Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der drohenden namentlichen Abstimmung ist das Plenum so gut gefüllt, dass man es sich nicht nehmen lassen darf,
Angesichts eines einstimmig beschlossenen Dringlichkeitsantrags ist die heutige Debatte eigentlich beschämend. Denn sie ist nur nötig geworden, weil sich Mehrheitsfraktion und Staatsregierung nicht an diesen einstimmigen Parlamentsbeschluss gehalten haben.
Wer wie Kollege Spaenle den Versuch wagt, uns das Wort „Chuzpe“ auf Hebräisch zu erklären, ist offenbar ein Meister auf diesem Gebiet.
Tatsache ist: Wenn wir Diskussionen zum Volksbegehren organisieren, sitzen selbstverständlich ein Vertreter der CSU und ein Rektor einer sechsstufige Realschule mit auf dem Podium. Die Unterstützer des Volksbegehrens halten sich also an die Regeln der Fairness, die im Übrigen für alle gelten sollten.
Von Ihnen, Herr Kollege Dr. Eykmann, habe ich auch nichts anderes erwartet. Nun aber zum Vertreter der Staatsregierung, zu Herrn Freller, der heute wieder einen „echten Freller“ gegeben hat, also eine Mischung aus Ablesen dessen, was ihm Juristen aufgeschrieben haben, und Bierzeltrede.
Lieber Herr Kollege Freller, wir beide waren lange genug gemeinsam im Fachausschuss, und ich habe Sie dort erlebt, teilweise auch geschätzt. Was Sie aber heute hier geboten haben, ist schlicht und einfach beschämend.
So sagten Sie zum Beispiel, die in der Landeshauptstadt München für Bildungspolitik Verantwortlichen hätten keine Kompetenz. Das mag Ihre Meinung sein. Sie können aber dessen versichert sein, dass auch wir Zweifel an der Kompetenz so mancher Leute bis hinauf in die Spitze des Kultusministeriums haben.
Wenn Sie sagen, ein Inserat in der Zeitung sei „unglaublich“, eine unmögliche Beeinflussung sozusagen, und als Lehrer, der Sie selbst einmal waren, nicht den qualitativen Unterschied erkennen, der zwischen der Information durch ein Zeitungsinserat und der Verteilung einer Sonderausgabe durch Lehrerinnen und Lehrer als Amtspersonen via Kinder an die Eltern liegt, dann tun Sie mir schlicht und einfach Leid.
Aus meinem Stimmkreis weiß ich, dass Schulleiter Elternrundbriefe herausgeben, mit denen die Eltern dazu aufgefordert werden, sich nicht für das Volksbegehren einzutragen, im Gegenteil: Sie sollen mit Unterschrift dokumentieren, gegen das Volksbegehren zu sein, und Kinder, die nach vier Tagen die unterschriebene Rückmeldung der Eltern nicht vorgelegt haben, werden von Lehrern gefragt, wann denn die Erklärung der Eltern gegen das Schulvolksbegehren endlich komme. Und
deshalb sage ich: Da ist irgendetwas faul im Staate Bayern, und zwar ganz gewaltig, Herr Kollege Freller.
Wenn Sie, Herr Freller, es als Vertreter der Staatsregierung und Mitglied der Mehrheitspartei in diesem Lande nötig haben, anders als vom Parlament vorgegeben Sonderausgaben gegen das Volksbegehren drucken zu lassen,
dann, lieber Herr Freller und vor allen Dingen die Ministerin – sie ist nicht da –, ist das auch ein eklatanter Verstoß gegen das Verständnis, das wir hoffentlich noch alle miteinander vom Parlamentarismus haben.
Herr Kollege Zeller, es muss Ihnen schon grausam „gestunken“ haben, was der Kreistag entschieden hat. Sie waren doch selber mit dabei.
Erstens habe ich nie behauptet, dass das ein Antrag von mir war. Es war ein Antrag unserer Fraktion.
Zum Zweiten ein bisschen schulpolitischer Heimatkundeunterricht: Wir haben in unserer Kreisstadt Sonthofen eine vierstufige Realschule, während Sie gesagt haben, es gebe im Einzugsbereich des Landkreises nur noch sechsstufige. Der Antwort des Kultusministeriums auf meine Anfrage können Sie außerdem entnehmen, dass auch die städtische Realschule und die Maria-Ward-Realschule in Kempten vierstufig ist. Das sind also zwei Realschulen, in die sehr viele Kinder aus dem nördlichen Landkreis gehen, für die Schulwegekosten und Gastschulbeiträge zahlen. Das zu diesem Thema.
Herr Präsident. Ich sage Ihnen ganz offen, auch in Anbetracht dessen, dass heute auf der Besuchertribüne eine große Zahl junger Menschen Platz genommen hat, dass mich der Verlauf dieser Debatte schon etwas betroffen gemacht hat.
Betroffen gemacht deshalb, weil ich mich schon frage, welches Bild diese jungen Menschen nach ihrem Landtagsbesuch und dieser Debatte von unserem Staat und diesem Parlament mitnehmen.
Meine Damen und Herren, wenn ich mir den Beitrag der Kollegin Kellner im Nachhinein durch den Kopf gehen lasse, muss ich einfach feststellen: Liebe Frau Kollegin Kellner, Faktum ist, dass in keinem anderen Bundesland die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung von Anfang an in so einem großen Ausmaß gegeben waren wie gerade in Bayern.
In vielen Ländern, meine Damen und Herren, wo Sie politische Verantwortung tragen, haben Sie bisher keinen sichtbaren Beitrag dazu geleistet, den Bürgern auch nur annähernd die Möglichkeiten einzuräumen, die der bayerischen Bevölkerung zur Verfügung stehen.
ob es das Panaschieren, ob es das Kumulieren ist, ja selbst beim Bürgerbegehren sind wir den anderen Bundesländern weit voraus, auch den rot-grün regierten.