Protocol of the Session on February 21, 2002

Ich möchte auch nicht verschweigen, dass es uns im vergangenen Jahr gelungen ist, zusätzlich circa 70 Millionen DM Fernstraßenmittel aufzunehmen, die eigentlich für andere Länder vorgesehen waren, die aber durch die hohe Leistungsfähigkeit der bayerischen Straßenbauverwaltung von uns übernommen werden konnten. Ich möchte mich beim Landtag ausdrücklich für den Swing bedanken, der es uns ermöglicht, kurzfristig Gelder zu übernehmen, die in anderen Ländern nicht ausgegeben werden. 70 Millionen DM stellen eine wichtige Finanzspritze dar, die wir dafür aufnehmen konnten. Dennoch haben wir derzeit baureife Maßnahmen für circa eine halbe Milliarde Euro. Für weitere Projekte mit Kosten in Höhe von über 1,5 Milliarden Euro steht mittelfristig – in den nächsten zwei bis vier Jahren – Baurecht bevor. Wir wissen noch nicht, wie wir das finanzieren können.

Wir bedauern sehr, dass es nicht gelungen ist, die Haushaltsmittel, die für den Schienenausbau nicht ausgegeben worden sind, für die Fernstraßenprojekte auszuleihen. Kollege Bodewig hat dies zunächst als durchaus vernünftige Anregung empfunden, hat sich aber offensichtlich gegen Eichel nicht durchsetzen können, sodass es deswegen und wahrscheinlich auch wegen des Widerspruchs der GRÜNEN aus politischen Gründen

nicht möglich war, die Fernstraßenmittel entsprechend anzuheben.

Die Stellungnahme der Staatsregierung zu der geplanten LKW-Maut hat Kollege Wiesheu dargestellt. Man muss aber anfügen, dass es abwegig ist zu glauben, dass ab dem 1. Januar 2003 die Maut eingeführt werden könnte. Bisher ist noch nicht einmal die Systementscheidung getroffen worden. In den nächsten zehn Monaten müssen über zehn Millionen LKWs mit Erfassungsgeräten ausgestattet werden. Es müssen Hunderte von elektronischen Kontrollstellen an den Autobahnen eingerichtet werden. Der Auftrag für das Projekt ist noch nicht vergeben. Es ist also absolute Illusion zu glauben, dass die LKW-Maut ab dem Januar 2003 eingeführt werden könnte. Unabhängig davon wird es auch fachliche Einwände zur Ausgestaltung geben – Kollege Wiesheu hat das angesprochen.

Ich weise darauf hin, dass wir beim Fernstraßenbau gravierende finanzielle Probleme bekommen werden, wenn die Maut nicht fristgerecht erhoben werden kann. Die Bundesregierung hat das Anti-Stau-Programm ausschließlich aus den Einnahmen der LKW-Maut finanziert. Wenn im kommenden Jahr das Geld also nicht fließt, wird bei den Antistaumaßnahmen eine Finanzierungslücke entstehen, sodass deswegen die Finanzierung des Autobahnrings A 99 in München aber auch des Lückenschlusses der A 7 und des Weiterbaus der A 94 sowie der sechsstreifige Ausbau der A 8 zwischen Augsburg-West und Derching in der Luft hängen.

(Hoderlein (SPD): Das darf nicht sein!)

Das hängt völlig in der Luft, wenn die LKW-Maut nicht kommt. Herr Kollege Hoderlein, Sie werden mir doch zustimmen müssen, dass es abwegig ist zu glauben, in zehn Monaten könnten zehn Millionen LKWs mit dem komplizierten System ausgestattet werden. Es gibt niemanden der glaubt, dass dies möglich ist. Im Moment drückt man sich herum, weil man keine Ahnung hat, wie man sonst eine vernünftige Finanzierung zu Wege bringen könnte. Das wird insbesondere bedenkliche und problematische Auswirkungen auf den gesamten Straßenbau haben. Ich sehe mich verpflichtet, zum Antistauprogramm darauf hinzuweisen, dass Bayern in skandalöser Weise benachteiligt wird.

(Hoderlein (SPD): Das ist doch nicht wahr!)

Sie sollten das darstellen, Herr Hoderlein.

Zum ersten Mal wich man von dem festgelegten Verteilungsschlüssel für die Länder ab. Nordrhein-Westfalen bekommt über 30%. Der Anteil Bayerns ist deutlich reduziert worden. Ihre Aufgabe als SPD wäre es, dagegen zu protestieren.

(Beifall bei der CSU)

Sie sind nicht in erster Linie der Auftragnehmer und der Sklave dessen, der in Berlin Mist macht. Sie sind gewählt worden, die bayerischen Interessen zu vertreten.

(Beifall bei der CSU)

Sie müssen deutlich machen, dass es eine skandalöse Benachteiligung ist.

(Hoderlein (SPD): Aus der Summe von Zukunftsinvestitionsprogramm und Antistauprogramm wird Bayern nicht benachteiligt, sondern liegt knapp über dem normalen Schlüssel!)

