Nein, ich komme sonst in Terminzwang. Weil die politische Ebene in Berlin nicht funktioniert, nehmen Sie jetzt die Stromabnehmer mit Ihren Anträgen in die Pflicht und sagen: Wenn ihr keinen Strom von E.ON abnehmt, dann brauchen wir Temelin nicht.
Welch eine Kleinkariertheit. Hier liegen Analogien zu den Themen vor, die wir letzte Woche besprochen haben, den Donauausbau und die Verpackungsverordnung. Auf allen Gebieten, auf denen Sie in Berlin nicht weiterkommen, appellieren Sie an die Staatsregierung.
Wichtig ist doch vielmehr, dass wir unserer Verantwortung hier in Bayern, verehrte Frau Biedefeld, verehrte Frau Kellner, nämlich die Bevölkerung vor vermeintlichen Auswirkungen des Baues des Kernkraftwerkes Temelin zu schützen, nachgekommen sind.
Ich komme gleich darauf zu sprechen. Ich erinnere Sie an unsere gemeinsame Erklärung, an unseren gemeinsamen Antrag vom 29. November 2000. Frau Kellner, Sie haben gesagt, die GRÜNEN seien immer gegen Temelin gewesen.
Lesen Sie das bitte einmal nach. Aus Zeitgründen, kann ich jetzt nicht vorlesen, wie unser gemeinsamer Antrag lautet. Wir haben am 31. Januar dieses Jahres zu den Themen Beschlüsse gefasst, was die europaweit geltenden technischen Überwachungs- und Störfallkriterien angeht. Da haben Sie alle mitbestimmt.
Alle diese Anträge haben gemeinsam: Temelin darf nicht ans Netz, wenn unsere Forderungen an die Sicherheitsqualität, wie wir sie an unsere Kernkraftwerke stellen, nicht erfüllt sind.
Ja, Frau Biedefeld, Sie geben offensichtlich diese Forderung auf, indem Sie mit Ihrem Antrag – hören Sie zu – suggerieren, Temelin gehe sowieso ans Netz, egal was wir in Bayern getan haben, Berlin tue ja nichts. Sie akzeptieren, dass Temelin ans Netz geht und sagen dem Endverbraucher, er soll seine Verträge mit E.ON kündigen. Entschuldigen Sie, aber es ist geradezu kleinkarierter Schwachsinn.
Frau Kellner, jetzt hören Sie gut zu. Ergänzend zu den Äußerungen des Landtages habe ich eine Menge von Aktivitäten der Bayerischen Staatsregierung gefunden. Im Herbst 2000 hat sich unser Ministerpräsident direkt an den tschechischen Ministerpräsident Zeman gewandt.
Ich habe nur die letzten Aktivitäten aufgenommen. Der tschechische Ministerpräsident hat am 23. Januar unserem Ministerpräsidenten versichert, ich zitiere:
Falls Experten zu dem Ergebnis kommen sollten, dass dieses Sicherheitsniveau nicht erreicht ist, wird
Unser Umweltminister Dr. Schnappauf hat noch im Sommer und im Herbst letzten Jahres in einer Reihe von Schreiben an Herrn Trittin unmissverständlich klargemacht, dass wir endlich auf seine Antworten auf die Fragen, die wir hier im Bayerischen Landtag gestellt haben, warten. Nach langem Zögern hat er im Februar und im März dieses Jahres erst geantwortet und auf die internationale Expertenkommission hingewiesen.
Mittlerweile habe ich aus den Medien erfahren, dass er die deutschen Experten an dieser internationalen Kommission wieder zurückziehen will, wahrscheinlich weil er ahnt, dass diese Kommission vielleicht feststellt, dass Temelin doch technologisch vertretbar ist. Dann müsste er, Trittin, sich dieser Meinung anschließen.
Frau Biedefeld, ich bin der Meinung, dass wir von Bayern aus diese Politik der leeren Stühle, dort nicht mitreden zu können, wo wir mitreden wollen, nicht akzeptieren können.
Die Sicherheit des Kernkraftwerks Temelin war auch Schwerpunkt des Gesprächs von Dr. Schnappauf im März dieses Jahres mit dem tschechischen Umweltminister. Wir haben darin unsere Sicherheitsbedenken mitgeteilt.
Wir haben es aber nicht dabei belassen, meine verehrten Damen von den GRÜNEN und der SPD. Wir haben uns auch an die Europäische Union gewandt, weil wir wissen, die Tschechische Republik wünscht der Europäischen Union beizutreten. Wir haben mit EU-Kommissar Verheugen gesprochen, mit Frau Palacio, die für die Sicherheit der Kernkraftwerke zuständig ist. Beide teilen uns mit, dass die EU-Kommission mit der Bayerischen Staatsregierung darin übereinstimmt, dass Kernkraftwerke in den Beitrittsländern ein Sicherheitsniveau aufweisen müssen, das dem der Kernkraftwerke in den derzeitigen Mitgliedstaaten entspricht.
