Meine sehr geehrten Damen und Herren, überhaupt keine Beachtung findet, dass Bayern zwar erfreulicherweise bislang von allerschlimmsten Übergriffen und Gewalttaten verschont ist, dass aber von bayerischem Boden aus mit die schlimmsten rechtsradikalen Veröffentlichungen und Publikationen in die Bundesrepublik Deutschland verschickt werden. Hier in München wird die „Deutsche Nationalzeitung“ hergestellt, und von hier aus wird sie vertrieben, ohne dass man auch nur den Versuch unternimmt, etwas dagegen zu tun.
Hier in München wohnt einer der widerlichsten Agitatoren des Rechtsextremismus, Herr Frey. Ich vermisse eine eindeutige Stellungnahme der CSU dagegen, und ich vermisse ein eindeutiges Handeln gegen diese Institution.
Sie können nichts dafür, aber ich darf darauf verweisen, dass der Finanzberater des Herrn Frey ein früheres Mitglied dieses Hauses, ein Landtagsabgeordneter aus dem Münchner Norden von der CSU, ist. Dafür können Sie nichts, aber ich möchte doch darauf verweisen dürfen.
Herr Dr. Bernhard, ich sage Ihnen eines: Wenn Sie wollen, dass die „Deutsche Nationalzeitung“ nicht in München erscheint, dann können Sie das durchsetzen. Ich kann Ihnen einige Beispiele nennen, wie das möglich ist.
Dem Mann schickt man jede Woche einen Betriebsprüfer ins Haus und schikaniert ihn so lange, bis er aufgibt. Genau so macht es übrigens mit Recht die Polizei mit ausländerfeindlichen Rechtsextremisten in Bayern.
Ich will einige Bemerkungen zum Thema „NPD-Verbot“ machen. Ich glaube, dass gerade das, was im bayerischen Verfassungsschutzbericht steht, die Gefahr beinhaltet, dass ein NPD-Verbot scheitern wird. Wenn Sie mit dieser Anklageschrift vor das Verfassungsgericht treten und sagen, auf diesen Erkenntnissen beruht unser Verbotsantrag gegenüber der NPD, dann werden Sie verlieren. Das hielte ich für das Schlimmste. Man stellt einen Verbotsantrag nur dann, wenn man absolut sicher ist, dass die NPD tatsächlich verboten wird. Wäre das nicht der Fall, wäre das die schlimmste aller Möglichkeiten, es wäre eine Reinwaschung der NPD.
Weil Sie von Herrn Dr. Biedenkopf vielleicht eher ein Argument annehmen als von mir, der ich es aber genauso sagen würde, zitiere ich Herrn Dr. Biedenkopf wie folgt:
damit an die Politik zurückgeben. Die NPD ist zur Zeit am ehesten gewaltbereit, aber die DVU ist politisch genauso gefährlich und zudem sehr wohlhabend. Ähnliches gilt für die Republikaner. Würde nur eine dieser rechtsextremen Gruppen verboten, würde man die anderen rehabilitieren.
Das ist das Problem, das Ihnen Herr Dr. Biedenkopf in dieser Weise schildert. Ich glaube, er hat recht. Verbotsanträge gegenüber der NPD helfen überhaupt nicht weiter, weil sie am eigentlichen Problem vorbeigehen.
Das ist für mich das entscheidende Argument. Es ist wohl eine typisch deutsche Haltung und Vorstellung, zu glauben, etwas, was man nicht mag, verbietet man einfach und damit ist es weg. Damit ist das Problem aber nicht beseitigt, denn die Ursache für das Vorhandensein der NPD ist weit verbreitetes rechtsradikales und ausländerfeindliches Denken in unserem Land. Damit müssen wir uns auseinander setzen.
Davon lenkt in Wahrheit ein Verbotsantrag, der aus meiner Sicht nicht erfolgversprechend ist, nur ab.
