Protocol of the Session on June 13, 2002

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Querschnittsaufgaben!)

Er hat 16 Paragraphen. Sie müssen doch Ihren eigenen Gesetzentwurf kennen. Im § 1 finden wir weitgehend das wieder, was auch in unseren 38 Anträgen steht. Warum haben Sie noch 15 andere Paragraphen hinzugefügt? Diese sind aus unserer Sicht der Integration vielfach nicht förderlich. Deshalb werden wir dieses Gesetz

ablehnen. Wir sind sehr wohl auf den Gesetzentwurf in der Diskussion eingegangen. Ich will es den Kolleginnen und Kollegen ersparen, fünf oder sechs Seiten des Protokolls der Sitzung des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vom 14. März im Einzelnen zu zitieren. Sie können alles in dem Protokoll nachlesen.

Einen Punkt will ich allerdings hervorheben. Es besteht die Gefahr bei Menschen, die dem Gedanken der Integration nicht nahe stehen, dass sie von vielen von Ihnen vorgeschlagenen Entwürfen ein Bild der Muslime entnehmen – Muslime sind eine der größten Gruppen –, das diese als einseitige, unduldsame, fanatische und intolerante Menschen zeigt. Wegen dieser Gefahr lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

Wir halten auch einen Migrationsausschuss nicht unbedingt für förderlich. Nordrhein-Westfalen hat einen Migrationsausschuss, aber keinen Ausländerbeauftragten. Ich bin froh, dass Frau Beck das auf Bundesebene so gut macht. Mir ist es wichtiger, eine solche Institution zu haben, als einen Landtagsausschuss, der wiederum auf diese Staatsregierung angewiesen ist, damit Vorschläge umgesetzt werden. Er wäre wieder auf diese Exekutive angewiesen, die ohnehin sehr schwachbrüstig ist.

Wir werden auch weiterhin für Integration kämpfen. Draußen liegt eine Broschüre von der Deutschen Jugend in Europa, Landesverband Bayern e. V., auf. Ich würde vorschlagen, dass alle diese Broschüre mitnehmen. Das sollte auch die rechte Seite des Hauses tun. Denn es sind Organisationen dabei, die ihr relativ nahe stehen. Ich bitte, einmal nachzulesen, wie das von den Menschen gesehen wird, um die wir uns bemühen. Ich weise auf die Islamische Charta des Zentralrats der Muslime hin. Darin findet sich vieles, was es wert ist, nachgelesen zu werden. Damit werden Brücken gebaut, die wir gemeinsam beschreiten sollten. Das wäre das Wichtigste.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatssekretär Freller hat noch ums Wort gebeten.

(Frau Radermacher (SPD): Schon wieder?)

Ich darf darauf hinweisen, dass die CSU-Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt namentliche Abstimmung beantragt hat. Bitte, Herr Staatssekretär.

Herr Präsident, Hohes Haus! Einen Vorteil hat der Gesetzentwurf der GRÜNEN. Er zeigt, was sie wirklich wollen. Wer sich den Gesetzentwurf genau ansieht, der muss erschrecken, welche Geisteshaltung dahintersteckt. Wenn man die christliche Gemeinschaftsschule streichen, Schulkreuze nicht mehr schützen und den konventionellen Religionsunterricht als Pflichtfach abschaffen will, dann muss man Grün wählen.

(Beifall bei der CSU)

Es ist noch nie so offenkundig geworden, welch Geistes Kind die GRÜNEN sind, wie durch diesen Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CSU)

Ich kann nur wünschen und hoffen, dass möglichst viele, die bisher immer noch die Werteanbindung und die Anbindung der GRÜNEN an die christlichen Werte gesehen haben, sich diesen Gesetzentwurf durchlesen.

Die Folgerungen aus diesem Gesetzentwurf sind für mich derart dramatisch, dass man es sich fast nicht ausmalen kann.

(Lachen der Frau Abgeordneten Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf ist vielleicht in der Ersten Lesung zu schnell behandelt worden; jetzt geschieht das nicht. Mit dem, was sich in diesem Gesetzentwurf findet, wird in unglaublicher Weise die Axt an das Fundament der Gesellschaft gelegt. Das muss man deutlich beim Namen nennen, und ich will einige Beispiele aufzählen.

