Protocol of the Session on October 18, 2000

Antrag den Bund auf, noch in diesem Jahr zum Abschluss zu kommen und dies weiter voranzubringen. Deswegen darf ich kurz zusammenfassen: Erstens ist es für uns wichtig, dass eine verfassungskonforme Neuregelung transparent, widerspruchsfrei und vor allem anreizgerecht gestaltet ist. Zweitens muss der Bund weiterhin in seiner Verantwortung bleiben und sie auch wahrnehmen. Drittens muss den besonders finanzschwachen Ländern von den zusätzlich erzielten Steuereinnahmen ein deutlicher Eigenanteil bleiben. Deswegen bitte ich Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, unserem Antrag zuzustimmen.

Der Antrag der SPD ist weitgehend deckungsgleich mit dem mehrheitlich gefassten Beschluss im Bundesrat. Sie haben allerdings die im Bundesrat vorgesehene und bereits beschlossene Stadtstaatenregelung herausgenommen. Wir können Ihrem Antrag jedoch nur unter der Bedingung zustimmen, dass Sie den für Bayern zentralen Punkt aufnehmen, nämlich anreiz- und leistungsgerechte Finanzausgleichssysteme einzuführen. Deswegen bitte ich Sie, mit uns in die richtige – unsere – Richtung zu gehen, um die Zukunft im Freistaat Bayern gut gestalten zu können.

(Beifall bei der CSU)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Strasser das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil wir ihn in der derzeitigen Situation als überflüssig betrachten. Dieses Thema kommt bei Ihnen regelmäßig auf Wiedervorlage: Am 14.11.1999 haben Sie bereits einen ähnlichen Antrag gestellt; Beschlussvollzug vom 12. März 2000. Dieser Antrag ist nicht nur ein Schauantrag, sondern das Papier nicht wert, auf dem er steht. Wenn Sie schon das Bedürfnis haben, etwas zuzustimmen, dann können Sie unserem Antrag zustimmen, wie wir ihn vorgelegt haben, weil er im Grunde mit dem Beschluss der Finanzministerkonferenz identisch ist. Sie wissen doch genau, was die Bundesregierung erklärt und die Bundesfinanzminister besprochen haben. Die Bundesfinanzministerkonferenz hat am 09.10. einen Beschluss gefasst. Deshalb hätte Ihre Seite den Antrag nicht stellen müssen.

(Zurufe des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Lieber Kollege, Sie wollen abstimmen, weswegen wir Ihnen die Möglichkeit geben, unserem Antrag zuzustimmen.

(Hofmann (CSU): Sie leisten hier praktizierenden Schwachsinn!)

Herr Strasser, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sackmann?

Bitte schön.

Herr Kollege, nehmen Sie zur Kenntnis, dass Ihr Antrag mit unserem Antrag nicht identisch ist, und können Sie dazu Stellung nehmen, ob Sie bereit sind, ein Anreiz- und Leistungssystem mit aufzunehmen?

Ich habe gesagt: nahezu identisch. Wesentlich ist, dass bei der Finanzministerkonferenz am 9. Oktober der erste Absatz der Beschlussvorlage mit 16 : 0 Stimmen, der zweite mit 13 : 3 Stimmen und der dritte Abschnitt mit 16 : 0 Stimmen beschlossen wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass Sie bei der Finanzministerkonferenz nicht mehr die Mehrheit haben und Sie wieder einmal bei den Verlierern waren. Dies ist im Grunde genommen ein Ausdruck dafür, dass Sie hier die bayerischen Interessen schlecht vertreten.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, heute klagen, der Länderfinanzausgleich sei schlecht geregelt und Bayern müsste so viel bezahlen, sollten Sie zwei Dinge bedenken: Wer hat den Länderfinanzausgleich in dieser Form eingeführt? Wer hat dem Länderfinanzausgleich zugestimmt? 1993/1994 haben die CSUStaatsregierung und der damalige Innenminister die jetzige Form ausgehandelt und ihr zugestimmt.

