Viele Dinge bringen uns einander näher, insbesondere unser gemeinsamer Wille zum Erfolg und zu internationaler Auszeichnung. Doch wir können noch mehr. Wir können uns noch steigern. Unser Austausch sollte beschleunigt werden. Wir sollten eine Brücke der Kompetenz zwischen Bayern und Quebec schlagen. Wir sollten einen höheren Grad an Kooperation zwischen unseren Gesellschaften erreichen.
Wie Bayern ist Quebec bereit, die großen Herausforderungen der wirtschaftlichen Integrationsprozesse anzunehmen. Doch vergessen wir darüber nicht, dass weder in Bayern noch in Quebec der gesellschaftliche Fortschritt das hohe Ziel unserer Zusammenarbeit sein muss. Wir glauben im Sinne Ludwig Erhards, des großen Bayern, dass es der Wohlstand, den wir von der Globalisierung erwarten, uns erlauben muss, weltweit ein demokratischeres und gerechteres Umfeld zu schaffen, welches sozialen Fortschritt in voller Achtung kultureller und nationaler Identitäten ermöglicht. Ich bin davon überzeugt, dass Bayern und Quebec und ihre Bevölkerungen in dieser Frage einer Meinung sind.
Ich bin davon überzeugt, dass die Freundschaft zwischen Quebec und Bayern eine der Grundlagen für unser Handeln auf internationaler Ebene sein wird. Sie wird für beide Seiten für weitere erfolgreiche Projekte und Partnerschaften von hohem Nutzen sein. Technologischer Fortschritt ist unaufhaltsam, und die Globalisierung wird uns dahin bringen, dass wir unsere Unternehmen in zunehmendem Maße gemeinsam führen, um gemeinsam innovative Lösungsstrategien zu entwickeln, die es uns erlauben werden, mit vereinter Kraft die vielfältigen Herausforderungen anzunehmen.
Ich möchte dieses Rednerpult nicht verlassen, ohne Ihnen erneut und von tiefstem Herzen für den warmen Empfang zu danken. Ebenso möchte ich Ihnen seitens der Mitbürgerinnen und Mitbürger Quebecs einen respektvollen wie persönlichen Gruß übermitteln.
Danke schön und auf Wiedersehen in Quebec! Sie sind in Quebec jederzeit willkommen. Es ist bei uns draußen nicht immer so warm, aber die Wärme ist in unseren Herzen, und mit dieser Wärme werden wir Sie in Quebec empfangen.
Herr Premierminister! Es war für uns bereichernd, Ihnen zuzuhören. Ich danke Ihnen für Ihren Vortrag im Namen des ganzen Hauses. Sie haben uns verschiedene Aspekte der Zusammenarbeit zwischen Quebec und Bayern eindrucksvoll vor Augen geführt. Zurückblickend auf die Vergangenheit haben sie diese beleuchtet und auf das historisch gewachsene Demokratieverständnis unserer beiden Staaten hingewiesen. Sie sind auf die Gegenwart eingegangen und haben eine Vielzahl von Projekten genannt, die wir bereits gemeinsam realisieren bzw. auf den Weg bringen konnten. Diese Erfolge erfüllen uns mit Zufriedenheit. Zu Recht aber haben Sie, Herr Premierminister, den Schwerpunkt Ihrer Ausführungen auf die Herausforderungen der Zukunft gesetzt.
Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte, für den Tapferen ist sie die Chance.
Lassen Sie uns in diesem Sinne tapfer sein. Wir wollen uns den Herausforderungen der Globalisierung stellen und unsere zusammenwachsende Welt aktiv mitgestalten. Dazu brauchen wir ein architektonisches Grundkonzept, das gleichzeitig die Individualität und die Unverwechselbarkeit der einzelnen Gebäude im globalen Dorf zu halten bestrebt ist. Wir dürfen die Werte nicht außer Acht lassen. Es soll nicht so werden, dass die Menschen dann eines Tages von allem den Preis wissen, aber nicht mehr den Wert der Dinge kennen.
Herr Premierminister, Sie haben aufgezeigt, dass darin kein Widerspruch liegt. Sie haben uns spüren lassen, wie nah sich unsere Staaten trotz der geografischen Distanz von mehr als 8000 Kilometern bereits gekommen sind und in Zukunft noch kommen werden. Wenn die Wellenlänge stimmt, dann kommen Menschen zur Verständigung und zu gemeinsamen Aktionen – auch wenn große räumliche Distanz sie trennt.
Ihnen und Ihrer Delegation wünsche ich einen erfreulichen und informativen Aufenthalt in München. Ich möchte Sie bitten, unsere besten Wünsche und Grüße mit nach Québec zu nehmen. Vielen Dank, merci beaucoup.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir können die Beratungen wieder aufnehmen. Ich rufe auf:
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Elisabeth Köhler und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich denke, dass die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt gerade rechtzeitig kommt. Ich möchte feststellen, dass das bayerische Parlament bewiesen hat, dass es über den Tellerrand hinausschaut und sich mit internationalen Fragen beschäftigt.
