Protocol of the Session on April 9, 2002

(Dr. Kaiser (SPD): Wiesheus Lesestunde!)

Da muss Herr Schröder selbst vorsichtig sein. Wo ist denn seine Position zu ausländischen Investoren und bei der Rettung des Kirch-Konzerns?

Man muss die Dinge immer im Zusammenhang betrachten. Es hat Ende Januar ein Treffen in Hannover gegeben – das ist alles schön dokumentiert, das sollte jeder nachlesen – zwischen Bundeskanzler Schröder, Bertelsmann-Chef Middelhoff und Erich Schumann, dem Geschäftsführer der WAZ-Gruppe. Die haben miteinander die Lage erörtert und darüber diskutiert, wie bei einem Zusammenbruch Kirchs Murdoch und deutsche Investoren bedient werden könnten. Das war das Thema.

(Loscher-Frühwald (CSU): Wahnsinn!)

Kirch selbst war bereits bei einem Termin im Dezember beim Regierungschef. Am 4. Februar haben die Zeitungen über Murdoch ausführlich berichtet. Da meldet sich der Deutsche-Bank-Chef Rolf Ernst Breuer aus New York zu Wort, mit seiner Aussage, dass Kirch nicht mehr kreditwürdig wäre. Mit solchen Ausführungen beschleunigt man einen Prozess. Damit trägt man nicht zur Beruhigung bei.

Wie kommt ein Kanzler, der sich gestern hinstellt, als ob er den Kirch-Konzern retten möchte, Ende Januar dazu, den Konzern zu zerteilen und die Anteile auf die Interessenten zu verteilen?

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Wie kommt ein Kanzler dazu, Herrn Murdoch in diesem Stadium bereits zuzusagen, dass er das Pay-TV bekommt? – Das hat sich bei den Verhandlungen letzte Woche in Los Angeles bestätigt. Wie kommt ein Kanzler zu der Scheinheiligkeit, nach außen so zu tun, als wollte er Kirch erhalten, obwohl er seine Versprechungen von Ende Januar nur einhalten kann, wenn der Konzern zerlegt wird? – Das ist wohl seine Absicht im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Das ist die Wirklichkeit. Es ist auch deshalb so gekommen, weil dazu von anderen wesentliche Beiträge mit diesem Ziel geleistet worden sind.

(Lachen bei der SPD)

Wie kommt der Kanzler dazu, den Chef der WAZ zu einer derartigen Besprechung einzuladen? Was hat der mit Kirch zu tun? – Der Chef der WAZ hat sich vor ein paar Tagen geäußert und hat gesagt: Am TV-Bereich sind wir nicht interessiert.

An was denn dann? – An der Filmproduktion kaum, an der Formel 1 auch nicht. Sein Interesse gilt dem Springer-Anteil.

(Ach (CSU): So ist es! – Zuruf des Abgeordneten Starzmann (SPD))

Das ist zunächst nicht verboten. Dazu kommt: Das ist auch im Interesse des Kanzlers, dass der Springer-Anteil Kirchs an jemand anderen verkauft wird.

Es ist doch noch nicht lange her, dass der Kanzler gesagt hat, er werde eine Kampagne gegen Springer organisieren. Dies wollte er machen, weil ihm die Berichterstattung politisch nicht passt. Ihm wäre offensichtlich die medienpolitische Gleichschaltung lieber. Er verträgt Kritik nicht.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Am Anfang seiner Amtszeit hat er versucht, Friede Springer zu umgarnen. Seine Frau musste regelmäßig zum Kaffeetrinken hingehen. Hoffentlich hat ihr Magen es gut vertragen.

(Dr. Kaiser (SPD): Welch ein Niveau!)

Das war nur eine ironische Bemerkung.

Später hat er eine Kampagne gegen Springer angekündigt.

(Zuruf des Abgeordneten Maget (SPD))

Jetzt geht es weiter, Herr Maget. Ich halte es für unmöglich, dass der SPD-Vorsitzende Schröder seine parteipolitischen Ziele im Medienbereich mit den Machtmitteln des Bundeskanzlers umzusetzen versucht.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD – Maget (SPD): Ausgerechnet Sie müssen das sagen!)

Das stört Sie natürlich. Ich halte es für arrogant, die Zerlegung des Kirch-Konzerns schon Ende Februar als Ziel zu nennen. Eben wurde der Ausdruck „menschlich unan

ständig“ verwendet. Was Herr Schröder hier macht, ist mehr als unanständig.

(Beifall bei der CSU)

Gestern und heute war von der eventuellen Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu lesen. Das würde ich begrüßen. Ein solcher Untersuchungsausschuss wäre interessant. Dann könnte man fragen, was sich im Vorfeld zu diesem Treffen alles ereignet hat. Es gibt nämlich dazu eine Vorgeschichte. Seien Sie von der SPD vorsichtig, wovon Sie reden. Es wäre auch interessant, vielleicht zunächst einmal parteiintern, die Kreditvergabe der Landesbank zu durchleuchten. Der zuständige Dezernent war nämlich der Vorstandsvorsitzende der Landesbank, Herr Lehner. Wenn ich mich recht erinnere, gehört er zu Ihrer politischen Fakultät. Im liberalen Bayern ist es möglich, dass ein Landesbankchef der Oppositionspartei angehört.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Mehrlich (SPD))

Fragen Sie ihn einmal, was er zu diesen Kreditvergaben zu sagen hat. Es wäre interessant, seine Antwort zu erfahren. Es wäre vielleicht auch für die CSU-Fraktion interessant. Wir sehen dem mit größter Gelassenheit entgegen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Hecht (SPD))

Wir sehen dem sogar mit einer gewissen Erwartungsfreude entgegen.

