(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist wie eine Rede von Glück!)
Angela Merkel, die Schwester im Geiste, die ebenso wie Ministerpräsident Dr. Stoiber keine Probleme damit hat, der Bundeswehr verfassungswidrige Aufgaben zu übertragen, möchte aber in dem Zusammenhang das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet wissen.
Meine Herren und Damen, 50 Milliarden DM verschwinden jährlich alleine in Deutschland in dunklen Kanälen. Laut internationalem Währungsfonds werden jährlich 500 Milliarden Euro weltweit gewaschen. 2% des gesamten Bruttoinlandprodukts aller Länder stammen demzufolge aus kriminellen Geschäften. Da weigern Sie sich, grenzüberschreitende Kapitalflüsse transparent zu machen. – Das kann ich eigentlich nicht glauben, und Ihre Erklärungen hier zur Geldwäsche fand ich wachsweich.
Es ist natürlich richtig, dass bereits jetzt bei laufenden Ermittlungsverfahren die Banken Auskünfte an die Staatsanwaltschaft geben können. Zum Beispiel gilt bei Darlehensvergaben nur der eingeschränkte Datenschutz. Es geht hier aber nicht um banale Schufa-Verfahren, sondern um die Bekämpfung des Terrorismus im Vorfeld. Täter, Unterstützer und Mitläufer müssen finanziell im Vorfeld ausgetrocknet werden, während sich viele der Bestimmungen auf die Strafverfolgung beziehen. Wir sind der Meinung, dass das bereits bestehende Verbot der Geldwäsche auf das Internet, auf E-Commerce und Telebanking ausgedehnt werden sollte.
Die Einrichtung eines Geldwäsche-Verdacht-Pools und ein Kompetenzzentrum bei einer Zentralstelle für Finanzermittlungen wären hilfreich. Wir sind aber der Auffassung, dass diese Maßnahmen mit den Datenschutzbeauftragten abgesprochen gehören.
Es ist auch sinnvoll, verstärkt Gewinne aus Straftaten abzuschöpfen. Meine Herren und Damen, wir würden es aber auch begrüßen, wenn Sie sich in der aktuellen Debatte nicht nur den Menschen- und Bürgerrechten von Kapitalseignern widmen würden, sondern auch die Freiheit von weniger Begüterten berücksichtigen wollten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glück (CSU): Das ist eine Frechheit! – Hofmann (CSU): Das ist eine abstoßende Frechheit! – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist euer Handeln!)
In dem Zusammenhang wird leider vergessen, dass es weiterhin eine Reihe konventioneller Methoden der Prävention und der Verbrechensbekämpfung gibt. Diese zu stärken muss unser Ziel sein, nicht aber ohne Grund neue Instrumente zu fordern. Der Ruf nach dem Einsatz der Bundeswehr ist hier nur das Tüpfelchen auf dem i in einer Reihe von – ich möchte fast sagen – hysterischen Vorschlägen. Für uns gibt es keinen Grund, die Bundeswehr im Inneren heranzuziehen.
Sie hat genügend andere Aufgaben. Ich darf an den Auftrag erinnern, den sie in Mazedonien zu erfüllen hat. Sie ist auch für viele Aufgaben – das wurde von den Vorrednern gesagt – nicht unbedingt geeignet.
Wir haben eine Polizei, die zwar modernisiert werden muss, der aber Aufgaben nicht entzogen werden dürfen. Dafür gibt es keinen Grund, wie die Gewerkschaft der Polizei bereits richtig festgestellt hat. Wir sind der Auffassung, dass auf keinen Fall im Rahmen der Terrorbekämpfung auf kriminalistische Kleinarbeit und fleißige Ermittlungstätigkeit geringschätzig geschaut werden darf.
Zudem ist die Verfassungsänderung, die für den Einsatz der Bundeswehr nötig wäre, abzulehnen. Sie käme einer Kapitulation der Zivilgesellschaft vor dem Terrorismus gleich. Es ist bedauerlich, dass wir Sie daran erinnern müssen, dass es nach dem Nazi-Terror sehr gute Gründe gab, die Aufgaben von Bundeswehr und Polizei zu trennen.
Neben den vielfältigen Maßnahmen der Innenpolitik muss auch die Außenpolitik handeln. Ich bin froh, dass eine rot-grüne Regierung die Maßstäbe setzt und nicht bayerische Scharfmacher.
Was ich in dem Zusammenhang von Herrn Dr. Beckstein bei „Vorsicht Friedmann“ – vielleicht habe ich ihn falsch verstanden – hören konnte, hat mich dann doch etwas irritiert; denn Sie zählten dort, Herr Beckstein, eine Reihe von extremistischen Staaten auf, wo Sie sich ebenfalls einen Militäreinsatz vorstellen können. Müssen wir jetzt dort einmarschieren? Oder welche Vorschläge machen Sie eigentlich in dem Zusammenhang?
Ihre diversen Aussagen als Talkshow-Reisender, Herr Kollege, erzeugen bei mir jedenfalls ganz und gar kein Gefühl der Sicherheit.
