dern den Mangel produziert und wissen heute nicht mehr, wie Sie den Pflichtunterricht abdecken können.
Aus den Debatten des bildungspolitischen Ausschusses wissen Sie, dass wir uns hinsichtlich des Unterrichtsausfalls sehen lassen können. Wir können eine der besten Bilanzen vorweisen. Sie erzeugen mit Ihren Darstellungen immer wieder Zerrbilder, die mit der Realität draußen nicht in Einklang zu bringen sind. Herr Kollege Irlinger, wenn wir dieses Thema vertiefend angehen wollen, müssen wir feststellen, dass der Bedarf an Lehrern und das Potenzial der tatsächlich zur Verfügung stehenden Lehrkräfte nie in Einklang gebracht werden konnten. Das ist das Ergebnis von Forschungen, die seit dem 18. Jahrhundert durchgeführt wurden. Wenn wir eine Lehrerschwemme hatten, war die Folge, dass junge Leute von einem Lehramtsstudium Abstand genommen haben. Hatten wir einen Mangel an Lehramtsbewerbern, haben wir in der Folge mehr Lehramtsstudenten bekommen. Es gab also schon immer einen Zyklus, der nicht in Einklang zu bringen war.
Hinzu kommen weitere Faktoren, die ebenfalls ausschlaggebend sind. Die Staatsregierung hat jedes Jahr – im Gegensatz zu anderen Länderregierungen – eine Prognose über den voraussichtlichen Bedarf an Lehrkräften herausgegeben. Deshalb haben wir immer entsprechend reagieren können. Wir sind in der Vergangenheit im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern relativ gut gefahren. Sie haben behauptet, wir würden den Wirtschaftsstandort gefährden. Ich möchte Ihnen dazu Folgendes sagen: Weil wir anerkanntermaßen der Wirtschaftsstandort in der Bundesrepublik Deutschland sind, haben wir eine Wanderungsbewegung nach Bayern und nicht von Bayern weg.
Wir haben eine sehr günstige Situation, weil wir eine geringe Jugendarbeitslosigkeit und nahezu Vollbeschäftigung haben. Deshalb hat eine Wanderungsbewegung stattgefunden, die selbst die kühnsten Annahmen übertroffen hat. Wir hatten statt 13000 zusätzlichen Schülern insgesamt 18000 Schüler unterzubringen, also 5000 Schüler mehr.
Herr Kollege Irlinger, Sie haben über die Fachoberschulen geklagt. Bis vor zwei Jahren war die Lehrerversorgung an den Fachoberschulen und den Berufsoberschulen überhaupt kein Problem. Warum gab es eine Veränderung? Wir hatten eine Veränderung, weil viele Schüler, die früher nach der mittleren Reife in den Beruf gegangen sind, die Chance, sich fortzubilden, beim Schopf packen wollen. Anschließend wollen sich diese Leute an den zehn neu gegründeten Fachhochschulen fortbilden und sich für ein neues Berufsbild qualifizieren. Diese neuen Fachhochschulen gibt es übrigens auch nur in Bayern. In den letzten Jahren gab es an den Fachoberschulen jeweils 5000 Schüler mehr, als ursprünglich prognostiziert waren.
Herr Kollege Irlinger, Sie haben von der Attraktivität der Lehrämter gesprochen. Ich bitte Sie, wenden Sie sich nicht an die Bayerische Staatsregierung, sondern an die anderen Länder.
Wir sind natürlich in Bayern. Wenden Sie sich an die Länder, die im Bundesrat und der KMK die bayerischen Bemühungen, die Absenkung der Referendariatsgehälter aufzuheben, boykottieren. Gegen dieses Problem hat sich Bayern schon immer gewehrt. Ihre Genossen haben diese Maßnahmen auf dem Rücken der Lehrer eingeführt, weil Sie zu Hause nicht wirtschaften konnten.
Herr Kollege Irlinger, Sie sind doch derjenige, der an der Spitze der Bewegung mit einigen Verbandsfunktionären laufend das Lehramt schlecht redet. Sie sprechen nur von großen Klassenzahlen, obwohl selbst in Zeiten des Schülerzuwachses die Durchschnittsgrößen in der Volksschule gesunken sind. Herr Kollege Irlinger, Sie wissen ganz genau, dass es in den Volksschulen Durchschnittsgrößen von 22 und 23 Schülern gibt. Sie wissen, dass sich die Zahl der Klassen mit über 30 Kindern in den Volksschulen mehr als halbiert hat. Sie malen Horrorgemälde und wundern sich dann, warum junge Leute nicht mehr bereit sind, für das Lehramt zu studieren. Ich tue das nicht, weil ich aus meiner aktiven Zeit und durch Gespräche mit vielen anderen Kollegen weiß, dass das Unterrichten auch heute noch Spaß macht.
