Protocol of the Session on October 10, 2001

Ich möchte Sie jetzt nicht weiter strapazieren. Meine vorbereitete Rede könnte ich auch zu Protokoll geben. Nachdem wir uns aber darin einig sind, dass wir dem Tierschutz, der letztlich auch Menschenschutz ist, Vorrang geben wollen und dass wir die Rahmenbedingungen so gestalten müssen, dass keine Fehlinvestitionen getätigt werden, nachdem wir uns also darin einig sind, dass wir den Bauern, den Landwirten und Hühnerhaltern Sicherheit für das geben müssen, auf was sie sich einlassen, fordere ich die Staatsregierung auf, das Votum, welches wir parteiübergreifend auf den Weg gebracht haben, auch im Bundesrat zu vertreten und dort auch der Verordnung so zuzustimmen.

Letzte Wortmeldung: Herr Staatsminister Sinner.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Staatsregierung darf ich kurz zu diesem Thema Stellung nehmen. Es stimmt nicht, dass das Thema Tierschutz und Hennenhaltung erst im Januar 2001 entdeckt wurde, als aus der Hauptstadt Berlin durch Frau Künast die Agrarwende verkündet wurde. Bayern hat bereits 1997 in den staatlichen Betrieben die Käfighaltung abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht hat 1999 entschieden, dass die alte Hennenhaltungsverordnung nichtig ist. Es war natürlich die Pflicht der Bundesregierung, jetzt eine entsprechende Änderungsverordnung vorzulegen. Wir haben diese Änderungsverordnung im Bundesrat bereits im Unterausschuss des Agrarausschusses behandelt. Wir haben sie am 1. Oktober auch im Agrarausschuss selbst behandelt. Es ist unter bestimmten Maßgaben Zustimmung signalisiert worden, wobei die Koalitionen durchaus unterschiedlich waren. Die meisten Argumente gegen diese Verordnung kamen aus dem Ihnen, Frau Lück, befreundeten Land Niedersachsen. Das möchte ich in aller Deutlichkeit feststellen. Es ist uns aber gelungen, eine große Mehrheit von acht Ländern, wie es der Kollege Brunner schon erwähnt hat,

für diese Übergangslösung bis 2009 und nicht bis 2006 zu gewinnen.

Frau Kollegin Münzel, ich will diese Übergangsfrist auch begründen. Wenn Sie 2006 aussteigen, haben Sie zwar ein wunderschönes Verbot, aber Sie haben keine Alternativen. Dann können Sie als Tierschützerin gut dastehen, aber die Eierproduktion wird wahrscheinlich nicht mehr in unserem Land stattfinden. Warum? Die Alternativen, über die diskutiert wird, werden erst 2005 durch die Kommission bewertet. In der Tat müssen die Haltungsformen nämlich sowohl unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes als auch unter dem Gesichtspunkt der Hygiene gesehen werden.

Frau Kollegin Münzel, es trifft gerade nicht zu, dass das Mistkratzerhuhn das für den Verbraucher am besten geeignete Ei legt. Wenn Sie dieses Ei auf koliforme Keime untersuchen lassen, müsste ich Ihnen sagen, dass dieses Ei in einem höheren Maße kontaminiert ist als ein Ei aus der Käfighaltung. Wir müssen also einen Mittelweg gehen, der sowohl dem Gesichtspunkt des Tierschutzes Rechnung trägt als auch dem Gesichtspunkt, dass der Verbraucher ein Ei will, welches ihn nicht in seiner Gesundheit gefährdet.

Genau diesen Mittelweg gehen wir mit diesem Antrag. Auch wenn wir im Jahr 2005 wissen, mit welcher Haltungsform wir weitermachen müssen, können wir nicht schon im Jahr 2006 umgestellt haben. Unser strategisches Ziel ist es, nicht nur etwas zu verbieten, sondern auch einen hohen Anteil der Eierproduktion am Standort Bayern aufrecht zu erhalten, ja sogar zu vergrößern. Dem trägt unsere Haltung im Bundesrat Rechnung. Ich gehe davon aus, dass diese Haltung auch eine Mehrheit im Plenum finden wird.

Wir haben natürlich auch Handlungsbedarf vonseiten der Bundesregierung. Frau Kollegin Münzel, die Verordnung macht keinen Sinn, wenn es die Bundesregierung bisher nicht durchsetzen konnte, dass der Herkunftsort der Eier angegeben wird.

Jetzt ist der Abpackort angegeben. Sie können davon ausgehen, dass Eier, die im Ausland und insbesondere im außereuropäischen Ausland produziert werden, nicht dort, sondern an einem anderen Ort abgepackt werden. Das nenne ich nicht Verbraucherinformation, sondern Verbrauchertäuschung, da für den Verbraucher völlig unklar ist, wo die Eier herkommen. Deshalb hat der Bundesrat in einem Entschließungsantrag, den wir mit vorgelegt haben, gefordert, dass diese Kennzeichnungsregelung geändert wird.

