Protocol of the Session on December 12, 2001

Nun zur Bildungspolitik: Beispiel Nummer zwei. Die Chance, hier wirklich eine Weichenstellung vorzunehmen, ist vertan worden. Auch die Universitäten, die Geld angespart haben, weil sie ganzheitlich und längerfristig planen wollen, müssen – wie meine Kollegin Frau Dr. Dorle Baumann gesagt hat – jetzt trotzdem auf Geld verzichten.

Wir wollen im bildungspolitischen Bereich – das ist unsere Zielsetzung, die Zielsetzung der SPD-Landtagsfraktion, und auch die Zielvorstellung der Bundesregierung –, endlich wieder in der Champions-League mitspielen; deswegen brauchen wir mehr Engagement, als dies jetzt der Fall ist.

Wir haben die wenigsten Abiturienten. Wir haben die höchsten Klassenstärken, wir haben einen massiven Unterrichtsausfall. Auch bei den Ganztagsangeboten sind wir Tabellenletzter in Deutschland. Das bildungspolitische Gebäude in Bayern ist nach vierzigjähriger CSUHerrschaft so desolat wie der 600 Jahre alte Schiefe Turm von Pisa – daher wahrscheinlich auch der Name der Studie: Pisa, meine Damen und Herren.

Trotzdem weigern Sie sich beständig, schulische Angebote zu verbessern. Wenn Sie heute sagen, jetzt habe man etwas getan, dann denke ich nur daran, wie wir immer wieder gefordert haben, mehr Planstellen zu schaffen, mehr Angebote zu machen, und Sie haben immer nein dazu gesagt. Sie haben in der Bildungspolitik einfach eine Blockade betrieben, und deshalb tragen Sie als CSU und Bayerische Staatsregierung die Verantwortung für die Defizite, die sich hier angesammelt haben.

Was die Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen anbetrifft, sind wir der Auffassung: Der Generationenvertrag muss gegenüber den bayerischen Kindern endlich erfüllt werden. Die CSU hat es nicht getan, und deshalb lehnen wir auch diesen Haushalt ab.

Zur Finanzierung: Herr Kollege Ach, Sie sprachen vorhin davon, wir schöpften – angeblich – aus dem Vollen. Wenn wir hier 700 Millionen DM bzw. 350 Millionen Euro mehr fordern, dann haben wir das auch finanziert. Das können wir exakt nachrechnen, Herr Kollege Ach.

Wir, nicht die CSU, hatten gesagt, dass das zusätzliche Verbraucherschutzministerium Millionen D-Mark kosten werde, dass es einfach zu teuer sei. Es waren doch die Sozialdemokraten, die gesagt haben, die Schaffung dieses Ministeriums, das Sie jetzt am liebsten wieder zurücknehmen wollen, kostet viel zu viel Geld, und wir sollten nach einer anderen Lösung suchen. Wir haben Vorschläge für Einsparungen gemacht.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Das wollten Sie aber nicht hören. Ich bin sicher, dass mittlerweile auch die CSU das Verbraucherschutzministerium gerne wieder los werden würde; Sie wissen nur nicht, wie Sie es geschickt anstellen sollen, meine Damen und Herren. Und den einzigen Laptop-Minister, den Herrn Sinner, können Sie auch nicht gleich wieder entlassen; sonst haben Sie nur noch „Lederhosen“ im Kabinett, und das wollen Sie auch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Mich wundert es immer wieder, dass die CSU so taub ist, wenn man hier Vorschläge unterbreitet. Wir haben wiederholt gesagt, welche Einsparungsmöglichkeiten es auch bei der Staatskanzlei gibt. Wenn beispielsweise plötzlich die Zahl der Fortbildungslehrgänge für Führungskräfte der Verwaltung um 72% erhöht werden soll, weil es angeblich Wechselkursverschlechterungen gibt, so wären hier genügend Einsparungsmöglichkeiten gegeben. Das Gleiche gilt für die repräsentativen Aufgaben, meine Damen und Herren. Sie wollen im Grunde genommen nicht hören, wenn wir Einsparungsmöglichkeiten aufzeigen, weil es nicht in Ihre Konzepte passt.

Wir haben auch bei diesen 700 Millionen DM sauber durchgerechnet. Die Rechnung steht, das können wir genau belegen.

