Protocol of the Session on October 25, 2001

(Widerspruch bei der SPD)

Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Es ist vor allem nicht Sache des Landtages, mit Beschlüssen unmittelbar in den Kommunalwahlkampf der politischen Parteien einzugreifen.

(Widerspruch bei der SPD)

Etwas ganz anderes ist es, dass man sich in Debattenbeiträgen zu solchen Maßnahmen äußern kann. Es ist auch etwas anderes, wenn man die Politik der Bundesregierung oder auch der Staatsregierung mit Beschlüssen, denen Anträge vorausgehen, kritisiert. Was aber die einzelne politische Partei im Wahlkampf unternimmt, entzieht sich der parlamentarischen Kontrolle und entzieht sich der Kontrolle von Amtsträgern.

(Dr. Schuhmann (SPD): Im Normalfall!)

Das entzieht sich der staatlichen Kontrolle überhaupt, mit Ausnahme der Rechtskontrolle, die ausschließlich der dritten Gewalt obliegt.

(Frau Radermacher (SPD): Sie waren auch schon einmal besser, Herr Welnhofer!)

Dass damit ein Reizthema vorliegt, dessen Behandlung auch wir nicht als einen vergnügungssteuerpflichtigen Vorgang empfinden, ist eine andere Geschichte.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Sie sollten aber auch darüber nachdenken, welches Fass mit einem solchen Antrag aufgemacht wird. Sie zensieren damit unmittelbar Wahlkampfmaßnahmen der politischen Parteien.

(Frau Radermacher (SPD): Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Sie tun das zu einem Zeitpunkt, zu dem die CSU München in dieser Angelegenheit schon anders entschieden hat.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wenn Sie den Antrag nicht zurücknehmen wollen, was ich Ihnen hiermit noch einmal anheim stellen möchte, dann sollten wir, wenn die Frau Präsidentin über den Widerspruch entscheiden lässt, dafür stimmen, dass dieser Widerspruch nicht zurückgewiesen wird, sondern dass dieser Widerspruch aufrecht erhalten wird und nur insgesamt abgestimmt wird. Es handelt sich insgesamt um die Beanstandung einer Wahlkampfmaßnahme, die der Landtag nicht beschließen kann, zumindest nicht beschließen sollte.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Pfaffmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist hochinteressant, mit welchen Winkelzügen und juristischen Verdrehungen die CSU hier versucht, ihre ablehnende Haltung gegen unseren Antrag zu begründen.

(Widerspruch bei der CSU – Beifall bei der SPD)

Sie müssen ein schlechtes Gewissen haben, meine Damen und Herren von der CSU.

Ich möchte auf ein paar Aussagen eingehen, die hier gemacht wurden. Zunächst einmal, Herr Innenminister, haben Sie gesagt, ob es in München Terrorzellen gibt oder nicht, wäre eine Angelegenheit des Bundeskriminalamtes. Das kommt mir so vor wie bei Buchbinder Wanninger, es ist nur viel schlimmer. Es kann doch nicht wahr sein, dass ein zuständiger Innenminister in einer so schwierigen Frage sagt: Ich bin nicht zuständig, ich behaupte zwar, es gibt Terroristen in dieser Stadt, aber ich bin nicht zuständig, sondern das Bundeskriminalamt. Wo gibt es denn so etwas? Da könnten wir das Innenministerium gleich abschaffen und das Ganze von Berlin aus regeln.

(Frau Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nichts Genaues weiß man nicht!)

Ich möchte auf die Ausführungen von Herrn Kollegen Haedke eingehen.

Das lohnt sich zwar nicht, aber es muss sein.

Herr Haedke, Sie können sich Ihre Schimpftiraden auf die Mitarbeiter des Münchner Sozialamtes hier in diesem Haus sparen.

(Beifall bei der SPD – Haedke (CSU): Die Spitze ist es, nicht die Mitarbeiter!)

Ich möchte aus einem Brief des Chefs des Bundeskriminalamtes über die Arbeit des Münchner Sozialamtes zitieren. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen und aufhören, hier herumzuschimpfen.

(Haedke (CSU): Totaler Schmarrn!)

