Protocol of the Session on April 5, 2001

(Schindler (SPD): Das ist ein starkes Stück. Unverfroren und falsch!)

Nächste Zusatzfrage: Frau Kollegin Peters.

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass es im osteuropäischen Raum sieben Kernkraftwerke gibt, die einen wesentlich schlechteren Standard haben? Der Standard entspricht dem Stromkraftwerk Greifswald. Sie wissen, dass dieses abgeschaltet wurde. Was gedenkt die Staatsregierung dagegen zu tun?

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Kollegin, uns geht es um höchstmögliche Sicherheitsstandards für den Betrieb von Kernkraftwerken überall dort, wo diese Technologie angewendet wird. Hier haben wir es mit einer Anlage zu tun, die unmittelbar vor der Haustüre Bayerns steht. Deshalb haben wir ein besonderes Interesse daran, dass die sechzig bis siebzig Kilometer entfernte Anlage so sicher betrieben wird, wie es in Westeuropa üblich ist. Da Tschechien dabei ist, in das europäische Haus einziehen zu wollen, müssen wir alles daran setzen, dass vor dem Einzug dieser hohe Standard für die Anlage definitiv geklärt ist.

Nächste Zusatzfrage: Herr Kollege Meyer.

Herr Präsident! Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, dass sich in dieser Frage vor allem auch der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland verstärkt einschalten sollte, so wie es auch der österreichische Bundeskanzler und der bayerische Ministerpräsident getan haben?

Herr Staatsminister.

Herr Kollege Meyer, ich teile diese Auffassung. Es ist bezeichnend, dass es dem Nachbarland Österreich gelungen ist, einen Trialog mit der Europäischen Union und Tschechien herbeizuführen und die offenen Sicherheitsfragen zu klären. Der Umweltminister der Bundesrepublik Deutschland hat mir lapidar mitgeteilt, dass es nicht sachdienlich sei, diese Untersuchungen fortzufüh

ren und die sicherheitsrelevante Frage zu klären, nachdem der Probebetrieb von Temelin begonnen hatte.

Es ist das Verdienst des österreichischen Bundeskanzlers und der österreichischen Regierung, dass dieser Trialog überhaupt zustande gekommen ist und damit für uns eine neue Chance eröffnet worden ist, unsere Sicherheitsanliegen auf dieser internationalen Bühne doch noch einzubringen.

Ich meine, dass auch der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland konkret gefordert ist, die Position zu beziehen, die der bayerische Ministerpräsident gegenüber dem tschechischen Ministerpräsidenten zum Ausdruck gebracht hat, nämlich dass die Sicherheit Gegenstand der Gespräche im Rahmen der Beitrittsverhandlungen werden muss. Dies muss im Interesse der Sicherheit der Anlage und im Interesse der Bevölkerung Tschechiens und Bayerns geschehen.

Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Schläger. Bitte, Herr Kollege.

Herr Staatsminister, mit welcher staatlichen Förderung kann der Fichtelgebirgsverein für seine Schutzhäuser, Aussichtstürme und Besteigungsanlagen in Zukunft rechnen, nachdem sich bei den Gebäuden und Anlagen, die viele Jahrzehnte alt sind, ein ständiger Sanierungsbedarf ergibt, und ist bei der Sanierung des Seehauses, die mit 278000 DM veranschlagt ist, ein Zuschuss von 70000 DM möglich.

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Herr Kollege Schläger, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Aus dem NaturparkFörderprogramm des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen können im Naturpark Fichtelgebirge Besteigungsanlagen gefördert werden, Aussichtstürme jedoch nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn sie der Besucherlenkung in ökologisch empfindlichen Bereichen und dem Naturerlebnis dienen.

Ferner werden aus dem Programm „Erholung in der freien Natur und Gartenschauen“ Schutzhäuser und Wanderwege des Fichtelgebirgsvereins bereits seit Jahrzehnten gefördert. Das Umweltministerium wird diese Förderpraxis nach Haushaltslage auch künftig fortsetzen.

Ein Antrag für die Sanierung der sanitären Anlagen des Seehauses liegt dem Umweltministerium vor und wird gegenwärtig geprüft. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die gewerbliche Gaststättennutzung sowie für Anlagenteile, die der Pächterwohnung dienen, Abschläge vorgenommen werden müssen. Es ist vorgesehen, von den veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von 240000 DM zuwendungsfähige Kosten von rund 145000 DM anzuerkennen und hierfür den maximalen Zuschuss von 25% zu gewähren.