Neben der inneren Sicherheit und der Bildungspolitik ist auch die K-Frage, und zwar in diesem Fall die kommunalen Finanzen, sehr wichtig. Wir ersuchen Sie dringend, hier in die Landespolitik zurückzukehren und Ihre eigenen Hausaufgaben zu machen. Das, was Sie, lieber Kollege Ach, dazu gesagt haben, trifft nicht zu. Viel wichtiger wäre, dass Sie, was die kommunalen Finanzen anbetrifft, erst einmal Ihre Hausaufgaben machen.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Wenn Sie an den 6 Milliarden DM bzw. 3 Milliarden Euro, mit denen der Freistaat bei den Kommunen in der Kreide steht, Anstoß nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann muss ich für meine Fraktion – weil ich annehme, dass davon in nächster Zeit öfter die Rede sein wird – erklären: Diese 6 Milliarden DM sind doch keine Erfindung von uns.

(Staatsminister Prof. Faltlhauser: Doch!)

Nein, nein, Herr Minister, das ist keine Erfindung von uns. Weder die 6 Milliarden DM, die der Freistaat Bayern den Kommunen schuldet, sind eine Erfindung der SPDFraktion aus dem Jahre 1990, noch sind es die 4,2 Milliarden DM, die der Freistaat Bayern den Kommunen bei den Anlagen der Wasserversorgung und Wasserentsorgung schuldet. Das sind keine Erfindungen der SPDFraktion.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Das ist keine Erfindung, das ist ein Sachverhalt, eine Feststellung, die man nachlesen kann. Dazu hat sich Präsident Deimer vor drei Jahren erklärt.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Lieber Kollege, da können wir dann nachrechnen.

(Ach (CSU): Drei Jahre sind eine lange Zeit!)

Bereits damals haben Sie diese Zahl geleugnet. Sie haben doch jährlich nicht 2 Milliarden DM abgetragen, das stimmt doch nicht! Nach wie vor ist es so, dass der

Freistaat Bayern gegenüber den Kommunen in der Pflicht steht.

Machen wir uns doch nichts vor: Sie lassen sich in der Zwischenzeit doch schon feiern für einen vorzeitigen Baubeginn, obwohl Sie keine Mark Zuschüsse geben.

(Beifall bei der SPD)

Gleichzeitig sagen Sie den Kommunen, sie sollten ruhig sein, die Bürgermeister sollten ja nicht vor dem Jahr 2004 kommen und Geld einfordern; dafür dürften sie jetzt mit dem Bau beginnen. Was ist denn das für eine Politik?! Lieber Kollege Ach, so ist es! Das sind keine frei erfundenen Märchen, sondern es sind Fakten. So ist es auch mit den 4,2 Milliarden DM, die ich nannte.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Tatsache ist auch – ich habe es gestern erfahren, die Nachricht ist also noch sehr frisch –: Der Freistaat Bayern hat seine Förderung bei der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, durch die Richtlinie RZ Wasser noch verschärft, insgesamt in den letzten zehn Jahren um 51% zurückgefahren. Das sind Fakten, und die sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es wird heute nur mehr der Förderstand aus dem Jahr 1991 mit 49% erreicht, und die Bürgerinnen und Bürger bezahlen diese Politik mit höheren Gebühren.

Wenn Sie es sich heute auf Ihre Fahne heften, was man nach Artikel 15 den Bezirken bezahlt oder den Kommunen erstattet über die Asylbewerberkosten usw.,

(Ach (CSU): Das ist Fakt!)

dann muss ich feststellen, das haben sich die Kommunen, lieber Kollege Ach, mühsam erstritten. Was hat denn der Bezirk Oberfranken gemacht? Die mussten, um etwas zu erhalten, zum Gericht gehen.

(Ach (CSU): Nicht deswegen!)

Dagegen hat jetzt der Freistaat Bayern wieder Beschwerde eingelegt. So gehen Sie mit den Kommunen um!

(Ach (CSU): Es ging um den Berechnungsfaktor!)

Das ist doch nicht in Ordnung!

