Protocol of the Session on February 21, 2002

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Runge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Dr. Runge, das müssen Sie sehen. Ich würde mich an Ihrer Stelle nicht dauernd beklagen, denn das sind Auswirkungen der Politik der rot-grünen Bundesregierung.

Ich möchte noch ganz kurz einen Blick auf die Arbeitslosenzahlen in Bayern werfen. Bayern hat die Arbeitslosigkeit im Zeitraum von 1998 bis 2001 um 20% abgebaut.

(Frau Biedefeld (SPD): Im letzten Jahr um 12% erhöht!)

Das sind die Prozentzahlen, mit denen Sie immer kämpfen. Ich habe Ihnen heute morgen schon gesagt, was ich davon halte.

(Zuruf von der SPD: Die Zahlen stimmen!)

Natürlich stimmt es, wenn es zuerst einen Arbeitslosen gibt und dann zwei, dann hat sich die Arbeitslosigkeit um 100% erhöht. Das ist keine Frage. So rechnen Sie immer; deswegen drücken Sie sich immer in Prozentzahlen aus.

Bayern baute die Beschäftigung im Zeitraum von 1998 bis 2001 massiv aus. In Bayern nahm die Zahl der Erwerbstätigen um 4,5% zu, im Bundesgebiet West hingegen nur um 4,1% und im gesamten Bundesgebiet nur um 3,1%.

Zum Stichwort „Jugendarbeitslosigkeit“ möchte ich auf die Zahlen direkt eingehen. Im Jahresdurchschnitt 2001 hatte Bayern eine Quote von 3,7% bei den unter 20-jährigen und eine Quote von 5,1% bei den unter 25-jährigen.

(Frau Biedefeld (SPD): Das wollten Sie halbieren!)

Die Vergleichszahlen für das Bundesgebiet lagen dagegen wesentlich höher bei 5,0% für die unter 20-jährigen und bei 7,4% für die unter 25-jährigen. Der starke prozentuale Anstieg gegenüber dem Vorjahr ergibt sich auch hier aus der niedrigen Ausgangsbasis.

Frau Kollegin Biedefeld, Sie sagen, Bayern wollte die Zahl halbieren. Das ist das Ziel des Beschäftigungspakts gewesen. Bis 2001 waren wir mit dem Beschäftigungspakt auf einem sehr guten Weg. Es ist uns nämlich gelungen, die Arbeitslosigkeit um 20% zu reduzieren. Dem Ziel des Beschäftigungspaktes haben wir uns alle – wie ich annehme, in diesem Jahr auch Arbeitgeber und Gewerkschaften – angeschlossen. Ich denke, dass das auch das Bestreben der SPD im Bayerischen Landtag ist.

(Frau Biedefeld (SPD): Natürlich!)

Bundeskanzler Schröder hat gesagt, er verdient nicht mehr, gewählt zu werden, wenn die Arbeitslosenzahl im September nicht unter 3,5 Millionen sinkt.

(Frau Biedefeld (SPD): Dann können Sie Stoiber auch nicht wählen, weil er sein Versprechen nicht gehalten hat!)

Wenn sich der Bayerische Ministerpräsident zum Ziel des Beschäftigungspaktes Bayern äußert und sich dahinterstellt, dann halte ich das vom Grundsatz her für eine gute Sache.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Ach so ist das!)

Das halte ich für ausgesprochen richtig. Sie sollten einmal die Aussagen Ihres eigenen Bundeskanzlers genau unter die Lupe nehmen. Ich glaube, dann würden Sie etwas leiser und vielleicht etwas nachdenklicher werden.

Lassen Sie mich noch etwas zu den regionalen Unterschieden sagen. In Nordrhein-Westfalen lagen die Unterschiede zwischen den Arbeitsamtsbezirken im Jahresdurchschnitt 2001 bei 7,8%, in Bayern bei 6,8%. Die Behauptung, die heute in den Raum gestellt wurde, stimmt nicht. Bayern hat keineswegs die größten regionalen Unterschiede, trotz der guten Lage in der Landeshauptstadt München. Die Streubreite der Arbeitslosenquote in Bayern ist aber nicht nur geringer als zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, sondern bezieht sich auch noch auf ein wesentlich niedrigeres Niveau der Arbeitslosenzahlen. Hinzu kommt, dass Bayern mit deutlichem Abstand der größte Flächenstaat Deutschlands ist. Regionale Unterschiede sind damit prägender. Bayern hat eine um 48% größere Fläche als Niedersachsen und eine um 107% größere Fläche als Nordrhein-Westfalen. Daran gemessen sind die regionalen Unterschiede in Bayern weitaus geringer zu bewerten als in den anderen Flächenländern.

