Protocol of the Session on December 12, 2001

Sie ziehen sehr gerne den Ländervergleich heran. Auch wir werden dies mit Blick auf die Schlüsselzuweisungen in Zukunft öfter tun. Die Schlüsselzuweisungen sind ein Instrument des Ausgleichs zwischen Schwächeren und Stärkeren. Der Freistaat Bayern steht bei den Schlüsselzuweisungen unter den Flächenländern ganz unten und hat die schlechtesten Zahlen. Bayern ist mit Schlüsselzuweisungen von 306 DM pro Kopf absolutes Schlusslicht. In Niedersachsen betragen sie 511 DM, in Nordrhein-Westfalen 660 DM. Sie sollten daher ein bisschen ruhiger sein.

Wir haben zum Nachtragshaushalt drei Forderungen aufgestellt. Die Schlüsselzuweisungen müssen erhöht werden, um einen Ausgleich zwischen Arm und Reich zu schaffen. Die Pauschalzuweisungen der Schülerbeförderungskosten müssen erhöht werden. Als Drittes fordern wir im Rahmen des Finanzausgleichs 26 Millionen DM für die Bezirke. Dazu haben Sie ebenfalls Nein gesagt. Dies ist seit Jahren ein Anliegen von uns.

Sie haben dreimal Nein gesagt, was die Kommunen anbetrifft. Wir sagen, dass dies ein Fehler ist. Sie hätten mitgestalten können. Was haben Sie gemacht? – Sie haben die E.ON-Verkaufserlöse verwendet. Es ist interessant, wenn der Vorsitzende des Haushaltsausschusses von den Privatisierungen des Bundes spricht. Was machen denn wir mit den Privatisierungserlösen? – Weil wir nicht genügend normale Haushaltsmittel haben, verwenden auch wir die E.ON-Privatisierungserlöse. Ohne ein vernünftiges Konzept zu haben, wird kurzfristig die Ganztagsbetreuung finanziert. Wie es ab 2006 weitergeht, weiß noch niemand. Ähnlich ist es beim Verbraucherschutzministerium. Alles wird kurzfristig finanziert. Das ist keine solide Politik. Das Gleiche gilt für die Sicherheitsinitiative, die ich vorhin schon erwähnt habe. Bis zum Jahre 2006 sollen insgesamt 650 zusätzliche Polizistenstellen geschaffen worden sein. Man muss sich überlegen, was noch alles in den nächsten Jahren durch den Landtag geht – zwei Doppelhaushalte. Sie sprechen immer vom Jahr 2006 und wollen 650 zusätzliche Polizistenstellen schaffen, ohne zu sagen, wie sie insgesamt finanziert werden sollen. Welche Politik betreiben Sie mit der Wiederbesetzungssperre? Kollege Dietmar Franzke spricht dies immer wieder an. Sie sprechen immer wieder vom Kraftakt und davon, dass Sie zusätzliche Planstellen schaffen und etwas geschieht – wenn in Wirklichkeit aber eine Planstelle frei ist, gilt eine neunmonatige Stellensperre. Das ist doch keine ordentliche Personalpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Kehren Sie endlich zu einer soliden und ordentlichen Personalpolitik zurück.

Die Steuermindereinnahmen sind ebenfalls angesprochen worden. Wir haben nie gesagt, dass wir keine Rücklagen brauchen. Wir sind alle zu sehr Finanzpolitiker und Politiker, die in Kommunen eingebunden sind. Jede Kommune, jeder Landkreis braucht Rücklagen. Herr Minister, Sie haben die Zahlen lange Zeit verschwiegen und vieles nicht gesagt. Sie müssen sehen, dass wir aufgrund der guten Steuereinnahmen des Jahres 2000 eine ordentliche Rücklage gebildet haben, womit wir die schlechteren Steuereinnahmen des Jahres 2001 leichter ausgleichen können. Das ist doch unbestritten; darauf müssen Sie einmal hinweisen. Warten wir einmal ab, was bei den Hochrechnungen herauskommt. Bei vielem muss man normalerweise damit rechnen, dass es zurückgeht. Wir haben uns im Haushalt bereits darauf eingestellt und dies abgefedert. Wir haben also nichts Falsches gesagt, sondern etwas Richtiges.

Der Länderfinanzausgleich ist noch gar nicht angesprochen worden. Wir haben immer wieder gesagt, dass Sie im Länderfinanzausgleich lange Zeit falsch gerechnet haben. Wir haben auch gesagt, dass es in diesem oder im nächsten Jahr über 4 Milliarden DM werden. Diese Zahl stimmt. Sie haben nämlich früher bei der Festlegung des Länderfinanzausgleiches im Grunde genommen falsch gerechnet.

