Das Interesse! Schon in meiner frühesten Jugend hat mir ein politisch interessierter Mensch gesagt: Du hast wohl die Funktion des Fußballs noch nicht erkannt. Ich muss feststellen: Der Mann hatte Recht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach einer Emnid-Umfrage vom Januar 2002, also brandaktuell, sprechen sich 75% der Bevölkerung für eine Beschränkung der Zuwanderung aus. Eine Umfrage vom März hat ergeben, dass 52% der Bevölkerung den Ausländeranteil in Deutschland für zu hoch halten. Nach einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie des AllensbachInstituts sind 84% der Meinung, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen Zuwanderung ist. Ich füge hinzu: von hoch qualifizierten Fachkräften in überschaubarer Zahl, die wir benötigen, einmal abgesehen.
Diese ganz eindeutige und entschiedene Haltung der Menschen in unserem Lande zeigt – die Meinung von Organisationen interessiert hier schon aus demokratiepolitischen Gründen weit weniger –, dass das aktuelle Zuwanderungsgesetz von den Menschen abgelehnt wird. Aber es wurde dennoch von der jetzigen Koalition, deren Zeit allerdings bald abläuft, mit allen erdenklichen Mitteln noch vor der Bundestagswahl verfassungswidrig,
wie ich überzeugt bin, durchgepeitscht, und das mit einer Bundesratsmehrheit, die es inzwischen schon gar nicht mehr gibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht einmal dieser Bundesregierung, der Bundesregierung des gebrochenen Wortes, hätte man einen derart skandalösen Verfassungsbruch zugetraut. Rot-grün ist also nicht nur wortbrüchig, sondern bricht auch die Verfassung.
Das Zuwanderungsgesetz – ich kürze das ab mit „ZuWag“; in Bayern würde man sagen: eine unappetitliche Zuwaag‚ – könnte man ja noch weiter inhaltlich diskutieren, wenn nicht inzwischen etwas passiert wäre, wie es sich in dieser Art in der Bundesrepublik noch nie zugetragen hat.
Es wurde vom Bundespräsidenten ausgefertigt, obwohl es – davon bin ich überzeugt – nicht nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen ist.
Nach Artikel 82 darf der Bundespräsident kein Gesetz ausfertigen, das nach seiner Meinung zweifelsfrei und offenkundig nicht nach den Bestimmungen des Grundgesetzes zustande gekommen ist. Er muss nicht von der Verfassungsmäßigkeit überzeugt sein, er muss nur zweifelsfrei von offenkundiger Verfassungswidrigkeit überzeugt sein. Das hat der Bundespräsident so eingeschätzt. Es gibt viele Verfassungsrechtler – er ist selbst ja keiner –, die diese Einschätzung nicht teilen.
In der Juristerei finden sich immer ein paar abseitige Meinungen. Der von mir ansonsten seit einigen gemeinsamen Unternehmungen hochgeschätzte Kollege Dr. Hahnzog vertritt immer wieder abseitige Meinungen, wenn er sie für sein Konzept benötigt. Wir wollen einmal sehen, was beim Bundesverfassungsgericht herauskommt; hoffentlich nicht wieder eine Entscheidung fünf zu drei.
Das unumstrittene formelle Prüfungsrecht des Bundespräsidenten, aus dem selbstverständlich auch eine Prüfungspflicht erwächst, bezieht sich auf das vom Grundgesetz vorgeschriebene Gesetzgebungsverfahren: Der Bundespräsident meint nun, das Zuwanderungsgesetz beruhe nicht ohne jeden Zweifel und offenkundig auf einem Verfassungsverstoß. Nur deswegen hat er es ausgefertigt und nicht etwa, weil er es für verfassungsmäßig halten würde. Das ist ein großer Unterschied. Unter diesen Umständen ist es unerlässlich, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Aber zweifelsfrei und offenkundig liegt ein Verfassungsverstoß im Gesetzgebungsverfahren vor, denn entgegen Artikel 51 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes wurden die Stimmen Brandenburgs nicht einheitlich abgegeben. Zweifelsfrei und offenkundig waren diese Stimmen dennoch vom amtierenden Bundesratspräsidenten Wowereit als gültige und
für das Abstimmungsergebnis ausschlaggebende Stimmen gewertet worden, obwohl sie nach herrschender Meinung nicht hätten gewertet werden dürfen. Das meint nicht nur Herzog, sondern auch Oschatz, der langjährige Direktor des Bundesrates, der dem Präsidenten – wie wir alle wissen – abgeraten hat, so zu verfahren.