Die Diskussion um die offizielle Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern und Assyrern in den Jahren 1914 bis 1918 durch das türkische Militär wird auch hier bei uns so lange nicht verstummen, bis sich die Parlamente hierzulande ähnlich eindeutig zu diesem Unrecht äußern. Viele andere europäische und außereuropäische Länder – wie zum Beispiel Kanada – oder Institutionen haben das bereits getan.
In Deutschland leben circa 80000 christliche Assyrer, 2500 allein in der Diözese Augsburg, und circa 30000 Armenier. Alle diese Menschen sind größtenteils als Flüchtlinge in den letzten Jahrzehnten nach Deutschland gekommen.
Während meiner Arbeit habe ich mich in zahlreichen Petitionen mit Einzelschicksalen befasst. Bei meinen Reisen in den Nordirak führte ich viele Gespräche mit assyrischen Christen und konnte Einblick in diese Problematik gewinnen. Diese Menschen, die hier in Deutschland leben und von ihrer Herkunft Assyrer oder Armenier sind, sind die Nachkommen der Überlebenden des Völkermords, von dem unstrittig feststeht, dass es der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts war. Viele von ihnen haben einen deutschen Pass. Nach Schätzungen der Deutschen Botschaft in Konstantinopel aus dem Jahr 1916 waren von 2,5 Millionen Armeniern des osmanischen Reiches 1,5 Millionen Menschen umgekommen.
Hier von einem Historikerstreit zu reden, wie es Kollege Klinger bei der Debatte im Rechts- und Verfassungsausschuss getan hat, macht deutlich, dass die CSU entweder nicht auf der Höhe der Zeit ist, oder sich zum Handlanger der türkischen Regierung macht.
Kein seriöser Wissenschaftler stellt heute die Faktizität des Genozids an den Assyrern und Armeniern ernsthaft infrage.
Professor Benz aus Berlin vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, führte anlässlich des diesjährigen Gedenktages, der immer am 24. April stattfindet, Folgendes aus: „Die Historiker haben ihre Arbeit getan; nun sind die Politiker dran“. Ich zitiere dazu auch aus einem Brief des Vereins der Völkermordgegner Frankfurt e. V. vom 3. Juli 2001 an Sie, Herr Klinger, der mir auch zur Verfügung gestellt wurde. Darin heißt es:
Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass bereit der Vater der UN-Genozidkonvention, der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin den Völkermord an den Armeniern und europäischen Juden als maßgebliche Modelle für die international rechtsverbindliche Definition des Völkermordes zugrunde gelegt hat; um die Wiederholung eines Verbrechens, wie es im Ersten Weltkrieg an den Armeniern verübt wurde, zu verhindern, war Lemkin als Justiziar des Völkerbundes seit Ende der 1920er Jahre bemüht, ein entsprechendes internationales Vertragswerk zu initiieren. Es gelang ihm erst nach dem Zweiten Weltkrieg, nach einem neuerlichen Genozid.
So schreibt Frau Professor Thesa Hofmann. Weiter heißt es in dem Brief – und auch das belegt, dass es längst kein Historikerstreit mehr ist –, ich zitiere:
Die Vereinten Nationen haben 1985 in ihrem Bericht zur Verhütung und Bekämpfung des Genozids die Massaker an den Armeniern 1915 bis 1916 als eines der Beispiele von Völkermord im 20. Jahrhundert bewertet. Zahlreiche internationale und nationale Körperschaften sind, oft nach jahrelanger sorgfältigster Prüfung, zum selben Ergebnis gelangt.
Wenn ich mir dann die Liste der Staaten und Institutionen ansehe, die diesen Völkermord bisher offiziell verurteilen, dann kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies in Unkenntnis der historischen Tatsachen geschah. Ich nenne Ihnen ein paar Staaten oder Einrichtungen, die diesen Völkermord bisher verurteilt haben: Es sind dies die UN-Völkerrechtskommission, der Europarat, der Weltkirchenrat, die Parlamente von Schweden, Griechenland, Italien, Belgien, Kanada, Argentinien, der Russischen Föderation, von Uruguay und zuletzt von Frankreich.
Es wird mir immer entgegengehalten, dass wir als Landtag ein Regionalparlament seien. Es gibt jedoch eine Reihe von US-Bundesstaaten, die bisher diesen Genozid verurteilt haben. Nach der Debatte im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen beschleicht mich der Eindruck, dass die bayerische CSU Seite an Seite mit der Türkei wohl einer der letzten sein werden, die sich zu diesem Völkermord bekennen.
Ich möchte aber an dieser Stelle die Bundesebene nicht ausnehmen. Der Genozid war in der deutschen Außenpolitik ein Jahrzehnte altes Tabu, das es jetzt zu brechen gilt.
Zum aktuellen Anlass und zur Frage, warum ich diese Debatte initiiere: Am 5. April 2001 hat sich der Deutsche Bundestag mit einer Petition befasst, die mittlerweile in der Bundesrepublik von 16000 Menschen – darunter auch viele Personen aus Bayern und türkischer Herkunft – unterzeichnet wurde, und es werden noch mehr. Zu den Unterstützern zählen namhafte Wissenschaftler auf dem Gebiet der Genozidforschung, die meisten davon aus den USA und aus Israel.