Problemverschärfend ist, dass die freie Wirtschaft zunehmend Junglehrer aller Schularten sowohl vor als auch nach dem zweiten Staatsexamen abwirbt. Dies gilt insbesondere für die naturwissenschaftlichen Fächer und zunehmend für Lehrkräfte anderer Fächerverbindungen. Die Erfahrungen früherer Jahre zeigen, dass der Abwerbedruck sinkt, sobald die konjunkturellen Aussichten nachlassen. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie heute darlegen, wie Sie sich die leistungsgerechte Besoldung vorstellen. Ich bin gerne bereit, in dieser Frage auf einen Konsens mit den anderen Parteien hinzuwirken.
Unterbreiten Sie doch einmal den Vorschlag, die Lehrerbesoldung von der allgemeinen öffentlichen Besoldung abzukoppeln. Schaffen Sie eine eigene Lehrerbesoldung, zum Beispiel von L 1 bis L 10. Die Lehrer könnten dann im Eingangsamt nach der Studiendauer eingestuft und später mehrfach befördert werden. Die Tüchtigsten sollten dann zu den 10% gehören, die L 10 erreichen könnten. Dies würde zu mehr Leistungsgerechtigkeit führen und die Attraktivität in finanzieller Hinsicht erhöhen.
Zu den finanziellen Maßnahmen, die wir vorgeschlagen haben, haben Sie bzw. Ihre Parteifreunde in anderen Bundesländern immer Nein gesagt. Sie haben behauptet, dass es in Bayern besondere Regelungen gebe. Das
ist auch falsch. Ministerpräsident Koch, der in Hessen die Politik des Ministerpräsidenten Eichel übernehmen musste, hat eine Bankrotterklärung entgegennehmen müssen.
Er stellt heute so viel Lehrer ein, wie er nur bekommen kann. Nordrhein-Westfalen musste sogar während des Schuljahres Klassen zusammenlegen. Das zeigt, wie die Personaldecke in diesem Bundesland aussieht. Die Lehrer ergreifen dort die Flucht, weil die Arbeitsbedingungen in Nordrhein-Westfalen miserabel sind. Herr Kollege Irlinger, die Staatsregierung muss nicht von der SPD zu irgendetwas aufgefordert werden. Die Staatsregierung hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie, mit Unterstützung der CSU, bei den Einstellungen immer an der Spitze mitmarschiert. Dies wird auch künftig so sein.
Ich bin mir sicher, dass Sie genau nachgelesen haben, was wir zu diesem Thema in Wildbad Kreuth gesagt haben. Nur so kann ich die Intention Ihres Antrags verstehen. Sie wissen, dass wir darangehen werden, die Rahmenbedingungen für den Unterricht zu verbessern.
(Frau Radermacher (SPD): Herr Kollege Knauer, das glauben Sie doch selber nicht, was Sie jetzt sagen!)
Wir werden in den nächsten Jahren deutliche Verbesserungen erreichen. Sie wollen sich mit diesem Dringlichkeitsantrag, der überhaupt keine Dringlichkeit hat, an die Spitze der Bewegung setzen. Dieses Spiel ist leicht zu durchschauen.
Wir haben keine Veranlassung, die Staatsregierung zu irgendetwas aufzufordern. Wir sind sicher, die Staatsregierung wird handeln.
Wenn sie im Übrigen die Finanzen ansprechen, Herr Kollege Irlinger, und den Ministerpräsidenten kritisieren wollen, dass er für die BSE-Bekämpfung zusätzliche Mittel bereitstellen will, dann muss ich Ihnen entgegenhalten, dass ich bisher noch nicht gehört habe, dass die neue Verbraucherministerin, Frau Künast, auch nur eine einzige Mark zur Bekämpfung des Problems zur Verfügung stellen will.