Nein, das kann ich nicht akzeptieren. Sie verraten bayerische Interessen, wenn Sie meinen, Bayern werde zu gut behandelt.

(Hoderlein (SPD): Aus der Summe der beiden Programme wird Bayern völlig korrekt behandelt!)

Für uns ist völlig eindeutig, dass wir ganz unangemessen und in ungerechter Weise benachteiligt werden.

(Hoderlein (SPD): Das ist falsch! – Weitere Zurufe von der SPD)

Beim Antistauprogramm werden wir dezidiert benachteiligt. Das ZIP ändert nichts daran.

(Hoderlein (SPD): Wir liegen vor Nordrhein-Westfalen!)

Das Zukunftsinvestitionsprogramm bereitet zusätzliche Probleme. Wir hätten als Auftragsverwaltung Anspruch, bei der Aufstellung beteiligt zu werden. Aber auch hier erfolgen ohne Beteiligung der Länder immer nur kurzfristige und kurzatmige Planungen, sodass wir die Schwierigkeit haben, wie wir es voranbringen.

Die Fortschreibung des Bedarfsplans ist in die nächste Legislaturperiode verschoben. Das bedeutet, dass wir auf eigenes Risiko planen müssen. Nur die Maßnahmen gelten als indisponibel, bei denen der Planfeststellungsbeschluss vor dem 31. Dezember 1999 ergangen ist. Bei den weiteren Maßnahmen planen wir, ohne dass wir wissen, ob wir bei der Aufstellung der Programme berücksichtigt werden, wenn die Maßnahmen Baureife erlangen.

Eine Abstimmung mit den Ländern findet ohnehin nicht mehr statt. Das sind diejenigen, meine Damen und Herren, die einmal davon gesprochen haben, mehr Demokratie zu wagen. Es ist bisher in Deutschland nicht vorgekommen, dass man so vorgeht, ohne sich mit den Ländern abzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Im Zusammenhang mit der LKW-Maut hatte uns die Bundesregierung über die Medien informiert, dass es Betreibermodelle, zum Beispiel zum sechsstreifigen Ausbau hochbelasteter Autobahnstrecken, geben solle. Bei der Auswahl der Strecken – Herr Hoderlein, hören Sie gut zu – wurde Bayern wiederum in eklatanter Weise benachteiligt. Nach den Planungen des Bundesverkehrsministers waren ursprünglich Betreibermodelle für 156 Kilometer Autobahn in Nordrhein-Westfalen und nur 40 Kilometer Autobahn in Bayern vorgesehen. Bei uns

betrifft das die Strecke zwischen Günzburg und Augsburg, was für jeden nur einigermaßen Sachkundigen grotesk ist. Es ist verrückt, nicht die A 8 insgesamt bis nach München auszubauen, sondern nur im westlichen Teil zwischen Augsburg und Günzburg und damit die Strecke zwischen Augsburg und München zum Flaschenhals zu machen.

(Beifall des Abgeordneten Kränzle (CSU))

Völlig absurd ist, dass einige Leute aus der Region, die nur wenig Ahnung hatten, das auch noch begrüßt haben. Leute, die keine Ahnung von den Örtlichkeiten haben, haben Plänen zugestimmt, die massiv zum Nachteil der Entwicklung Bayerns und Schwabens sind.

In der Zwischenzeit ist das noch fortgeschrieben worden. In Nordrhein-Westfalen sind die Projekte von drei auf fünf erhöht worden, aber es ist immer noch nicht zugesagt worden, dass die A 8 zwischen Ulm und München und somit der Teil Augsburg – München einbezogen wird. Weiterhin ist nicht zugesagt worden, dass die A 3 Frankfurt – Würzburg – Nürnberg aufgenommen wird. Jetzt müsste jemand, der aus Franken kommt, den Mut haben, in Berlin gegen die Benachteiligung zu protestieren.

(Beifall der Frau Abgeordneten Stamm (CSU))

Durch die Osterweiterung der EU kommen weitere Probleme auf uns zu. Die Osterweiterung wird nicht nur im Grenzbereich eine Rolle spielen, sondern wir befürchten größte Probleme in den Ballungsräumen, wo wir ohnehin eine außerordentlich hohe Verkehrsbelastung haben. Deshalb benötigen wir eine langfristig vernünftige Verkehrspolitik auch für die Ballungsräume. Daneben fordern wir ein eigenes EU-Grenzlandförderprogramm für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, um dem zu erwartenden Verkehrszuwachs begegnen zu können.

Nach dem bisherigen Konzept müssen die Mitgliedstaaten selbst die Verkehrsinfrastruktur ausbauen, die auf die transeuropäischen Netze und die TINA – das ist die Fortsetzung des transeuropäischen Netzes in den Beitrittsstaaten – abgestimmt ist.