(Frau Biedefeld (SPD): Erzählen Sie das einmal in Oberfranken!)

Darüber habe ich heute auch schon gesprochen. Mir geht es nur darum, dass Sie einen objektiven Maßstab anlegen. Ich halte das für ungeheuer wichtig. Die Unterschiede bei den Arbeitslosenquoten der bayerischen Regierungsbezirke konnten in den vergangenen 30 Jahren massiv abgebaut werden. Ich räume ein, das regionale Gefälle hat sich im letzten Jahr nicht weiter verringert. Ein Grund hierfür ist auch der Wettbewerb von einheimischen Arbeitskräften mit Einpendlern aus den Nachbarländern, insbesondere aus Thüringen und Sachsen, aber auch Tschechien. Im Jahr 1990 gab es 68400 Einpendler aus den neuen Ländern, allein im Regierungsbezirk Oberfranken 26000.

Das sind die Dinge, die ich ganz kurz noch einmal richtig- und klarstellen wollte. Dabei kann ich Ihnen versichern, dass gerade das Absenken der Arbeitslosigkeit bei uns in Bayern mit den unterschiedlichsten Fördermaßnahmen intensiv angegangen wird. Allerdings haben die schlechten Zahlen und Prognosen zum Wirtschaftswachstum in Deutschland durchaus auch ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/8748 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der SPD. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/8753 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Herr Kollege Hartenstein. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Ebenfalls zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entlassung des Staatsministers Eberhard Sinner (Drucksache 14/8749)

und den nachgezogenen

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Starzmann und Fraktion (SPD)

Entlassung der Staatsminister Eberhard Sinner und Josef Miller

Neuordnung der entsprechenden Geschäftsbereiche (Drucksache 14/8755)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Es liegt die Wortmeldung des Herrn Kollegen Dr. Dürr vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Bitte.

(Zuruf von der CSU: Aber bitte mit dürren Worten!)

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen war es heute wie bei Tausendundeine Nacht. In dem Märchen ist es die Erzählerin, der es, nachdem sie zum Tode verurteilt worden war, gelang, so lange zu reden, bis sie ihren Kopf retten konnte. So ähnlich hat sich heute die CSU verhalten.

Alles war ungeheuer wichtig. Überall hat es engagierte Redner gegeben. Das hat ganz lange gedauert, damit man nicht dahin kommen musste, wo es der CSU wirklich wehtut.

(Glück (CSU) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Sie dürfen sich gern gleich zu Wort melden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Dr. Dürr, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Es ist meine Redezeit. Nach meiner Rede können Sie reden.

Wir, die GRÜNEN im Bayerischen Landtag, fordern die Entlassung von Minister Sinner. Er ist verantwortlich für schwerwiegende Versäumnisse zu Lasten der Verbrauchersicherheit und der Landwirtschaft in Bayern. Der Minister hat im Verlauf der BSE-Test-Skandale alle Varianten von Unfähigkeit gezeigt und vorgeführt, die es überhaupt gibt.

Ministerpräsident Stoiber hat das neue Ministerium einzig und allein für Verbraucherschutz und Kontrolle gegründet. Genau diesen Zweck hat das Ministerium nicht erfüllt. Wollen Sie das leugnen? Das Ministerium ist so überflüssig, wie der Minister unfähig ist.

Herr Minister Sinner, sieben Sünden sind es, für die Sie heute geradestehen müssen:

Erstens. Sie haben die BSE-Laborkontrolle so organisiert, dass in großem Ausmaß geschlampt und gepfuscht werden konnte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben es versäumt, seriöse Standards für Qualitätssicherung festzulegen und für regelmäßige und zuverlässige Kontrollen zu sorgen. So haben Sie die Schlampereien in den Labors erst ermöglicht.

Zweitens. Damit haben Sie die Sicherheit der bayerischen Verbraucherinnen und Verbraucher erneut gefährdet und das mühsam gewonnene Vertrauen in die Qualität bayerischer Fleischerzeugnisse leichtfertig verspielt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Herr Minister, Sie haben damit auch einen enormen materiellen Schaden zu verantworten. Es gibt erhebliche finanzielle Risiken für den Freistaat. Südfleisch, EU, Bundesregierung – alle drohen mit Schadenersatzforderungen.