Im Gegenteil, Sie machen mir ganz deutlich klar, in welche Abenteuer uns eine CSU-Regierung stürzen würde.
Wir vertrauen unserem Außenminister Joschka Fischer und unterstützen die vielfältigen Bemühungen, die ins Stocken geratenen Friedensverhandlungen etwa im Nahen Osten wieder in Gang zu bringen. 50 Jahre Politik der Versöhnung nach den erschütternden Ereignissen und Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges scheinen doch Früchte zu tragen, wenn Deutschland als Vermittlerin in solchen Prozessen gefragt ist. In dieser Rolle, meine Herren und Damen, sind wir gefordert und nicht in der Rolle der Rabauken.
Eine aktive zivile Friedenspolitik – heißt Außenpolitik – bedeutet, für Frieden und Völkerverständigung einzutreten. Das bedeutet auch, mit anderen Völkern Perspektiven zu entwickeln, um der Perspektivlosigkeit, die viele Menschen in den ärmeren Ländern empfinden und die der Herd für die Aggression und den Hass ist, entgegenzuwirken. Das heißt für uns, den Ländern ihre Schulden zu erlassen, statt deren Bankrott zu betreiben. Das heißt, aktiv Entwicklungshilfe zu betreiben, was durchaus an Bedingungen geknüpft sein soll, etwa an die demokratische Entwicklung in dem jeweiligen Land. Das heißt für uns auch – darüber sollten Sie nachdenken –, Waffenlieferungen und die Bedingungen für diese Waffenlieferungen zu überdenken.
Die Umsetzung der vier genannten Punkte braucht einen langen Atem. Zudem ist uns bewusst, dass wir aktuell einen Teil der Täter damit überhaupt nicht beeindrucken können. So blauäugig sind wir nicht. Das wissen wir. Diese Täter – das zeigen die Profile, soweit sie bekannt sind –, waren weder arm noch ungebildet, sondern stammen aus der Elite ihres Landes. Gerade diese Elite war es leider häufig, die zu den Unterdrückern in diesen Ländern gehört. Über die Motive dieser Täter kann ich deshalb nur spekulieren.
Wir entziehen diesen Tätern, an die wir vielleicht nicht herankommen, mit einer aktiven Außenpolitik langfristig die Gefolgschaft; so wie die RAF letztendlich daran scheiterte, dass sie keine Wurzeln in der bundesrepublikanischen Gesellschaft schlagen konnte. Ebenso wie die RAF soll Usama bin Ladin nicht geltend machen können, dass er für die Opfer einer verfehlten Weltwirtschaftspolitik spreche.
Meine Herren und Damen, die alten Instrumente der Innen-, Sicherheits- und Außenpolitik taugen nicht viel. Die alten Fahndungsmethoden funktionieren nur begrenzt. Wir wollen, dass eine Sonderermittlungsgruppe moderne Maßnahmen entwickelt. Die Welt ist nicht so einfach gestrickt, wie Sie, wie ein Herr Schill, ein Herr Berlusconi und ein Herr Haider uns weismachen wollen. Ich lasse Leute wie Frey von der DVU und Horst Mahler bewusst weg; denn den Rechtsextremen gehört in diesem Zusammenhang ein ganz eigenes Kapitel gewidmet. Deren Äußerungen, in der sie offen Freude über die Attentate kundtaten, sind schlicht und einfach widerwärtig.
Ich hoffe, dass Herr Dr. Beckstein gegen deren Internetseiten, auf denen diese Botschaften zu finden sind, vorgeht.
Ihre vorgeschlagenen Lösungen zur Terrorismusbekämpfung, von denen viele ihre Wurzeln in den RAF-Zeiten haben, werden überschätzt und sind weltweit operierenden Täterkreisen mit ihren vielfältigen Möglichkeiten nicht mehr gewachsen. Wir müssen neue Maßnahmen entwickeln. Deshalb erscheint uns die eben genannte Einrichtung einer Sonderermittlungsgruppe auf europäischer Ebene, die sich ausschließlich mit diesen neuen und modernen Erscheinungsformen des Terrorismus auseinandersetzt, sehr notwendig. Diese muss die notwendigen Täterprofile, die wir noch lange nicht haben, erarbeiten, die Vorgehensweise der Netzwerke erkunden und sich Gedanken darüber machen, mit welchen Maßnahmen wir in der Staatengemeinschaft tätig werden können. Der bayerische Verfassungsschutz ist dem von seinem Format und seinem Aufgabenzuschnitt her nicht gewachsen.
Die Zeiten des guten Sheriffs, dem der Revolver genügt, um eben einmal das Böse zu bekämpfen, sind lange vor
bei. Darin sind wir uns sicher einig. Auch eine schussbereite Videokamera wird nicht helfen; denn wir kennen den Feind außer der Figur von Usama bin Ladin, auf die sich alles zuspitzt, noch nicht genau.
