Protocol of the Session on December 13, 2001

Frau Biedefeld, Sie brauchen doch nur einmal den Blick auf die Bank hinter Ihnen zu werfen. Dort sitzt Kollege Werner. Laut „Donaukurier“ vom 25. April hat der SPDLandtagsabgeordnete Werner die Staatsregierung aufgefordert – ich zitiere –, ihren Widerstand gegen das FOC Ingolstadt endlich aufzugeben.

(Dr. Bernhard (CSU): So peinlich! – Beifall bei der CSU – Widerspruch von der SPD)

Ich zitiere weiter: Als geradezu lächerlich beurteilt Werner die Forderung der Staatsregierung,

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

ein FOC an einem integrierten Standort anzusiedeln. Wer will denn hier das Thema „Hinaus auf die grüne Wiese, in die Randbebauung“ – –

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit wann macht die CSU SPD-Politik? – Zuruf der Frau Abg. Biedefeld (SPD))

Frau Kollegin Biedefeld, warten Sie, dann können Sie vielleicht später insgesamt Stellung nehmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Im „Donaukurier“ vom 1. Juni, also zeitlich nach dem Beschluss der Staatsregierung, heißt es: OB-Kandidat und Fraktionschef der SPD, Werner, begrüßte, dass die Staatsregierung nunmehr ihre starre Haltung endlich aufgegeben hat.

(Zurufe von der CSU: Hört, hört! – Zurufe von der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Biedefeld?

Frau Präsidentin, anstelle einer Zwischenfrage empfehle ich der Frau Generalsekretärin der SPD, doch einmal im Internet unter www.wirwaehlenwerner.de nachzusehen. Dort wird unter der Rubrik „Vision Touristenmagnet“ das FOC Ingolstadt genannt. Das ist die Position Ihrer Partei.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren von der Opposition, wer so unehrlich wie Sie argumentiert, hat das Recht verwirkt, die Wörter Mittelstand, Handel und Einzelhandel wie eine Monstranz vor sich herzutragen.

(Beifall bei der CSU)

Ich sage Ihnen: Max Strehle, Heinrich Traublinger, Manfred Christ und andere sind glaubwürdig.

(Lachen bei der SPD – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So glaubwürdig wie Sie!)

Das sind Mittelständler, die sich jahrein, jahraus für den Mittelstand und seine Interessen und die Entwicklung vor Ort einsetzen. Sie aber machen es, wie es Ihnen gefällt: Heute so, morgen anders.

(Gartzke (SPD): Lernen heißt siegen!)

Im Übrigen, Frau Kollegin Biedefeld, sind Sie nicht auf der Höhe der Diskussion. Der Präsident des Verbandes des bayerischen Einzelhandels hat in einem langen Gespräch mit dem Ministerpräsidenten, mit dem Kollegen Wiesheu und mir ganz ausdrücklich erklärt, so wie es Adolf Dinglreiter hier völlig korrekt eingebracht hat, dass es überhaupt nicht um das Thema FOC als solches geht. Bei dem Popanz, den Sie hier aufbauen, werden

doch alle Übel dieser Welt, die Probleme der Innenstädte, die Fragen des Mittelstandes in das Kürzel FOC projiziert. Dabei sagt der bayerische Einzelhandelspräsident selbst, dass es nicht um das FOC als solches geht, sondern um das Thema Randlagen, wie Kollege Dinglreiter gesagt hat, und um die Frage der Agglomeration in Randlagen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Biedefeld, Herr Memmel und alle von der Opposition, die gesprochen haben, ich frage Sie allen Ernstes: Wollen Sie wirklich, dass der Staat letzten Endes verbieten sollte – wenn er es überhaupt könnte –, dass der Handel, also unsere Wirtschaft, bestimmte Produkte in bestimmten Formen verkaufen kann, nämlich in Fabrik-Outlets oder anderweitig? Hand aufs Herz!

(Willi Müller (CSU): Wo kaufen Sie denn ein?)

Wir in der Bundesrepublik Deutschland leben unter der Gültigkeit des Grundgesetzes. Artikel 12 Grundgesetz garantiert die Berufsausübungsfreiheit. Wir leben in einer Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft.

(Gartzke (SPD): Das ist erstes Semester Jura!)

Wollen Sie allen Ernstes der Öffentlichkeit vorgaukeln, dass es ein Verbot geben könnte? Herr Kollege Gartzke, Sie schütteln den Kopf so arg. Steigen wir doch einmal in das Thema ein.