Ich bin zunächst dankbar, dass der Landtag mit Beschluss vom 10. Oktober ein Sonderprogramm „Verkehrsprojekte europäische Einheit“ gefordert hat. Solche noch zu definierenden Verkehrsprojekte von herausragender Bedeutung für das zusammenwachsende Europa müssen vom Bund ebenso vorrangig gefördert und finanziert werden, wie das bei den Verkehrsprojekten zur Deutschen Einheit nach der Wiedervereinigung der Fall war. Nach unserer Meinung wären dafür auch die Einnahmen in Milliardenhöhe aus der LKW-Maut verwendbar.

Ich will einige Sätze zum Staatsstraßenbau sagen.

(Hoderlein (SPD): Sehr gut!)

Herr Kollege Hoderlein, wir wissen, dass es beim Staatsstraßenbau Probleme gibt. Ihre Darstellung hätte zwar nicht zum politischen Aschermittwoch, aber zum

Faschingsdienstag gepasst. Das war von Ihnen nicht sonderlich ernst gemeint.

Ich sehe sehr wohl die problematische Finanzausstattung des Staatsstraßenbaus. Ich habe mich erfolgreich bemüht, die Finanzausstattung seit 1996 kontinuierlich zu erhöhen. In diesem Jahr stellen wir circa 155 Millionen e für den Staatsstraßenbau zur Verfügung. Ich begrüße, Herr Hoderlein, dass Sie in einem Dringlichkeitsantrag jetzt die Erhöhung der Mittel für den Staatsstraßenbau fordern. Das war früher anders. Frau Kollegin Voget hat noch Anfang der Neunzigerjahre als Berichterstatterin im Haushaltsausschuss die Reduzierung der Mittel für den Staatsstraßenbau gefordert.

(Frau Peters (SPD): Nicht schon wieder! – Hoderlein (SPD): Es ist nicht so schlimm, dass sie das beantragt hat, schlimm ist, dass Sie das gemacht haben!)

Das ist in der Tat eine bemerkenswerte Aussage. Der Vorsitzende der SPD sagt, es sei nicht schlimm, was die SPD gefordert habe, aber schlimm sei, was wir gemacht hätten. Das bedeutet das öffentliche Eingeständnis, dass die SPD Unsinn macht und darauf vertraut, dass die Regierung unabhängig davon das Richtige tut.

(Beifall bei der CSU)

Eine vernünftige Oppositionsarbeit, Herr Kollege Hoderlein, kann doch nicht darin bestehen, unsinnige Anträge zu stellen. Die Opposition hat vielmehr den Wettstreit um die besseren Argumente aufzunehmen. Sie hätten sagen müssen, dass Sie all die Jahre dafür gekämpft hätten, die Mittel für den Staatsstraßenbau zu erhöhen. Frau Kollegin Voget hat aber Anfang der Neunzigerjahre förmliche Anträge im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen gestellt, die Mittel für den Staatsstraßenbau zu reduzieren.

(Hoderlein (SPD): In den letzten vier Haushalten haben Sie die Mittel nicht erhöht! – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben das Jahr 2002!)

Nochmals, Anfang der Neunzigerjahre hat Frau Voget Anträge gestellt, die Mittel zu reduzieren. Ich hebe hervor, dass wir ab 1996 jedes Jahr die Mittel für den Staatsstraßenbau erhöht haben.

(Hoderlein (SPD): Nachdem Sie sie vorher ständig reduziert haben!)

Trotzdem besteht ein erheblicher Bedarf. Sie rennen mit Ihrer Forderung offene Türen ein. In Zeiten knapper Kassen versuchen wir, den Haushalt Schritt für Schritt zu erhöhen. Sie wissen aber alle, dass das schwierig ist und die Bäume nicht in den Himmel wachsen, weil zum Beispiel auch die innere Sicherheit und die Lehrerausstattung zu berücksichtigen sind.

Das Ganze wird noch viel spannender, wenn die Zusage von Herrn Eichel, im Jahre 2004 einen Haushalt ohne wesentliche Neuverschuldung vorzulegen, einzuhalten ist. Ich möchte hören, wie Sie das auf den Weg bringen

wollen. Herr Eichel hat in Brüssel ohne Beteiligung der Länder zugesagt, dass es bis zum Jahr 2004 keine wesentliche Neuverschuldung geben wird. Er hat die Zusage nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder gemacht. Wir müssen uns darüber klar sein, dass das alles andere als leicht wird. Ich freue mich, wenn Sie das unterstützen, aber ich warne vor Selbstgerechtigkeit und bitte um Verständnis, wenn ich Scheinheiligkeit zurückweisen muss. Wenn man selber zuerst für Kürzungen war, dann ist man nicht glaubwürdig, wenn man jetzt sagt, es sei früher zu wenig getan worden.

(Beifall bei der CSU)

Die Bestandserhaltung des Straßennetzes ist ein wichtiges Thema. Wir haben im vergangenen Jahr knapp 100 Millionen DM für die Bestandserhaltung ausgegeben und damit einen absoluten Höchststand in der Nachkriegszeit erreicht. Unsere Haushaltsführung hat es uns ermöglicht, durch Umschichtungen in diesem Bereich sogar mehr Mittel einzusetzen als ursprünglich im Haushalt bei der berücksichtigten Haushaltssperre dafür vorgesehen waren.