Wir kritisieren, dass versäumt wurde, vorhandene Einsparungspotenziale konsequent zu nutzen. Wir kritisieren, dass es nicht gelungen ist, die Problemfelder Bildungspolitik, innere Sicherheit und kommunale Finanzen wirklich in den Griff zu bekommen und Weichenstellungen vorzunehmen. Es ist nur bis auf das Jahr 2006 vertröstet worden und dass man bis dann handeln werde. Es wird schön verpackt, aber in Wirklichkeit ist wenig drin. So war es auch mit dem ersten Nachtragshaushalt in diesem Jahr, zu dem der Ministerpräsident groß verkündet hat: Wir machen einen Kraftakt, 600 Millionen DM für unsere Bauern. Alle riefen Hurra. Jetzt fragen die gleichen Bauern, wo das Geld geblieben ist. Keine Mark kommt bei den Bauern an. So machen Sie es immer. Sie verpacken es rhetorisch ungemein geschickt,

(Zuruf des Abg. Ach (CSU))

aber in Wirklichkeit ist nichts enthalten. Ein konsequenter Sparwille der Staatsregierung und des Ministerpräsidenten ist aber Voraussetzung für sinnvolles politisches Handeln und zur Erledigung der politischen Hausaufgaben. Die politischen Hausaufgaben hat die Aktionsgemeinschaft aus CSU-Staatsregierung und CSU-Landtagsgemeinschaft aber weder bei der Bildungspolitik noch bei der inneren Sicherheit erledigt. Wir fordern Sie vor allem auf, den Kommunen endlich diejenige Finanzausstattung zu geben, die ihnen zusteht, und damit die K-Frage auch in Bayern zu lösen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Kellner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nach dem so genannten BSE-Aktionshaushalt steht nun heute der reguläre Nachtragshaushalt 2002 auf der Tagesordnung. Auch dieser Haushalt wurde mit einem Aktionsprogramm beglückt.

Im Gefolge des von Aktion zu Aktion sprintenden Ministerpräsidenten wird im Freistaat Bayern ein Aktionsprogramm nach dem anderen durch den Landtag gejagt. Diese stoiberschen Aktionsprogramme kommen wie die sieben Plagen Ägyptens über den Finanzminister und seine Beamtinnen und Beamten.

(Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe- rium): Unglaublich!)

Solide Finanz- und Haushaltspolitik aber zeichnet sich durch Stetigkeit und Verlässlichkeit aus, nicht durch Aktionismus und Sprunghaftigkeit, wie sie Ministerpräsident Dr. Stoiber an den Tag legt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da auch das Finanzministerium über keine Gelddruckmaschine verfügt, ist es ganz praktisch, dass das von Stoiber versprochene Geld gar nicht so schnell ausgegeben werden kann, wie er schon wieder neues verspricht. So erinnert sich der Finanzminister an den Begriff der Kreislaufwirtschaft und lässt die Millionen von einem Aktionshaushalt zum nächsten kreisen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Überhaupt ist der bayerische Finanzminister durchaus kreativ,

(Ach (CSU): Ein Genie!)

wenn es um die Performance seines Geschäftsbereichs geht. Zum einen möchte er einen Haushalt ohne Neuverschuldung bis zum Jahr 2006 erreichen. Zum andern muss er mit zurückgehenden Steuereinnahmen fertig werden und dazu noch permanent Sonderwünsche des Ministerpräsidenten erfüllen. So kam er auf die dem Hightech-Land Bayern durchaus angemessene virtuelle Rücklage. Ich erinnere daran: Am 31.12.2000 belief sich die Rücklage auf 5,6 Milliarden DM. Davon waren nur 2,9 Milliarden DM reales Geld, sprich cash. Die andern 2,7 Milliarden DM waren die nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen, sprich virtuelles Geld, das zwar von den Banken geliehen werden darf, aber selbstverständlich einschließlich der Zinsen zurückgezahlt werden muss. Ich bekenne: Wir GRÜNE sind da konservativ und ziehen tatsächlich vorhandenes Geld dem virtuellen vor.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines ist klar: Die Auflösung der Rücklage kaschiert, dass die Nettoneuverschuldung im Jahr 2002 eigentlich 1,6 Milliarden Euro wäre und nicht 468 Millionen Euro.

Sie wäre also dreieinhalbmal so hoch. Da die Rücklage mittlerweile auf 939 Millionen Euro abgeschmolzen ist, wurde bereits die virtuelle Rücklage angegriffen und somit die tatsächliche Kreditaufnahme erhöht.

