Protocol of the Session on April 13, 2000

(Zuruf der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass Sie die Zahlen nicht hören wollen.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sind doch wunderbar! – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen auch: Wir haben 3,2% des Primärenergieverbrauchs aus Biomasse. Ich werde Ihnen gleich die künftigen Zahlen nennen.

Zu Ihrem neuen Programm kommen bei einem Investitionsvolumen von 104 Millionen DM Anträge mit einem Volumen von 60 Millionen DM aus Bayern. Das sind 57%. Wo bleiben die anderen Bundesländer? Wo ist dafür der Weg bereitet?

(Beifall bei der CSU)

Das nächste Land ist Baden-Württemberg mit 26 Millionen DM. Es folgen Nordrhein-Westfalen und Niedersachen mit je 3 Millionen DM gegenüber 60 Millionen DM in Bayern. Ich könnte die Zahlen reihenweise fortsetzen. Was die nachwachsenden Rohstoffe in der Landwirtschaft anbelangt, waren rot-grün regierte Länder immer Entwicklungsländer. Man kann nur hoffen, dass es besser wird.

(Beifall bei der CSU – Zurufe der Frau Abgeordne- ten Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Aktuelle Stunde ist beendet. Ich lasse über den mitberatenen Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/3382 abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Tagesordnungspunkt 2

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes und des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Drucksache 14/1361)

Zweite Lesung –

Tagesordnungspunkt 3

Gesetzentwurf der Abgeordneten Elisabeth Köhler, Münzel, Dr. Dürr und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Weiterentwick- lung des Bayerischen Schulsystems: Qualität stei- gern – Selbstverwaltung stärken – Demokratie leben) (Drucksache 14/1386)

Zweite Lesung

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit beträgt 30 Minuten pro Fraktion. Als Erster hat Herr Kollege Knauer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte setzt einen Schlusspunkt hinter eine schulpolitische Diskussion, die wie selten zuvor in einer breiten Öffentlichkeit geführt wurde. Dabei ist erneut deutlich geworden, dass die bayerische Bevölkerung am gegliederten Schulsystem festhalten will und nichts von Gleichmacherei, Absenkung der schulischen Anforderungen und jeglichen Ansätzen von Orientierungsstufen und Gesamtschulen hält.

(Beifall bei der CSU)

Die Bevölkerung hat durch die Ablehnung des wohl auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, mitinitiierten Volksbegehrens den schulpolitischen Konzepten Ihrer Partei eine Absage erteilt. Dies müsste Sie eigentlich veranlassen, Ihre schulpolitischen Ansätze von ideologischem Ballast zu befreien und sie an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu orientieren. Die Ereignisse der letzten Tage geben dem Münchener Oberbürgermeister Ude mit seiner Kritik an den Bildungspolitikern der SPD hier im Bayerischer Landtag erneut Recht, legen diese doch heute erneut einen Dringlichkeitsantrag zur Erhöhung der Abiturientenquote vor, der sich einmal mehr an Quantität und nicht an Qualität orientiert.

(Beifall bei der CSU)

Die Formulierung dieses Antrags ist beispielhaft für die parlamentarische Arbeit der Bildungspolitiker der SPD. Sie verlangen erneut Konzepte von der Bayerischen Staatsregierung, machen aber keinerlei konkrete Vorschläge. Wenn man wie ich kürzlich im Ausschuss bei Frau Kollegin Goertz nachfragt, was sie eigentlich will, kommt betretenes Schweigen. Ihre Kolleginnen und Kol