Die Schlussfolgerung dieser internationalen Arbeitsgruppe, von der ich vorhin gesprochen habe, wird bis Mitte Juni erwartet. Diese wird die Grundlage für weitere Überlegungen sein.
Die Bayerische Staatsregierung hat sich mit den Kollegen der CSU-Landtagsfraktion an dem UVP-Verfahren, das zur Zeit läuft, beteiligt. Unser Umweltministerium hat den Kommunen entlang der tschechischen Grenze alle Informationen zur Verfügung gestellt, hat sie auf Informationen, die zu beschaffen sind, aufmerksam gemacht, und ihnen Unterstützung zukommen lassen.
Ich frage mich, wo bleibt Trittin? Wo bleibt Berlin bei der Unterstützung unserer Kommunen in diesem Verfahren?
Statt jetzt mit Ihren beiden Anträgen kleine Schritte zu machen und auch noch den Stromverbrauch verantwortlich zu machen – –
Der Umkehrschluss ist der, der Stromverbraucher, der bei E.ON nicht kündigt, ist schuldig am Betrieb von Temelin. Das ist der Umkehrschluss Ihrer Anträge, das kann doch nicht wahr sein.
Sie sollten Ihre Genossen in Berlin endlich einmal von der Ernsthaftigkeit unserer Diskussion im Bayerischen Landtag überzeugen. Offensichtlich werden Sie dort nicht ernstgenommen, sonst würden die dort besser reagieren.
Ihre beiden Anträge erwecken den Eindruck, als ob wir einerseits die Inbetriebnahme eines nicht aufgerüsteten Kernkraftwerkes Temelin verhindern wollten, gleichzeitig aber signalisierten, dass dieser Reaktor doch ans Netz gehe, weil wir es nicht verhindern könnten. Ich habe vorhin selbst mit dem Vorstandsmitglied von E.ON-Energie, Herrn Dr. Reutersberger, gesprochen. Er sagte klar, dass E.ON aus den Lieferverträgen nicht aussteigen werde. E.ON habe gar keine Lieferverträge abgeschlossen und sei auch nicht Teilhaber von CEZ. Die Kollegen aus der Oberpfalz und aus Niederbayern haben ausdrücklich begrüßt, dass dem so ist. Ihr Antrag ist also ein reiner Scheinantrag auf sehr niedrigem Niveau. Sie sollten ihn zurückziehen. Wir bieten Ihnen mit unserem Antrag eine echte Alternative an.
Unser Antrag stellt die Konsequenz unserer bisherigen gemeinsamen Anträge dar. Allerdings sind diese Anträge von Ihren Genossen in Berlin nicht ernst genommen worden, sonst hätten Sie diese Anträge aufgegriffen. Deswegen bringen wir diesen Antrag heute noch einmal.
Wir fordern den Bund auf, dass er seine völkerrechtliche Verantwortung endlich wahrnimmt und im Schulterschluss nicht nur mit Bayern, sondern auch mit der Europäischen Union unserem Nachbarn und Beitrittskandidaten Tschechien klarmacht, dass er handeln muss. Ich bitte Sie deswegen um eine breite Zustimmung zu unserem Antrag. Sie ist als Signal zu verstehen, und dieses Signal wird umso deutlicher ausfallen, wenn wir über unseren Antrag namentlich abstimmen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kaul hat jetzt eine besondere Vorstellung geboten. Er meinte, die Probleme könnten alle in Berlin gelöst werden und wir in Bayern könnten uns zurücklehnen. Herr Kaul, wir haben uns überlegt, was wir in Bayern tun können. Sie wissen genauso gut wie wir, dass internationale Verträge nichts hergeben, um hier einzugreifen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es keine europäischen Standards gibt, deren Einhaltung bei den EU-Beitrittsverhandlungen eingefordert werden könnte.
Das stimmt so. Herr Trittin hat es doch in Passau so gesagt. Wenn man solche Standards nachträglich entwickeln wollte, dauert es eine bestimmte Zeit. Dazu bräuchten wir auch die Übereinstimmung mit den anderen Staaten. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, wie diese Übereinstimmung herzustellen ist.
Ich wollte hier heute keine Vergangenheitsbewältigung betreiben, denn ich habe mir gedacht, wir könnten uns auf einen Nenner einigen und Sie würden unserem Antrag zustimmen. Ich habe gemeint, Sie würden das, was wir vorschlagen, als die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas zu tun, erkennen.
Ich kann es Ihnen nun aber leider nicht ersparen. In einer Pressemitteilung aus dem Jahr 1995 in der „Abendzeitung“ heißt es: „Zwei Atomkraftwerke machen in Bayern Angst.“ Es heißt dann weiter:
Damals befand ein CSU-Kollege, die Bayerische Staatsregierung soll jetzt Druck machen auf Tschechien, notfalls mit Wirtschaftssanktionen. Die BRD sieht dafür keinen Bedarf. Umweltministerin Angela Merkel: Alles nur Panikmache.