Ich sehe die Pisa-Studie als Chance und Auftrag, auf unserem Reformkurs weiterzugehen. Kein Verständnis habe ich aber für die Absicht, Pisa als Vorwand für Zentralismus zu gebrauchen bzw. zu missbrauchen. Bildungspolitik ist und bleibt Ländersache. Das sage ich auch an die Adresse der Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag, die Pisa dazu gebrauchen wollen, mehr Zentralisierung in der Bildungspolitik durchzusetzen. Der Abstimmungsprozess unter den Ländern ist oft mühsam und viel zu langsam. Wir brauchen weniger Abstimmungszwang und mehr Zuständigkeiten in den Ländern. Dieses Parlament soll mehr entscheiden können als die Kultusministerkonferenz.
Wir brauchen nicht Zentralisierung auf dem Niveau rotgrüner Bildungspolitik, sondern mehr Freiheiten zum kreativen Wettbewerb. Ohne den bescheidenen föderalen Wettbewerb wären Deutschlands Schulen nicht besser, sondern noch schlechter. Wer zentralistische Bildungspolitik will, der untergräbt den kreativen Wettbewerb für bestmögliche Bildung, der ignoriert regionale Bedürfnisse und Besonderheiten. Das wollen wir in Bayern keinesfalls.
Ein weiteres wichtiges Feld, das über die Zukunft des Landes entscheidet, ist die Hochschulpolitik. Bis an die Grenzen unserer Kompetenz haben wir mit dem Hochschulgesetz 1998 und der seitdem erfolgten kontinuierlichen Weiterentwicklung Leistungsfähigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Hochschulen gestärkt. Wir wollen einen regen Wettbewerb innerhalb der Hochschulen und zwischen ihnen, damit alle noch besser werden. Herausragende Persönlichkeiten in den neu geschaffenen Hochschulräten – einstmals von Ihnen heftig bekämpft – bringen ihren Sachverstand für die Weiterentwicklung der Hochschule ein. Rund 120 Bachelor- und Masterstudiengänge belegen den Prozess der Internationalisierung unserer Hochschulen. Wir haben es geschafft, die Studiendauer an bayerischen Hochschulen zu verkürzen. Studentinnen und Studenten treten damit früher ins Berufsleben ein.
Über die Virtuelle Hochschule Bayern bieten alle bayerischen Universitäten und alle bayerischen Fachhochschulen online hochkarätige wissenschaftliche Veranstaltungen und Lehrangebote an. Erstmals in Deutschland können Studenten auf Angebote und Wissen aller Hochschulen eines Landes zugreifen. Die Pilotphase läuft derzeit erfolgreich, und zum Wintersemester 2002/2003 ist die Aufnahme neuer Lehrangebote beabsichtigt.
Wir sind aber mit der Hochschulreform noch lange nicht am Ende. Wir schaffen jetzt für die Hochschulen die Voraussetzungen, sich in der Weiterbildung stärker zu engagieren. Die Hochschulen können sich jetzt noch mehr als bisher ihre Studenten in Fächern mit örtlichem Numerus clausus auswählen.
Das alles sind nur erste Schritte zur Befriedigung Reformbedürfnisse, die es an den Hochschulen gibt. Gefesselt sind wir nach wie vor durch das Hochschulrahmengesetz und die Zuständigkeiten des Bundes im Bereich des Hochschulpersonals. Hier hemmt die Bundesregierung alle Initiativen, die auf eigenverantwortliche Profilierung der Hochschulen hinauslaufen. Verhindert werden notwendige Freiräume, die für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen unerlässlich sind. Entwertet wird die Habilitation als Nachweis der Qualifikation für die Berufung als Professor.
Deshalb werde ich auch weiterhin mit Nachdruck dafür kämpfen, dass die Ketten vor allem des Hochschulrahmengesetzes endlich gesprengt werden. Das Hochschulrahmengesetz muss weg.
Die erste Sorge der Menschen gilt natürlich der Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Wirtschaft. Wir haben in Bayern unterschiedliche Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Dass Bayern im Ganzen eine überdurchschnittlich gute Entwicklung genommen hat, bestätigt die aktu
elle Umfrage von „Perspektive Deutschland“. Die Menschen in Bayern sind überdurchschnittlich zufrieden mit der Situation am Arbeitsmarkt. Der Kurs der Staatsregierung, auf neue Produkte und Dienstleistungen, neue Betriebe und neue Märkte zu setzen, war und ist richtig. Die bundesweit höchste Erwerbsquote und, zusammen mit Baden-Württemberg, gleichzeitig die niedrigste Arbeitslosigkeit bestätigen diesen Kurs eindrucksvoll.
