Protocol of the Session on December 14, 2000

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nun noch ein paar Worte zu dem, was Sie zur Verschuldung gesagt haben. Wenn man hier Reden hält, sollte man schon sagen, was man wirklich beabsichtigt hat. Bei der Steuerreform standen Sie im Grunde genommen wie ein beleidigter Knabe in der Ecke. Sie müssen sagen, was Sie damals wirklich wollten. Sie sprechen von Verschuldung. Sie müssen den Menschen doch sagen: Wenn die Steuerreform von Herrn Faltlhauser auf Bundesebene durchgegangen wäre, dann hätten wir im Jahre 2001 nicht 1,14 Milliar

den DM Schulden machen müssen, sondern 1,4 Milliarden DM mehr. Sie sind doch in der Vergangenheit, als Sie in der Bundesregierung in der Verantwortung standen, diejenigen gewesen, die Schulden gemacht haben, die eine Steuerreform mit einer höheren Verschuldung für den Freistaat Bayern vorgelegt haben. Das waren doch nicht wir, sondern Sie. Sie haben diese Zahlen auf einer Pressekonferenz genannt. Deshalb ist das, was Sie hier machen, unredlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zur bundespolitischen Bedeutung der CSU – ich neige gelegentlich dazu, zu sagen – als Regionalpartei. Die Steuerreform, die unsere Bundesregierung vorgelegt hat, entlastet Beschäftigte und Unternehmen – die CSU ist dagegen. Die Beiträge zur Rentenversicherung werden von der Bundesregierung laufend gesenkt – die CSU ist dagegen. Die CSU hat sie sogar erhöht. Die Entfernungspauschale nützt den bayerischen Pendlern – die CSU ist dagegen. Die Absenkung der Mineralölsteuer auf Agrardiesel nützt den bayerischen Bauern – die CSU ist dagegen. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung macht eine Politik für die Menschen; die CSU sagt immer nur, nein, nein, nein. Nein zu sagen reicht aber nicht, um etwas zu gestalten. Nein zu sagen reicht bei Ihnen aber zum Glück nicht einmal für ein Blockieren, meine Damen und Herren.

Die Bundesregierung mit CSU-Beteiligung hat 16 Jahre lang immer wieder Steuern angehoben, die Arbeit teurer gemacht, die Verschuldung weiter erhöht, den Arbeitnehmern immer weniger Nettoeinkommen gelassen, die Ertragslage der Unternehmer verschlechtert, Stagnation und Standortkrise zu verantworten. Das war über 16 Jahre Ihre Politik. Die jetzige Bundesregierung schafft es Gott sei Dank endlich, den Standort Deutschland und den Standort Bayern wieder zu sichern. Das ist eine gute Arbeit,

(Lachen bei der CSU)

Meine Damen und Herren, das ist eine gute Politik der Bundesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Lassen wir die Haushaltsberatungen Revue passieren. Aufgrund der umfangreichen Sitzungen betreffend den Haushalt kann ich sagen, dass wir in Zukunft bei den Haushaltsberatungen mehr Parlament und weniger Staatsregierung brauchen. Dies wäre möglich, wenn die CSU-Fraktion endlich dazu bereit wäre, das Budgetrecht dem Finanzminister zu nehmen und wieder ins Parlament zu holen. Dies ist eine Spielregel, meine Damen und Herren; die finanzpolitischen Rahmendaten sind nicht Verschlusssache der Staatsregierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie die Drucksache 14/3855, die ich vorhin genannt habe, heranziehen, sehen Sie den entscheidenden Punkt: Das Parlament braucht rechtzeitig Rahmendaten, um arbeiten zu können. Zuerst müssen die notwendigen Schwerpunkte gesetzt werden, um den Haushalt aufbauen zu können. In Zukunft muss es so sein – wenn ich einmal die Fuß

ballsprache verwenden darf –, dass der Anstoß vom Parlament kommt. Dann kann Herr Faltlhauser mitspielen, einen Rückpass geben. Dies geht aber nicht ohne Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, und mit Ihnen geht es leider auch nicht.

Auch in diesem Jahr war es so wie immer. Die Staatsregierung ist schon ein Vierteljahr im Voraus auf dem Spielfeld und bestimmt, wann der Anpfiff erfolgen soll, bevor das Parlament überhaupt aus der Kabine kommt. Die CSU-Fraktion fängt dann erst an, sich langsam warmzulaufen.

(Hofmann (CSU): Hat der eine Ahnung!)