Von Wowereit war allerdings nichts anderes zu erwarten; denn diese Blüte der deutschen Sozialdemokratie gerät ja nicht erstmals auf Abwege – ich meine das selbstverständlich nur politisch –, als Protagonist einer mehr als nur geschmacklosen Hauptstadtkoalition mit einer Mauerpartei, mit einer Stasi-Partei, die von Rechts wegen heute noch SED heißen müsste. Das war ein von Wowereit kalkulierter und – ich meine und fürchte – vom Bundeskanzler befohlener Verfassungsbruch.
Ja, das ist es schon geworden, aber nicht, weil ich darauf hinweise, sondern weil Sie es gemacht haben.
Es gibt auch keinen Grundsatz dergestalt, dass der Ministerpräsident über die Stimmabgabe dann allein entscheiden dürfte, wenn man sich nicht einigen kann. An einer entsprechenden Konfliktlösungsnorm fehlt es nämlich im Grundgesetz. Vorschriftswidrig abgegebene Stimmen dürfen demnach nicht gewertet werden, auch wenn Hahnzog sicherlich gleich das Gegenteil vertreten wird; ich sagte schon: ein netter Mensch, aber für abseitige Meinungen bekannt und immer gut.
Den Bundespräsidenten möchte ich nicht auf eine Stufe mit Wowereit stellen, aber kraftvoll wahrgenommen – –
Sie haben mit diesem Gesetz einen Saustall ohnegleichen angerichtet, und jetzt empören Sie sich darüber, dass man ihn beim Namen nennt.
Jedenfalls hat der Bundespräsident sein Wächteramt, das ihm aus dem formellen Prüfungsrecht erwächst, keineswegs kraftvoll wahrgenommen. Ich hoffe, dass das nichts mit parteipolitischen Interessen zu tun hatte. Er hat sich darauf beschränkt, mit einem publikumswirksamen Szenario zwei Landespolitiker abzukanzeln, von denen einer inzwischen zurückgetreten ist, nachdem er dem anderen durch Vertragsbruch die Mitwirkung an einem unzulässigen Abstimmungsverhalten im Bundesrat aufgenötigt hatte. So war das nämlich: Verantwortlich für das Tauerspiel im Bundesrat ist doch ganz eindeutig Stolpe und nicht Schönbohm. Die CDU hat sich auf einen Koalitionsvertrag berufen, und die SPD hat den Bruch dieses Koalitionsvertrages nicht nur vorgenommen, sondern auch zugegeben. Stolpe – das spricht für ihn – hat offen erklärt, er habe sich nicht an den Koalitionsvertrag gehalten. Bei der SPD passt ja alles zusammen: Wortbruch, Vertragsbruch, Verfassungsbruch, und ich hoffe, dass nicht noch Nötigung eines Verfassungsorgans dazukommt.
Ich will ein Wort zur Bedeutung von Koalitionsverträgen in der Bundesrepublik sagen; denn es könnte jemand auf die Idee kommen und fragen: Was ist überhaupt ein Koalitionsvertrag? Sind das unverbindliche Empfehlungen oder Absichtserklärungen? – Koalitionsverträge sind zwar nicht in Bayern – das wird wohl auch so bleiben –, aber in der Bundesrepublik Deutschland und in vielen Bundesländern ein unverzichtbarer Bestandteil der Verfassungswirklichkeit. Man kann und muss wohl auch Artikel 21 des Grundgesetzes heranziehen und feststellen, dass die Parteien sogar die Aufgabe haben, solche Koalitionsverträge zu schließen. Wenn sie aber geschlossen werden, sind sie, wie andere Verträge auch, einzuhalten; „pacta sunt servanda“ heißt dieser Grundsatz. Sonst werden sie sinnlos und führen sich als Instrument der Politik in Deutschland von selbst ad absurdum.
Soweit ich weiß, enthalten die bisher geschlossenen Koalitionsverträge fast ausnahmslos die so genannte Bundesratsklausel, die eine große Bedeutung zur Abwehr bundespolitischer Überlagerungen der Landespolitik hat; das heißt, Stimmenthaltung im Bundesrat, wenn man sich nicht einigen kann. In einem Bundesland soll also eine Koalition nicht scheitern, weil sie zu bundespolitischen Zwecken instrumentalisiert wird. Dies ist der tiefere Sinn der Bundesratsklausel, und diese Regelung hat sich in Jahrzehnten bewährt. Im vorliegenden Fall kam es allerdings aufgrund besonderer Zahlenverhältnisse anders.
