Protocol of the Session on April 5, 2001

und das in einer Situation, in der unsere Bauern auf diese Exporte angewiesen sind. Das ist die Wahrheit.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Es ist doch kein Antrag gestellt!)

Sie sollten etwas dafür tun, damit Frau Künast weniger verbrennen muss, mehr verkaufen und Steuergelder sparen kann. Das wäre Ihre Aufgabe.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Die haben doch ein Importverbot!)

Wir bemühen uns um Hermesbürgschaften, das ist normal in diesem Geschäft. Die Entscheidungen werden fallen. Dafür hätten Sie sich einsetzen sollen, wenn es Ihnen wirklich um die Landwirtschaft geht.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Gote (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Aber darum geht es Ihnen nicht, das habe ich vorhin schon zum Ausdruck gebracht.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Lassen Sie mich abschließend sagen: Gott sei Dank haben wir die guten Beziehungen zu Russland, zu Moskau, sodass bisher die Exporte schon gelaufen sind

(Odenbach (SPD): Wie viel denn?)

und in Zukunft weiter laufen werden, auch mit den entsprechenden Absicherungen. Sie sollten die Absicherungen im Haushalt nicht kritisieren, wenn Sie die Exporte wollen. Überhaupt müssen Sie erst einmal sagen, was Sie wollen: Exporte und deren Absicherung oder keine Exporte, dann können Sie weiterhin die Absicherung kritisieren.

Die Bauern und die Bürger, die Steuerzahler verstehen Ihr Doppelspiel schon.

(Odenbach (SPD): Sprüche von Stoiber!)

Ihnen geht es darum, den Erfolg mies zu machen, und nicht um die Sache. Das verstehen unsere Bürger sehr wohl.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Um eine Zwischenbemerkung hat Frau Kollegin Biedefeld gebeten. Diese darf höchstens zwei Minuten dauern und der Redner darf hierauf noch einmal antworten.

Herr Minister Miller, ich stelle fest, dass man Ihnen nicht nur viele Kompetenzen entzogen hat, sondern dass Sie als bayerischer Landwirtschaftsminister offenbar auch nicht Auskunft darüber geben können, sondern nur bundesdeutsche Zahlen nennen können, wie viel von den 100000 Tonnen vereinbarten bayerischen Rindfleisches inzwischen nach Moskau exportiert wurden. Da muss ich sagen, vielleicht hat man Ihnen diese Kompetenz zu Recht entzogen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernhard (CSU): War das eine Frage? – Gegenruf der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD): Das war keine Frage, sondern eine Intervention! Geschäftsordnung!)

In § 116 Absatz 4 der Geschäftsordnung ist formuliert: „zu einer Zwischenbemerkung.

(Zuruf: Das kann auch die CSU nicht machen!)

Der Präsident kann das Wort zu einer Zwischenbemerkung erteilen. Dies war bereits die zweite Bemerkung, daher fahren wir fort. Als Nächster hat Herr Kollege Strasser das Wort.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man darf nicht einmal auf die Regierungserklärung etwas sagen! – Frau Marianne Schieder (SPD): Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! – Zuruf der Frau Abgeordneten Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Kollegin Gote, wir diskutieren über diese Fragen im Ältestenrat, jedoch nicht durch Zwischenrufe. Wenn hier „zu einer Zwischenbemerkung“ steht, dürfte klar sein, dass wir keine Serie von Zwischenbemerkungen absolvieren werden.

(Unruhe – Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Herr Kollege Dr. Hahnzog, früher war es im Deutschen Bundestag völlig anders und hatten wir auch keine Zwischenbemerkungen. Auch damals konnte man nicht sagen, im Deutschen Bundestag war es zulässig. – Bei uns stand es nicht in der Geschäftsordnung. Wir verfahren nach unserer Geschäftsordnung.

(Frau Marianne Schieder (SPD): Aber es heißt doch: zur Zwischenbemerkung!)

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich hoffe, dieses Problem wird noch gelöst. Es ist interessant, was in der Geschäftsordnung steht.