Ich will Ihnen noch eines sagen: Im letzten Doppelhaushalt sind 40% der Mehrungen in den Einzelplan 05 geflossen. Darin unterscheiden wir uns von allen anderen Bundesländern. Das macht nicht nur zweimal 200 Millionen DM wie für Sie aus, sondern das sind in diesen beiden Jahren über 1 Milliarde DM. Daran sollten Sie sich orientieren, und das sollten Sie auch anerkennen. Wir werden Ihren Dringlichkeitsantrag ablehnen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es tut schon weh, wenn man, wie wir GRÜNEN, Haushaltsplan für Haushaltsplan zusätzliche Lehrerstellen fordert, wenn man hierfür Finanzierungsvorschläge macht und dennoch keine einzige zusätzliche Stelle bewilligt wird. Nun haben wir Lehrermangel, und die Staatsregierung sucht händeringend nach Lehrkräften. Es tut schon weh, wenn man, wie wir, gemeinsam mit der SPD im Bildungsausschuss bei Hunderten von Petitionen von arbeitslosen Grundschullehrerinnen und -lehrern für deren Anstellung kämpft, die CSU in Hunderten von Fällen Nein sagt, und wir jetzt Lehrermangel haben und die Staatsregierung händeringend nach Lehrkräften sucht.
Herr Kollege Knauer, Sie sagen doch selbst, Grundschullehrer kann man für die Hauptschule umschulen. Es gebe also durchaus Möglichkeiten, deren Qualifikation aufzugreifen und diese Lehrerinnen und Lehrer sozusagen umzuschulen.
Es war nie Geld da, und vom ehemaligen Finanzminister Huber stammt der Spruch: Kein Geld ist immer da. Also: Kein Geld war immer da, und so haben wir über Jahre hinweg gut ausgebildete, hoch qualifizierte Lehrkräfte auf die Straße geschickt, in die Arbeitslosigkeit entlassen oder in andere Beschäftigungsverhältnisse gedrängt. Jetzt werden händeringend Lehrkräfte gesucht. Fachfremdes Personal rückt in das Visier der Bildungspolitiker und Bildungspolitikerinnen, das pädagogisch und methodisch-didaktisch auf einen entsprechenden Level gebracht werden muss. Während dessen haben wir über lange Jahre hin die Qualifikation der ausgebildeten Lehrkräfte missachtet. Das alles ist für mich bitter, und ich frage mich, wieso es nicht möglich ist und möglich war, zuverlässige Prognosen über den Lehrerbedarf aufzustellen und die entsprechenden Lehrkräfte auszubilden.
Nun schwirren alle möglichen Vorschläge durch die Köpfe der Bildungspolitiker und Bildungspolitikerinnen, der Ministerin und durch den Blätterwald. Lehrer und Lehrerinnen aus Österreich, Fachkräfte aus der Industrie werden ins Gespräch gebracht und es wird über Maßnahmen nachgedacht, um die Attraktivität des Berufs der Lehrerin und des Lehrers zu erhöhen. Man überlegt, die Zwei-Drittel-Verträge abzuschaffen. Dabei würde doch niemand die Staatsregierung hindern, statt der ZweiDrittel-Verträge ganze Stellen anzubieten. Es gibt kein Gesetz, das das verbieten würde.
Das war damals nur eine Maßnahme, um die Arbeit auf möglichst breite Schultern zu verteilen. Nun verkauft Alois Glück dies als eine Superidee, die unbedingt umgesetzt werden muss. Das kann er machen, nichts spricht dagegen, aber damit muss man keine Zeitungen voll schreiben. Es werden Beförderungsämter genannt und die Möglichkeit, die Besoldung bei den Referendaren und Referendarinnen anzuheben und vieles mehr. Herr Kollege Knauer, Sie haben das Beispiel des Beförderungsamtes angeführt und gesagt, dies sei eine Möglichkeit, den Lehrerberuf attraktiv zu machen. Dazu möchte ich eines sagen: Es kann schon sein, dass wir, wenn wir ein Beförderungsamt anbieten, wenn wir mit dem Status des Beamten werben und mit den Ferien, mehr Menschen dazu zu bringen, das Lehramtsstudium zu ergreifen. Ich habe allerdings Bedenken, ob dies der richtige Weg ist. Menschen, die diesen Beruf ergreifen, weil es ein Beförderungsamt gibt, weil man lange Ferien hat und weil man dann Beamter ist, die werden in diesem schweren Beruf letztendlich scheitern. Grundlage für diesen Beruf muss die Liebe zum Kind sein.
Die Liebe zum Kind muss die Grundlage sein und an den Schulen müssen Bedingungen geschaffen werden, dass man diese Liebe zum Kind aufrecht erhalten kann.
Es müssen die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass man seinen eigenen beruflichen Anspruch auch tatsächlich verwirklichen kann. Dazu gehört für mich auch, dass es keine Mammutklassen gibt, in denen die Kinder untergehen, sondern dass es kleine Klassen gibt, in denen ich mich dem Kind zuwenden kann. Dazu gehört, dass ich bei pädagogischen Problemen entsprechende Hilfestellungen bekomme, beispielsweise durch die Schulsozialarbeit. Ich glaube, wir tun uns einen viel größeren Gefallen, wenn wir Schule in dem von mir genannten Sinn attraktiver machen als mit Beamtentum, Beförderungsamt und Ferien auf Werbetour zu gehen.