Dennoch ist es notwendig, am Institut der Koalitionsverträge nicht nur festzuhalten, sondern solche Verträge auch zu beachten.
Durch den Bruch des Koalitionsvertrages hat Stolpe – ich vermute, auf erheblichen Druck der Bundespolitik – in diesem Gesetzgebungsverfahren die ganze Misere ausgelöst.
Zusammenfassend ist festzustellen: Dem „ZuWag“ fehlt jede Legitimität. Es ist formell verfassungswidrig und wird materiell von der Mehrheit der Menschen in diesem Land abgelehnt.
Aber dieser breite gesellschaftliche Konsens wird von Rot-Grün ignoriert. Er passt halt nicht in das Konzept der Regierung.
Inzwischen stehen die europäischen Länder im Wettstreit um die schärfsten Zuwanderungsgesetze, und wir erlauben uns unter dem Namen „Zuwanderungsbegrenzungsgesetz“ ein Zuwanderungsförderungsgesetz. Ich sage noch einmal: Das ist von der Sache her falsch und ein Etikettenschwindel. Aber „Etikettenschwindel“ ist inzwischen auch ein Synonym für die gegenwärtige Bundespolitik verwendet werden. SPD und GRÜNE erkennen damit, dass die Integrationsfähigkeit unseres Volkes nicht grenzenlos ist. Sie gefährden den inneren Frieden und die wirtschaftliche Sicherheit Deutschlands.
Wir haben vier Millionen Arbeitslose. Da wollen Sie weitere Menschen hereinholen, die selbstverständlich den Arbeitsmarkt weiter belasten werden. Es geht nicht darum, einige wenige verhältnismäßig Hoch- und Höchstqualifizierte zu holen; darin sind wir alle einig. Es geht darum, dem durchschnittlichen Arbeiter, Arbeitnehmer und Arbeitsuchenden nicht zusätzliche Konkurrenz hereinzuholen, obwohl wir im Zuge der Osterweiterung der EU ohnehin mit weiteren erheblichen Belastungen des Arbeitsmarktes rechnen müssen. Wenn wir etwa zum Spargelstechen oder für die Gastronomie keine Leute finden, müssen wir prüfen, warum das bei dieser Arbeitsmarktlage so ist.
Dies ist so, weil offenbar etwas falsch gemacht wird. Es kann nicht sein, dass das deutsche Volk und die deutschen Arbeitsuchenden für die Gastronomie – heute aus Zeitgründen keine Zwischenfrage – völlig ungeeignet sind, andere jedoch all das leisten können, was dort verlangt wird. Es muss wohl künftig lästigere Alternativen geben als bisher, wenn man eine solche Arbeit nicht akzeptiert.
Darüber hinaus ist es natürlich ein Fehler, den Anwerbestopp aufzuheben; ich will das nicht weiter ausführen, da meine Zeit knapp ist. Ich will nur eines noch sagen, auch wenn das oft genug schon dargelegt worden ist: Das Nachzugsalter nicht auf den von uns vorgeschlagenen Grenzwert herabzusetzen, ist ein sehr schwerer Fehler! Wenn Leute in Deutschland integriert werden wollen und sollen, müssen sie so rechtzeitig hier sein, dass das noch möglich ist. Es ist ein Irrweg zu ermöglichen, dass Kinder in ihr Heimatland zur Sozialisation dort gehen, anschließend mit 14 oder mit 16 Jahren wieder zurückkommen, um hier in Deutschland zu leben. Dass damit Schluss sein muss, sagen auch ethnische „Ausländer“, die mittlerweile durch Einbürgerung Deutsche geworden sind.
„Ethnischer Ausländer“ – wenn Sie unbedingt wollen, erkläre ich es Ihnen nachher. Aber so dumm, wie Sie tun,
sind Sie gar nicht, Herr Dürr. Aber Sie sind ein guter Theaterspieler. Für Sie müsste in dem einen oder anderen Schauspielhaus immer noch ein Plätzchen frei sein.
Dass wir uns um die ethnischen „Ausländer“ bemühen, haben Sie weithin an der letzten Stadtratswahl erkennen können. Wir haben z. B. in Regensburg einen inzwischen eingebürgerten türkischen Gemüsehändler und eine griechische Doktorandin auf unsere Stadtratsliste genommen, und der türkische Gemüsehändler ist auch gewählt worden.