Wenn die CSU-Fraktion dann endlich aufläuft, gibt es ein großes Problem. Wir stellen dann nämlich fest, dass die CSU-Fraktion falsche Trikots anhat. Die CSU-Fraktion spielt nicht in den Trikots, in denen sie spielen sollte,

(Hofmann (CSU): Darum haben wir nur 55%!)

nämlich in den Trikots des Parlaments. Nein, Sie tragen die Trikots der Staatsregierung. Dies ist falsch, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der CSU: Abseits!)

Wenn Sie hier von Abseits sprechen, komme ich gleich zu einem Thema, das mich unwahrscheinlich bewegt, nämlich zu der Frage, wer die Trikots des Parlaments und wer die Trikots der Staatsregierung trägt. Ich habe zwar kein Mitleid mit Ihnen, aber ich frage mich: Was denken denn die Kollegen von der CSU?

(Herrmann (CSU): Überlassen Sie das lieber uns selbst! – Hofmann (CSU): Ihr seid ja schon als Zuschauer fehl am Platz!)

Ein Beispiel: Die Kollegen der CSU müssen am 26. Oktober im Haushaltsausschuss und am 8. November im innenpolitischen Ausschuss zum Thema „Schutzwesten“ sprechen.

(Hofmann (CSU): Ihr macht ja schon als Zuschauer Fehler!)

Die Kollegen Grabner, Hölzl, Heike und wie sie alle heißen, mussten vehement die Ablehnung der Vorschläge der SPD verteidigen, weil die Anschaffung neuer Schutzwesten angeblich nicht möglich gewesen ist. Herr Kollege Hölzl hat sogar angeregt, die SPD sollte ihren Antrag zurückziehen. Ich kann Ihnen die betreffenden Protokolle vorlegen. Herr Grabner musste dafür kämpfen, dass die Anträge der Opposition nicht durchgehen. Pech gehabt: Drei Tage später sagte die Staatsregierung: Kommando zurück. Trikotwechsel. Schutzwesten werden angeschafft, die die Bediensteten nichts kosten. Noch vor acht Tagen mussten die genannten Kollegen völlig anders argumentieren. Meine Damen und Herren, im Grunde genommen wurden Sie blamiert.

Sie haben solche Entscheidungen offenbar nicht in der Hand. Deshalb glaube ich, dass Sie sich das Trikot des Parlaments anziehen sollten. Wir Sozialdemokraten

haben bewiesen, dass wir sauber rechnen können. Die Kollegen der CSU haben behauptet, wir hätten Milliardenforderungen gestellt, die nicht finanzierbar seien. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wir haben diese Formulierungen gehört. Als wir jedoch dann, als dieser Doppelhaushalt beraten wurde, darauf hingewiesen haben, dass wir im Haushalt Spielraum hätten, hat die CSU gesagt, dass wir keinen Spielraum hätten. Ich stelle fest: Was wir gesagt haben, war richtig. Andernfalls wäre es nicht möglich gewesen, die Nettoneuverschuldung zurückzuführen. Wir haben sauber gerechnet und wissen, was die Menschen bewegt. Wir haben einen Bezug zur Basis und zu den Kommunen. Wir hätten mit diesem Haushalt die Möglichkeit gehabt, nötige Dinge zu erledigen.

Selbstverständlich ist die Sicherheitslage ein großes Problem. Wir sprechen zurzeit über Rechtsextreme und Neonazis und wissen, dass in der Bevölkerung ein Sicherheitsbedürfnis besteht. Herr Kollege Dr. Thomas Jung hat es soeben angesprochen: Nachts ist der Schichtdienst bei der Polizei verhältnismäßig dünn besetzt. Teilweise dürfen im Zuständigkeitsbereich einer Inspektion keine drei Unfälle gleichzeitig passieren, weil nicht genügend Polizeibeamte vorhanden sind. Hier besteht ein absoluter Handlungsbedarf. Die CSU hat diese Entwicklung zu verantworten, weil sie eine schlechte Sicherheitspolitik für die Bevölkerung im Freistaat Bayern betrieben hat. Ähnliches gilt für die Wirtschaftspolitik. Der Finanzminister hat vorhin auf die Wichtigkeit des Themas „Arbeitslosigkeit“ hingewiesen. Dazu kann ich nur sagen: Guten Morgen, Herr Finanzminister. Bis 1998 haben Sie die Arbeitslosigkeit nicht in den Griff bekommen. Sie haben erklärt, dass Sie bis zum Jahr 2000 die Arbeitslosigkeit um 50% reduzieren wollten. Sie haben das nicht geschafft, weil Ihre Wirtschaftspolitik, die Sie auf Bundesebene betrieben haben, nicht stimmte.

