Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich gegenüber denjenigen, die bei diesem Tagesordnungspunkt anwesend sind, meinen Respekt und meinen Dank zum Ausdruck bringen. Ich gebe zu, dass die Materie einen politisch tätigen Menschen nicht vor Begeisterung vom Stuhl reißt bzw. an denselben fesselt. Gerade deshalb, weil die Angelegenheit relativ trocken ist, finde ich es schön, dass Sie sich hier eingefunden haben. Man soll die Anwesenden loben und nicht die Abwesenden schelten, denn die hören es sowieso nicht. Gleichwohl ist die Materie bedeutender, als es auf den ersten Blick scheint. Für den Ablauf der Sitzungen der Gemeinderäte, Stadt
Ich darf kurz wiederholen: Es geht um drei Gesichtspunkte. Zum Ersten soll für jedes Mitglied des Gemeinderats ein allgemeines Akteneinsichtsrecht geschaffen werden. Zum Zweiten soll in der Gemeindeordnung die Verpflichtung des Sitzungsleiters bzw. des Ersten Bürgermeisters festgeschrieben werden, den Gemeinderäten und Stadträten mit der Tagesordnung sitzungsvorbereitende Unterlagen zukommen zu lassen. Der Einfachheit halber spreche ich nur von der Gemeindeordnung. Ich glaube, die Landkreisordnung und die Bezirksordnung können wir außen vor lassen. Auch die geringe Abweichung in der Landkreisordnung können wir in diesem Fall unbeachtet lassen. Im Wesentlichen geht es um die beiden genannten Punkte. Zum Dritten haben wir bereits im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit deutlich gemacht, dass es überhaupt nicht einzusehen ist, warum ein Mitglied des Gemeinderats nicht die Möglichkeit haben soll, im Rahmen der Beratung einer bestimmten Materie die zugehörigen Akten einzusehen.
Ich möchte zunächst auf das eingehen, was Herr Heike gesagt hat, der jetzt auf der Schriftführerbank sitzt. Es ist etwas irritierend, wenn man den Gegner plötzlich im Rücken hat, wobei ich Herrn Heike nicht als Gegner im schlimmsten Sinne betrachte. Trotzdem muss man vorsichtig sein; ich denke aber, er wird sein hohes Amt nicht missbrauchen.
Ich möchte auf das, was Herr Heike gesagt hat, insoweit eingehen, als er auf die Stellungnahme des Bayerischen Gemeindetags und des Bayerischen Städtetags abgestellt hat, die beide keine Veränderung wünschen. Viele von Ihnen sind in Gemeinderäten, Stadträten und Kreistagen ehrenamtlich tätig. Ich bitte Sie, sich zu vergegenwärtigen, dass die kommunalen Spitzenverbände in ihrer Tätigkeit in erster Linie durch das geprägt sind, was die Ersten Bürgermeister und die berufsmäßigen Mitglieder einer Gemeinde- oder Stadtregierung wollen. Die ehrenamtlichen Gemeinderäte oder Stadträte sind dort fast nicht vertreten, was natürlich dazu führt, dass die kommunalen Spitzenverbände in erster Linie die Interessen der Ersten Bürgermeister wahrnehmen. Ich kann verstehen, dass die Bürgermeister keine Änderung wollen und deshalb sagen, man soll die Angelegenheit den Gemeinden überlassen.
Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass die Angelegenheit auch bei der gestrigen Debatte über die Ballungsraumzulage ein Thema war. Herr Wörner von der SPD-Fraktion hat gefordert, dass die Gemeinden im Ballungsraum München die Gelegenheit haben sollten, selbst über die Ballungsraumzulage zu entscheiden. Die CSU-Fraktion hat sich aber leider anders entschieden. Sie begeben sich jedoch in einen Widerspruch, wenn Sie
sagen, in der Gemeindeordnung darf keine Änderung in der Weise vorgenommen werden, dass ein Auskunftsrecht bzw. ein Akteneinsichtsrecht für den einzelnen Gemeinderat oder Stadtrat festgeschrieben wird.