Ein Weiteres noch müssen wir hier ansprechen, was die Kommunen anbetrifft. Nichts persönlich oder menschlich gegen einen Minister aus Niederbayern, aber es muss Ihnen doch zu denken geben, wenn die Steuerkraft von Niederbayern nur mehr 58% der Steuerkraft von Oberbayern ausmacht. Da ist doch absoluter Handlungsbedarf gegeben, da muss man doch insgesamt etwas tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt ein paar Ausführungen zur Bundespolitik, weil Sie sich diesem Thema so genüsslich gewidmet haben, was insbesondere die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage anbetrifft. Sie wissen es ganz genau: Im SolidarpaktFortführungsgesetz wurde auf Druck der alten Länder die Beteiligung der Kommunen in den alten Ländern an den Solidarpaktlasten gefordert, und zwar gegen heftigen Protest der kommunalen Spitzenverbände. Es war die SPD-Bundestagsfraktion, die den Ländern wenigstens die Aufnahme einer Überprüfungsklausel zugunsten der Kommunen in die gemeinsame Entschließung von Bundestag und Bundesrat abgerungen hat. Die CSU war dagegen.

Man muss wissen: Im Gegenzug zur Erhöhung der Gewerbesteuerumlage sollte im Sinne der Kommunalfinanzen die Branchen-AfA-Tabelle angepasst werden, dann wäre es ein ordentliches Konzept gewesen. Nur, wer sich vehement gegen dieses Konzept gewehrt hat, das war eben die CSU, auch Ihr Finanzminister, und deshalb tragen Sie ganz wesentlich Verantwortung für die aktuellen Probleme bei den kommunalen Steuereinnahmen.

(Zuruf von der CSU)

Natürlich lehnen Sie, meine Damen und Herren, hier die Übernahme dieser Verantwortung ab. Es muss Ihnen immer wieder gesagt werden: Sie sind es, Herr Faltlhauser, denen die Kommunen die dadurch entstehenden Steuerausfälle zu verdanken haben.

(Lachen bei der CSU)

Der bayerische Finanzminister war es, der noch im Sommer dieses Jahres gegenüber dem Städtetag in Briefen vehement erklärt hat, dass er die Rücknahme der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage ablehnt, meine Damen und Herren. Herr Finanzminister, Sie haben das abgelehnt. Bitte kommen Sie ans Pult und sagen: Jawohl, das ist richtig, Herr Strasser, ich habe im Sommer dieses Jahres dem Bayerischen Städtetag mitgeteilt, dass ich gegen die Rücknahme der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage bin. Das ist einfach Fakt. Im Grunde genommen haben Sie bis zum Jahre 1998 mit Ihrer Gesetzgebung – ich denke an das Energiewirtschaftsgesetz – für die Ausfälle gesorgt. Warum zahlen denn die Energieversorgungsunternehmen keine Gewerbesteuer mehr? Daran ist doch nicht die rot-grüne Bundesregierung schuld. Sie wollten, wenn Ihre Steuerreform vom 18. Januar 2000 durchgekommen wäre, dass die Gewerbesteuermesszahl von 5 auf 4% gesenkt wird, was für die Kommunen einen Ausfall von 7,8 Milliarden DM an Gewerbesteuer bedeutet hätte. Die Steuerreform à la Faltlhauser/Merz hätte für die Kommunen 7,8 Milliarden DM weniger an Gewerbesteuern bedeutet. Stellen Sie sich doch nicht hier hin und sagen Sie den Kommunen heuchelnd etwas anderes.

(Beifall bei der SPD)

Sie erklären und fordern immer wieder, das Vorziehen der Steuerreform bringe etwas und müsse unbedingt gemacht werden. Unabhängig vom Grundsatz einer Steuerreform müssen Sie davon ausgehen, dass bei

einem Vorziehen der Steuerreform den Kommunen 3 Milliarden DM weniger Geld zufließen würde. Das müssen Sie den Kommunen sagen.

Die Bundesregierung hat in der Zwischenzeit gehandelt – das wissen Sie ganz genau –, was die gewerbesteuerliche Organschaft betrifft. Bei der Weiterentwicklung der Kommunalfinanzen sind wir bereits tätig geworden. Auf die Bundesregierung ist Verlass. Sie müssen beim Haushalt des Freistaates Bayern Ihre Hausaufgaben machen. Sie sollten nicht immer wieder den Bund zum Vergleich nehmen, sondern das tun, wozu Sie selbst aufgefordert sind.