Protocol of the Session on March 14, 2001

Herr Staatsminister, der Beschluss der IHK-Konferenz besagt, dass die anderen Strecken durchaus parallel oder, wenn die Planung weiter fortgeschritten ist, vorweg in Angriff genommen werden können. Ist diese Variante Inhalt der Überlegungen der Staatsregierung?

Priorität hat jetzt – ich dringe darauf, dass darüber jetzt entschieden wird, und ich hoffe, dass die Entscheidung in absehbarer Zeit möglich ist – die Strecke Nürnberg – Erlangen – Forchheim. Auch in den notwendigen Ausbau für den Fernverkehr und selbstverständlich in die S-Bahn-Strecke muss investiert werden.

Zur Aussage, dass alle Strecken gleichzeitig ausgebaut werden können: Niemand kann heute definitiv sagen, welches Volumen für den Ausbau der Strecke nach Neumarkt erforderlich ist. Es gibt zwar den schönen Vorschlag, den Güterverkehr von dieser Strecke auf andere Strecken zu verlegen, um Platz für den S-Bahn-Verkehr zu bekommen. Das ist leider nicht möglich, weil nach den bisherigen Untersuchungen der Bahn die notwendige Kapazität auf anderen Strecken nicht zur Verfügung steht, so dass die Strecke weiterhin durch den Güterverkehr im bisherigen Umfang belegt ist. Wir wollen im Grundsatz den Güterverkehr nicht verdrängen, sondern vielmehr ausbauen. Dann braucht man mehr Infrastruktur, und infolge davon wieder eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, weil sonst weder die Bahn noch der Bund Geld ausgeben. Die Appelle, alle Strecken gleichzeitig auszubauen, nützen daher nichts, sondern man kann nur das jeweils Mögliche tun. Die Forderung, alle Strecken gleichzeitig auszubauen, ist hoffentlich nicht so zu verstehen, dass man erst dann mit dem Ausbau anfängt, wenn man alles gleichzeitig machen kann.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Scholz (SPD))

Was soll dann der Beschluss?

Dann brauchen wir die Untersuchung für die Strecke nach Neumarkt.

(Dr. Scholz (SPD): Das könnte viel früher geschehen!)

Leider nicht, Herr Kollege, weil man dafür die notwendigen Vorarbeiten und Bewertungen braucht. Das Beispiel der Strecke Nürnberg – Erlangen zeigt, wie lange man an ein Thema hinarbeiten kann. Da die Fernverkehrsstrecke Nürnberg – Erfurt gekippt wurde, entsteht ein Schlamassel mit der Wirtschaftlichkeit. Der Bund stellt zwar 400 Millionen in Aussicht, damit er propagandistisch aus dem Schneider ist, aber bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung kommt kein Ergebnis zustande. Deswegen hängen wir schon eineinhalb Jahre. Die Wurst wird uns zwar hingehalten, aber man kann nicht zuschnappen. Dieses Problem besteht bei der Strecke Nürnberg – Erlangen. Zwar heißt es, dass das Geld zur Verfügung gestellt wird, aber die Wirtschaftlichkeit wird bezweifelt.

Wenn der Güterverkehr weiterhin auf der Schiene bleibt, wird für die Strecke Nürnberg – Neumarkt eine ganz andere Infrastrukturplanung erforderlich. Falls dann die Wirtschaftlichkeit nicht mehr nachgewiesen werden kann, kann man nicht bauen, weil dann kein Mensch dafür Geld gibt. Eine Forderung, alle Strecken gleichzeitig auszubauen, kann nur der beschließen, der mit dem Verfahren nicht befasst ist und es nicht bezahlen muss. Solche Beschlüsse sind zwar sehr schön, aber leider nicht immer realisierbar.

Nächste Zusatzfrage: Kollege Hofmann.

Herr Minister, ich frage Sie, ob für die Strecke Nürnberg – Erlangen – Forchheim eine positive Kosten-Nutzen-Relation erreicht werden kann, und zwar auch dann, wenn die Bundesregierung den ICE-Ausbau auf dieser Strecke verneint?