Lassen Sie mich kurz auf die Rolle der Mitglieder des Gemeinderats eingehen, die bedeutender ist, als dies vielfach dargestellt wird. Herr Heike hat die Bedeutung etwas heruntergespielt, indem er gesagt hat, die Leute sind nur ehrenamtlich tätig, sodass man keinen allzu strengen Maßstab anlegen kann. Ich darf auf zwei Gesichtspunkte hinweisen: Artikel 31 der Gemeindeordnung spricht ausdrücklich von einer Vereidigung in feierlicher Form. Das bedeutet, jedes Gemeinderats- und Stadtratsmitglied muss sich verpflichten, die Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, die Rechte der Selbstverwaltung zu wahren und ihren Pflichten nachzukommen. Artikel 29 der Gemeindeordnung – das ist noch wichtiger – schreibt ausdrücklich fest, dass die Gemeinde durch den Gemeinderat verwaltet wird. Nur soweit nach Artikel 37 der Gemeindeordnung für laufende Angelegenheiten der Erste Bürgermeister zuständig ist, ist der Gemeinderat ausgeschlossen. Daran wird deutlich, dass der Gemeinderat eine ausgesprochen verantwortungsvolle Tätigkeit ausübt, wobei er wichtige Entscheidungen zu treffen hat. Es ist nicht nachvollziehbar, warum er zum Beispiel im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer Sitzung nicht von Gesetzes wegen die Möglichkeit haben soll, die zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt wesentlichen Akten der Gemeinde einzusehen. Das ist in meinem Augen völlig inkonsequent.
Nachdem ich weiß, wie Sie abstimmen werden, sage ich Ihnen für die Zukunft: Die Sache wird wiederkommen.
Nicht so oft, aber manches lässt sich im Leben nicht vermeiden. Ich hoffe, dass Sie von der CSU bei der nächsten Beratung der Angelegenheit ein Stück weitergekommen sind.
Ich denke, auch das Argument bezüglich einer Blockade der Verwaltung geht fehl. Zum Beispiel gibt es in München bereits ein Akteneinsichtsrecht. Ich habe noch nie gehört, dass das zu einer Blockade geführt hätte. Bezüglich des Missbrauchs der Schweigepflicht würde ich darum bitten, einem Gemeinderat nicht von vornherein zu unterstellen, dass er Informationen weitergibt. So etwas darf schon im Hinblick auf den Amtseid, der zur Verschwiegenheit verpflichtet, nicht sein.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Stadt München in ihrer Geschäftsordnung ausdrücklich festgelegt hat, dass Stadtratsmitglieder berechtigt sind, in der Dienststelle alle Akten einzusehen, die mit einem Beratungsgegenstand des Stadtrats in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Ich denke, das ist eine vernünftige Regelung. Im Übrigen empfiehlt auch der Bayerische Gemeindetag seinen Mitgliedern ein solches Vorgehen. Auch den Bürgermeistern wird auf Seminaren empfohlen, in dieser Weise zu handeln. Sie wollen sich dieser Lösung trotzdem nicht anschließen. Ich denke, es
Ich fasse die drei Forderungen zusammen: Zum Ersten geht es um die Bereitstellung der Beschlussvorlagen. In mehr als 50% der Gemeinden werden die Unterlagen ohnehin versandt. Zum Zweiten wird ein Recht auf Akteneinsicht zur Sitzungsvorbereitung gefordert. Die Akteneinsicht ist aus unserer Sicht unbedingt erforderlich, weil der Gemeinderat als oberstes Verwaltungsorgan weitreichende Entscheidungen zu treffen hat. Deshalb muss er das Recht haben, die Unterlagen zur Vorbereitung einzusehen.