Zusatzfrage: Herr Kollege Schläger.

Herr Staatsminister, weil Sie in Ihren Ausführungen die Türme weitgehend von der Bezuschussung ausgenommen haben, frage ich Sie: Haben diese Türme nicht gerade in einem Mittelgebirge – Sie kennen das Fichtelgebirge – eine wichtige Funktion, weil sonst die Aussicht nicht so gut zu vermitteln wäre, und kann man einen privaten Verein mit dieser enormen Aufgabe allein lassen?

Herr Staatsminister.

Ich verstehe das Anliegen, auch Türme zu erhalten. Allerdings kann nicht jedes Objekt dieser Art staatlich gefördert werden. Dafür reichen schlicht und einfach die Mittel nicht. Sonst hätten wir nicht die Möglichkeit, den Naturparks an anderer Stelle die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Deshalb bleibt die Förderung von Türmen grundsätzlich möglich, aber konzentriert auf die Fälle, in denen sie, vor allem in ökologisch empfindlichen Bereichen, der Besucherlenkung dienen und in denen sie dem Naturerlebnis, gerade beim Überblick über die Mittelgebirgslandschaft oder die jeweilige Landschaft, in besonderer Weise dienen und hier eine besondere Funktion wahrnehmen.

Weitere Zusatzfrage: Herr Kollege Schläger.

Herr Staatsminister, geben Sie mir Recht, wenn ich sage, dass die Höhen des Fichtelgebirges in der Regel ökologisch empfindliche Bereiche sind und die Türme dort einer besonderen Besucherlenkung dienen?

Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Kollege Schläger, Ihre Frage und die Einschätzung, die dahinter steht, sind mir kürzlich in fast identischer Weise von Kollegen aus der Rhön nahegebracht worden. Ich denke, dass wir in vielen Gebieten unseres schönen bayerischen Landes ökologisch empfindliche Gebiete haben und dort eine entsprechende Besucherlenkung notwendig ist. Deshalb wird es notwendig sein, jeden Einzelfall zu betrachten und nicht eine generalisierende Aussage zu treffen. Aber Sie dürfen auch versichert sein, dass wir jeden Einzelfall konkret und wohlwollend anschauen.

(Schläger (SPD): Danke!)

Nächster Fragesteller wäre Herr Kollege Hartenstein. Er ist nicht da. Dann stellt Herr Kollege Blöchl die nächste Frage. Bitte schön.

Herr Präsident, Herr Staatsminister, wie wertet die Staatsregierung die Bestrebungen der Bundesregierung, Saldenburg erneut als Atomendlager ins Gespräch zu bringen, und wird man alles tun, um dies zu verhindern?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Herr Kollege Blöchl, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat bei Amtsantritt das bisherige bewährte Entsorgungskonzept aus dem Jahr 1979 ohne jeden Grund für gescheitert erklärt und alles unternommen, dass die begonnenen Endlagerprojekte Konrad und Gorleben in den nächsten Jahren nicht in Betrieb genommen bzw. zügig fortgeführt werden können. Sie hat ohne jegliche Einbindung der Länder den Antrag auf Sofortvollzug für das Endlager Konrad ohne Angabe von Gründen zurückgenommen und die jahrzehntelange Erkundung des Endlagers Gorleben durch ein mehrjähriges Moratorium abrupt gestoppt.

Des Weiteren wurde auf Bundesebene ein „Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte“ mit der Erarbeitung von Kriterien zur Auswahl von Endlagerstandorten beauftragt. Damit sollen, wie es heißt, die Voraussetzungen für die bundesweite Suche nach einem Endlager auch in anderen Wirtsgesteinen wie zum Beispiel Granit geschaffen werden.

Zur Eignung des Salzstocks Gorleben hat die Bundesregierung in der paraphierten Vereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 unter anderem erklärt:

Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstocks Gorleben nicht entgegen.

Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen. Wenn sich die Bundesregierung diese Äußerung zu eigen macht, mag man ermessen, in welchem Widerspruch dazu das steht, was in der vergangenen Woche, am 28. März, der SPD-Fraktionsvorsitzende Struck gegenüber der „Financial Times Deutschland“ erklärt hat. Er hat deutlich gemacht, dass die Bundesregierung vor Abschluss der Erkundungsarbeiten in Gorleben trotz des dabei gewonnenen positiven Erkenntnisstandes insgeheim die Suche nach Endlagerstandorten auf Bayern und Baden-Württemberg verlagern will.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist der in der Bundesregierung?)