Diese Petition wurde an das Auswärtige Amt als Material überwiesen. Herr Herrmann, ich bedauere, dass sich im Bundestag die rot-grüne Mehrheit im Moment nicht zu einer eindeutigen Position hat durchringen können. Dies geschah sicherlich mit Rücksicht auf die Türkei. Diese Rücksicht darf es jedoch in Fragen, in denen es um Völkermord geht, nicht geben. Ich hoffe, dass die Überweisung der Petition und die anschließende Diskussion noch Einiges bringen wird.
Die Türkei hat sich bis heute der Aufarbeitung dieses Holocausts verweigert. Sie verfolgt innerhalb der Türkei jede Person strafrechtlich, die sich öffentlich zu diesem Völkermord bekennt und ihn öffentlich nennt und verurteilt. So wurde einem assyrischen Priester, Herrn Pfarrer Akbulut, im Frühjahr diesen Jahres in Diyarbakir der Prozess gemacht, weil er in einem Interview mit einer türkischen Tageszeitung diesen Völkermord beim Namen nannte. Dieser Prozess fand unter großer internationaler Anteilnahme statt. Im Ausland, aber auch in Augsburg gab es Solidaritätsveranstaltungen, bei der ich zusammen mit einer CDU-Kollegin anwesend war. Das internationale Interesse hat seine Wirkung nicht verfehlt; denn Pfarrer Akbulut wurde auch deshalb freigesprochen, weil es seine Verteidigung verstand, seine Äußerungen als private Meinungsäußerung kenntlich zu machen. Meine Damen und Herren, wir sollten uns keinerlei Denk- und Äußerungsverbote auferlegen.
Der Türkei ist der Kandidatenstatus für einen möglichen EU-Beitritt verliehen worden. Ich halte dies für richtig. Allerdings sind an einen möglichen Beitritt Kriterien geknüpft worden, die die Türkei erfüllen muss. Nach meiner Ansicht ist Europa eine Wertegemeinschaft und nicht nur ein Zusammenschluss aus ökonomischen Interessen. Wer es aber mit dieser Wertegemeinschaft ernst meint, muss seine Beitrittskandidaten auch mit den Regeln dieser Wertegemeinschaft vertraut machen. Dies heißt, die Türkei muss die demokratischen und rechtstaatlichen Standards schaffen, die Minderheitenrechte gewährleisten und sich zu ihrer historischen Verantwortung bekennen. Es darf weder ein Hereinmogeln noch eine Extrawurst für die Türkei geben.
Deshalb müssen wir die Türkei auffordern, sich mit ihrer Vergangenheit und der daraus resultierenden Verant
wortung auseinander zu setzen. Geschichte lässt sich nicht verleugnen – Geschichte muss aufgearbeitet werden. Den Vertretern des türkischen Konsulats, die im Vorfeld der Debatte hier im Landtag beim Präsidenten und bei den Fraktionen auf der Matte standen und uns mit Material von nicht mehr zu überbietender Einseitigkeit bombardierten, möchte ich sagen, dass ihnen die Leugnung dieser Tatsachen nichts nützen wird. Die Zeit arbeitet für die Wahrheit.
Gerade wir Deutsche wissen, dass es gar nicht anders geht, als sich gerade auch deshalb mit der eigenen Geschichte auseinander zu setzen, weil Millionen von Menschen aus rassistischen Motiven ermordet worden sind. Meine Damen und Herren, wir wissen auch, dass wir Deutsche uns nicht allein aus eigener Kraft dieser Aufgabe der Aufarbeitung gestellt hätten. Internationaler Druck und Einmischung hat sich auf die Auseinandersetzung und die Debatte hierzulande positiv ausgewirkt.
Es stünde also dem Bayerischen Landtag gut an, als erstes Länderparlament in Deutschland in dieser Frage ein eindeutiges Zeichen zu setzen. Den Verweis darauf, dass der Bayerische Landtag nicht der Ort sei, um so etwas zu bewerten, lasse ich nicht gelten; denn Menschenrechtsfragen sind universelle Fragen und Fragen nach allgemein gültigen Werten. Wenn es um das an den Sudetendeutschen begangene Unrecht geht, wird in diesem Hause immer eine klare Sprache gesprochen und scheut man sich nicht, in dieser Frage, auch wenn es Vorgänge von vor langer Zeit betrifft, Position zu beziehen.
Ich sage Ihnen noch einmal: 80000 assyrische Christen und 30000 Armenier, die hier in Deutschland und Bayern leben, sind die Nachkommen der Opfer des Holocaust. Diese Menschen treibt dieses begangene Unrecht um. 16000 Menschen haben die Petition an den Deutschen Bundestag unterzeichnet. Das Anliegen der Petenten um Vergangenheitsbewältigung verdient die volle Unterstützung deutscher Politiker auf Landes- und Bundesebene. Setzen Sie also ein Zeichen und stimmen Sie unserem Antrag zu.