Ich wundere mich ein wenig, mit welch belehrender Art jetzt Vertreter der Bayerischen Staatsregierung und der CSU-Fraktion plötzlich Akzente setzen, was man anders machen müsste,wie man sparen müsste, wo Prioritäten zu setzen sind, wer wann in Moskau vorsprechen sollte und wer keine Verhandlungen geführt hat. Ich finde diese Art interessant. Wer dafür verantwortlich ist, dass in diesem Staat 1,5 Billionen DM Schulen vorhanden und 85 Milliarden DM Zinsen im Jahr zu zahlen sind, dass das BSE-Thema über Jahre hinweg nicht richtig behandelt und die ständigen Kontrollen abgebaut worden sind, sollte den Mund nicht so voll nehmen.

Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, dass die Konsolidierung des Bundeshaushalts absolute Priorität hat, weil sie für die Entwicklung der Finanzen in Bayern gut ist und Bayern davon profitiert. Wer ein Sonderprogramm von 325 Millionen DM pro Jahr auflegt, muss fürwahr ein schlechtes Gewissen, Herr Minister. Der jetzt an den Tag gelegte Aktionismus ist die Folge Ihres fahrlässigen Umgangs mit dem Thema BSE in der Vergangenheit. Das BSE-freie Bayern erweist sich als Fiktion. Die Bayerische Staatsregierung wurde eiskalt erwischt und von der Wirklichkeit eingeholt. Ganz Bayern muss kurz- und langfristig für die Fehler der Regierung Stoiber bezahlen; das sollte Ihnen bewusst sein. Wir haften für die Fehler der Staatsregierung. Ministerpräsident Dr. Stoiber hat hierfür die primäre Verantwortung.

(Beifall bei der SPD – Staatsminister Sinner (Ver- braucherschutzministerium): Erinnern Sie sich noch an Funke? Davon sagen Sie nichts!)

Herr Minister, auch wenn Sie nochmals widersprechen, Sie haben im Grunde eine bürokratische Flickschusterei vorgelegt. Besser wäre es gewesen, die Kräfte zu bündeln, die Aufgaben zu konzentrieren und Verantwortung klar zu definieren. Stattdessen wird in einem 656-seitigen Buch neuer Kompetenzwirrwarr geschaffen und ein neuer Verschiebebahnhof installiert. So sorgen Sie im Grunde für mehr Bürokratie und für längere Entscheidungswege. All dies nützt weder dem Verbraucher noch den Bauern. Dies müssen Sie zur Kenntnis nehmen.

Die Bayerische Staatsregierung hat im Grunde die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wir Sozialdemokraten fordern eine Straffung der Organisation. Wir brauchen nicht mehr, sondern weniger Minister und Staatssekretäre und dadurch weniger Bürokratie. Wir brauchen eine klare Regelung der Verantwortung. Daher ist der Nachtragshaushalt in seinem Ansatz eine falsche Architektur von einem falschen Architekten namens Edmund Stoiber.

Neben dieser bürokratischen Flickschusterei ist es auch eine finanzielle Flickschusterei; denn im Haushalt des Freistaats Bayern sind im letzten Jahr über 2,5 Milliarden mehr an Steuern als geplant eingegangen. Bei den Personalausgaben wurde aufgrund der Verschiebung der Erhöhung der Beamtengehälter der Haushaltsansatz um sage und schreibe 537 Millionen DM unterschritten. Allein wegen dieser Rahmendaten ist es nicht gerecht

fertigt, die Kommunen, Verbände und Organisationen mit zusätzlichen Haushaltssperren zu belasten und zu finanziellen Bittstellern abzuwerten. Wir halten es für falsch, dass heute die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, die Diakonie und viele andere Verbände für die Fehler der Bayerischen Staatsregierung bezahlen müssen. Dies ist nicht in Ordnung. Allein 350 Millionen DM sollen aus Zusatzsperren, einem restriktiven Haushaltsvollzug und Minderausgaben kommen. Somit zahlen für die von der Staatsregierung mit verursachte BSE-Krise die Bürgerinnen und Bürger, Schüler, Kinder, Eltern, Verbände und Kommunen. Alle Menschen in Bayern haften hierfür und sind schadenersatzpflichtig. Sie müssen jetzt für die Fehler der Bayerischen Staatsregierung blechen. Im Grunde müsste die CSU bzw. die Staatsregierung diesen Vorgang ihrer Haftpflichtversicherung melden. Dies wäre der richtige Weg.