Es ist zwar erst vor kurzem so geregelt worden. Das sollte uns aber nicht daran hindern, gemeinsam zu fordern, dass im Interesse der Verbraucherklarheit, der Wahrheit und der Information dem Verbraucher auch beim Ei reiner Wein eingeschenkt wird. Das ist notwendig, und so haben wir uns im Bundesrat verhalten. Ich denke, dass damit die Bayerische Staatsregierung durchaus dem Anspruch des Tierschutzes und dem Anspruch, dass die Produktion von Eiern in bäuerlicher Hand auch bei uns eine Zukunft hat, gerecht wird. Wir haben neben dem Gesichtspunkt des Tierschutzes auch

den Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes berücksichtigt, indem der Verbraucher Klarheit über die Herkunft der Eier hat und ein Ei bekommt, das den hygienischen Anforderungen entspricht, die wir erwarten. Soweit ist der jetzige Beratungsstand.

Am 19. Oktober wird der Bundesrat endgültig entscheiden. Ich denke, dass wir für diese Haltung, die wesentlich von Bayern in den Bundesrat eingebracht wurde, eine große Mehrheit bekommen. Ich hoffe, dass sich Frau Künast bewegt und diese Verordnung unter den genannten Bedingungen des Bundesrates erlässt. Sie ist der Verordnungsgeber. Nach den bisherigen Signalen der Bundesregierung wird sie diesen Weg mitgehen. Ich denke, dass die Einigkeit, die hier im Bayerischen Landtag herrscht, ihre Fortsetzung bei den Beratungen im Bundesrat und beim Verordnungsgeber findet.

(Beifall bei der CSU)

Die Hoffnung trügt, dass dies der letzte Redebeitrag war. Ich erteile Frau Kollegin Münzel das Wort.

Wir sind uns zwar einig, aber zwei Dinge kann ich nicht stehen lassen. Die Übergangsfristen wurden mit den EU-Berichten begründet, Herr Sinner. Natürlich werden im Jahr 2005 die EU-Berichte vorgelegt. Es werden dann alle Haltungssysteme auf den Prüfstand gestellt. Diese EUBerichte sind aber in keinster Weise für ein Handeln danach bindend. Die EU-Richtlinie besagt ganz klar, dass wir über das, was in der EU beschlossen wird, hinausgehen können. Deshalb sind für mich die EU-Berichte im Jahr 2005 zunächst einmal nicht relevant. Es wäre schon ein Vorteil, wenn die bayerischen Landwirte schon jetzt begännen, ihre Produktion umzustellen und auf die vorhandene Nachfrage reagierten. Sie hätten dann einen Wettbewerbsvorteil.

Meine zweite Bemerkung betrifft die hygienischen Bedingungen. Diesbezüglich gibt es in der Schweiz seit geraumer Zeit Erfahrungen. Seit September 2001 gibt es die Kasseler Machbarkeitsstudie „Ausstieg aus der Käfighaltung“. In dieser Studie wurden auch die hygienischen Bedingungen untersucht. Dort heißt es:

Die häufig geäußerten Vermutungen und Behauptungen, dass es in alternativen Systemen – Volieren, Boden- und Freilandhaltung – zu mehr Gesundheitsproblemen, einem höheren Medikamenteneinsatz und damit mehr Rückständen, mehr Federpicken und Kannibalismus, einer höheren Mortalität, einem schlechteren Stallklima und einer höheren Umweltbelastung kommt, stimmen in dieser Pauschalität nicht. Teilweise festgestellte durchschnittlich höhere Belastungen lassen nicht den Schluss zu, dass die Probleme generell bestehen. Es muss berücksichtigt werden, dass viele Betriebe erst mit alternativen Haltungssystemen beginnen und daher ihre Erfahrungen erst sammeln müssen. Da in der Ausbildung der Landwirte kaum Kenntnisse über Alternativhaltungen vermittelt werden, fehlt das entsprechende Know-how.

Im letzten Satz heißt es:

Insgesamt ist daher die tiergerechte Haltung von Legehennen in den alternativen Haltungssystemen ohne gravierende Probleme in anderen Bereichen möglich. Flankierende Maßnahmen wie eine entsprechende Ausbildung der Landwirte sind jedoch unerlässlich.

Ich denke, dass auch Forschungsbedarf bei den alternativen Haltungssystemen besteht. Es gibt einen einzigen Grund, weshalb die Übergangsfrist verlängert worden ist. Das ist das vermeintliche Wohl der Landwirte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Sie glauben gar nicht, wie kompliziert die Einigung ist, die gefunden worden ist. Ich werde mich bemühen, es so vorzutragen, dass der Beschluss wirksam wird.

Ich lasse zunächst über den Antrag auf Drucksache 14/6792, Tagesordnungspunkt 13, abstimmen. Während der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags vorschlägt, empfiehlt der mitberatende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik Zustimmung mit der Maßgabe, dass ein neuer Absatz 2 eingefügt wird. Ich verweise insofern auf die Drucksache 14/7431. Die CSU-Fraktion hat beantragt, den Antrag in der Fassung des mitberatenden Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik zur Abstimmung zu stellen, allerdings mit der Maßgabe, dass im neu eingefügten Absatz 2 nach dem Wort „EU-Ebene“ das Wort „und“ eingefügt wird und die Worte „auf gleiche Vorschriften hinwirkt“ durch die Worte „für eine Angleichung der Vorschriften sorgt“ ersetzt werden. Ich sehe, dass damit Einverständnis besteht. Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstimmen.