Zweitens. Wir brauchen eine harte Gangart gegenüber Rechtsextremen. Ich glaube, darüber sind wir uns einig. Deswegen ist es zu begrüßen, dass der Bund zum Beispiel Organisationen wie „Blood and Honour“ verbietet. Das ist richtig, weil es sich hierbei um gewalttätige Organisationen handelt, denen man dieses strikt nachweisen kann. Ein solches Verbot wird halten und ist sinnvoll.
Auch polizeiliche Maßnahmen, die in Bayern ergriffen werden, sind sinnvoll. Wir sagen das ausdrücklich und loben die Arbeit der Polizeibehörden in Bayern, die sich mit diesen Fragen auseinander setzen. Es mag sein – dazu liegen Vorschläge und Anträge vor –, dass man auf diesem Gebiet noch vieles tun und verbessern kann. Wenn ja, dann soll man es auch tun.
Drittens. Rechtsradikalismus fällt nicht vom Himmel, sondern wächst auf einem Nährboden. Rechtsradikale Parteien entstehen nur dort, wo sie auf Menschen und Denken treffen, die diesem Rechtsradikalismus eine Chance geben. Rechtsradikalismus entsteht im Bewusstsein der Menschen. Das ist leider nicht neu. Ich erinnere an eine in diesem Zusammenhang viel zitierte Sinus-Studie, die 20 Jahre alt ist. Darin heißt es, dass in Deutschland 13% der Menschen über ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild verfügen. Ich fürchte, daran hat sich nicht viel geändert. Also sollten wir wenigstens jetzt die öffentliche Debatte zum Thema „Rechtsextremismus“ nutzen, alles zu tun, um dem entgegenzuwirken. Wir sollten bitte schön auch aufhören, Stichworte zu liefern, um rechtsextremes Denken in Bayern und Deutschland weiter anzuheizen.
Wir müssen als verantwortliche und verantwortungsbewusste Politiker gerade in der augenblicklichen Situation
Wir müssen als verantwortungsbewusste Politiker dafür sorgen, dass sich an den Stammtischen nicht ausländerfeindliches Denken etablieren kann, und wir dürfen dort gewiss kein Öl ins Feuer gießen. Wenn jemand wie der bayerische Ministerpräsident vor einer durchrassten und durchmischten Gesellschaft warnt, gießt er damit Öl ins Feuer.
Herr Dr. Goppel, vielleicht nehmen Sie die Einschätzung eines Anderen eher an als eine von mir: Im Augenblick findet in Aachen der Deutsche Historikertag statt. Herr Prof. Ulrich Herbert aus Freiburg hat dort zum Thema Rechtsradikalismus Folgendes ausgeführt:
Die Parteien in Deutschland sind maßgeblich mitverantwortlich für Ausländerfeindlichkeit in unserem Land. So ist den Neubürgern in Deutschland gleich klargemacht worden, wer für die Probleme im Land verantwortlich ist. Wer damals vor einer Durchmischung und einer Durchrassung gewarnt hat, braucht sich heute nicht zu wundern.
So wird das von Geschichtswissenschaftlern beurteilt. Nun könnte man dagegen einwenden, dass dieses Zitat schon viele Jahre zurückliegt. Das ist zwar richtig, aber es ist schlimm, dass sich an dieser Grundhaltung nichts geändert hat.
Die Äußerung des bayerischen Innenministers Dr. Beckstein, dass wir mehr Menschen bräuchten, die uns nützen, und weniger, die uns nur ausnützen, schlägt in die gleiche Kerbe; daraus spricht leider der gleiche Geist.
Jetzt werfen Sie mir wieder vor, ich sei zu aggressiv und würde die Stimmung vergiften. Das muss aber gesagt werden dürfen; denn das gehört zu einer offenen Auseinandersetzung in diesem Land. Wir alle miteinander müssen uns darüber klar werden, wie man Rechtsextremismus bekämpft und wo sich die Stichwortgeber für rechtsradikales Denken befinden.