Ich zitiere aus einem Brief an den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München:

Ich kann Ihnen aber versichern,

sagt der Chef des Bundeskriminalamts –,

dass sich nach Mitteilung meiner Sachbearbeiter in diesem Vermittlungsverfahren die Zusammenarbeit mit dem Sozialamt München problemlos gestaltete und für die Ermittlung bedeutsame verfahrensrelevante Erkenntnisse in erforderlichem Umfang zur Verfügung gestellt wurden.

(Haedke (CSU): Es ging auch um den sozialen Rechtsbruch!)

Das müssen Sie sich einmal zu Gemüte führen, dann können Sie sich Ihre Schimpfkanonaden sparen.

(Beifall bei der SPD)

Sie diskriminieren hier die Mitarbeiter des Sozialamtes München, die Tag für Tag einen schweren Job erledigen. Das tun Sie hier in diesem Hause. Sie sind sich für nichts zu schade.

(Beifall bei der SPD – Haedke (CSU): Nein, die Spitze!)

Dann haben Sie hier einen Fall aus dem Jahr 1997 vorgetragen. Übrigens – Kollege Memmel hat es schon gesagt –, das ist ein Fall, der die Gesetzeslage der Regierung Kohl widergespiegelt hat. Sie fordern hier im Nachhinein die Mitarbeiter des Sozialamtes zum Gesetzesbruch auf. Die haben sich nämlich damals gesetzeskonform verhalten. Man mag über das Gesetz streiten – das kann sein –, aber man kann nicht die Landeshauptstadt München und die Mitarbeiter dazu auffordern, Gesetze nicht zu vollziehen. Genau das haben Sie im Nachhinein gemacht.

Übrigens, für dieses Verhalten, Herr Haedke, das Sie hier skizzieren und für gut heißen, ist die Bayerische Staatsregierung vom Datenschutzbeauftragten des Freistaates Bayern gerügt worden.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist Ihnen aber ebenfalls egal, wenn Sie bei dem Versuch, Herr Welnhofer, eine unsägliche Aussage zu rechtfertigen, so weiter machen.

(Zuruf des Abgeordneten Welnhofer (CSU))

Im Übrigen und das zum Abschluss: Sie haben Recht damit, dass man grundsätzlich Plakate in Wahlkampfzeiten nicht zur Grundlage parlamentarischer Debatten machen sollte. Das gilt für Werbespots, Radiodurchsagen oder was auch immer. Da haben Sie Recht. Aber es muss in diesem Parlament über Aussagen auf diesen Plakaten geredet werden. Die Aussage auf diesem Plakat ist: Es gibt Terrorzellen in München, und eine öffent

liche Behörde unterstützt sie. Das ist die Aussage, um die es hier geht, und nicht um ein Wahlplakat.

Ich hätte mir von Ihnen, Herr Innenminister, ein klares Wort gewünscht und nicht eine Ausfluchtbegründung, auch von Ihrem Fraktionsvorsitzenden, das die Münchner Bürger in Zukunft beruhigt und klarmacht, dass es keine Terrorzellen in München gibt und dass Sie, wenn es sie gibt, diese mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgen anstatt mit Plakaten ein Geschäft mit der Angst zu betreiben.

(Beifall bei der SPD)

Im Namen meiner Fraktion antworte ich auf die Ablehnung der punkteweisen Abstimmung mit der Beantragung einer namentlichen Abstimmung.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann lasse ich zunächst über den Geschäftsordnungsantrag der SPD abstimmen.

(Unruhe)

Ich habe es so verstanden, dass wir über den gesamten Antrag namentlich abstimmen, aber zunächst den Geschäftsordnungsantrag behandeln. Die CSU-Fraktion hat der beantragten ziffernweisen Abstimmung widersprochen. Deshalb frage ich gemäß § 131 Satz 2 der Geschäftsordnung, ob Einverständnis mit der getrennten Abstimmung besteht. Wer für die getrennte Abstimmung ist, den bitte ich um das Handzeichen – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist der Geschäftsordnungsantrag der SPD-Fraktion abgelehnt.

Nachdem namentliche Abstimmung über den gesamten Antrag gefordert wurde, können wir über den Antrag erst um 16.45 Uhr abstimmen.