Wer dem Antrag mit der vorgeschlagenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CSU. Gibt es Gegenstimmen? – Drei Gegenstimmen aus den Reihen der CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag in der geänderten Fassung angenommen.

Nun lasse ich über die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 14/6799 und 14/6794 abstimmen. Das ist der Tagesordnungspunkt 14. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat für beide Dringlichkeitsanträge eine gemeinsame Neufassung vorgeschlagen. Insoweit verweise ich auf die Drucksache 14/7433. Die CSU-Fraktion hat beantragt, die Neufassung des federführenden Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Maßgabe zur Abstimmung zu stellen, dass die Worte „auf gleiche Vorschriften hinwirkt“ durch die Worte „für eine Angleichung der Vorschriften sorgt“ ersetzt werden. Damit

besteht sicherlich wieder Einverständnis. Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstimmen.

Wer der Neufassung mit der vorgeschlagenen Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CSU. Ich bitte die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind wiederum drei Stimmen aus der Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen bitte ich anzuzeigen. – Eine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag so beschlossen.

Herr Kollege Hofmann möchte eine persönliche Erklärung zu seinem Abstimmungsverhalten abgeben. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Anträgen nicht zustimmen können, weil ich die Ankündigung der Staatsregierung, die Hennenhaltungsverordnung der Bundesregierung zu unterstützen, nicht begrüßen kann.

(Odenbach (SPD): Das geht doch nicht! – Gartzke (SPD): Majestätsbeleidigung!)

Moment einmal, Sie sagen doch gelegentlich, wir sollten den Mut aufbringen, gegen die Staatsregierung zu sein. Jetzt mache ich es endlich, und dann ist es auch nicht in Ordnung.

(Heiterkeit – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Aber an der richtigen Stelle! – Christ (CSU): Die kapieren das nicht!)

Ich befürchte erhebliche Wettbewerbsnachteile für die deutsche und die bayerische Landwirtschaft.

(Gartzke (SPD): Und für die Hühner!)

Herr Kollege Brunner hat mit seiner Vermutung bzw. Hoffnung Recht, dass sich diese Verordnung günstig auf Hennen und Hennenhalter auswirken wird. Ich vermute, dass er deshalb Recht hat, weil sich diese Verordnung auf die Hennenhalter im Ausland positiv auswirken wird. Gegenüber den herkömmlichen Käfigen haben die ausgestalteten Käfige erhebliche Vorteile im tiermedizinischen und hygienischen Bereich. Dies gilt auch für die Bodenhaltung.

Es wird sich nicht nur der Aufwand an Medizinalgütern, sondern auch an Desinfektionsmitteln erhöhen. Meine Damen und Herren, Sie werden im Zusammenhang mit

Stresssituationen bei Massenbodenhaltungen feststellen, welche Probleme sich bei Lärmeinwirkungen und anderem mehr ergeben. Dies wird auch für den Verbraucher kein Vorteil sein; denn möglicherweise werden sich weder die Europäische Union noch Tschechien und alle anderen EU-beitrittswilligen Länder an dem orientieren, was wir als Bayern wollen. Wir werden sehr schnell feststellen, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Selbstversorgungsgrad an Eiern, der zur Zeit bei 71% liegt, sehr bald auf unter 45% sinken wird; denn die Bundesregierung hat selbst erklärt, dass die Produktionskosten um 20 bis 25% steigen werden. Diese Entwicklung wird sich im unteren Bereich auswirken. Aus diesem Grunde lehne ich natürlich die Anträge der GRÜNEN, aber auch der CSU-Fraktion ab; letzteres fällt mir sehr schwer.

(Beifall bei der CSU – Brosch (CSU): Ich stehe voll hinter dem, was Hofmann gesagt hat!)

Ich lasse jetzt alle Mutmaßungen über die Geschäftsordnung liegen und diesen Redebeitrag als persönliche Erklärung zur Abstimmung durchgehen. Der Tagesordnungspunkt ist jetzt abgeschlossen.

Ich komme auf die Tagesordnungspunkte 4 und 5 zurück und gebe die Ergebnisse der namentlichen Abstimmung bekannt. Beim Gesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 14/6034, Tagesordnungspunkt 4, haben 63 Kolleginnen und Kollegen mit Ja, 85 Kolleginnen und Kollegen mit Nein gestimmt. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Beim Gesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/6180, Tagesordnungspunkt 5, haben 62 Kolleginnen und Kollegen mit Ja und 84 Kolleginnen und Kollegen mit Nein gestimmt. Der Gesetzentwurf ist damit ebenfalls abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 6)

Die Tagesordnungspunkte 4 und 5 sind damit erledigt. Erledigt sind im Übrigen auch die Tagesordnungspunkte des heutigen Tages. Ich beende die Sitzung und wünsche einen angenehmen Abend.

(Schluss: 18.42 Uhr)