Protocol of the Session on November 10, 2000

Mich freuen die Fördermittel für besonders kreative und innovative Projekte an Schulen. Genau dieses haben wir bereits zum Doppelhaushalt 1999/2000 gefordert. Damals wurde es noch abgelehnt. Ich freue mich, dass die CSU und die Staatsregierung nun einsichtig waren.

Mich freut auch, dass die CSU unsere Anträge zur Umwelterziehung, die wir bereits 1997 gestellt haben, recyclet hat. Es freut mich, dass die CSU eingesehen hat, dass die als Folge des Kienbaum-Gutachtens getroffenen Sparmaßnahmen, z.B. beim Sport, ein großer Fehler waren und dass sie dabei ist, ihn zu korrigieren, obwohl uns das als Opposition nicht weit genug geht.

Es freut mich, dass wir aufgrund der Anträge der Grünen beim islamischen Religionsunterricht ein ganzes Stück weitergekommen sind.

(Widerspruch des Abgeordneten Herrmann (CSU))

Herr Herrmann, wenn Sie den zeitlichen Ablauf betrachten, werden Sie mir Recht geben müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Herr- mann (CSU): Wenn Sie zu Besuch nach Erlangen kommen, werden Sie sehen, wer damit angefangen hat!)

Das weiß Herr Kollege Knauer, und Herr Dr. Spaenle hat das durchaus so anerkannt.

Mich freut, dass im Gymnasium die Kollegstufe mit ihrem Kurssystem beibehalten werden soll. Sie sehen also, Sie liegen gar nicht so verkehrt, wenn Sie auf uns hören. Das können Sie ruhig öfter tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte noch etwas für Sie zum Abschreiben, nämlich meine Anträge, die ich bereits 1995 gestellt habe und die zum Ziel hatten, das Interesse von Mädchen und jungen Frauen für die mathematisch-technischen Ausbildungsrichtungen zu erhöhen. Die IT-Branche boomt, sucht händeringend nach Arbeitskräften und bietet damit auch

Frauen hervorragende berufliche Perspektiven. Wie gesagt, ich biete Ihnen unsere Initiativen von 1995 gerne an.

Schule braucht mehr als Werbeveranstaltungen, braucht mehr als hasenfüßige Reförmchen. Schule braucht unser Vertrauen und den Mut, grundlegende Reformen von unten zuzulassen und zu fördern. Der Doppelhaushalt spiegelt das nicht wieder, und deshalb lehnen wir ihn ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kollege Sackmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Münzel, ich möchte gleich vorausschicken, dass wir dem Haushaltsplan aus guten Gründen zustimmen werden.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dieser Haushalt ist nämlich – Frau Staatsministerin hat es schon erwähnt – der Schwerpunkt in diesem Doppelhaushalt. Sie werden nicht darum herumkommen, sich das immer wieder anhören zu müssen: Wir haben in diesem Doppelhaushalt für den Einzelplan 05 eine Steigerung von über einer Milliarde DM. Das ist ein in ganz Deutschland einmaliger Kraftakt. Sie sind ja nur neidisch, dass das erreicht worden ist.

(Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin froh!)

Frau Staatsministerin, Sie können stolz darauf sein.

Ihre Alternative von der Opposition besteht darin, Anträge mit Kosten von 400 Millionen DM einzubringen, ohne dass ein Deckungsvorschlag dahinter steht. Das ist keine redliche Haushaltspolitik; das nimmt Ihnen in Bayern niemand ab. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Lieber Herr Irlinger, Sie kritisieren uns immer dann dafür, dass wir uns mit anderen Ländern vergleichen, wenn Ihnen der Vergleich nicht passt. In Ihrer Rede aber haben Sie zwei- bis dreimal gesagt: Sehen Sie nach Hamburg, sehen Sie dorthin.

(Irlinger (SPD): Einmal!)

Das kam ein paarmal vor. Ich nenne Ihnen ein Beispiel dafür, dass wir gehandelt haben, während Sie uns kritisieren.

(Irlinger (SPD): TIMSS-Studie!)