legen der SPD-Fraktion machen sich eben nicht die Mühe, Themen tiefgehend aufzuarbeiten und mit Finanzierungsvorschlägen versehen in den Ausschuss einzubringen. Das ist der Grund, weshalb Ihre Ankündigungen einfach nicht mehr ernst genommen werden. Ihre Bildungspolitik nach dem Motto „Wir versprechen alles, weil wir nichts einzulösen brauchen“ ist weder gut für unser Land noch gut für unsere Kinder.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, der heute zur Verabschiedung anstehende Gesetzentwurf ist eine gute Grundlage, das Bildungsangebot für unsere Kinder weiter zu optimieren. Die frühzeitige Einschulung bereits schulfähiger Kinder wird im erweiterten Umfang möglich. Durch die Einführung der Mittleren-Reife-Züge und Praxisklassen an den Hauptschulen und die Umwandlung der vierstufigen Realschule in eine sechsstufige Realschule werden wir der Unterschiedlichkeit unserer Kinder gerecht und sichern eine begabungsgerechte Förderung. Wir hoffen, dass durch die Schaffung von Übertrittsmöglichkeiten an weiterführende Schulzüge zu jedem Zeitpunkt der Schulpflicht die Eltern ihre oftmals überzogenen Erwartungshaltungen an ihre Kinder relativieren und sich am Entwicklungs- und Leistungsstand ihrer Mädchen und Jungen orientieren.

Mit dem Gesetz werden notwendige Neuerungen im Bereich der Berufsschule vorgenommen. Der Erwerb der Fachhochschulreife an Fachakademien und Fachschulen wird in Umsetzung eines Landtagsbeschlusses neu geregelt. Für Absolventen der Berufsschule und der Berufsfachschule ohne mittleren Schulabschluss wird die Möglichkeit eröffnet, nach einer bestandenen Aufnahmeprüfung in der Vorstufe der Berufsoberschule einen mittleren Schulabschluss zu erwerben. Im Bereich der schulischen Förderung unserer behinderten Jugendlichen wurden weitere wichtige Meilensteine gesetzt. Die Regelung der unmittelbaren staatlichen Aufsicht über die beiden Ausbildungsstätten für die Ausbildung der landwirtschaftlich-technischen Assistenten wird durch dieses Gesetz vereinheitlicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, dass diese Gesetzesnovelle wesentlich umfangreicher ist als nur eine Entscheidung über die Einführung der R 6. Ist es nicht eine parlamentarische Bankrotterklärung, dass die SPD-Bildungspolitiker sich zu all diesen Punkten jeglicher Diskussion im Ausschuss verweigert haben?

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, das ist Arbeitsverweigerung.

(Unruhe bei der SPD – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Also wirklich!)

Das ist Ausdruck einer Konzeptionslosigkeit. Bei allem Respekt hätten wir erwartet, dass Sie sich in so wichtigen zentralen Fragen der Landespolitik nicht nur zurückziehen auf den Standpunkt, der BLLV und die Verbündeten werden es schon richten, sondern dass Sie sich die Mühe machen, eigenständig zu handeln.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist eine Unverschämtheit!)

Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, Sie waren lange Zeit Mitglied des bildungspolitischen Ausschusses. Glauben Sie mir, Sie würden Ihre Bildungspolitiker nicht wieder erkennen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, in den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zurückzukehren. Dann wird vielleicht manches besser.

(Glück (CSU): Das war ein Kompliment!)

Mit Blick auf die Opposition möchte ich noch sagen: Bei allen unterschiedlichen Auffassungen möchte ich Frau Kollegin Münzel Respekt zollen.

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Münzel muss die Bildungspolitik allein tragen. Die SPD hat eine Reihe von Kollegen, die von ihrer Fraktion mit diesem Thema betraut wurden. Mit Frau Kollegin Münzel konnten wir uns argumentativ auseinander setzen. Frau Kollegin Schmidt, die dieser bildungspolitischen Debatte offensichtlichen keinen großen Stellenwert einräumt, hat einmal angekündigt, sie würde uns bildungspolitisch jagen. Mit dieser Jagd ist es aber auf dem bildungspolitischen Sektor genauso viel geworden, wie mit der Jagd auf den Ministerpräsidenten. Sie brauchen doch Fernrohre, damit Sie überhaupt noch sehen, wie weit wir Ihnen voraus sind.

(Beifall bei der CSU – Irlinger (SPD): Wir brauchen eher Fernrohre, um nach hinten zu schauen!)