Es geht nicht um das Ja zur Integration. Auch die Staatsregierung bekennt sich selbstverständlich zur Integration der rechtmäßig und dauerhaft in Bayern lebenden Ausländerinnen und Ausländer. Der Unterschied zu den GRÜNEN besteht allerdings darin, dass wir sowohl ein anderes Verständnis von Integration als auch ein anderes Verständnis von Verantwortlichkeit haben. Der Gesetzentwurf der GRÜNEN gibt vor, Integration fördern zu wollen. Die einzelnen Bestimmungen aber zeigen, dass die Umsetzung der Vorschläge eher zu einer Desintegration führt. Artikel 1 des Integrationsgesetzes definiert Integration als das Zusammenführen selbstständig nebeneinander stehender Menschen zu einem übergeordneten gesellschaftlichen Ganzen zum kulturellen und wirtschaftlichen Nutzen aller. Diesen Satz muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Propagiert wird damit eine multikulturelle Gesellschaft ohne erkennbare verbindende Werteordnung. Die Konsequenz ist letztlich die Entstehung und Verfestigung von Parallelgesellschaften.

Für mich heißt Integration Eingliederung in die bestehenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse. Hierum muss sich jeder Ausländer und jede Ausländerin nach besten Kräften bemühen. Integration mag eine Bringschuld sein, ist aber gleichermaßen eine Holschuld. Rücksichtnahmen auf die Normen, Sitten und Gebräuche, denen sich die einheimische Bevölkerung verpflichtet fühlt und letztlich auch die Akzeptanz unserer vom Christentum, der Aufklärung und dem Humanismus geprägten gesellschaftlichen Grundwerte muss selbstverständlich sein.

Meine Damen und Herren, im Kern wollen die GRÜNEN mit Ihrem Gesetzentwurf die Bezüge zum christlichen Bekenntnis an den bayerischen Schulen beseitigen und die damit verbundene Wertorientierung aufweichen. Das möchte ich in dieser Klarheit sagen, weil ich sicher bin, dass sehr viele am Protokoll interessiert sind, und ich hoffe auch, dass möglichst viele in unserem Land das

Protokoll der heutigen Sitzung und den Gesetzentwurf ganz genau ansehen werden. Anstelle von Religionsunterricht sieht der Gesetzentwurf einen interreligiösen Unterricht als Pflichtfach vor. Das steht nicht nur im Widerspruch zur Verfassung, sondern das geht völlig an der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns vorbei.

Was hier mit dem wohlklingenden Wort Integration verschleiert werden soll, ist in Wirklichkeit der Versuch, die Grundlagen unserer christlich und humanistisch geprägte Wertorientierung an unseren Schulen durch einen beliebigen weltanschaulichen Mischmasch zu ersetzen. Integration kann doch nicht bedeuten, dass sich bayerische Schüler in die Anschauungen anderer Kulturen zu integrieren haben. Es gehört zu den zentralen erzieherischen Aufgaben der Schule, den jungen Menschen Maßstäbe und verbindliche Wertvorstellungen nahe zu bringen. Gerade der Religionsunterricht spielt hierbei eine wichtige Rolle. Mit einem babylonischen Durcheinander von Weltanschauungen kann eine solche Orientierung nicht gegeben werden.

Ich bin erschrocken, Frau Köhler, über das, was Sie vorhin gesagt haben. Sie haben gesagt, der Religionsunterricht ist doch keine heilige Kuh.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie haben heute wortwörtlich gesagt: Der konfessionelle Religionsunterricht ist doch keine heilige Kuh. Ich hoffe, das liest man überall im Lande, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Ich kann nur eines sagen: Ich würde mir wünschen, dass jene gesellschaftlichen Gruppierungen, zu denen auch Sie gehören, liebes BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die im ganzen Lande den islamischen Religionsunterricht so lautstark fordern, sich auch für den christlichen Glauben einsetzen würden. In Bayern praktizieren wir, beispielhaft für alle Bundesländer, islamische Glaubensunterweisung für 13000 islamische Kinder. Ich würde mir aber wünschen, das diejenigen, die sich hier so sehr für den Islam stark machen, sich in der Vergangenheit in gleicher Weise für den christlichen Religionsunterricht und für das Kreuz an den Schulen eingesetzt hätten.

(Beifall bei der CSU)

Es kann doch nicht angehen, dass wir die eigenen Fundamente vernachlässigen, das Eigene infrage stellen und das Andere unter staatlichen Schutz stellen sollen. Das gibt es doch nicht!

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, das muss man doch einmal deutlich sagen. Wir sollen das streichen, was uns ausmacht und das stärken, was andere haben wollen. Deshalb ist hier ein klares Nein von unserer Seite. Ich sage Ihnen auch, dass wir im Ministerium, in der Staatsregie