Dem allgemeinen Akteneinsichtsrecht, fürchte ich, werden Sie am wenigsten zuzustimmen geneigt sein. Ich stufe noch etwas ab bei der Motivation und Neigung Ihrer Ablehnung. Bei drei Punkten haben Sie sicherlich beim ersten am meisten Schwierigkeiten, beim zweiten weniger und beim dritten gar keine, das Akteneinsichtsrecht abzulehnen. Bei Ihnen dauert es immer etwas länger beim allgemeinen Akteneinsichtsrecht.
Nein, Sie sind nicht fortschrittlich, Herr Dr. Wilhelm. Sie sind im besten Sinne konservativ. Sie brauchen immer sehr viel länger, um die Dinge nachzuvollziehen, die wir Jahre früher schon vollzogen und vorgeschlagen haben. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Ich wünsche Ihnen etwas mehr Mut.
Ich weise darauf hin, dass unsere Fraktion in diesen Tagen den Entwurf eines Gesetzes über die Freiheit des Zugangs von Informationen für den Freistaat Bayern – Bayerisches Informationsfreiheitsgesetz – vorgelegt hat. Er wird demnächst in Erster Lesung behandelt werden.
Ich weise darauf hin, dass Herr Dr. Hahnzog in der Sitzung des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen bei der Diskussion zum Gesetzentwurf, den wir jetzt beraten, dargetan hat, dass es in einigen Ländern, wie zum Beispiel Schleswig-Holstein oder Brandenburg, bereits Informationszugangsgesetze gibt, die für die Bürger mehr Informationsrechte vorsehen als die Bayerische Gemeindeordnung für die Gemeinderatsmitglieder. Ich meine, diesen Punkt sollten Sie sich noch einmal überlegen.
Wenn Sie das Gesetz heute auch ablehnen, so bin ich doch zuversichtlich, dass Sie bei einer späteren Debatte, die sicherlich wieder kommen wird, zustimmen werden. In diesem Sinne darf ich Sie heute schon um Ihre Zustimmung bitten, auch wenn Sie diese erste später vollziehen werden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/3784 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf
Drucksache 14/6158 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Abgeordneter Hartenstein (fraktionslos). Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Paulig, Kellner, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
Änderung der Bayerischen Bauordnung; Wegfall der Genehmigungsfreistellung von Mobilfunkanlagen (Drucksache 14/4405)
Ich gebe bekannt, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hierzu namentliche Abstimmung beantragt hat. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Die Redezeit beträgt pro Fraktion 30 Minuten. Erste Wortmeldung: Herr Dr. Runge.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anliegen unseres Gesetzentwurfs zur Änderung der Bayerischen Bauordnung; Wegfall der Genehmigungsfreistellung von Mobilfunkanlagen, ist es, mehr Transparenz bei Planung und Errichtung von Sende- und Empfangsanlagen für den Mobilfunk zu schaffen. Wir wollen, dass Bürgermeister, Räte und Anwohner schon vorab informiert werden, wenn derartige Anlagen auch mit einer Aufbauhöhe von weniger als zehn Metern installiert werden. Ein Problem im Zusammenhang mit den Sende- und Empfangsanlagen für den Mobilfunk war und ist immer noch die mangelnde Transparenz. Die Zahl der Sendemasten für Mobilfunkanlagen wächst zur Zeit rasant an. Allein für Bayern sind für die nächsten fünf Jahre zirka 4500 weitere Anlagen vorgesehen. Es sind nur dann „nur“ 4500 weitere Anlagen, wenn diese gemeinschaftlich genutzt werden. Ansonsten wären es 12000 neue Masten innerhalb von fünf Jahren. 4500 Anlagen in fünf Jahren bedeuten täglich 2,5 neue Anlagen, die die Anwohner, Gemeinden und Bürgermeister plötzlich vorfinden und mit denen Sie sich im Nachhinein auseinandersetzen müssen und gegen die Sie im Nachhinein Bedenken vorbringen müssen. Der „Münchner Merkur“ – eine unverdächtige Zeitung – hat nicht umsonst betitelt: „Atmosphäre vergiftet durch Heimlichtuerei“.
