Protocol of the Session on June 25, 2003

Der staatliche Verantwortung, die sich durch den Akt der Verleihung der Körperschaftsrechte ergibt, muss in Erfüllung der Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts bei der Prüfung der Verleihungsvoraussetzungen besonders sorgfältig Rechnung getragen werden. Schon die Benennung der kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts sollte den Unterschied zur staatlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts deutlich widerspiegeln. Die Verlagerung von Unternehmungen, die sich bisher im privatrechtlichen Wettbewerb bewegten, in kirchliche Körperschaften darf nur unter eng gefassten Voraussetzungen zulässig sein. Die Vergünstigungen der kirchlichen Körperschaft dürfen nicht ohne weiteres auf ihre Unternehmungen übertragen werden. Die Mindestvoraussetzungen des Bayerischen Konkordats von 1924 sind einzuhalten. Der Sitz des die Anerkennung anstrebenden Ordens muss sich vor der Erlangung der Körperschaftsrechte in Bayern befinden. Art und Weise der Auflösung der bisherigen Rechtsform des Ordens benötigen klar definierte Regelungen. Bei Wegfall einer der Anerkennungsvoraussetzungen muss Klarheit über Art und Weise der Aberkennung der Körperschaftsrechte und deren Rechtsfolgen bestehen.

Herr Kollege Welnhofer, ich hätte mir gewünscht – ich denke, so weit waren wir im Untersuchungsausschuss schon –, dass Sie auch selbst sagen, wir brauchen ein Gesetz über die Anerkennung und Aberkennung der Körperschaftsrechte. Sie haben leider in Ihrem Diskussionsbeitrag dazu kein Wort verloren. Wir fordern mit Nachdruck, dass die Staatsregierung jetzt endlich nach mittlerweile drei Jahren einen solchen Gesetzentwurf vorlegt.

(Beifall bei der SPD)

Das durch die Anerkennung des Ordens in Gang gesetzte Chaos nahm seinen Verlauf auch bei der so genannten Stiftung des Deutschen Ordens. Die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde, die Regierung von Oberbayern, hat hierbei in unglaublicher Weise gegen zahlreiche Vorschriften des Stiftungsrechtes verstoßen.

Die Stiftungsaufsicht hat zugelassen, dass kein Nachweis über das Stiftungsvermögen erbracht worden ist; die haben nämlich keinen Cent – bzw. damals noch Pfennig – eingezahlt.

Der personellen Verquickung zwischen Stift und Stiftung, deren Vorstandsmitglieder weisungsgebundene Mitarbeiter des Stiftes Deutscher Orden waren, wurde durch die Regierung von Oberbayern keinerlei Bedeutung zugemessen. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens wurden von den Vertretern des Stiftes Vorstandsmitglieder benannt, die tatsächlich nie von ihrer Funktion im Stiftungsvorstand Kenntnis hatten. Eine Überwachung der Stiftungsorgane und der Verwirklichung des Stiftungszwecks durch die zuständige Stiftungsaufsicht, die Regierung von Oberbayern, erfolgte zu keinem Zeitpunkt. Selbst als endlich Zweifel an der Bonität des Deutschen Ordens auftauchten, verlangte die Regierung von Oberbayern keine Rechnungslegung von Seiten des Stifters.

Wir fragen uns: warum? – Weil auch die Regierung von Oberbayern von der unzweifelhaften Seriosität – das ist ein Originalausdruck aus den Akten des Deutschen Ordens – mit seinem Familiarenmitglied Edmund Stoiber ausging. Da genügt es aus der Sicht der zuständigen Stiftungsaufsicht, dass die Ordensritter 1190 bei Akkon im Heiligen Land den Entschluss zum Helfen und Heilen gefasst hatten und dass im Jahr 1998 ein bayerischer Ministerpräsident von der äußeren Macht eines Sozialkonzerns beeindruckt war, der mit Millionen um sich warf. Alle miteinander waren beeindruckt von der Stellung eines exemten Ordens und seiner Nähe zu Rom – „höchste Dignität“ hieß es –, ohne dass auch nur eine der handelnden Personen zum damaligen Zeitpunkt die Grundlagen und Folgen dieser Stellung als exemter Orden hinreichend verstanden hätte.