rung, in der CSU-Fraktion am konfessionellen Religionsunterricht nicht werden rütteln lassen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir machen die Schülerinnen und Schüler sehr wohl mit anderen Gottesbildern und Glaubensauffassungen vertraut. Wir regen auch zu einer konstruktiven Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauungen und Religionen an. Es ist für mich auch als Religionslehrer eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass wir andere Religionen und Konfessionen im Unterricht angemessen gewürdigt und berücksichtigt haben. Trotzdem ist es unverzichtbar, dass wir eine klare Wertehaltung, eine verbindliche Wertorientierung bei unseren Kindern fördern wollen. Es bringt nichts, einem Kind nur alle möglichen Lebensentwürfe ins Schaufenster zu stellen nach dem Motto: Such dir aus, was dir am besten gefällt. Damit schafft man doch keine Werteorientierung. Damit kann Erziehung nicht gelingen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir den Kindern weltanschauliche Maßstäbe und weltanschauliche Antworten im Sinne unserer gesellschaftlichen Grundwerte geben. Weltanschauungsfetzen, die Sie mit Ihrem interreligiösen Unterricht präsentieren wollen, werden keinem jungen Menschen helfen, sich in dieser Gesellschaft zurechtzufinden.

(Beifall bei der CSU)

Wieso Sie die Bestimmung zum Schulkreuz streichen wollen, ist mir völlig unverständlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat unsere Regelung als zulässige Entscheidung des bayerischen Gesetzgebers gewertet, die nicht gegen das Neutralitätsgebot verstößt. Es gibt keine Veranlassung, diese Regelung aufzuheben, die gerade auch den Toleranzgedanken berücksichtigt und einen Beitrag zum Rechtsfrieden leistet. Ich bin erschrocken, als ich das gelesen habe. Wir haben eine lange Diskussion gehabt, was das Schulkreuz angeht. Vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird aber weitaus mehr abzuschaffen gefordert als uns gesetzlich auferlegt worden ist. Ich kann nicht verstehen, dass die GRÜNEN das Kreuz in den Schulen völlig schutzlos dem Abhängen ausliefern will.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Für mich ist das nicht nachvollziehbar. Lesen Sie doch bitte einmal genau Ihren Text durch, dann wissen Sie, was Sie gefordert haben und was Sie erwarten.

Meine Damen und Herren, ich glaube es ist deshalb nachvollziehbar, dass wir uns alles andere als mit diesem Gesetzentwurf anfreunden wollen. Wir werden dem Gesetzentwurf deshalb mit Sicherheit keine Zustimmung geben. Es sind im Übrigen im Gesetzentwurf noch andere Themen enthalten, das will ich hier nicht länger erörtern, Kollege Merkl hat das ausführlich getan. Die Staatsregierung will genauso wenig eine Einwanderung aus demografischen Gründen, wie sie es ablehnt, eine öffentliche Kampagne für eine gesteuerte Zuwanderung durchzuführen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Meine Damen und Herren, hier ist wichtig anzumerken, dass wir kein Zuwanderungsgesetz wollen, welches die Länder verpflichtet, Sprachkurse für Neuzuwanderer zu finanzieren. Es ist abwegig, eine millionenschwere Sprachförderung auf Kosten der Länder festzulegen, damit die Defizite der Bundesgesetzgebung ausgeglichen werden. Das ist doch irre, was hier von Ihrer Seite gefordert wird.

Meine Damen und Herren, wir lehnen den Gesetzentwurf entschieden ab. Tröstend kann ich nur sagen, es gibt Gott sei Dank noch ein, zwei GRÜNE, die offenkundig vernünftiger als ihre Fraktion waren, denn im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes ist dieser Gesetzentwurf sogar auf der grünen Seite abgelehnt worden. Heute scheinen diejenigen leider nicht hier zu sein. Wahrscheinlich schämen sie sich, erneut über diesen Gesetzentwurf abstimmen zu müssen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Über den Gesetzentwurf kann ich vorläufig noch nicht abstimmen lassen, weil eine namentliche Abstimmung beantragt ist, und die Viertelstunde ist noch nicht abgelaufen. Ich schlage deswegen vor, zunächst über die mitberatenden Anträge abzustimmen.

Ich stimme zunächst über den Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 14/8243 ab. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts und Parlamentsfragen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

(Zuruf von Abgeordneten der CSU: Es sind nur vier!)

Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD sowie Frau Kollegin Grabmair. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Jetzt lasse ich noch über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 14/8570 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt wiederum die Ablehnung. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der SPD. Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion der CSU und Frau Kollegin Grabmair. Gibt es Stimmenthaltungen? – Stimmenthaltung des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Der Antrag ist ebenfalls abgelehnt.

Die Viertelstunde ist noch nicht abgelaufen. Die Tagesordnungspunkte 13, 14 und 15 aufzurufen hat wenig

Sinn, denn die GRÜNEN haben signalisiert, dass sie dazu eine namentliche Abstimmung beantragen. Die Tagesordnungspunkte 17 und 18 können wir möglicherweise noch schnell aufrufen. Wir könnten die namentliche Abstimmung zum eben genannten Punkt anschließend machen. Bei diesen Tagesordnungspunkten geht es um den Verkehrsdurchführungsvertrag.