Wir setzen auf den Mittelstand. Deshalb unterstützen wir ihn und schaffen die bestmöglichen Rahmenbedingungen. Mit dem Mittelstandskreditprogramm haben wir allein im Jahr 2001 Investitionen von mehr als 700 Millionen e unterstützt. Rund 5000 Arbeitsplätze konnten dadurch geschaffen werden.
Es war und ist richtig, Bayern zu einem Hightech-Standort par excellence auszubauen. Ich nenne nur das Beispiel Biotechnologie. Seit 1992 sind allein bei kleinen und mittleren Unternehmen 3500 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Die gesamte Life-Science-Branche bietet rund 12000 Mitarbeitern in Bayern Beschäftigung.
Es gehört zu den größten Problemen gerade der neuen Länder, dass zu wenige Existenzgründungen erfolgen. Das wirtschaftlich schwächste Land Sachsen-Anhalt hatte beispielsweise eine Selbständigenquote von nur knapp 6,6% im Jahr 2000.
Das sind zu wenige. Nur mit mehr Selbständigen und mit dem Mittelstand können wir mehr Arbeitsplätze schaffen. Die Großindustrie schafft leider nicht die notwendigen Arbeitsplätze.
Mit den kommunalen Existenzgründerzentren an 22 Standorten in ganz Bayern haben wir 500 Betriebe mit rund 2000 Arbeitsplätzen beim Start unterstützt.
Diese moderne Wirtschaftspolitik in Bayern würde noch mehr Früchte tragen, wenn wir in Deutschland, wie es die OECD, die Europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds bestätigen, nicht so schlechte gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen hätten. Die mittelstandsfeindliche Politik der Bundesregierung hat erheblich dazu beigetragen, dass Deutschland Schlusslicht bei Wachstum und Innovation ist.
Alle schönen Worte des Bundesfinanzministers können nicht darüber hinwegtäuschen: Gerade die Steuerreform der Bundesregierung benachteiligt den Mittelstand massiv gegenüber Kapitalgesellschaften. Was die Bundesregierung geschaffen hat, ist einmalig. Ich hätte mir eine solche Steuerreform nie vorstellen können, wenn man
sich vergegenwärtigt, was Eichel in den Jahren 1995 und 1996 dazu im Bundesrat gesagt hat. Dieser Bundesfinanzminister hat eine Steuerreform gemacht, die dazu führt, dass das Finanzamt keine Körperschaftsteuer mehr einnimmt, sondern zu einer Ausgabestelle wird. Deutschland hat im letzten Jahr keine Mark Körperschaftsteuer eingenommen. Die Behauptung, dies werde in diesem Jahr besser, stimmt leider nicht. Mein Finanzminister signalisiert mir, dass es so weiter geht.
Eichel hat es in der Tat geschafft, aus einer Steuereinnahmequelle einen Ausgabeposten zu machen. Ich weiß, dass die Großindustrie das nicht gerne hört. Es ist aber richtig, dass die Beteiligungsverkäufe bei den Kapitalgesellschaften durch die rot-grüne Steuerreform steuerfrei gestellt werden. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass die Herren Eichel und Schröder die Milliardengewinne, die große Kapitalgesellschaften aus Veräußerungen einer Kapitalbeteiligung erzielen, nicht besteuern, während andere Unternehmen mehr zur Steuerkasse gebeten werden.
Der kleine Einzelhandelskaufmann, der seinen Laden verkauft, wird anders zur Steuerkasse gebeten. Die Bundesregierung versündigt sich am Mittelstand. Aber wenn man sich in erster Linie als Genosse der Bosse betrachtet, dann kann man das verstehen.
Diese Steuerpolitik, die auch von den Gewerkschaften sehr kritisch beäugt wird, ist mittelstandsfeindlich und unsozial. Deshalb muss diese Regelung überprüft werden.