Struck hat sich damit selbst zum Kronzeugen gemacht, dass es der rot-grünen Bundesregierung nicht um maximale Sicherheit geht, sondern um eine ideologisch begründete Verschiebung des Endlagers in den Süden der Republik. Die Bundesregierung will damit offenbar

die betroffenen Länder und ihre Landesregierungen für deren hohen Kernenergieanteil quasi abstrafen.

Diese Vorgehensweise ist verantwortungslos, weil dadurch die Lösung der Entsorgungsfrage auf künftige Generationen verschoben wird. Die von der Bundesregierung verfolgte Zwischenlagerstrategie ist demgegenüber kein Ersatz für das bisherige Endlagerkonzept. Die Bundesregierung hat außerdem alle diese Entscheidungen an den Ländern vorbei getroffen und damit die Interessen der Länder entgegen der bisherigen Praxis gröblichst missachtet.

Deshalb war es angezeigt, dass die Bayerische Staatsregierung wegen des Moratoriums Gorleben das Bundesverfassungsgericht angerufen hat. Damit hat die Staatsregierung das stärkste rechtliche Instrument eingesetzt, um die Erkundung des Endlagers Gorleben wieder in Gang zu bringen. Die Bayerische Staatsregierung hat damit auch zum Ausdruck gebracht, dass die Suche nach alternativen Standorten, zum Beispiel Saldenburg, vor Abschluss der Gorleben-Erkundung unnötig und volkswirtschaftlich verantwortungslos ist.

Das heißt summa summarum: Wir halten an dem Entsorgungskonzept aus dem Jahre 1979 fest. Wir fordern, dass die Erkundung des Endlagers fortgeführt wird. Die Erkundung soll im Interesse einer höchstmöglichen Sicherheit nach den positiven Ergebnissen selbst der Zwischennotiz der Bundesregierung und der Energiekonzerne, die ich zitiert habe, auch zu Ende geführt werden, um ein abschließendes Bild über die Eignungshöffigkeit von Gorleben zu gewinnen.

Zusatzfrage: Herr Kollege Blöchl.

Herr Staatsminister, nachdem der Bayerwald-Granit eigentlich schon mehrere Jahre für ein solches Endlager in der Diskussion ist, möchte ich Sie fragen, ob Sie mir zustimmen, dass gerade das Gebiet an der Grenze zu Tschechien mit vorgegebenen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, dass vor allem der Fremdenverkehr ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist und dass durch eine solche Diskussion – ich sage jetzt einmal: durch ein solches Vorantreiben – diesem Wirtschaftszweig enormer Schaden zugefügt würde.

(Schindler (SPD): Das ist in Gorleben auch so!)

Herr Staatsminister.

Wir sehen weder aus rechtlichen noch aus politischen noch aus sonstigen Gründen irgendeine Veranlassung, von dem begonnenen und eingeschlagenen Weg abzuweichen. Man muss dabei auch bedenken, dass für die Erkundung des Endlagers Gorleben zwischenzeitlich rund zwanzig Jahre aufgewandt und rund zweieinhalb Milliarden DM ausgegeben worden sind und man kurz vor dem Ende der Erkundungsarbeiten steht.

(Dr. Wilhelm (CSU): Genau!)

Bis 2003 oder 2005 ist mit dem Abschluss der Erkundungsarbeiten zu rechnen, wenn nicht ein Moratorium greift, wie es die rot-grüne Bundesregierung verordnet hat. Das heißt, wir sollten den begonnenen Weg zu Ende führen. Wenn sich die Eignungshöffigkeit bestätigt – alle Indizien deuten bislang darauf hin –, besteht überhaupt kein Grund, dieses Kapitel noch einmal neu aufzurollen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und wenn nicht?)

Nächste Zusatzfrage: Herr Kollege Dürr.

Herr Minister, in welcher Weise kommt die Staatsregierung, die als eine von wenigen Regierungen noch für die Atomkraft eintritt, ihrer besonderen Verpflichtung nach, sich um die Folgen dieser Technologie zu kümmern? Wie will sie unter anderem die Endlagerung sichern?