Ich verschließe mich dem Beförderungsamt nicht. Auch ich finde es wichtig, dass die Leute, die aus Liebe zum Kind den Lehrerberuf ergreifen, Entwicklungsmöglichkeiten haben. Ich finde aber, man darf die künftigen Lehrkräfte nicht damit anwerben, dass man ihnen anbietet, diese und jene Bedingung vorzufinden.
Ich möchte noch eine Forderung hinzufügen. Herr Kollege Knauer, Sie haben konkrete Vorschläge eingefordert, was man tun könnte. Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Prüfen wir doch einmal, wie viele Migrantinnen und Migranten in Bayern leben, die in ihrer Heimat ein Lehramtsstudium absolviert haben. Prüfen wir doch einmal, welche Maßnahmen ergriffen werden können, damit diese Personen an bayerischen Schulen unterrichten können.
Das kann von Heimatland zu Heimatland unterschiedlich sein, weil die Lehramtsstudiengänge in den unterschiedlichen Ländern auch unterschiedlich sind. Wir haben aber in den Reihen unserer Migrantinnen und Migranten eine Reihe von Menschen, die beruflich hervorragend qualifiziert und von uns oft völlig unbeachtet sind.. Schauen wir da doch einmal genauer hin und überlegen wir, ob wir deren Qualifikation zur Lösung unseres Problems – der Beseitigung des Lehrer- und Lehrerinnenmangels – heranziehen können.
Zum anderen ist es unabhängig von der momentanen Mangelsituation sinnvoll, Pädagogen und Pädagoginnen mit Migrantenerfahrungen an unseren Schulen unterrichten zu lassen. Zum einen hätten die Migrantenkinder dann entsprechende Identifikationspersonen und Vorbilder. Zum anderen würde es nicht schaden, wenn die Lehrerkollegien etwas von der gesellschaftlichen Vielfalt wiederspiegeln würden, die in den Klassen Normalfall geworden ist.
Eine zweite Idee: Für den Sprachunterricht und für den bilingualen Unterricht, der künftig verstärkt angeboten werden soll, sollten wir im In- und Ausland Native speaker gewinnen. Auch sie könnten einen Beitrag zur Beseitigung des Lehrer- und Lehrerinnenmangels leisten. Durch die Einführung von Englisch an den Grundschulen und durch ein vermehrtes Angebot von bilingualem Unterricht wird sich der Bedarf an Fremdsprachenlehrern und -lehrerinnen wohl erhöhen. Unabhängig von unserer Mangelsituation ist es sinnvoll, vermehrt Muttersprachler und Muttersprachlerinnen einzusetzen, weil nach meiner Auffassung die Schülerinnen und Schüler dann für die Fremdsprachen besser motiviert werden können.
Bei der Diskussion um den Lehrerinnen- und Lehrermangel möchte ich noch einen weiteren Aspekt anführen. Ich bin der Meinung, dass wir dabei sind, einseitig und eng zu diskutieren. Wir reden allein über Lehrerinnen und Lehrer. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Schule der Zukunft nicht allein von Lehrerinnen und Lehrern gestaltet werden kann. Wir brauchen unter anderem Erzieher und Erzieherinnen, wir brauchen Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Auch Künstlerinnen und Künstler täten uns an der Schule gut. Das Gleiche gilt für Handwerkerinnen und Handwerker, wenn wir sie sinnvoll in ein pädagogisches Konzept einbinden können. Vielleicht fallen uns noch andere Berufsgruppen ein, die unseren Schulen und damit unseren Schülerinnen und Schüler gut täten.
Wenn wir also zukunftsweisend über die Schule und ihren Bedarf an Fachkräften diskutieren wollen – dazu ist jetzt Zeit, weil wir diesen Mangel spüren –, müssen wir diese Dimension berücksichtigen. Ideen gibt es genug. Ich streite nicht ab, dass auch das Ministerium schon denkt. Die SPD denkt darüber nach. Die CSU denkt darüber nach. Es ist aber vernünftig, aus der Vielzahl von Einzelideen ein Konzept zu erstellen. Wir haben nichts dagegen, die Staatsregierung aufzufordern, ein Konzept zu erstellen. Damit hätten wir eine gute Diskus
sionsgrundlage. Deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD. Wir GRÜNEN vertrauen allerdings nicht alleine auf die Schaffenskraft und den Ideenreichtum des Ministeriums. Deshalb werden wir ein eigenes Konzept vorlegen.