Ich meine den Unterrichtsausfall. Ich stelle fest: Im Freistaat Bayern fallen lediglich drei Prozent des Unterrichts aus. Aus der Zeitung „Die Welt“ geht hervor, dass in Nordrhein-Westfalen, wo Sie von der SPD regieren, an den Gymnasien über elf Prozent des Unterrichts ausfallen, an den Gesamtschulen über 16 Prozent.

(Zahlreiche Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie doch zu und nehmen Sie das künftig auf. Diesen Vergleich sollte man Ihnen viel öfter vor Augen halten.

(Beifall bei der CSU –Odenbach (SPD): Jeder erzählt das Gleiche! – Unruhe)

Herr Irlinger, Sie haben die Förderschulen angesprochen. Die CSU-Fraktion – Kollege Blasius Thätter wird dazu noch Näheres sagen – hat hier einen Schwerpunkt gesetzt. Mit deutlicher Handschrift der CSU wird das Aktionsprogramm Förderschulen gestartet, wofür im kommenden Jahr 25 Millionen und im Jahr darauf nochmals 17 Millionen vorgesehen sind. Dadurch können mobile sonderpädagogische Dienste und die mobile Reserve unterstützt werden. Damit erhält dieser Bereich zusätzlich 200 Vollzeitkräfte. Diesen enormen Kraftakt sollten Sie einmal würdigen.

Sie haben die Schulsozialarbeit angesprochen. Dieses Thema haben wir im Haushaltsausschuss immer wieder beraten. Ich lasse mir von Ihnen nicht unterstellen, dass wir in diesem Fall untätig sind, sondern ich möchte ganz deutlich machen – das wurde im Haushalts- und Bildungsausschuss immer wieder vorgetragen, aber Sie wollen es nicht zur Kenntnis nehmen –, dass in Bayern derzeit über 20 Pilotprojekte mit den unterschiedlichsten Ansätzen laufen. Wir wollen ganz bewußt abwarten, wie sich diese Projekte entwickeln, die unterschiedlichen Ansätze, die sich zum Teil sehr erfolgreich entwickeln, aufgreifen und dann in ein Gesamtkonzept aufnehmen. Das muss auch in enger Abstimmung mit den Kommunen geschehen, was zur Zeit geschieht. Daher ist es sinnvoll abzuwarten, bis das Gesamtkonzept vorgelegt wird.

(Zuruf des Abgeordneten Wahnschaffe (SPD))

Sie kritisieren, dass wir Lasten auf die Kommunen abwälzen würden. Das können gerade Sie uns nicht vorhalten. Vielmehr will ich Ihnen drei Bespiele aus dem Bund nennen. Zum einen den Spitzensport. In diesem Fall wälzt der Bund Lasten auf die Länder ab. Das geschieht ebenso im Sozialwesen. Die Kommunen werden durch die rot-grüne Regierung in Berlin im Bereich der Pflegekassen mit 400 Millionen belastet, im Falle der Krankenversicherung mit 1,2 Milliarden, und beim ersten Entwurf von Riester zur Rentenreform wäre im Sozialhilfebereich auf die Kommunen auch noch einiges zugekommen.

Ähnliches gilt für die Steuerreform; ich nenne nur vier Zahlen. Im Jahr 2001 ergibt sich für den Freistaat Bayern eine Grundbelastung von drei Milliarden DM, für die Kommunen eine Belastung von 800 Millionen DM. Bis zum Jahr 2006 steigt die Belastung für Bayern auf 4,2 Milliarden DM und für die Kommunen auf 1,2 Milliarden DM. Sie haben wohl schon lange nicht mehr mit den kommunalen Spitzenvertretern geredet. Die kommunalen Spitzenvertreter reden über Berlin und nicht über München.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Irlin- ger (SPD))