Inhaltlich verdient der vorgelegte Entwurf das Prädikat „Entwurf der verpassten Gelegenheiten“. Jetzt sind plötzlich auch für andere Bereiche 100 Millionen DM vorhanden, die gestern noch nicht finanziert werden konnten, etwa für Lehrerinnen und Lehrer, die eingestellt werden können.

Der vorgelegte Nachtragshaushalt ist ein Haushalt der Reaktionen auf selbstverschuldete Fehler und Versäumnisse. Es ist kein Nachtragshaushalt der Aktion im Hinblick auf die Erledigung der landespolitischen Hausaufgaben. Wenn wir es genau betrachten, ist die CSU eine Partei der Reaktion geworden. Sie agiert nicht mehr rechtzeitig, sondern reagiert nur, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Sie reagiert zum Beispiel nur mehr darauf, wenn es an den Schulen an Lehrkräften mangelt oder plötzlich festgestellt wird, dass es einer Ganztagsbetreuung bedarf. Sie reagieren auch jetzt bei der BSE-Krise nur, weil es ein Problem gibt. Sie sind nicht mehr die Partei des Agierens, sondern des Reagierens.

Der gesamte Nachtragshaushalt mit dem groß angelegten Millionen-DM-Programm ist in erster Linie politisch motiviert, weil Sie die Stimmen der Bauern in Bayern, deren Vertrauen in die Staatsregierung gründlich erschüttert wurde, zurückkaufen wollen. Sie hätten dies viel billiger haben können, wenn Sie das Glaubensbekenntnis vom BSE-freien Bayern nicht zur Leitlinie Ihrer Politik gemacht hätten. Wenn Sie viel früher agiert hätten, müssten Sie jetzt nicht reagieren. Sie sind jedoch nach dem Motto verfahren, dass in Bayern nicht sein kann, was nicht sein darf. Für diese Zeche, die jetzt alle zahlen müssen, ist allein die Bayerische Staatsregierung mit Ministerpräsident Dr. Stoiber an ihrer Spitze verantwortlich.

Was den Entwurf betrifft, betreiben Sie sowohl auf der Finanzierungs- als auch auf der Verwendungsseite nichts anderes als das, was wir von Ihnen in der Zwischenzeit gewohnt sind: nur Aktionismus.

Echte zusätzliche Mittel stehen überhaupt nicht zur Verfügung. Diese 265 Millionen DM für zwei Jahre werden für eine vorzeitige Rückzahlung von Staatsschulden und damit für Einsparungen bei den Zinsausgaben verwendet.

Für echte zusätzliche Haushaltsmittel können Sie sich – das müssen Sie sich von uns immer wieder anhören – auch bei der Bundesregierung bedanken. Im letzten Jahr sind aufgrund der positiven Entwicklung und einer guten Bundespolitik 2,5 Milliarden DM mehr an Steuern eingegangen. Deshalb konnten Sie auch Schulden tilgen und können die Zinseinsparungen für die Finanzierung des Nachtragshaushalts verwenden.

Im Übrigen haben Sie plötzlich auch kein Problem, die Nettoneuverschuldung um 67 Millionen DM zu erhöhen. Wie würde der Ministerpräsident dastehen, wenn das Verbot der Nettoneuverschuldung, wie von Ihnen ursprünglich vorgeschlagen, in der Bayerischen Verfassung stehen würde? Sie halten es aber auch hier wohl mit Ihrem politischen Ziehvater, Franz Josef Strauß, und dessen Motto: Meine Güte, was habe ich gestern gesagt, oder: Was schert mich mein Geschwätz von gestern; heute ist es ganz anders.

(Zuruf des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Die Not der Staatsregierung muss sehr groß sein, wenn Sie auf diese 67 Millionen DM Schulden zurückgreifen müssen. Die Sozialdemokraten werden aufgrund der äußerst günstigen Rahmenbedingungen beim Haushalt darauf verweisen, dass eine Verschuldung in Höhe von 67 Millionen DM im Haushalt nicht erforderlich ist.

