Protocol of the Session on April 9, 2002

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war aber kein öffentlicher Auftrag!)

Im Moment haben wir bei den Banken noch ein DreiSäulen-Prinzip, was sich zwar durch den Einfluss der Europäischen Union ändern wird. Im Moment haben wir dieses Prinzip aber noch. Wir haben starke und große private Banken, wir haben zweitens die Genossenschaftsbanken und wir haben als dritte Säule die öffentlich-rechtlichen Banken, repräsentiert durch die Landesbank und die Sparkassen. New Economy, neue Medien, Innovationen, Zukunftstechnologien und Zukunftswirtschaft sind nun einmal mit einem besonderen Risiko verbunden. In den letzten Jahren haben Sie sehr oft kritisiert, dass die Banken zu zurückhaltend wären und in neue Branchen nicht investieren würden. Nur wer bereit ist, Innovation und Zukunftstechnologien zu unterstützen, wird auch neue Arbeitsplätze schaffen. Wer aber meint, nur an den alten Strukturen festhalten zu können, wird wirtschaftspolitisch scheitern. Wenn wir eine Unterstützung der neuen Technologien von den privaten Banken fordern, halte ich es für selbstverständlich, dass eine öffentlich-rechtliche Bank gleichermaßen bereit ist, ein Risiko auf sich zu nehmen.

(Beifall bei der CSU)

Wenn es Ihnen wirklich um eine gerechte Bewertung aller Vorgänge im positiven und im negativen Sinne ginge, könnten Sie die privaten Banken nicht ausblenden. Sie reduzieren Ihren Blick nur auf die Landesbank. Ihr Motiv ist nur eine parteipolitische Auseinandersetzung. Die Bürger im Lande werden dies aber merken.

Ich darf zusammenfassend sagen: Die Bayerische Landesbank hätte eine Unterlassung begangen, wenn sie nicht auch bereit gewesen wäre, Risiken auf sich zu nehmen, um 10000 Arbeitsplätze in Bayern zu schaffen.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb befinden wir uns nicht auf der Flucht vor Ihnen, wie Sie geschrieben haben oder stehen in Sack und Asche. Wir sind der Meinung, die Entscheidung der Bayerischen Landesbank war durchaus mutig. Wer keinen Mut hat, soll auch nicht Verantwortung übernehmen.

(Beifall bei der CSU)

Dies waren mutige Entscheidungen. Wenn man es insgesamt sieht, stellt man fest, es waren auch rentable Entscheidungen, trotz der bekannten momentanen Schwierigkeiten. Was ist durch die Insolvenz passiert? – Die Eigentumsverhältnisse haben sich verändert, und die bisherige Geschäftsführung ist weg, aber das Unternehmen läuft weiter. Sie verwechseln immer wieder Insolvenz mit Liquidation und Zusammenbruch. Die Banken haben uns in den langen und intensiven Gesprächen, die ich zusammen mit Kurt Faltlhauser und Otto Wiesheu geführt habe, gesagt, sie sehen in einer solchen eigenverantwortlichen Insolvenz im Moment die beste Möglichkeit, Arbeitsplätze, Standort und Zukunft des Unternehmens zu sichern.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke für die Pleite!)

Das würde niemand so sagen. Eine Insolvenz ist nicht schön. Vor dem Unternehmen liegt ein dornenreicher Weg. Ich möchte den vier beteiligten Banken, die gestern vor die Presse gegangen sind, meine Anerkennung für den Mut aussprechen, dass sie sagen, sie geben Massekredite und begleiten den eingeschlagenen Weg. Das ist kein Ende, sondern eine Wende, und zwar eine Wende zum Besseren.

(Beifall bei der CSU)

Wer keine Risiken eingeht, wird keine Erfolge haben. Wir waren uns immer dieser Risiken bewusst. Wir haben sie dennoch in Kauf genommen, weil die Erfolge auf der Hand liegen.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist verwegen!)

Zwei Punkte möchte ich noch nennen. Herr Kollege Glück ist schon darauf eingegangen, dass von SPD und GRÜNEN eine Kampagne gegen mögliche ausländische Investoren durchgeführt worden ist. Das haben wir auch beim Breitbandkabel erlebt. Ich möchte Sie warnen: Wenn sich durch Aussagen des Bundeskanzlers und von Ministerpräsidenten in der Welt herumsprechen könnte, ausländische Investoren seien in Deutschland nicht erwünscht, dann ist das falsch, dumm und schädlich.

(Beifall bei der CSU)

Alternativ komme ich zu der Schlussfolgerung, dass Sie möglicherweise nur die Investoren wollen, die Ihnen parteipolitisch zu Gesicht stehen.