Die Staatsregierung und die CSU-Fraktion haben gerade in den letzten Jahren einen Schwerpunkt auf den privaten Schulhausbau gelegt, wofür wir in den letzten beiden Jahren über 118 Millionen DM veranschlagt haben. Zusätzlich gab es ein Darlehensprogramm mit über 160 Millionen DM, und jetzt legen wir im Haushalt noch einmal 35 Millionen DM drauf, um für Vielfalt in der Schullandschaft zu sorgen und den Antragstau abzubauen. Noch nie wurde im Freistaat Bayern der private Schulhausbau so unterstützt wie im vorliegenden Doppelhaushalt. Das sollten Sie einfach einmal würdigen.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin Kollegen Bernhard Sibler als neuem Jugendsprecher sehr dankbar dafür, dass er das Thema „Gewaltprävention“ aufgegriffen hat: Wir sehen 500000 DM für das Aktionsprogramm „Präventive Jugendarbeit – Kampf gegen Gewalt und Rechtsradikalismus“ vor. Es war richtig, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Ich bin sehr froh, dass Sie dem im Hochschulausschuss zugestimmt haben. Ich glaube, dass uns dabei gerade Jugendverbände unterstützen werden, die im Freistaat Bayern Hervorragendes leisten. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Ausländerkriminalität und die Kriminalität an Ausländern im Freistaat Bayern am geringsten ist.

(Zuruf des Abgeordneten Irlinger (SPD))

Hier leisten die Verbände und vor allem unsere Jugendorganisationen hervorragende Arbeit. Dieser Ansatz ist also richtig.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben im Haushaltsausschuss diesem Haushaltsplan zugestimmt. Liebe Frau Staatsministerin, ich wünsche Ihnen beim Vollzug viel Erfolg! Wir können eines feststellen:

Die Zukunft unserer Kinder liegt bei Ihnen in guten Händen. Alles Gute für die Umsetzung!

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Thätter.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich heute in der Debatte über den Entwurf für den Einzelplan 05 über das Förderschulwesen sprechen kann, möchte ich die Gelegenheit nutzen zu danken. Ich danke dafür, dass ein kleiner, aber schwieriger Teil der Schullandschaft, der eher an deren Rand liegt, hier im Parlament stets hohe Beachtung findet. Ich danke auch dafür, dass die Staatsregierung bemüht ist, die Vorstellungen des Parlaments in die Praxis umzusetzen. Was die Förderschulen angeht, ist in den letzten Jahren viel geschehen. Eigentlich sind wir mit unseren Bemühungen auf einem guten Weg. Doch weil in der

letzten Zeit Irritationen im Lande aufgekommen sind, erlaube ich mir einige grundsätzliche Ausführungen.

Nach langer Vorarbeit haben wir durch unsere Beschlüsse im Juli 1998 erreicht, dass die sonderpädagogische Förderung im bayerischen Schulwesen neue Flexibilität erlangt hat. Es gilt nicht mehr das Entwederoder, also Regelschule oder Förderschule, sondern ein Sowohl-alsauch: Regelschule und Förderschule sind zur verstärkten Kooperation aufgerufen. Der Förderort kann völlig individuell gewählt werden. Bei der Einschulung wird zuerst der sonderpädagogische Förderbedarf des einzelnen Kindes ermittelt. Dann ist der richtige Förderort auszuwählen; die Eltern werden zur Beratung und zur Entscheidung hinzugezogen. Dieser Ansatz berücksichtigt die Vorstellungen verantwortungsbewusster Eltern, hat aber vor allem das Wohl des einzelnen Kindes im Auge.

Wir meinen, ein Kind soll in der Schule, die es besucht, erfolgreich lernen. In einer Schulklasse erfolgreich zu lernen, das bedeutet unserer Meinung nach, dass das Kind aktiv am Unterrichtsgeschehen teilnimmt, dass es in das Unterrichtsgeschehen eingebunden ist. Das hat nichts mit dem Erreichen gleicher Lernziele zur gleichen Zeit zu tun. Allerdings bedeutet nach unserer Auffassung nicht schon die bloße Anwesenheit in einer Klasse soziales Lernen.