Meine Damen und Herren, die Auseinandersetzung um die Novellierung des Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes hat auch Wunden geschlagen. Sie hat Wunden geschlagen in der Art und Weise der Auseinandersetzung, die von den Befürwortern des Volksbegehrens bis hin zur persönlichen Verunglimpfung reichten. Ich habe für die CSU-Landtagsfraktion unmittelbar nach der Ablehnung des Volksbegehrens durch die Bevölkerung erklärt, dass wir bereit sind, mit allen, die sich mit Sachargumenten in die Bildungspolitik einbringen wollen, auch weiterhin das Gespräch suchen wollen. Ich hoffe aber, dass sich die Führung eines großen bayerischen Lehrerverbandes endlich dazu aufrafft, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass uns der Dialog auch mit dieser Gruppe wieder möglich wird. Es ist traurig, dass die Führung dieses großen Verbandes diesen in eine einseitige Abhängigkeit zur politischen Opposition hier im Bayerischen Landtag geführt hat. Das wird einem so großen Lehrerverband mit einer derart vielschichtigen Mitgliedschaft nicht gerecht. Deshalb erkläre ich noch einmal: Wir sind bereit, den Bildungsdialog fortzusetzen.

Es gibt eine Reihe von Themen, die wir in den nächsten Monaten anpacken werden. Sie wissen, dass die Novellierung des Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes nur ein Punkt war in unserer Konzeption zur Optimierung des Schulwesens. Nun werden Themen der inneren Schulreform breiten Raum einnehmen. Wir wollen die Schulverwaltung neu organisieren und die Halb- und Ganztagsangebote punktuell nach Bedarf erweitern.

Meine Damen und Herren, heute liegen zwei Gesetzentwürfe zur Abstimmung vor. Ich darf Sie bitten, dem Votum der bayerischen Bevölkerung – Nichtunterstützung des Volksbegehrens – zu folgen und sich heute auch von Seiten der Opposition dazu aufzuraffen, hier ein einheitliches Votum abzugeben und den Gesetzentwurf der Staatsregierung zu unterstützen.

Frau Kollegin Münzel, zu Ihrem Gesetzentwurf darf ich auf die Ausführungen verweisen, die wir im Ausschuss gemacht haben. Nachdem es sich hier um eine wichtige Entscheidung für die bayerische Landespolitik handelt, darf ich für meine Fraktion namentliche Abstimmung beantragen.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf festhalten, dass um 10.45 Uhr namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Damit kann im Lauf der nächsten Viertelstunde abgestimmt werden. Das wird aber sicher noch eine Weile dauern. Als nächstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Irlinger das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Uns ist mitgeteilt worden, dass jede Fraktion eine halbe Stunde Redezeit erhält. Nach meiner Rechnung kann die namentliche Abstimmung dann noch nicht in der nächsten Viertelstunde stattfinden. Vielleicht war dies aber ein Hinweis, dass ich meine Rede so kurz halten soll, wie das Herr Kollege Knauer getan hat. Wenn ich das aber mache, wird es wieder heißen – so wie Kollege Knauer das vorhin darstellte – bei der SPD sei fehlende Arbeitsintensität oder gar Arbeitsverweigerung in der Bildungspolitik festzustellen.

(Knauer (CSU): Wenn man nur im Plenum redet, dann ist man zu spät dran!)

Kolleginnen und Kollegen, es war nicht anders zu erwarten, als dass Sie, Herr Knauer, sagen: „Es hat sich alles zum Guten gewendet. Das haben wir doch schon vor dem Volksbegehren gewusst.“ Sie können das Ergebnis des Volksbegehrens – es fehlten 5% um die erste Stufe erfolgreich abzuschließen – aber nicht so umdeuten, als hätten Sie hundertprozentige Zustimmung zu Ihrer Schulpolitik. Das ist doch ungeheuer überheblich, wenn Sie hier so etwas behaupten.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CSU: Schlech- ter Verlierer!)

Das hat mit schlechtem Verlieren nichts zu tun. Sie werden gleich merken, dass ich hier frisch, fromm und frei in die nächsten Auseinandersetzungen mit Ihnen gehe. Übrigens, Herr Knauer, Sie wissen, wir legen seit etwa zehn Jahren ernsthafte Konzepte vor. Es ist deshalb geradezu hanebüchen, wenn Sie uns Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitikern aus der SPD-Fraktion vorwerfen, wir würden konzeptlos dahinwurschteln.

(Beifall bei der SPD)