Vieles deutet nach den letzten Erkenntnissen darauf hin, dass es zwischen bin Ladin und den Attentätern direkte Verbindungen gab. Wir wissen aber nicht, ob sich eine Reihe von terroristischen Zellen den Zielen bin Ladins zwar verbunden fühlt, aber ganz eigenständig arbeitet, selbst aktiv ist und eigenständig Ziele verfolgt und Taten vorbereitet. Bis heute kennen wir die Arbeitsweise dieser Gruppen nicht.
Es muss ein Hauptziel sein, mit bereits vorhandenem Datenmaterial und neuen Erkenntnissen Täterprofile zu erstellen und Netzwerke aufzudecken. Nur wenn ich weiß, wonach ich eigentlich suche, kann ich auch zielgerichtet vorgehen. Nur wenn ich weiß, wie die Täter operieren, kann ich auch tatsächlich einen Schritt schneller als sie sein. Der Terrorismus-Experte Rolf Tophoven bezweifelt, ob beispielsweise die Rasterfahndung hierfür das Wundermittel sein wird. Er warnt ebenso wie das BKA vor übertriebenen Erwartungen. Das halte ich für legitim. Man darf sich sehr wohl noch darüber Gedanken machen, ob dieses Mittel ausreichend ist.
Viel wird von den verwendeten und eingegebenen Kriterien abhängen, die aber zwangsläufig lückenhaft sein müssen. Das ist wie bei der Suche nach bestimmten Autos: Man sucht ein Auto auf einem Parkplatz mit Hunderten von Autos, kennt aber nur zwei Merkmale, beispielsweise die Farbe und die Anzahl der Sitzplätze. Damit soll eine spezielle Automarke ausfindig gemacht werden. Das wird schwierig. Vielleicht weiß man auch noch, dass eine Reisetasche im Kofferraum liegt, aber dummerweise ist der Kofferraum zu. Ähnlich verhält es sich auch mit der Terrorismus– und Terroristenbestimmung. Außerdem ist nicht ausreichend geklärt, was mit dem Material, das für die Rasterfahndung verwendet wird, geschieht. Nach einer solch aufwendigen Suche wird man die Daten kaum löschen. Das kann ich mir bei einem Innenminister Beckstein nicht vorstellen, denn eventuell ergeben sich neue Erkenntnisse, die man wiederum braucht und mit den alten Daten zusammenführen muss, um eine neue Rasterfahndung durchzuführen.
Ich gehe davon aus, dass eine ganze Reihe von unbescholtenen Bürgern in dem Raster hängen bleiben wird. Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht aus dem Fahndungscomputer verschwinden, so wie man es uns glauben machen will oder versucht, es verharmlosend darzustellen, sondern die Daten werden mit dem Vermerk gespeichert werden: „Er war Gegenstand einer Rasterfahndung“. So kennen wir das auch aus anderen Überwachungsmethoden. Wir werden sehen, ob die Maßnahmen tatsächlich die Erfolge bringen und ob der Preis, den wir gezahlt haben, zu hoch ist.
Meine Herren und Damen, eine zielgerichtete Innen– und Sicherheitspolitik beinhaltet auch eine aktive Integrations– und Zuwanderungspolitik.
Wenn wir GRÜNE in Bayern von Maßnahmen der Innen– und Sicherheitspolitik sprechen, dann gehen wir nicht nur von Maßnahmen aus, die überwiegend im polizeilichen und Verfassungsschutzbereich angesiedelt sind, sondern halten eine ganze Reihe von Maßnahmen für notwendig, die das friedliche Zusammenleben der Kulturen mit ihren verschiedenen Glaubensrichtungen innerhalb Deutschlands und innerhalb Bayerns befördern. Aus diesem Grunde legen wir noch in diesem Herbst in einem eigenen bayerischen Integrationsgesetz unsere Vorstellungen zu einem friedlichen Zusammenleben der hier in Deutschland lebenden nichtdeutschen Bürgerinnen und Bürger vor. Wir warten nicht auf einen – ich weiß nicht den wievielten – Zwischenbericht.
Unsere Vorstellungen von einem Integrationsgesetz reichen von Angeboten zu Sprach– und Orientierungskursen über Landeserziehungsgeld bis zur Möglichkeit, die Toten nach den Vorgaben der jeweiligen Religion bestatten zu lassen.
Das Papier der CSU-Landesgruppe in Berlin scheint uns vordergründig unterstützen zu wollen Ich war verblüfft, den Satz zu lesen: „Integrationsbemühungen bei den friedlich und rechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländern müssen verstärkt werden.“ Ein weiterer Satz lautet: „Zusätzlich müssen die Anstrengungen erhöht werden, die Entstehung von Parallelgesellschaften zu verhindern.“
Ich war aber hinterher enttäuscht, dass ich in dem angehängten Forderungskatalog nicht eine innenpolitische Maßnahme gefunden habe, die gezeigt hätte, wie man ein solches Projekt befördern kann. Sie, meine Herren und Damen, werden schon im Nachtragshaushalt beweisen müssen, ob es Ihnen mit diesen Worten – Sie fordern doch immer Taten statt Worte – ernst ist und Sie ihnen im Nachtragshaushalt Taten folgen lassen.