Ich komme zu einem weiteren Schwerpunkt unserer Förderschularbeit: Wir versuchen mit starkem Einsatz, Integration durch Prävention zu erreichen. Dazu haben wir in den letzten Jahren die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste ständig aufgestockt. Allein schon die steigenden Schülerzahlen, vor allem aber der dramatische Anstieg der Zahl von Kindern, die gefährdet, verstört oder von Behinderung bedroht sind und in die Schule kommen, verlangen wirksame Maßnahmen. Negative gesellschaftliche Entwicklungen schlagen hier massiv durch. Es wäre nicht sinnvoll, 15 bis 20% der Schüler an Förderschulen zu überweisen – neue Schulhäuser müssten gebaut werden –, während in Regelschulen Räume leer stehen; mit einer wohnortnahen integrativen Beschulung hätte derlei nichts zu tun.

Deshalb wird versucht, diese Kinder durch den Einsatz der mobilen Dienste – hierbei handelt es sich um Sonderschullehrer, die an Regelschulen die Betreuung problematischer Kinder mit übernehmen – gleichsam aufzufangen und ihnen den Verbleib an der Regelschule zu ermöglichen. So ist die Besetzung dieser Dienste von 102 Stellen im Schuljahr 1995/1996 auf 287 Stellen im laufenden Schuljahr aufgestockt worden. Dies entspricht einer Steigerung um 181%. Wir müssen uns allerdings darüber im Klaren sein, dass die Anstrengungen auf diesem Gebiet noch verstärkt werden müssen, wenn ein effizienter Einsatz dieser Dienste auf Dauer gewährleistet werden soll. Noch etwas muss klargestellt werden: Mobile Dienste sind an Förderschulen installiert und betreuen von dort aus die Regelschulen. Diese Betreuung muss das ganze Jahr über garantiert sein. Die Stellen müssen das ganze Jahr über besetzt bleiben. Die entsprechenden Lehrer dürfen nicht bei Engpässen in der Unterrichtsversorgung abgezogen werden.

Ich möchte nicht verhehlen, dass die Situation an den Förderschulen zurzeit nicht einfach ist. Obwohl die Förderschulen über Jahre hinweg bei der Personalzuweisung bevorzugt wurden, stehen wir im Vergleich zu den anderen deutschen Ländern nicht gut da, was die Zahl der Schüler pro Klasse, die Zahl der Schüler je Lehrer und die Zahl der Unterrichtsstunden je Schüler anbelangt. Der deutliche Anstieg der Zahl der zu betreuenden Schüler hat zu dieser ungünstigen Situation geführt. Wir lassen keinen schwächeren Schüler einfach ohne Betreuung in der Regelschule. So stehen die Schulleiter oftmals vor dem Problem, dass sie vom Stundenbudget her große Klassen in Kauf nehmen müssen, wenn sie noch Möglichkeiten der Differenzierung im Unterricht gewährleisten wollen. Die Aufgliederung des Unterrichts durch Differenzierung ist in den Förderschulen sehr wichtig. Es entspricht aber nicht der Wirklichkeit, wenn von einem Notstand die Rede ist, der den Unterricht an den Förderschulen in Frage stellen würde. Engpässe sind aber durchaus möglich, wenn beispielsweise verstärkt Krankheitsfälle beim Lehrpersonal auftreten.

Ich glaube, man sollte als Beleg für die Anstrengungen des bayerischen Staates zugunsten der Förderschulen einfach die entsprechenden Zahlen nennen. Die Kinder und Jugendlichen in den Förderschulen machen zirka 5% der Schülerschaft aus. Im laufenden Haushalt werden 1,9 Milliarden DM für sie ausgegeben. Das entspricht 8,9% der Ausgaben im Haushalt des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Es trifft zu, dass die gezielte Förderung und Betreuung der Kinder in Fördereinrichtungen mit einem gewissen Mehraufwand verbunden ist. Es ist gut zu wissen, dass diese zusätzlichen Mittel tatsächlich aufgewendet werden. Andere Schularten jedenfalls müssen mit viel weniger leben. So müssen die 6,2% der Schülerschaft, die die viel diskutierten Realschulen besuchen, mit 839 Millionen DM auskommen.