wir werden deshalb die Staatsquote von derzeit knapp 50
schrittweise und dauerhaft auf unter 40 senken. Wir wollen den Spitzensteuersatz auf unter 40 senken. Wir werden alle Spielräume nutzen, um die Beitragssätze zu senken und die Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern schrittweise auf unter 40% zu senken.
Meine Damen und Herren, es ist gestern schon angeklungen, und es zieht sich durch alle Debattenbeiträge und durch das, was man in den Zeitungen liest und im Fernsehen sieht: Die beiden Fragen, um die es wirklich geht, werden von den Leuten, die das propagieren – der Kanzlerkandidat vorneweg –, immer verschwiegen. Die erste Frage lautet: Wenn heute der Befund über die Bundesrepublik Deutschland so schlimm ist, wie er angeblich ist, was war dann eigentlich vorher, vor Schröder, bis 1998? Die zweite Frage ist, was für Konsequenzen aus dieser Zauberformel „Dreimal 40“ eigentlich für unser Land und speziell für Bayern erwachsen könnten. Dazu will ich etwas sagen, meine Damen und Herren.
Als Erstes: Der designierte Schattenwirtschaftsminister – – Herr Huber, Sie sind ja auch schon für etwas designiert, habe ich gehört, deswegen sind Sie so interessiert und vertreten die Stelle Ihres Herrn, der sich übrigens gestern – das habe ich im Fernsehen gesehen – mit Gattin Karin im Louvre die Bilder angesehen hat. Das war ganz wichtig. Noch wichtiger wäre es gewesen, hier zu sein, während wir im Landtag über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Bayerns redeten.
Ja, das habe ich im Fernsehen gesehen. Mit Gattin hat er sich die Bilder angeschaut. Der Herr Ministerpräsident und Abgeordnete Stoiber war leider nicht da, als die Debatte über Bayern lief.