(Beifall bei der CSU)

Wie sonst wäre es zu erklären, dass die SPD in den letzten zehn Jahren klammheimlich einen der größten Medienkonzerne in Deutschland aufgebaut hat, mit Beteiligungen an Zeitungen, mit Beteiligungen am Hörfunk und mit Beteiligungen an Druckereien. Insgesamt bei 22 Zeitungen in Deutschland mit einer täglichen Auflage von zwei Millionen Stück verfügt die SPD über maßgeblichen Einfluss. Nirgendwo bei diesen Zeitungen ist etwas von der Beteiligung der SPD zu lesen. Man täuscht die Bürger über den Einfluss der SPD hinweg.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben immer einen Kampf gegen Kirch geführt. Sie haben Kirch als Unperson dargestellt. Das haben Sie nicht getan, weil Sie auf einen erfolgreichen Unternehmer neidisch waren, sondern weil Sie ihn aus parteipolitischer Sicht bekämpft haben.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb sage ich Ihnen: Wir werden unsere Politik fortsetzen, den Medienstandort Bayern weiter zu entwickeln. Wir werden unsere Politik auch auf dem HightechSektor fortsetzen, durch angemessene Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass Arbeitsplätze in erster Linie in Bayern entstehen. Bayern wird trotz der Probleme auch in Zukunft das Land Nummer 1 bei Medien und Hightech sein. Darauf können Sie sich verlassen, solange wir dieses Land regieren.

(Lang anhaltender Beifall bei der CSU)

Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend „Kirch und die Folgen für den Medienstandort Bayern und Deutschland sowie für die Bayerische Landesbank“, Drucksache 14/9142, abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Zu den Dringlichkeitsanträgen der Fraktionen der CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN wurde vonseiten der Antragsteller namentliche Abstimmung beantragt.

Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Auswirkungen eines finanziellen Zusammenbruchs der Kirch-Gruppe auf den Freistaat Bayern“, Drucksache 14/9143, in namentlicher Form abstimmen. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Seite der Opposition, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion im Bereich der Eingangstüren aufgestellt. Die Urne für die Enthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 19.45 bis 19.50 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Wir führen jetzt die namentliche Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion betreffend „Auswirkungen der Einleitung eines Insolvenzverfahrens bei Teilen der Kirch-Gruppe auf Arbeitsplätze und den Medienstandort Bayern“, Drucksache 14/9149, durch.

Ich weise darauf hin, dass die CSU-Fraktion erklärt hat, sie betrachte die Nummer 2 ihres Dringlichkeitsantrages als erledigt und wünsche Abstimmung in namentlicher Form nur noch über die verbleibenden Nummern 1, 3 und 4.

Die SPD-Fraktion hat zu diesem Dringlichkeitsantrag gemäß § 131 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag beantragt, über die einzelnen Nummern getrennt abstimmen zu lassen. Besteht damit Einverständnis?

(Herrmann (CSU): Nein!)

Einverständnis besteht nicht. Die namentliche Abstimmung hat dann insgesamt über die verbleibenden drei Nummern stattzufinden. Bei dieser Abstimmung befindet sich die Ja-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion. Die Nein-Urne ist auf der Oppositionsseite im Bereich der Eingangstür aufgestellt. Die Urne für die Enthaltungen steht wie bisher auf dem Stenografentisch. Jetzt kann mit der Stimmabgabe begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 19.50 bis 19.55 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Zur Ermittlung der Abstimmungsergebnisse wird die Sitzung kurz unterbrochen.

(Unterbrechung von 19.55 bis 19.57 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung wird wieder aufgenommen. Ich gebe jetzt die Abstimmungsergebnisse der vorher durchgeführten namentlichen Abstimmungen bekannt, zunächst zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Kellner und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend „Auswirkungen eines finanziellen Zusammenbruchs der Kirch-Gruppe auf den Freistaat Bayern“ (Drucksache 14/9143): Ja-Stimmen: 66, Nein-Stimmen: 103, Keine Enthaltungen. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Dr. Bernhard, Ach, Dinglreiter, Freiherr von Redwitz und Fraktion (CSU) betreffend „Auswirkungen der Einleitung eines Insolvenzverfahrens bei Teilen der Kirch-Gruppe auf die Arbeitsplätze und den Medienstandort Bayern“ (Drucksache 14/9149) wurde folgendermaßen abgestimmt: Ja-Stimmen: 103, Nein-Stimmen: 18, Stimmenthaltungen: 48. Der Dringlichkeitsantrag ist damit angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Mit der Bekanntgabe dieser Ergebnisse ist die Tagesordnung erledigt. Ich schließe die Sitzung und bedanke mich bei der großen Zahl der Aufrechten, die bis zum Schluss hier geblieben sind.