(Hofmann (CSU): Dazu stehen wir doch!)

Der damalige Finanzminister von Waldenfels hat im Haushaltsausschuss gesagt: Wir leisten einen enormen Beitrag und werden 1999 nahezu drei Milliarden DM zahlen müssen. Diese damals genannte Zahl fand Ihre Zustimmung. Sie haben dies eingeführt.

Die Zahl ist damals mit Ihrer Zustimmung genannt worden.

Wenn Sie schon das Saarland anschneiden, lieber Kollege, dann müssen Sie zum saarländischen Ministerpräsidenten Müller gehen und sagen: „Liebe Saarländer, Ihr schafft es jetzt aufgrund des Länderfinanzausgleichs, dass beispielsweise alle Eltern für den Kindergarten nichts mehr bezahlen müssen.“ Das sind doch die Ungleichgewichte, die Sie früher beklagt haben. Wenn Sie heute erklären, man müsse Finanzanreize schaffen, dann muss man doch hinterfragen, welche Anreize eigentlich geschaffen werden sollen. Eines ist richtig, darüber haben wir uns mit unseren Kollegen unterhalten, und das sollte man auch zur Kenntnis nehmen: Der Freistaat Bayern hat über Jahre hinweg vom Länderfinanzausgleich profitiert. Die Zahlen sind genannt worden. Das sollte nicht zerredet werden.

(Sackmann (CSU): Das anerkennen wir doch!)

Sie müssen konkret nennen, was für Sie Anreize sind.

(Sackmann (CSU): Das ist doch bekannt!)

Herr Kollege Sackmann, wenn Sie schon so viele Anreize schaffen wollen – Sie kommen aus einem

Regierungsbezirk, wo die Kommunen und viele andere Schwierigkeiten haben –, dann muss Ihnen doch bekannt sein, dass wir als Allererstes die Hausaufgaben im Freistaat Bayern machen müssen. Nachdem es im Freistaat so ist, dass Niederbayern beispielsweise nur 58% der Steuerkraft von Oberbayern hat, dann müssen wir hergehen, diese unsere Hausaufgaben machen.

(Beifall bei der SPD – Hofmann (CSU): Dann stellt doch Anträge!)

Augenblick, Herr Kollege, das haben wir doch schon x-mal gemacht. Sie brauchen doch nur zuzustimmen. Anscheinend können Sie jetzt aber nicht mehr zuhören. Das ist der Sachverhalt, und an den Fakten sollte man sich orientieren. Wenn Sie schon so oberlehrerhaft sind und uns alle belehren wollen, was wir zu tun haben, dann müssen Sie doch zuerst einmal im Freistaat beginnen. Sie müssen zum früheren Finanzminister Erwin Huber, der aus Niederbayern stammt, sagen, er sollte Leistungsanreize für Niederbayern schaffen, damit Niederbayern nicht nur 58% der Leistungskraft von Oberbayern hat.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, immer wieder betonen, wir müssten etwas tun, dann halte ich Ihnen entgegen: Die Bundesregierung macht ihre Hausaufgaben.

(Beifall bei der SPD – Sackmann (CSU): Bei uns passiert eine Menge!)

Sie müssen überlegen, wie Sie es schaffen könnten, den Länderfinanzausgleich so zu gestalten, wie Sie sich das vorstellen. Dann müssen Sie eben andere Kollegen in ihr Boot nehmen. Gehen Sie doch nach Berlin, verhandeln Sie dort mit Herrn Diepken, sprechen Sie mit den CDUPolitikern, holen Sie Herrn Biedenkopf in ihr Boot. Solche Verhandlungen wären Ihre Aufgabe und nicht, hier im Landtag so wortreich zu reden.

(Sackmann (CSU): So einfachen machen Sie es sich!)