Jetzt müssen wir uns über das Thema „Vollbeschäftigung“ und über die Frage unterhalten, wie wir es schaffen, genügend qualifiziertes Personal zu bekommen. Der Missstand, den wir heute beklagen, ist auch Ihre Verantwortung, weil Sie einiges verschlafen haben. Die Arbeitsmarktpolitik ist eine große Herausforderung, die wir im Freistaat Bayern annehmen müssen. Ich erinnere nur an die Diskussion über das lebenslange Lernen. Dieses Thema haben Sie in den Jahren 1986, 1987 und 1988 immer wieder verdrängt. Sie haben unsere Vorschläge für die Bildungspolitik mit dem Hinweis weggeschoben, dass sie nicht notwendig wären. Dieser Haushalt hätte auch die Möglichkeit eröffnet, etwas für die Pflege, die Stärkung der Familie und die Investitionen in die moderne Infrastruktur und die Telekommunikation zu tun.

Vor kurzem war ich in einer Schule, wo man mir erklärte, dass für ein Klassenzimmer zwei PCs angeschafft wurden. Der Freistaat Bayern hat für die Ausstattung der Schulen mit PCs 60 Millionen DM bereitgestellt. Allein die Stadt München gibt hierfür 200 Millionen DM aus. Ich darf daran erinnern: Die Landeshauptstadt wird von Rotgrün regiert. Sie reden nur und handeln ganz anders. Wenn wir wirklich auf Hightech setzen, brauchen wir in den Klassenzimmern eine Revolution hinsichtlich der

Ausstattung mit Informationstechnik. Mit diesem kleinen Tropfen schaffen wir das nicht.

(Beifall bei der SPD)

Gestern hat der Wirtschaftsminister wieder einmal falsche Zahlen genannt. Das ist nichts Neues. Das haben wir schon öfter erlebt. Beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zeigt die Staatsregierung immer nach Berlin. Der Freistaat Bayern wurde beim Zukunftsinvestitionsprogramm bestens bedient. Wir haben Mittel in einer beträchtlichen Größenordnung erhalten. Wir müssen beim Straßenbau einiges in Ordnung bringen. Gott sei Dank haben Sie inzwischen eingesehen, dass man gerade in ländlichen Regionen draufsatteln muss. Die Privatisierungserlöse müssen auch für die Staatsstraßen eingesetzt werden. Herr Kollege Huber, auch in Niederbayern gibt es viele Staatsstraßen, die endlich saniert werden müssen. Die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion haben 1992 für die Staatsstraßen 425 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Vorgestern hat der Innenminister erklärt, dass er zufrieden sei, dass für den Staatsstraßenausbau im nächsten Jahr 300 Millionen DM verwendet werden. Das sind im Vergleich zum Jahr 1992125 Millionen DM weniger. Sie sollten deshalb endlich mit den Belehrungen gegenüber Berlin aufhören. Kümmern Sie sich um Ihr eigenes Haus. Da haben Sie genug Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Sie sollten dieses Thema ernst nehmen. Es ist immer wieder sehr traurig, wenn es zu einem Unfall kommt. Aus den Unfallstatistiken geht hervor, dass die Unfallquote auf den Staatsstraßen in Bayern im Vergleich zur Quote der anderen Bundesländer die höchste ist. Hier ist etwas vernachlässigt worden.

Ich komme zum Thema „Privatisierung“. Herr Minister, Sie haben die UMTS-Erlöse angesprochen. Wie haben Sie eigentlich die Privatisierungserlöse verwendet? Sie sagen immer, Sie hätten damit die Hightech-Offensive gestärkt. Nein. Sie haben viele andere Dinge damit erledigt, zum Beispiel den Ausbau der Staatsstraßen. Dieser Punkt stand nicht im Haushalt. Ich glaube, alle Fraktionen dieses Hauses sind sich darin einig, dass der Haushalt transparenter gestaltet werden muss. Es kann nicht sein, dass man auf der Suche nach einem Haushaltstitel drei Bücher durchblättern muss. Der Haushalt muss insgesamt transparenter gestaltet werden. Gerade hinsichtlich der Verwendung der Privatisierungserlöse sind wir der Meinung, dass ein Teil der Mittel fehlgeleitet worden ist.