Herr Finanzminister, dieses Mal gibt es keinen Weihrauch für Sie. Herr Kollege Ach, Sie haben vorher angesprochen, dass die CSU den schuldenfreien Haushalt als Ziel fest vor Augen hat. Sie sagten: Die CSU denkt bis morgen. Ich sage: Wir GRÜNEN denken bis übermorgen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Die Aussage des Kollegen Ach trifft einfach nicht zu, die Anträge der GRÜNEN seien nicht gegenfinanziert. Das stimmt doch gar nicht. Wir haben im Laufe der Jahre genügend Umschichtungsvorschläge struktureller Natur gemacht, die auf Jahre hinaus tragen würden. Ich habe x Anträge auch zu diesem Nachtragshaushalt gestellt, wo Geld einzusparen ist. Wir haben Sie immer wieder dazu aufgefordert, Verschwendung zu stoppen, und dafür in den jährlichen Rechnungshofberichten gutes Material gefunden.

Tatsache ist: Wenn die CSU etwas will, ist immer Geld da. Wenn die Opposition etwas will, dann heißt es: Das ist zu teuer, es ist kein Geld da, und das ist nicht finanzierbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jahr für Jahr haben wir hier gefordert, die Mittagsbetreuung an Schulen auszubauen, mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen etc. 1995 habe ich einen Vorschlag gemacht, wie Sie Privatisierungserlöse dafür einsetzen können, um mehr Stellen für Lehrkräfte an den Schulen zu schaffen. Das haben Sie damals abgelehnt. Heute sind Sie um unsere Idee froh und greifen sie begeistert auf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollege Ach hat viel von Bundespolitik gesprochen.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Herr Kollege Ach, wenigstens sind Sie jetzt von Ihrer unsinnigen Forderung abgerückt, die nächste Stufe der Steuerreform vorzuziehen. Zumindest Ministerpräsident Dr. Stoiber hat jüngst in einer Talkshow eingeräumt, dass das nicht zu finanzieren wäre. – Da müssen Sie gar nicht schlucken, Herr Faltlhauser. Ich habe das selbst gehört und gesehen.

(Hofmann (CSU): Der wird doch noch schlucken dürfen!)

Wir freuen uns über die späte Einsicht. Herr Kollege Ach, Sie haben die wegbrechenden Steuereinnahmen angesprochen. Ich kann Ihnen versichern: Der Rekord der waigelschen Steuerlöcher ist bis heute ungebrochen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Verkauf des E.ON-Aktienpaketes hätte nach unseren Vorstellungen für zukunftsweisende und innovative Projekte verwendet werden müssen.

(Ach (CSU): Tun wir das nicht?)

Da diese Maßnahmen vor Ort umgesetzt werden, wäre der Entlastungseffekt für die Kommunen enorm gewesen. Außerdem werden gerade durch Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden bei kleineren lokalen Unternehmen Arbeitsplätze gesichert. Ich nenne noch einige wenige weitere Beispiele. Es gibt kaum eine Kommune, in der nicht Schulen auf der Schadstoffsanierungsliste stehen, von Nürnberg über Fürth bis hin nach Waldsassen, Hollfeld und Buchloe. Ich könnte nahezu alle Kommunen des Freistaates aufführen. Diese Gebäude müssen sofort saniert werden, da die Kinder nicht in PCBoder asbestbelasteten Schulen unterrichtet werden können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Hinzu kommen die Sanierungsmaßnahmen in der Energietechnik. Dank der R 6 werden viele Schülerinnen und Schüler auf unbestimmte Zeit in Containern verbringen müssen. Darlehen an die Kommunen alleine nützen nichts; es müssen verstärkt Zuschüsse gegeben werden, da die Kommunen die Last sonst einfach nicht schultern können.

Ich zitiere aus der Zeitung „Passauer Neue Presse“, Lokalausgabe Freyung:

Die Gemeinden und der Landkreis müssen aber auch mit dem Finger nach München zeigen: Erst eine teure Schulreform beschließen, die Kommunen dann mit Millionenlasten alleine stehenlassen.

(Zuruf von der CSU)

Herr Urban ist ein CSU-Landrat.

Der Anstand verlangt es, dass der Landkreis für das Paket Schulbauten die Maximalförderung bekommt.

Kollege Ach, da nützt es nichts zu sagen, die Leistungen des Staates an die Kommunen nehmen zu. Sie müssen auch im Auge behalten, welche Aufgaben den Kommunen zusätzlich aufs Auge gedrückt werden.

(Ach (CSU): Vom Land und vom Bund!)

Vom Land; ich denke nur an Schulsozialarbeit und die Ganztagsbetreuung.