Lieber Herr Kollege, Sie sind Demokrat. Sie wissen sehr wohl, dass Abstimmungen entscheiden. Sie wissen, so lange Sie in der Minderheit sind, so wie beim Steuerreformgesetz, werden Sie nichts erreichen. Bei diesem Gesetz haben Sie auch nichts für Bayern herausgeholt. Sie waren doch bei den Verlierern. Wenn Sie in diesem Stil weiterfahren, werden Sie auch künftig bei den Verlierern sein. Sie müssen in Ihrem Lager nach Verbündeten suchen. Aber das schaffen Sie offensichtlich nicht.

(Beifall bei der SPD)

Die Abstimmung in der Finanzministerkonferenz lautete 13 zu 3 Stimmen. Sie sollten deshalb nicht in den Landtag gehen, sondern erst einmal bei den CDU-Finanzministern und bei den CDU-Ministerpräsidenten im Saarland, in Thüringen und in Berlin versuchen, Sie für Ihre Pläne zu gewinnen.

Es ist wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass Sie versuchen, im Interesse des Freistaats Bayern konstruktiv mitzuarbeiten. Aber wir haben es gestern gesehen, als es um Arbeitsplätze ging: Sie haben schlecht verhandelt, und das gilt auch hier: Sie verhandeln äußerst schlecht, nicht zugunsten, sondern zu Lasten des Freistaats. Sie werden erleben, dass aufgrund der Verhandlungstaktik, die Sie praktizieren, der Freistaat Bayern künftig nicht weniger in den Länderfinanzausgleich zu zahlen hat, denn das wollen wir nicht. Wir fordern Sie deshalb auf, endlich konstruktiv mitzuarbeiten.

(Beifall bei der SPD – Hofmann (CSU): Sie haben heute einen schlechten Tag erwischt!)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kellner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Eindruck, immer wenn der CSU nichts anderes mehr einfällt, dann kommt sie mit dem Länderfinanzausgleich daher. Wir haben keinen aktuellen Beratungsbedarf. Wir hätten Beratungsbedarf, wenn wir hier tatsächlich über verschiedene Vorschläge diskutieren würden.

(Hofmann (CSU): Wir wollen die Oppositionsparteien testen!)

Herr Hofmann, ich habe mich schon mit dem Länderfinanzausgleich beschäftigt, als dieses Thema von Ihrer Partei noch nicht in den Mund genommen wurde, weil Sie nichts ändern wollten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Glück (CSU) – Lachen bei der CSU)

Herr Glück, es ist gut, dass wir über Protokolle aus allen Ausschüssen verfügen. Ich werde Ihnen das entsprechende Protokoll bringen. Es muss etwa im Jahr 1992 gewesen sein, als Ihr Finanzminister von Waldenfels stolz in den Ausschuss kam und wegen des föderalen Konsolidierungskonzeptes gelobt werden wollte, das er ausgehandelt hatte. Er war genauso lobeshungrig wie der jetzige Finanzminister Faltlhauser. Finanzminister von Waldenfels kam also damals in den Ausschuss und sagte, er wolle gelobt werden, für das, was er ausgehandelt hat. Was er aber aushandelte, ist genau das, wogegen Sie kürzlich geklagt haben. Das ist die Wahrheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Der Antrag, den Sie heute vorlegen, passt genau in die Serie mit der Überschrift: nachtarocken, beleidigt nörgeln. Mir scheint, das ist zu Ihrer Spezialität geworden.

(Sackmann (CSU): Es geht um bayerische Interessen!)

Herr Kollege Sackmann, es geht nicht nur um bayerische Interessen. Auch andere Länder haben Interessen,

die in manchen Punkten durchaus mit bayerischen Interessen kongruent sind.

(Sackmann (CSU): Ich bin für bayerische Interessen im Landtag!)

Tun Sie doch nicht so, als ob Sie von Bayern aus die ganze Bundesrepublik belehren könnten. Sie treten immer mit einem Imponiergehabe auf, weshalb andere Ihnen schon gar nicht mehr zuhören wollen. Langsam hat die Republik davon wirklich genug!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Schauen Sie, Sie haben geklagt, doch diese Klage hat Ihnen nicht zum Ruhme gereicht.