Ich bin der Meinung, dass man soziale Problemlagen, die es in unserem Land vor allem dort gibt, wo ein hoher Ausländeranteil lebt, nicht verschweigen darf. Es ist klar, dass es zu Verunsicherung der deutschen Eltern kommt, wenn in einer Schulklasse 50, 60, 70 oder gar 90% Ausländer sind. Es ist klar, dass es in Wohnvierteln mit einem Ausländeranteil von 50% zu Verunsicherung bei den Menschen kommt. Es ist klar, dass es in Gemeinden, in denen in großer Zahl Aussiedler wohnen, die zum großen Teil der deutschen Sprache nicht mächtig
sind, zu Problemsituationen und Verwerfungen kommt. Das ist zwar alles richtig, aber es kommt darauf an, wie man mit den sozialen Problemlagen umgeht, ob man ihnen entgegenwirkt oder Öl ins Feuer gießt. Das ist der entscheidende Unterschied.
Wenn man sagt, die müssten alle wieder raus, und man werde dafür sorgen, dass es künftig weniger Ausländer gebe, belügt man die Leute doch; man macht ihnen etwas vor. Stattdessen muss man die Integrationskraft der Bevölkerung stärken. Dazu haben wir ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgelegt. Man muss den Leuten die Wahrheit sagen, die lautet: Es gibt eine Zuwanderung nach Bayern. In unserem Land leben 1,3 Millionen ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die wir brauchen, die den Wohlstand dieses Landes mitgeschaffen haben und auf deren Arbeitsleistung wir nicht verzichten wollen und nicht verzichten können.
Wir müssen den Menschen auch sagen, dass wir in Zukunft mehr Zuwanderung als in der Vergangenheit brauchen.
Das sagt nicht jeder. Herr Dr. Goppel, auf Ihren Plakaten steht nämlich, dass Sie ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz wollen. Bei Ihren Versammlungen ist nämlich regelmäßig zu hören: Wir sorgen dafür, dass weniger Ausländer kommen; sorgt euch nicht, wir handeln in eurem Interesse.
Sagen Sie den Menschen endlich, dass es zu mehr Zuwanderung nach Bayern wird kommen müssen. Sagen Sie das den Menschen doch endlich!
Weil Sie dort ein ideologisches Problem haben, müssen Sie sich von Vertretern der deutschen Wirtschaft belehren lassen. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, Herr Stihl, hat gestern wörtlich erklärt:
Deutschland muss weltoffener werden. Es ist nötig, dass wir uns endlich massiv für ein ausländerfreundliches Klima einsetzen.
Herr Stihl sagt so etwas doch nicht ohne Bedacht und Notwendigkeit. Wir hören in allen Gesprächen mit Unternehmern in diesem Land, dass es schwer ist, ausländische Arbeits- und Fachkräfte nach Deutschland zu bringen, zum Beispiel Inder oder andere Menschen, denen man ansieht, dass sie ausländischer Herkunft sind. Sie sagen, es gäbe dabei mentale Probleme durch kulturelle Unterschiede. In Wahrheit meinen Sie, dass sich Ausländer in Deutschland, die wie Ausländer aussehen, viel
fach nicht wohl und nicht sicher fühlen. Dieses Klima muss geändert werden, weil davon unsere gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft abhängt.
Alle haben Recht, die in ihren Entschließungen fordern, dass wir in Schulen und Bildung mehr tun müssen als in der Vergangenheit. Ich greife einen Satz aus Ihrer Entschließung heraus, den ich ausdrücklich – er wäre im Übrigen nicht der einzige – unterschreibe: „Gewalt entwickelt sich somit dort, wo der Mitmensch nicht als gleichwertig und gleichrangig anerkannt wird.“ Das ist richtig. Es ist Auftrag unserer Bildungsinstitutionen, dafür zu sorgen, dass die Menschen, unabhängig von ihrem Pass, ihrer Hautfarbe und ihres gesellschaftlichen oder rechtlichen Status, in voller Menschenwürde anerkannt werden.