Für den Fall, dass dies mit einem positiven Nutzen-Kosten-Faktor nicht möglich ist, wäre Bayern trotz alledem in der Lage, die S-Bahn zwischen Forchheim, Erlangen und Nürnberg zu realisieren?

Herr Staatsminister, bitte.

Erstens gehe ich davon aus, dass, wenn die Fernverkehrsmaßnahme in dem Teilabschnitt so, wie früher geplant, verwirklicht wird, die Kostenzuscheidung für den Nahverkehr genauso wie früher vorgesehen erfolgen und damit dieses S-Bahn-Projekt wirtschaftlich dargestellt werden kann. Dies bedeutet, den früheren Zustand wieder herzustellen, die Strecke Nürnberg – Erfurt zumindest in diesem Teilabschnitt voranzutreiben. Dann kann man die alte Rechnung wieder auflegen; dann ist das Thema erledigt. Im Übrigen wird man nach meiner Meinung für die Fortführung der Fernverkehrsstrecke, wenn die ICE-Strecke München – Nürnberg fer

tiggestellt ist, sowieso weitere Infrastrukturmaßnahmen Richtung Norden durchführen müssen, da in Fürth eine Engstelle besteht. Da muss investiert werden; daran kommt niemand vorbei. Deswegen ist das gesamte Thema jetzt nichts anderes als eine verdammte Verzögerungstaktik, die von wem auch immer praktiziert worden ist – von uns auf alle Fälle nicht.

Zweitens. Wenn die Investition in den Fernverkehr nicht stattfindet, dann haben wir allein beim Nahverkehr einen höheren Investitionsanteil – diese Debatte haben wir jetzt eineinhalb Jahre lang bis zum Überdruss geführt –, und dann ist ein positiver Wirtschaftlichkeitsfaktor nicht zu erzielen; dann geht nichts weiter.

(Hofmann (CSU): Und dann kann nicht gebaut werden!)

Dann wird auch nicht gebaut, weil dann der Bund und die Bahn sagen: Wir können nicht bauen. Wir arbeiten an diesem Thema. Darum sage ich, dass das Herumgeeiere über den Weiterbau der Strecke Nürnberg – Erfurt aufhören und man sich entscheiden muss, den notwendigen Streckenabschnitt zu bauen, auch im Hinblick auf die spätere Fortführung Richtung Erfurt. Im Übrigen wird auf Thüringer Seite zumindest einspurig bis Ilmenau gebaut. Die Strecke wird also weitergebaut. Dann muss man den Nahverkehrsausbau wie geplant durchziehen. Das ist eine klare Lösung. Auf dieser Basis muss jetzt eine Entscheidung fallen.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Scholz.

Herr Staatsminister, stimmen Sie mir zu, dass selbst dann, wenn die Entscheidung pro Erlangen – Forchheim gefallen ist, bis zur Realisierung etwa acht bis zehn Jahre vergehen und dass es während dieser Zeit viel vernünftiger ist, in einem Stufenplan als Erstes Nürnberg – Ansbach auszubauen, wo die Voraussetzungen gegeben sind, als Zweites Nürnberg – Neumarkt und Lauf – Hartmannshof und dass man mit diesen Linien nicht warten kann, bis diese acht bis zehn Jahre ins Land gehen und – man greift sich da an den Kopf – erst dann sagt: Nun bauen wir die anderen? So kann es wohl nicht sein?

Herr Staatsminister.

Erstens. Bei der S-Bahn muss man primär dort bauen, wo die Verkehrsbelastung am höchsten ist. Das muss nicht zehn Jahre dauern. Warum soll das zehn Jahre dauern?

Zweitens. Wer sagt Ihnen, dass das in Ansbach sofort geht?

Ein dritter Punkt. Von Ansbach nach Nürnberg fahren mittlerweile um die 60 Züge pro Tag. Sie müssen den Verkehrsbedarf abschätzen und die Situation genau betrachten. Deswegen muss nach meiner Meinung immer noch dort am dringlichsten gebaut werden, wo am

meisten Verkehrsbedarf gedeckt wird, gerade was die S-Bahn betrifft, und man darf nicht dort anfangen, wo am wenigsten Bedarf gedeckt wird. Ich glaube, dass uns jeder, ob im Haushaltsausschuss oder sonst wo, fragen würde: Was macht ihr denn für eine Konzeption?

Auch bei den anderen Strecken brauchen wir noch die Berechnungen und die Planungen, die Kostenermittlungen und den verkehrlichen Nutzen. Wenn es im Ablauf der gesamten Entwicklung zu Veränderungen bei der Realisierung kommen kann, dann bin ich dafür offen – das ist klar. Es ist aber auch klar, dass man zunächst eine Entscheidung und dann eine möglichst zügige Umsetzung, einen klaren Zeitplan und einen Finanzierungsplan braucht und dann schauen muss, wie man mit den Gesamtmitteln in den nächsten Jahren zurechtkommt. Das darf ich bei dieser Gelegenheit auch dazu sagen.

Ich habe gestern mit Herrn Dr. Franz auch vereinbart, dass wir die Zeit bis zum nächsten Jahr nutzen, um über die Investitionen insgesamt zu sprechen. Im Übrigen sind die Schieneninvestitionen kein Thema für den Freistaat Bayern, sondern wären eines für den Bund – auch bei der S-Bahn für alle Investitionen, die über 100 Millionen DM hinausgehen. Wenn man die gesamten Maßnahmen zusammenzählt, dann handelt es sich in der Summe um Projekte, für die der Bund verantwortlich wäre. Ich frage mich, warum darüber nicht gesprochen wird. So ist es. Wenn der Bund aber sagt: Ich mag nicht, weil es mich nicht interessiert, weil wir von der rot-grünen Seite sind und jetzt etwas anderes machen, als wir früher verkündet haben – so läuft das zur Zeit beim Thema Bahn –, müssen wir sehen, dass wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zurande kommen bei Investitionen, soweit wir für die Strecke herangezogen werden, und bei der Fahrzeugbeschaffung, die die Bahn auch nicht mehr allein unternimmt. Die 1,3 Milliarden DM in unserem Verkehrsvertrag stellten eine Ausnahmesituation dar. Dasselbe gilt für das Bestellvolumen und für andere Themen. Wir müssen sehen, wie wir für die nächsten Jahre insgesamt hinkommen, damit wir für den Zeitraum bis 2010 eine klare Planung, Realisierungszeiträume und Finanzkalkulationen haben und nicht jedes Jahr alle Themen neu verhandeln müssen. Wir müssen das Ganze einmal sauber durchziehen.

Dazu muss ich sehen, wie die ganzen Dinge ausgehen. Heuer sind die Verkehrsverhandlungen, weil auf Bundesebene die Finanzrevision stattfindet. Dann kann man feststellen, wie viel wir in den nächsten Jahren an Mitteln zur Verfügung haben. Dann müssen die Investitionsvolumina für Bestellungen, S-Bahnen und neue Fahrzeuge festgelegt werden. Bei Investitionen in so genannte Nebenverkehrsstrecken bezahlt der Bund auch keine Zuschüsse, und die Bahn sagt: Wir bauen nicht mehr, wenn das Land nicht mitbezahlt. Das ist die jetzige Situation. Ich werde demnächst darüber berichten. Das sind alles Aufgaben, die nach dem Gesetz dem Bund zustehen. Man muss aber kalkulieren können, wie man mit dem uns zur Verfügung stehenden Gesamtvolumen bis zum Jahre 2010 zurechtkommt. Darum bin ich immer dankbar für alle Empfehlungen, dieses oder jenes sofort zu machen; darum bin ich immer dankbar, wenn einer sagt: Ein Zug, in dem kein Mensch sitzt, darf nicht einge

stellt werden. Dies wird wahrscheinlich nicht ganz so gehen. Deshalb empfehle ich immer, an die Dinge mit verkehrswirtschaftlichem Sachverstand heranzugehen, nicht mit irgendeiner vorgeprägten Ideologie. Diese Themen kann man nur auf der Basis realistischer Zahlen und Kalkulationen behandeln.