Durch den staatlichen Stiftungsakt trägt die öffentliche Verwaltung Verantwortung. Die Aufsichts- und Kontrollpflichten der zuständigen Regierung sind ausdrücklich gegenüber der Allgemeinheit zu verantworten. Diese wurden im vorliegenden Fall vielfältig verletzt. Nun, Herr Kollege Welnhofer, kritisieren Sie mich, dass ich den ganzen Vorgang als Wirtschaftskrimi bezeichnet habe. Sie haben das humorvoll überspielen wollen. Wenn das so ist, wie Sie tun, Herr Kollege Welnhofer: Am 1. Dezember 2000 sind die Anzeigen eingegangen. Heute haben wir den 25. Juni 2003. Das Verfahren läuft immer noch. Das ist ein Verfahren der Wirtschaftskriminalität. Das ist ein Wirtschaftskrimi. Woher wissen Sie denn, was bei den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen herauskommt? Haben Sie vielleicht schon Informationen, dass alles niedergebügelt werden soll? – Sie sagen einfach, das sei kein Wirtschaftskrimi.

Eine herausragende Sonderbehandlung erfuhr der Deutsche Orden auch, indem trotz richterlicher Durchsu

chungs- und Beschlagnahmebeschlüsse keine Unterlagen beschlagnahmt wurden. Als wohl einmalig in der bayerischen Rechtsgeschichte muss der Vorgang bewertet werden, dass in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren die Akten insoweit dem Zugriff einiger der Beschuldigten, die zu diesem Zeitpunkt in leitender Funktion beim Orden beschäftigt waren, überlassen wurden. Die Akten blieben bei den Beschuldigten, damit man die auch durcharbeiten kann. Das ist wirklich ein einmaliger Vorgang.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Was hat das mit der Staatskanzlei zu tun?)

Mit der Staatsanwaltschaft hat das zu tun! Die Staatsanwaltschaft untersteht dem Justizministerium, Kollege von Rotenhan. Ich komme jetzt von der Staatskanzlei zum Justizministerium. Das gehört auch zur Bayerischen Staatsregierung, für die der Ministerpräsident die Verantwortung trägt, Herr Kollege von Rotenhan.

(Beifall bei der SPD)

So einfach kann man es sich nicht machen: Wenn in Bayern etwas gut läuft, hat die Verantwortung der Ministerpräsident; wenn etwas schlecht läuft, dann wird es weggeschoben. Das ist eine Methode, die wir nicht billigen können.

(Beifall bei der SPD)

Zielstrebige und fachlich geschulte Ermittlungsbeamte der Kriminalpolizeiinspektion Erding mussten sich hierbei von dem namhaften Vertreter der CSU und bekannten Rechtsanwalt Dr. Gauweiler wie die Schuljungen zurückpfeifen lassen. Herr Rechtsanwalt Dr. Gauweiler versuchte zu jeder Phase des Ermittlungsverfahrens, Einfluss auf die Ermittlungsmaßnahmen in der ihm eigenen Art auszuüben.

(Dr. Bernhard (CSU): Was heißt denn das?)

Als er schließlich aufgrund des zunächst markigen Einschreitens eines Oberstaatsanwalts, der die Beschlagnahme der Akten notfalls gegen den Widerstand der Ordensvertreter und ihres Anwaltes durchsetzen wollte, zu scheitern drohte, wurde der damalige Münchner Generalstaatsanwalt Froschauer bemüht. Ein paar Telefonate wurden geführt, und schon mussten die auf den Lkw aufgeladenen Akten wieder abgeladen und im Kloster Weyarn belassen werden, und zwar unversiegelt und zugänglich für die Beschuldigten. Das ist ein sehr merkwürdiger Vorgang.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wenn Sie diese Vorgänge als normal bezeichnen, dann frage ich mich – – Nennen Sie mir einmal Fälle, wo ähnlich verfahren wurde; ich kenne keinen. Beim Bayerischen Roten Kreuz sind lastwagenweise Akten abtransportiert worden, ebenso beim Tiergesundheitsdienst. Bei allen solchen Strafverfahren werden die Akten beschlagnahmt und bleiben nicht dort. Das ist ein einmaliger Vorgang. Wenn Sie das widerlegen und mir einen Fall nennen können, wo das auf gleiche Art und Weise geschehen ist, dann tun Sie das.

