Protocol of the Session on July 9, 2003

Aus meiner Sicht – und das verlangt auch ein großer Teil unserer Bevölkerung –, muss von den Sicherheitsbehörden alles getan werden, um zu verhindern, dass auch Bayern als Aktions-, Vorbereitungs- und Ruheraum – –

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Herr Kollege Dr. Hahnzog, ich werde Ihnen erklären, dass das kein Unsinn ist.

Aus meiner Sicht muss von den Sicherheitsbehörden alles getan werden, um zu vermeiden, dass auch Bayern als Aktions-, Vorbereitungs- und Ruheraum für Personen genutzt wird, die in Verbindung mit dem internationalen Terrorismus stehen.

Dazu kann der Fragebogen als kleines Mosaiksteinchen zugegebenermaßen einen Beitrag leisten.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dümmer geht es nicht mehr!)

Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, auf die Befragung zu verzichten. Vielmehr würde ein Verzicht die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Bürgerinnen und Bürger sträflich vernachlässigen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Albern!)

Albern sind Ihre Zwischenrufe, Herr Dürr. Wenn ich mir noch eine Bemerkung erlauben darf, es wäre doch besser, wenn Sie künftig, wie Sie selber in einem Interview gesagt haben, wieder als Knecht auf Ihrem Hof tätig wären. Diese Thematik ist so ernst, dass sie durch dümmliche Zwischenrufe nicht unterbrochen werden sollte.

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ihr Fragebogen ist dumm!)

Der Fragebogen ist nicht dumm.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht richtig, dass im Antrag von einer großen Verunsicherung der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gesprochen wird. Vielmehr sind die betroffenen Ausländer selbst in der Regel an einer wirksamen Bekämpfung des internationalen Terrorismus interessiert und haben deshalb für diese Maßnahme Verständnis, wenn nicht unbegründete Ängste geschürt werden. Das wird aber durch den Fragebogen nicht gemacht.

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben Sie die türkischen Medien gelesen?)

Das weiß ich auch aus vielen Gesprächen mit Organisationen und Ausländern selbst.

Eine Verunsicherung der Personen, die etwas zu verbergen haben und sich im Umfeld sicherheitsgefährdender Personen oder Organisationen bewegen, ist von uns allerdings durchaus gewollt. Das stelle ich ausdrücklich fest. Nur so nämlich kann dem Eindruck entgegengewirkt werden, Deutschland eigne sich als Raum, in dem sich Personen aufhalten können, die Kontakte zum internationalen Terrorismus pflegen. Wir wollen ganz absichtlich, dass sich Personen, die sich in sicherheitsgefährdender Weise betätigen, bei uns nicht sicher fühlen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und die werden sich vor eurem Fragebogen fürchten!)

Leute, die die Unwahrheit sagen oder Voraufenthalte in Afghanistan verschweigen, müssen damit rechnen, ausgewiesen zu werden.

(Beifall bei der CSU)

Auch das müssen sie wissen. Sie müssen mit einer Ausweisung rechnen, wenn die Wahrheit später ans Licht kommt. Ein Nachweis, dass sie im Ausbildungslager von al Qaida waren, muss in solchen Fällen nicht mehr erbracht werden. Es ist auch schwierig, einen solchen Nachweis zu führen. Ich frage Sie, was daran auszusetzen ist.

Schließlich darf ich auch noch darauf hinweisen, dass der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, auf den Sie sich immer so gerne berufen, gegen diesen Fragebogen keine Einwendungen hat. Es bestehen also keinerlei datenschutzrechtliche Bedenken. Auch hier sollten Sie sich einmal auf den Datenschutzbeauftragten berufen und nicht nur dann, wenn es Ihnen in den Kram passt.

(Beifall bei der CSU). Während also kein Anlass besteht, den Fragebogen zu ändern oder zurückzuziehen, haben wir die Liste der Organisationen, die dem Fragebogen beiliegt, fortgeschrieben. Es wurden neun Organisationen, die bei den bisherigen Befragungen ohne praktische Bedeutung waren, gestrichen, und die türkische Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei, AKP, wurde herausgenommen. (Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Warum wurde sie herausgenommen?)

Das haben wir im Plenum oft genug erklärt, nur wollen Sie, Frau Köhler, es nicht zur Kenntnis nehmen. Sie haben heute wieder kritisiert, dass diese Partei wieder auf der Liste steht.

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Warum ist sie jetzt nicht mehr als terroristisch eingestuft?)

Warum stand sie auf der Liste? Dazu kann ich sehr gerne aus dem Verfassungsschutzbericht des Bundes zitieren. Wir befinden uns hier in bester Gesellschaft mit Ihrem Bundesinnenminister, Otto Schily, mit dem sowohl Teile der SPD als auch die Gesamtheit der Grünen offensichtlich nicht zurechtkommen. Die AKP war im Verfassungsschutzbericht des Bundes für das Jahr 2001 als Partei erfasst, die aus der dort verbotenen islamistischen Tugendpartei hervorgegangen war. Zuletzt war zudem ein Verbotsverfahren gegen die AKP in der Türkei anhängig. In der Situation war es richtig und vernünftig, dass wir sie im Katalog der gefährlichen Organisationen beließen, da selbst die Türkei diese Partei als verfassungsfeindlich bezeichnet hat. Nachdem sich zwischenzeitlich diese Partei geändert hat, war es selbstverständlich, dass wir diese Gruppierung herausgenommen haben.