Was wir in Deutschland brauchen, sind nicht schöne Worte und eine ruhige Hand, sondern durchgreifende Strukturreformen, die den Arbeitsmarkt entriegeln, Steuern und Abgaben senken, für deutlich mehr Innovationen, Investitionen und Existenzgründungen sorgen und damit Deutschland wieder an die Spitze von Wirtschaft und Innovation in Europa bringen. Das muss unser Ziel sein.
Meine Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur entspringt auch dem Willen, die Rahmenbedingungen nicht nur für Bayern zu verbessern, sondern ganz Deutschland zukunftsfähiger zu machen.
Die Staatsregierung wird ihre offensive Modernisierungspolitik weiterführen und vor allem Mittelstand und
Handwerk weiter unterstützen. Zu dieser Förderung wird auch weiterhin im Besonderen die bayerische Mittelstandsförderbank LfA beitragen, wie schon seit ihrer Gründung vor 50 Jahren. Neuerdings, zufällig fünf Monate vor der Bundestagswahl, entdeckt der Bundeskanzler den Mittelstand und kündigt eine „Mittelstandsbank des Bundes“ an. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat gestern oder vorgestern geschrieben: „Wählerfängerei und fauler Zauber“.
Sie hat Recht. Die Bundesregierung will keine neue Mittelstandsbank, es sollen vielmehr nur vorhandene Förderaktivitäten des Bundes in einem Institut gebündelt werden. Das ist ein Schildertausch und hilft keinem Mittelständler. Nicht einmal das haben sie rechtzeitig geschafft, weil sich zwei Minister nicht über Zuständigkeiten einigen konnten. Der Mittelstand braucht sicherlich Kredite, entscheidender aber ist, dass er größeres Eigenkapital benötigt. Wir brauchen eine neue Steuerpolitik, damit der Mittelstand nicht so abhängig von Krediten ist, wie es gegenwärtig der Fall ist.
Unternehmensgründungen, Grundlagenforschung, Forschungsverbünde zu innovativen Themen, zukunftsträchtige Bereiche wie Biotechnologie oder Medizintechnik werden wir weiter massiv forcieren. Für Existenzgründer und ansiedlungswillige Firmen soll Bayern auch weiterhin erste Adresse bleiben.
Bayern als einer der wichtigsten Standorte für IuK in Europa soll auch im Bereich der elektronischen Verwaltung einen Spitzenplatz einnehmen. Wichtige Ansätze dazu sind zum Beispiel mit ELSTER, der elektronischen Steuererklärung, oder Solum Star, dem elektronischen Grundbuch, verwirklicht. Jetzt wollen wir in einem E-Government-Gesamtkonzept der Staatsregierung staatliche Dienstleistungen und Verwaltungsverfahren systematisch auf ihre Online-Fähigkeit prüfen und nach Möglichkeit darauf umstellen.
Besonders erfreulich ist die Bilanz des Beschäftigungspakts, der durchaus als Vorbild für das Bündnis für Arbeit auf Bundesebene dienen kann. Durch die Aktivitäten des Beschäftigungspakts sind innerhalb von vier Jahren mehr als 93000 Arbeitsplätze neu entstanden.
Über 265000 konnten gesichert werden. Gemeinsam mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften hat die Staatsregierung Probleme auf dem Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt angepackt. Ich nenne hier nur die erfolgreiche „Ausbildungsinitiative Bayern“, den Arbeitsmarktfonds und die berufliche Weiterbildung.
Hier wollen wir den Zugang zur Weiterbildung für alle Beschäftigungsgruppen verbessern und die erforderlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Dazu haben wir mit den Partnern des Beschäftigungspakts ein
Ich freue mich, dass trotz widerstreitender Interessen und manch heftiger Diskussion dennoch immer wieder Konsens über die notwendigen Maßnahmen erzielt werden kann. Den Teilnehmern am Beschäftigungspakt – der Wirtschaft und den Gewerkschaften – danke ich dafür sehr herzlich.
Meine Damen und Herren, eine Zäsur, ein Schock für Landwirte und Verbraucher – das waren die ersten BSEFälle in Deutschland und Bayern. Verunsicherung der Verbraucher, massive wirtschaftliche Verluste für Bauern und Lebensmittelbetriebe waren die Folgen. Die Staatsregierung hat unverzüglich Konsequenzen für einen wirksamen Schutz der Verbraucher gezogen: