Protocol of the Session on March 14, 2001

(Beifall bei der CSU)

Ich setze mich deshalb zusammen mit dem Umweltminister Werner Schnappauf dafür ein, dass die Aufbrin

gung von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Nutzflächen so schnell wie möglich beendet wird. Und hier muss auch der Bund handeln.

(Beifall bei der CSU)

In Bayern wirtschaften rund 4000 Betriebe nach den EU-Ökostandards. In Nordrhein-Westfalen, wo die GRÜNEN schon längere Zeit mit an der Regierung sind, sind es gerade einmal 625 Ökobetriebe.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben doch immer dagegen gearbeitet!)

40% der Ökobetriebe in Deutschland, Herr Dürr, sind in Bayern. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sind die Betriebe, die Sie immer schlecht machen!)

Damit erhalten rund 3% der Betriebe rund 10% der Fördermittel aus dem Kulturlandschaftsprogramm. Für Gründland zahlt Bayern bei ökologischer Wirtschaftsweise mit 450 DM/Hektar schon bisher die höchsten Flächenprämien in Deutschland; für Ackerland mit ebenfalls 450 DM/Hektar gilt dies zusammen mit Sachsen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Einen Rückgang haben wir mit der Umstellung!)

Im Durchschnitt erhält jeder Betrieb des Ökolandbaus in Bayern 426 DM/Hektar seiner landwirtschaftlich genutzten Fläche, im Bundesdurchschnitt sind es aber nur 270 DM/Hektar. Wir können da jeden Vergleich in der Bundesrepublik und darüber hinaus sehr gut bestehen, wir brauchen uns überhaupt nicht zu verstecken.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin daher gespannt, wie die Bundeslandwirtschaftsministerin die angekündigten 20% der Betriebe im Ökolandbau erreichen will, wo sie doch bisher nur darüber spricht, aber selbst mit leeren Händen dasteht. In Bayern dagegen handeln wir, um den Ökolandbau weiter voranzubringen. Mit der Verbraucherinitiative Bayern stehen dafür in den nächsten zwei Jahren zusätzlich 20 Millionen DM zur Verfügung.

Unser Hauptansatzpunkt ist der Markt. Die Ökoprodukte müssen dorthin kommen, wo unsere Hausfrauen einkaufen. Sie müssen mehr als bisher in den Handelsketten und Supermärkten verfügbar sein, wie dies auch in Österreich der Fall ist.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb messen wir einem zukunftsweisenden ökologischen Marketingkonzept Bedeutung bei. Ich werde die Marktpartner an einen Tisch holen, um die notwendigen Schritte einzuleiten.

Die Vermarktung unter dem Stichwort „Aus der Region – für die Region“ hat sich in Bayern in vielen erfolgreichen Initiativen bewährt. Kurze Wege, Frische, hochwertige

Qualität und nachvollziehbare Produktionswege bieten für Erzeuger und Verbraucher eine stabile Vertrauensbasis. Wir wollen mit dieser Vermarktungsinitiative regionale Konzepte fördern und Anschubfinanzierungen geben. Dies gilt auch für die Direktvermarktung und Bauernmärkte, für Bäuerinnen-Schmankerl-Service und Partnerschaftsprojekte zwischen Landwirtschaft, Handwerk und Gastronomie.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir werden auch ein neues und EU-konformes Qualitätssiegel entwickeln. Das neue Siegel „Geprüfte Qualität“ soll mit verstärkten Kontrollen und Prüfbestimmungen eine nachvollziehbare Erzeugung und hochwertige Lebensmittelqualität sichern. Wir brauchen dieses Zeichen, damit die Verbraucher die Möglichkeit haben, Produkte zu erkennen und zu kaufen, die nach Qualitätsstandards hergestellt worden sind. Deshalb werden wir schnell handeln.

(Beifall bei der CSU)

Sie sehen: Wir tun das, was wir im Rahmen unserer Kompetenzen tun können. Beim Bund und bei der EU gibt es dagegen bisher leider nur Fehlanzeige zu vermelden. Dabei sind für wesentliche Rahmenbedingungen der Land- und Ernährungswirtschaft letztendlich Berlin und Brüssel verantwortlich; das wissen Sie ganz genau.

Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin ergeht sich zu lang in Ankündigungen. Sie kann dabei nicht stehen bleiben.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt muss gehandelt werden. Ich sage Ihnen, wo die Defizite liegen.

(Starzmann (SPD): Bei Ihnen!)

Es müssen folgende Maßnahmen ergriffen werden: Erstens. Ausschöpfung der im EU-Recht gegebenen Möglichkeiten, um eine naturnahe Landwirtschaft zu stärken. Dabei können Sie mithelfen. Zweitens. Anpassung der Gemeinschaftsaufgabe, um zum Beispiel den Ackerfutterbau zu stärken und um den Ökolandbau tatsächlich voranzubringen. Drittens. Differenzierung der EU-Ausgleichszulage nach Betriebs- und Bestandsgrößen. Das bedeutet die Abschöpfung von Zahlungen an Großbetriebe zugunsten von Umweltaktivitäten. Das ist die so genannte Modulation, die Sie selbst immer gefordert haben.

(Starzmann (SPD): Aber Sie nicht!)

Jetzt müssen die Maßnahmen umgesetzt werden.

(Lachen bei der SPD)

Dann setzten Sie sie doch endlich um. Es sind zwei Jahre vergangen, ohne dass etwas geschehen ist.

Viertens. Novellierung des Landwirtschaftsgesetzes des Bundes mit dem Ziel der Ausschöpfung aller Möglichkei

ten der Einkommenssicherung und Festlegung ökologischer Komponenten. Das Agrarfachrecht ist in einem Agrargesetzbuch zusammenzufassen und zu kodifizieren. Dabei sind die Grundsätze der guten fachlichen Praxis transparent herauszuarbeiten. Fünftens. Die Forderungen der europäischen Verbraucher nach einer raschen und verbindlichen Sicherung von Umwelt-, Sozial-, Hygiene-, Pflanzen- und Tierschutzstandards müssen in internationalen Abkommen wie dem WTO-Vertrag verankert werden. Sechstens. Streichung der Exportsubventionen für Lebendexporte von Schlachtvieh und die damit zusammenhängenden Transporte. Siebtens. Ein rasches Verbot des Einsatzes antibiotischer Leistungsförderer.

Es hilft uns wenig, wenn die Entscheidungen erst im Jahr 2005 getroffen werden. Wir hätten erwartet, dass sich die Bundeslandwirtschaftsministerin durchsetzt und das Verbot sofort in Kraft tritt und nicht erst in vier oder fünf Jahren.

(Beifall bei der CSU – Starzmann (SPD): Ein Saulus wandelt sich zum Paulus!)

Die Bundeslandwirtschaftsministerin wurde bereits bei ihrer ersten Agrarratssitzung in Brüssel mit der harten Realität der europäischen Agrarpolitik konfrontiert. Es ist ihr bisher nicht gelungen, Verbündete unter den EUAgrarministern zu gewinnen. Nicht an den Worten, sondern an den Tagen werden wir sie messen. Es geht darum, was sie in Brüssel zugunsten unserer Landwirtschaft und unserer Verbraucher durchsetzt.

Entscheidende Weichenstellungen müssen auf EUEbene erfolgen. Folgende Maßnahmen sind dort kurzfristig umzusetzen:

Erstens. Ein generelles, europaweites und dauerhaftes Verbot der Tiermehlfütterung. Ich mache darauf aufmerksam: Es darf doch nicht wahr sein, dass in drei Monaten die Tiermehlverfütterung schon wieder erlaubt sein soll. Das müssen wir verhindern. Es gilt, alles zu tun, damit sich BSE nicht weiter verbreitet.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens. Europaweite Einführung einer offenen Deklaration der Inhaltsstoffe von Tierfuttermitteln und die Schaffung einer Positivliste, in der die Futtermittel aufgeführt sind, die zur Verfütterung zugelassen sind. Wir sehen in den Tieren Geschöpfe, die ein Anrecht darauf haben, ordentliches Futter zu erhalten und nicht Abfallprodukte zu verwerten.

(Beifall bei der CSU)

Drittens. Umgehende Einführung der BSE-Tests in allen Ländern der EU für Rinder ab 24 Monaten sowie für Schafe und Ziegen, die zum schlachten bestimmt sind.

Viertens. Entsprechend einer bayerischen Bundesratsinitiative müssen die in der EU geltenden Standards auch für Drittländer gelten. Es ist nicht hinnehmbar, dass bei uns Rinder ab 24 Monaten getestet werden, argenti

nisches Rindfleisch aber in unser Land kommen kann, ohne dass überhaupt getestet wird.

(Beifall bei der CSU)

Wir brauchen die gleichen Maßstäbe und Sicherheiten für unser Fleisch, egal ob es sich um europäisches oder importiertes Fleisch aus Drittländern handelt. Vor allem muss von den Beitrittsländern im Osten die Einführung des BSE-Tests gefordert werden, damit es in wenigen Jahren kein böses Erwachen gibt.

(Zuruf von der SPD)

Wir verkaufen Rindfleisch nach Russland.

Fünftens. EU-weite Freigabe von Stillegungsflächen zum umweltverträglichen Anbau von Eiweißpflanzen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, für diese Forderungen muss sich Frau Künast energisch einsetzen und Erfolge erzielen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

(Beifall bei der CSU)

Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen brauchen wir einen grundlegenden Umbau des Systems der EU-Ausgleichszahlungen. Sie machen inzwischen 70% des EUAgrarhaushaltes aus. Die derzeitige EU-Agrarpolitik begünstigt über die Marktordnungen im Grunde immer noch die am meisten produzierenden Betriebe. Daran haben die Reform von 1992 und die Agenda 2000 nichts geändert. Es wurden nicht die Ursachen angegangen, sondern es wurde nur an den Symptomen kuriert. Dies bedeutet im Grunde eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Agrarfabriken und zulasten der umweltgerechten bäuerlichen Landwirtschaft. Die Kosten für diese Fehlentwicklung haben letztlich wir alle zu tragen.