Wenn Sie sich das Programm zur Bewältigung der BSEKrise näher betrachten, stellen Sie fest, dass es nicht nur auf der Finanzierungsseite unsolide, sondern auch auf der Verwendungsseite unzweckmäßig ist. Es ist eine doppelte Mogelpackung; denn von den angekündigten Millionen wird das Wenigste bei den Bauern ankommen. Die zusätzlich geschaffenen Mittel werden in der Bürokratie versickern. Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, dass es nicht in Ordnung ist, das Geld der Steuerzahler in den Töpfen der Bürokratie versickern zu lassen, anstatt es bei den Bauern ankommen zu lassen. Deshalb werden wir diesen Nachtragshaushalt insgesamt ablehnen.

Heute ist immer wieder die Bundesregierung angesprochen worden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der Staatsregierung, bei der Bewältigung der BSE-Krise gibt es neben dem von Ihnen praktizierten leichtfertigen Umgang mit der BSE-Krise noch eine andere Gefahr. Sie verweisen immer wieder auf die Bundesregierung. Es gibt noch ein anderes Problem: Ministerpräsident Stoiber handelt im Grunde genommen immer wieder aus Prinzip und schon aufgrund eines zwanghaften Ehrgeizes: Alles müssen wir, die Bayern anders machen als die Bundesregierung. Dadurch wurde für Ministerpräsident Stoiber der zweckmäßige Weg verbaut, nämlich beide Minister, die im Grunde genommen versagt haben, zu feuern und neue in die Staatsregierung zu berufen. Stattdessen hat sich der Ministerpräsident für die teuerste Lösung eines zusätzlichen Ministeriums entschieden. Dieser krankhafte Ehrgeiz des Ministerpräsidenten kostet den Steuerzahler sehr viel Geld.

Die beste und effizienteste Lösung ist nach wie vor die auf Bundesebene erfolgreich realisierte Umstrukturie

rung des ehemaligen Landwirtschaftsministeriums. Wir brauchen auch in Bayern kein zusätzliches Ministerium, sondern einen neuen Minister. Die Folgen der BSE-Krise können und müssen im Wesentlichen mit den bestehenden Ressourcen gelöst werden. Ernährung und Landwirtschaft gehören quasi unter dem Dach des Verbraucherschutzes in einem Ministerium gebündelt. Bundeskanzler Schröder hat die Zeichen der Zeit zum richtigen Zeitpunkt richtig erkannt. Deshalb ist seine Entscheidung richtig gewesen, die Kräfte und die Verantwortung zu bündeln und kein neues Ministerium zu schaffen. Bundeskanzler Schröder hat richtig gehandelt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Vor allen Dingen können wir Ihrem neuen Vorruhestandsmodell für Minister Miller nicht zustimmen, der mit weitgehendem Kompetenzverlust unter vollen Bezügen weiterhin formal im Amt bleibt. Meine Damen und Herren, dieses Vorruhestandsmodell für Minister wird von uns abgelehnt. Wir glauben, dass in der Zwischenzeit der Ausspruch „Leistung muss sich wieder lohnen“ selbst für Ministerpräsident Stoiber in diesem Fall zu einem Fremdwort geworden ist.

An dieser Stelle muss ich auch einmal den bayerischen Finanzminister fragen, was er denn neben den zusätzlichen Ausgaben für ein weiteres Ministerium und der Ausdehnung der Neuverschuldung noch alles brav mitzutragen bereit ist. Herr Finanzminister, wo bleiben denn die Prinzipien der sparsamen Haushaltsführung und der Reduzierung der Neuverschuldung, die Sie sonst so oft und wortreich beschwören? Ist das ein Nachtragshaushalt, der Ihren inneren Überzeugungen entspricht, oder ist das nicht vielmehr ein Nachtragshaushalt, der Ihnen vom Ministerpräsidenten aufgezwungen worden ist?

(Zuruf der Frau Abgeordneten Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))