(Lachen bei der SPD)

Alle die Leute, die dabei waren, müssen dann mit der Wahrheit herausrücken.

(Maget (SPD): Sie auch!)

Ich komme zu einem weiteren Punkt, an dem Sie auch Ihre Freude haben werden. Man kann im Zusammenhang mit diesem Thema gleich untersuchen, wie es sich mit Ihrer Behauptung verhält, das sei die größte Pleite der Nachkriegsgeschichte. Die größte Pleite der letzten Zeit ist die Pleite von Holzmann mit 23000 Arbeitsplätzen. Die ist Herrn Schröder zuzuordnen. Das bleibt so.

(Beifall bei der (CSU) – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich erinnere auch an die Bremer Vulkan. Ich weiß nicht, wer sich diesen Schuh anziehen will, auf jeden Fall die CSU in Bayern nicht. Da waren 22800 Arbeitsplätze gefährdet. Über SKET in den neuen Bundesländern will ich nicht reden, weil dort andere Voraussetzungen herrschen. Einen anderen Betrieb will ich nicht nennen, weil es die Marke noch auf dem Markt gibt und ich diese nicht beeinträchtigen will. Da war noch erheblich mehr im Dampfer.

Das Schrecklichste aber ist der Abschlussbericht zur Neuen Heimat im Bundestag. Wenn man schon über Schädigungen des Steuerzahlers reden will, dann muss

man die Neue Heimat erwähnen. Durch Kirch ist der Steuerzahler bisher jedenfalls nicht geschädigt worden. Im Gegenteil: In den 48 Jahren der Tätigkeit von Kirch haben alle finanzierenden Banken gut verdient, und der Staat auch. Viele Mitarbeiter wurden mit guten Löhnen beschäftigt, wodurch auch der Staat hohe Steuereinnahmen hatte. Das sollte man auch einmal in diese Bilanz einbringen.

(Beifall bei der CSU)

Sie, meine Damen und Herren von der SPD, haben von der größten Pleite der Nachkriegsgeschichte gesprochen. Wenn Sie schon einen derart langen Zeitraum nehmen, dann muss ich als stärksten Hammer die Neue Heimat erwähnen. Sie war gemeinnützig, hat 4 Milliarden DM an Steuervergünstigungen bekommen, 10 Milliarden DM Finanzhilfen von Bund, Ländern und Gemeinden und hatte bis Mitte1985 dennoch ein Minus von 17 Milliarden DM erwirtschaftet. Wenn man diese Summe auf die heutige Kaufkraft umrechnet, dann ist der Schaden noch erheblich höher. Das war und bleibt der größte Hammer der Nachkriegsgeschichte.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb sollten Sie diese Geige leiser spielen. Schröder sollte sich um andere Themen kümmern, zum Beispiel um die Entwicklung der Insolvenzen seit 1999, seinem ersten Regierungsjahr. 1999 gab es in Deutschland insgesamt 34000, im Jahr 2000 42000 und im Jahr 2001 49300 Insolvenzen. Darin sind auch die Privatinsolvenzen enthalten. Daran sieht man, dass die soziale Symmetrie unter Schröder nachhaltig beeinträchtigt worden ist. 1999 gab es 26400 Firmeninsolvenzen, im Jahr 2000 28200 und im Jahr 2001 32200. Das ist ein gewaltiger Anstieg. Angesichts dieser Zahlen sollte man erwarten, dass sich Schröder nicht um einzelne Firmen kümmert, sondern um eine ordentliche Wirtschaftspolitik, die es unseren Betrieben wieder erlaubt, erfolgreicher zu arbeiten.

(Beifall bei der CSU)

Das wäre seine Aufgabe, und nicht das unqualifizierte Herummosern an Einzelfällen, von denen er zu wenig Ahnung hat.

(Beifall bei der CSU)

Gestatten Sie mir eine vorletzte Bemerkung. Es heißt, unsere Medienpolitik sei gescheitert. Vor 20 Jahren hat diese Politik begonnen. Der damalige Leiter der Staatskanzlei und heutige Ministerpräsident Edmund Stoiber hat diese Themen damals vorangetrieben. Seinerzeit hatten alle Länder in Deutschland die gleichen Chancen.

(Zuruf des Abgeordneten Schultz (SPD))

Komischerweise gab es unterschiedliche Entwicklungen. Es ging um privaten Hörfunk und privates Fernsehen. Woran hat man bei uns gearbeitet? – An der Verbesserung der Rahmenbedingungen, an einer guten Ausbildung, an einer qualifizierten Forschung und Entwicklung speziell im Bereich der Information und Kom

munikation, an guten Standortvoraussetzungen, an dem Bavaria-Filmstudio und anderen Dingen, um qualifiziertes Personal zu erhalten. Was haben wir heute? – Heute haben wir über 100000 Beschäftigte im Bereich Medien in Bayern, wobei den Schwerpunkt die Region München bildet. Damit sind wir der beste Medienstandort in Deutschland, wahrscheinlich sogar in Europa. Das ist der Erfolg dieser Medienpolitik.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben eine Menge neuer Betriebe und Arbeitsplätze. Wir haben eine Menge von neuen Film- und Fernsehproduktionsstätten, von informations- und kommunikationstechnischen Firmen und von Softwarefirmen. Das ist Medienpolitik am Standort Bayern. Dadurch sind wir die Nummer Eins geworden. Wir werden auf internationaler Ebene beneidet. Daran kann auch die Kritik von RotGrün nichts ändern.