Noch einmal zusammengefasst, der Fragebogen ist ein Beitrag dafür, dass wir terroristische Strömungen und

terroristische Personen aufdecken können. Wenn sie etwas verschleiern, können wir sie auch ohne große Probleme ausweisen. So werden wir auch weiterhin verfahren.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich gebe bei dieser Gelegenheit das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zur Änderung des Katastrophenschutzgesetzes, Drucksache 14/11574, bekannt. Das war der Tagesordnungspunkt 15. Abgegeben wurden 86 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen und 63 Ja-Stimmen. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt worden.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 12)

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 30

Antrag der Abgeordneten Franzke, Naaß, Steiger und anderer (SPD)

Keine Benachteiligung des Personals von integrativen Kindertagesstätten; hier: Änderung der Verordnung über die Förderungsfähigkeit der Personalkosten anerkannter Kindergärten (Drucksache 14/10349)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Als Redezeit stehen fünfzehn Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Als erste hat Frau Kollegin Naaß das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Antrag wollen wir Sorge dafür tragen, dass es zu keiner weiteren Benachteiligung des Personals von integrativen Kindergärten kommen darf. Wir begehen heuer das internationale Jahr für Menschen mit Behinderungen. Die Staatsregierung brüstet sich immer wieder mit ihrer angeblich so guten Behindertenpolitik. Auf der anderen Seite aber ist sie nicht bereit, eine Lösung für die Leiterinnen von integrativen Kindergärten zu finden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für diejenigen, die sich mit der Problematik noch nicht so befasst haben, stellt sich die Situation wie folgt dar: Die Eingruppierung der Leiterin einer Kindertagesstätte orientiert sich an der Durchschnittsbelegung der Einrichtung. Das bedeutet, dass die Leiterin in Vergütungsgruppe IV a eingruppiert ist, wenn eine Einrichtung 130 Kinder hat. Gehen die Kinderzahlen zurück und unter

schreiten sie die Zahl von 70, wird die Leiterin nur mehr nach Vergütungsgruppe IV b bezahlt.

Werden in einem Kindergarten Kinder mit Behinderungen aufgenommen, werden sie für drei Kinder gewertet. Das bedeutet, dass die gerechnete Zahl der anwesenden Kinder sehr schnell unter die Grenze von 70 Kinder sinken kann, obwohl jeder weiß, dass die Betreuung von Kindern mit Behinderung einen wesentlich größeren Aufwand verlangt als die Betreuung und Erziehung von Kindern ohne Behinderung. Das führt dazu, dass die Leiterin eines Kindergartens benachteiligt und zurückgestuft wird, wenn der Kindergarten bereit ist, Kinder mit Behinderung aufzunehmen. Das kann doch wohl nicht im Sinne bayerischer Politik sein, vor allem im Sinne der Politik einer Regierung, die sich angeblich immer als behindertenfreundlich darstellt. Wenn sie jedes Jahr den Schwerbehindertenbericht vorlegt, zeigt sie auf, wie hervorragend angeblich die Behindertenpolitik in Bayern sei. Im Moment haben wir eine Schwerbehindertenquote von 4,01%. Wenn es aber wirklich ernst wird, geht es Ihnen nicht mehr darum, die Integration von Menschen mit Behinderung voranzubringen.

Den Hinweis vonseiten der CSU und vonseiten des Ministeriums, dass im Rahmen des geltenden Bundesangestelltentarifvertrages keine Lösung möglich sei, lasse ich nicht gelten. Ebenfalls lasse ich Ihren Verweis auf das geplante neue Kindergartenfinanzierungsmodell nicht gelten, nach dem ja Behinderungen berücksichtigt werden sollen.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Darauf können wir noch lange warten!)

Es steht noch in den Sternen, wann und wie dieses Modell kommen wird. Auch der Vorschlag des Ministeriums, dass der Kindergartenträger die Leiterin weiterhin in der alten Vergütungsgruppe bezahlen könne und es großzügig darüber hinwegschauen werde, hilft nicht weiter, denn die Personalkostenförderung kann nicht nach der höheren Gruppe, sondern leider nur nach der niedrigeren Gruppe gegeben werden.

Alles das sind Hinweise, die in der Sache nicht weiterführen. Wir sollten gemeinsam Sorge dafür tragen, dass eine Regelung getroffen wird, wenn es uns wirklich ein Anliegen ist, Kinder mit Behinderung in Kindergärten unterzubringen.

Ich lasse nicht gelten, dass das Finanzministerium sagt, es stehen keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung. Es liegt also nicht am BAT oder sonst etwas, sondern es liegt nur an der fehlenden Bereitschaft des Finanzministeriums, ausreichend Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dann muss man auch die Frage stellen, wie viele Fälle es in Bayern überhaupt gibt und was es den Freistaat Bayern kosten würde. Es geht um marginale Beträge, die jederzeit finanziert werden könnten, wenn man nur wollte. Zehn Monate lang haben wir intensiv im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes dieses

Thema behandelt. Wir konnten lange Zeit davon ausgehen – sonst hätten wir das nicht immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt –, dass auch die CSU bereit ist, mit uns gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Wir sind auch davon ausgegangen, dass die CSU nicht nur die Petition mit berücksichtigt, sondern auch unserem Antrag zustimmt. Ich habe in einer Abgeordnetenmitteilung der Kollegin Pongratz gelesen – da waren ihre Aktivitäten aufgezählt: „Keine Benachteiligung des Personals von integrativen Kindergärten“.

(Heiterkeit der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD))

Liebe Frau Kollegin, wenn Sie das als Ihren Erfolg in Ihrer Heimatzeitung mitteilen lassen, dann haben Sie heute vielleicht die Kraft, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)