(Beifall des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Ich möchte eines nicht: dass wir irgendwann bei einem Projekt mangels Finanzierbarkeit stecken bleiben, weil wir nicht ordentlich kalkuliert haben. Damit möchte ich nicht antreten. Deshalb ist mir eine saubere Planung, auch wenn so schöne Empfehlungen kommen, immer noch lieber, als schöne Sprüche abzugeben und schöne Zusagen zu machen, die man nicht einhalten kann.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich gebe jetzt das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, betreffend Qualitätsproduktion in der Landwirtschaft, auf Drucksache 14/6009 bekannt. Mit Ja haben 69 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 86, es gab 4 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 10

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Elisabeth Köhler, Kellner und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Keine Haushaltssperre für Leistungen an Kommunen, Vereine und Verbände (Drucksache 14/6006)

Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen: Frau Kollegin Kellner. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Sie erinnern sich, was die Schlagzeilen der Zeitungen prägte: Bayern legt 600 Millionen DM schwere Verbraucherinitiative auf; bundesweit einmaliges Sonderprogramm. Im Gegensatz zu Berlin schichten wir zur Finanzierung dieses 600-Millionen-Programms nicht einfach um, sondern mobilisieren zusätzliche Haushaltsreserven – so Ministerpräsident Stoiber am 14. Februar dieses Jahres. Das hört sich ganz schön gewaltig an, Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir aber genau hinschauen – heute wissen wir, was mit diesen Haushaltsreserven gemeint ist –, dann sind es soziale, kulturelle und kommunale Einrichtungen, die das 600-Millionen-Sonderprogramm von Ministerpräsident Stoiber finanzieren müssen.

Bei den freiwilligen Leistungen besteht eine dreiprozentige Haushaltssperre. Flüchtig betrachtet könnte hier der Eindruck entstehen, als ob es sich dabei um die Schokostreusel auf dem Capuccino handeln würde. Es sind aber nicht die Streusel, es ist der Capuccino selbst, der damit gemeint ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Finanzminister, durch die ständig wachsenden Haushaltssperren weiß bald niemand mehr, ob die Sperre nicht höher als der Titel ist, der im Haushalt steht.

(Beifall und Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Dr. Bernhard (CSU): Das ist aber logisch unmöglich!)

Wenn es um die Haushaltssperre geht, ist bei Ihnen alles möglich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben folgende Situation: Bei den Sachausgaben, den Zuschüssen an Dritte, gibt es bereits eine Haushaltssperre von 12%. Diese Haushaltssperre lag in den vergangenen steuerlichen Dürrejahren schon einmal bei 15%. Heuer gab es ein kleines Aufatmen. Deshalb liegt diese Haushaltssperre nur noch bei 12%. Dieses Luftholen soll jedoch nur bis Mai dauern. Bereits jetzt werden im Hinblick auf die Haushaltssperre Institutionen wie die Universitäten und Schulen vorgewarnt. Mittel, die sie beantragen, werden ihnen aufgrund dieser Haushaltssperre versagt.

Viele glauben, bei diesen freiwilligen Leistungen handle es sich um ein Zubrot, das nicht unbedingt benötigt werde. Ich habe mich deshalb daran gemacht, für verschiedene Etatposten die Auswirkungen zu berechnen. Die Zuschüsse für die nichtstaatlichen Theater werden noch einmal um 2,76 Millionen DM gekürzt. In der letzten Woche fand im Hochschulausschuss eine Anhörung über die Finanzierung der nichtstaatlichen Theater statt. Dabei wurde unisono, auch vom Ausschussvorsitzenden Dr. Wilhelm, der leider nicht da ist, beklagt, dass die nichtstaatlichen Theater finanziell zu gering ausgestattet seien.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)