Wollen Sie, dass wir dem Handel bestimmte Formen vorschreiben? Wollen Sie unseren Bürgerinnen und Bürgern vorschreiben, dass sie bestimmte Marken zu bestimmten Preisen kaufen müssen?

(Dr. Scholz (SPD): Sie sagen doch Ja dazu!)

Wir dürfen doch von Seiten der Politik nicht den Eindruck erwecken, als ob wir Bürgerinnen und Bürgern Markenkleidung verbieten könnten. Diese Kleidung ist schließlich bei den Kids genauso beliebt wie bei Ihrem so prinzipientreuen Kanzler.

(Frau Radermacher (SPD): Was hat das denn damit zu tun?)

Wer hat sich denn in Edelmarken fotografieren lassen? – Das war doch der derzeit amtierende Kanzler der Republik. Nicht jeder kann, wie Ihr Bundeskanzler, 2000 DM hinblättern, um sich ein Edelsakko zu kaufen.

(Gartzke (SPD): Herr Scharping hat eine Badehose!)

Die Heuchelei Ihrer Partei kennt wirklich keine Grenzen. Sie tun so, als ob die SPD die Linie verfolgte, wonach den FOCs im ganzen Land ein klares Nein entgegengesetzt würde. Wo ist denn das erste FOC in der Bundesrepublik Deutschland genehmigt worden? Das war in einem SPD-regierten Land, das von Ihrem Genossen Stolpe geleitet wurde. Das war in Wustermark in Brandenburg.(Kaul (CSU): Das gibt es doch nicht! – Dr. Bernhard (CSU): Das beweist Ihre Unglaubwürdigkeit!)

Auch das zweite FOC in Deutschland wurde in einem SPD-geführten Land genehmigt, nämlich in RheinlandPfalz.

(Zurufe von der SPD)

Ich weiß, die Wahrheit tut weh. Ihr Parteigenosse Kurt Beck hat in Rheinland-Pfalz den Weg für ein 20000 qm großes FOC freigemacht. Dieses FOC ist im März dieses Jahres in Betrieb gegangen.

(Beifall bei der CSU)

Bei der Raumordnungsministerkonferenz, die letzte Woche in Berlin stattgefunden hat, ging es unter anderem um die FOCs. Bei dieser Konferenz war der Bundesraumordnungsminister nicht einmal anwesend; er hat sich gleich vertreten lassen, weil ihm das Thema nicht wichtig genug war.

(Gartzke (SPD): Weil es eine Angelegenheit der Landesplanung ist!)

Ihre Heuchelei kennt wirklich keine Grenzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb verwahre ich mich dagegen, dass Sie heute die Karte des Mittelstandes zücken, weil Ihnen das gerade in den Kram passt.

(Frau Biedefeld (SPD): Das ist doch eine Luftnummer! – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dosenpfand!)

Frau Kollegin Biedefeld, letztlich zeigt Ihre ganze Politik, dass Sie nichts für den Mittelstand übrig haben. Wenn ich mir die Regelung über die Besteuerung von Veräußerungserlösen oder Ihren Einsatz für den Mittelstand ansehe, kann ich nirgendwo die Bereitschaft der SPD erkennen, sich für den Mittelstand einzusetzen.

(Beifall bei der CSU)

Ihre Bundesregierung betreibt die mittelstandsfeindlichste Politik, die je eine Bundesregierung in Deutschland betrieben hat.

(Frau Biedefeld (SPD): Sie sind gegen das Dosenpfand und für die FOCs – das ist mittelstandsfeindlich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir befinden uns in einem klar geregelten Verfahren. Der Ministerrat hat Eckpunkte aufgestellt, die sich derzeit in der Anhörung befinden. Danach folgt ein öffentliches Hearing und die Behandlung durch das Parlament. Für die Anträge, die Sie gestellt haben, besteht also überhaupt kein Bedarf. Wir schreiben das Landesentwicklungsprogramm fort. Ich kann Sie nur bitten, die Anträge der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abzulehnen und dem Antrag der CSU-Fraktion zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Meine Damen und Herren, bevor wir mit der Rednerliste fortfahren, begrüße

ich Gäste aus Spanien. In der Diplomatenloge hat die Ministerin für öffentliche Verwaltung von Katalonien, Frau Núria de Gispert i Català, mit einer Delegation Platz genommen. Die Damen und Herren halten sich zu einem Informationsbesuch in München auf und führen verschiedene Fachgespräche. Im Namen des Hohen Hauses und persönlich begrüße ich unsere Gäste sehr herzlich und wünsche ihnen in München einen angenehmen und interessanten Aufenthalt.

(Allgemeiner Beifall)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Memmel.