Die Staatsregierung hat sich des Problems angenommen und es aufgegriffen. Sie appelliert an die Betreiber, verspricht Informationen über Bürgermeister-Dienstbesprechungen, verspricht Informationen über runde Tische usw. Trotz dieser Aktivitäten und trotz der Zusagen der Betreiber hat sich nichts geändert. Ich bringe ein Beispiel aus der Stadt Germering: Ende Februar kam ein großer Kran und hat in Windeseile eine fast zehn Meter
hohe Anlage auf das Dach eines Wohnhauses montiert. Der Sprecher des Eigentümers – bezeichnenderweise der Bayerische Rundfunk – erklärt, dass die Mieter und die Gemeinde nicht informiert worden wären, weil die Anlage sowieso genehmigungsfrei sei und deswegen keine Beeinträchtigung darstelle. Dies war die Begründung des Vertreters des Bayerischen Rundfunks als Hausbesitzer.
Während auf der Mobilfunkveranstaltung in Eching der Vertreter des Betreibers D 1, also der Telecom, vor Bürgermeistern Besserung gelobt hat, sind wenige Tage später die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde schriftlich aufgefordert worden, ihre Immobilien als Standorte für Sende- und Empfangsanlagen zu melden. Auch dies ging wieder völlig an der betroffenen Gemeinde vorbei. Unterschrieben wurde diese Aufforderung von Herrn W. Das ist der gleiche Herr W., der drei Tage vorher in Eching den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern etwas ganz anderes erzählt hat.
Wir sehen die Änderung der Bayerischen Bauordnung dahingehend, dass die bisherige Genehmigungsfreistellung für Sende- und Empfangsanlagen, die niedriger als zehn Meter sind, entfällt, als Vehikel, um vor Ort die Informierung der Bürgermeister, Räte und Anwohner zu erzwingen. Die Gesetzesänderung wäre ein Schritt zur Lösung des Problems der Heimlichtuerei, der Geheimniskrämerei. Mit dem Wegfall der Genehmigungsfreistellung ist mehr Öffentlichkeit und mehr Transparenz zu erreichen.
Die Ausschussberatungen zeigen, dass sehr viel in den Gesetzentwurf hineininterpretiert und hineingedichtet worden ist. Die Vertreterin der SPD im Umweltausschuss meinte, auf Grundlage der Bauordnung könne nur die Statik geprüft werden. Diese Aussage ist selbstredend. Seitens der CSU gab es zwei Argumentationslinien. Einmal hat Kollege Rotter im Wirtschaftsausschuss, wo wir eine sehr sachbezogene Diskussion geführt haben, behauptet, unsere Absicht wäre, die Installation von Sende- und Empfangsanlagen zu verzögern und möglicherweise zu blockieren. Meine Damen und Herren, darum geht es uns mit Sicherheit gar nicht. Ein großer Teil der Kolleginnen und Kollegen hat ein solches Mobiltelefon. Wichtig wäre aber, immer wieder zum sparsameren Umgang anzuregen. Das ist aber eine andere „Baustelle“. Kollege Reisinger hielt im Umweltausschuss den Wegfall der Genehmigungsfreistellung für eine diskussionswürdige Angelegenheit,
ist dann aber doch dagegen, weil das Landratsamt den jeweiligen Antrag genehmigen müsse. Das ist eine sehr interessante Argumentationsweise.
Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dass etwa ein Drittel von Ihnen einmal einem Bauausschuss angehörte, denn viele von Ihnen kommen von der Kommunalpolitik. Es gibt zahlreiche Bauanträge – fast die Mehrzahl –, denen der Bauausschuss zustimmen muss oder die, wenn sie den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechen, nicht im Bauausschuss behandelt werden müssen. Trotzdem wird der Bauantrag gefordert, auch wenn die Maßnahme zustimmungspflichtig ist. Deswegen können wir Ihrer Logik nicht folgen.