Sie haben behauptet, der Freistaat Bayern habe in diesem Haushalt viel für die Kommunen, den Sport usw. getan. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Wir Sozialdemokraten sind stolz darauf, dass wir nicht nur in Berlin, sondern auch als Opposition im Freistaat Bayern die richtigen Themen besetzen und Sie zwingen, etwas zu tun. Das läuft häufig so ab, wie ich es beim Thema „Schutzwesten“ dargestellt habe. Herr Kollege Sackmann musste im Haushaltsausschuss vehement die Ablehnung der Anträge der SPD zur Sportförderung vertreten. Er musste sogar im Plenum erklären, dass der

Freistaat etwas Geld für den Sport ausgebe. Pech gehabt, Herr Kollege Sackmann. Zwei Tage später sagte die Staatskanzlei, dass sie doch etwas tun wolle. Jetzt wird etwas getan, was die Sozialdemokraten seit langem anmahnen.

Sie reden immer wieder vom Ehrenamt und von der Unterstützung der Sportvereine. Deshalb sind die langen Wartezeiten nicht in Ordnung. Wir hören bei Bezirkstagen des BLSV, dass die Sportvereine 5, 6, 7 oder 8 Jahre warten müssen. Diese Aussage ist nicht überzogen. Das ist Realität. Der BLSV sagt, die Sportvereine müssten zu lange warten, bis sie Geld bekämen. Das ist nicht in Ordnung. Staatsregierung und CSU haben, obwohl etwas draufgelegt wurde, bei der Förderung der Sport- und Schützenvereine kläglich versagt.

(Beifall bei der SPD)

Den Sportvereinen wird gesagt, die CSU überlege, ob innerhalb des kommunalen Breitensports die Förderung der Sporthallen, die nicht über die Schulsporthallen finanziert werden, wieder aufgenommen werden kann. Wenn es aber im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags darum geht, Farbe zu bekennen und die Hände zu heben, strecken Sie die Hand ganz weit unter den Tisch, damit Sie nicht in Versuchung kommen, meine Damen und Herren von der CSU, sie hochzuheben. Das ist Ihre zwiespältige Politik: Draußen reden und im Landtag ganz anders entscheiden.

Es geht auch um die Kommunen. Sie sagen, diese seien das Herzstück. Wir sagen, Staatsregierung und CSUFraktion machen eine äußerst kommunalunfreundliche Politik.

(Zuruf des Abgeordneten Neumeier (CSU))

Zu dem Wort stehe ich, Herr Kollege.

Ich nenne einige Beispiele. Auf Vorschlag des Kollegen Heinz Mehrlich haben wir die Richtlinie für die Zuwendung für wasserwirtschaftliche Vorhaben – RZWas – diskutiert. Die Kolleginnen und Kollegen der CSU haben den Kommunen versprochen, dass es keine Verschlechterung geben werde, aber dass eine Neuordnung erfolgen müsse.

(Hofmann (CSU): Das ist nicht wahr!)

Sie haben nicht gesagt, dass es eine Verschlechterung geben wird. Die Kommunen bekommen aber weniger Geld.

(Hofmann (CSU): Das ist die Unwahrheit!)

Lesen Sie das Protokoll.

Die Kommunen bekommen wesentlich weniger Geld. Das ist Tatsache. Kollege Ach hat wenigstens eine Überprüfung angekündigt. Manche Kollegen der CSU haben gesagt, es sei falsch, wenn die SPD behaupte, die Kommunen müssten noch 4,2 Milliarden DM an Zuschüssen erhalten für diese Maßnahmen. Die Nachprüfung hat ergeben, dass die Zahl richtig ist. Wir sagen: Den Kom

munen stehen jetzt noch 4,2 Milliarden DM an Zuschüssen zu, und Sie geben nur 700 Millionen DM in den Haushalt. Unsere Anträge, den Kommunen etwas mehr zu geben, damit die Abfinanzierung schneller erfolgen kann und die Bürgerinnen und Bürger keine höheren Gebühren für die Abwasserentsorgung und die Wasserversorgung zahlen müssen, sind also berechtigt. Die Bürgerinnen und Bürger sollen nicht die Zeche der CSU zahlen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe vorhin das berühmte „Doppelspiel“ angesprochen, das die CSU gerne spielt. Ich greife noch ein paar Beispiele heraus. Zum Beispiel prangert ein Finanzminister bei den Finanzbeamten in Neu-Ulm an, dass die Bundesregierung und der Bundesfinanzminister nicht bereit seien, den Beamtinnen und Beamten eine zeitgemäße Besoldungserhöhung für Beamte und Versorgungsempfänger zu geben. Er bemängelt das und bekommt Beifall; das ist klar. In dem Augenblick, wo es um den eigenen Haushalt geht, sagt er aber: Danke Herr Schily, dadurch sparen wir uns 250 Millionen DM. Herr Minister, Sie haben sich 250 Millionen DM sparen können. Das ist doch nicht schlecht. Das ist ein schönes Geschäft.