Dass die Probleme des Ordens, unter denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie die Patientinnen und Patienten nach wie vor zu leiden haben, nunmehr ein Ende gefunden hätten, kann mit Fug und Recht niemand behaupten. Die Sanierungsergebnisse der Staatsregierung haben jedenfalls erhebliche Risiken für die Zukunft. Ob die Zins- und Tilgungszahlungen für verbleibende Schulden in Höhe von 70 Millionen e aus den verbleibenden Sucht-, Alten- und Behindertenhilfeeinrichtungen erwirtschaftet werden können, bleibt gerade in der heutigen, für soziale Einrichtungen schwierigen Zeit fraglich. Die Zeugenaussagen im Untersuchungsausschuss dazu waren sehr widersprüchlich. Ministerialdirigent Zwick, Vertreter der Staatsregierung im Sanierungsausschuss, ließ die Frage, was bei einer erneuten Zahlungsunfähigkeit des Deutschen Ordens geschieht, unbeantwortet. Der Sanierungsbeauftragte der Banken, Dirk Pfeil, behauptete, die verfasste Kirche springe dann ein, während Generalvikar Dr. Simon von der Erzdiözese München und Freising jegliche zukünftigen Zahlungen aus der bischöflichen Kasse ausschloss.

In diesem Zusammenhang verwahre ich mich energisch gegen die geradezu unlauteren Vorwürfe der CSU gegen meine Person, die glauben machen wollen, mir wäre an einer Zerschlagung des Ordens ohne Rücksicht auf dessen Beschäftigte gelegen. Gerade weil die Folgen der Zahlungsunfähigkeit – kein Ausfallgeld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Ordens – immer noch im Raum stehen, gerade weil zahlreiche mittelständische Betriebe aufgrund der ausstehenden Zahlungen des Ordens in ihrer Existenz bedroht sind und gerade weil ich von der sachlich guten Arbeit der im Orden verbliebenen Suchthilfeeinrichtungen weiß, werde ich nicht müde werden, Regelungen für diese Menschen zu fordern, die den Bestand der Einrichtungen und die rechtsverbindliche Einhaltung von Verträgen garantieren.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der CSU, wie ich versuchen würden, die noch heute vorhandenen Probleme in den Einrichtungen des Deutschen Ordens klar – und das heißt: ohne schwarze Brille – zu sehen, würden Sie wissen, dass die verbliebenen Suchthilfeeinrichtungen durch ihre zentrale Verwaltungsumlage auf unabsehbare Zeit die Schulden eines größenwahnsinnigen Ordensmanagements abzutragen haben.

Inwieweit in den vielfältigen Problemen dieser unendlichen Geschichte „Deutscher Orden“ ausschließlich gesetzgeberische Maßnahmen gefordert sind, oder ob hier auch durch die verfasste Kirche, insbesondere im Hinblick auf zukünftige Aufsichtsmaßnahmen, ein Beitrag zu leisten ist, muss geprüft werden. Angesichts der im Fall „Deutscher Orden“ nicht ausgeübten kirchlichen Aufsicht durch den Heiligen Stuhl über seine päpstlichen Orden ist die Staatsregierung als Vertragspartner des Konkordats aufgefordert, die vielfältigen offenen rechtlichen Fragen mit dem Heiligen Stuhl zu prüfen und durch Abschluss eines Zusatzprotokolls zum Konkordat einer Lösung zuzuführen. Hierzu gehört zum einen die Regelung einer strikten kirchlichen Aufsicht und zum anderen

ein Eintreten der Kirche im Falle einer faktischen Zahlungsunfähigkeit eines päpstlichen Ordens, wie wir sie hier gesehen haben.

Auch die zivilrechtlich völlig ungelöste Frage, welche Folgen eine Verletzung der Rom-Grenze hat – das heißt, die Verträge ab einer bestimmten Höhe, ab 5 Millionen e, müssen genehmigt werden –, was geschieht, wenn die ohne Zustimmung des Vatikans ausgeführt werden, bedarf einer genauen Klärung. Auch hierzu hat die katholische Kirche zum Schutz der Rechtssicherheit für die Allgemeinheit einen Beitrag zu leisten.

Abschließend fordere ich Sie auf, Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Stellen Sie sich endlich den vielen offenen Fragen, die die Misere des Deutschen Ordens aufgeworfen hat. Hören Sie auf, die Fehler Ihres Ministerpräsidenten – koste es was es wolle – im Nachhinein decken zu wollen. Helfen Sie mit, tragfähige Grundlagen für die Zukunft kirchlicher Orden, die im sozialen Bereich tätig sind, zu schaffen, und verweigern Sie den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Einrichtungen nicht den staatlichen Schutz. Folgen Sie – das ist mein Appell – den Vorschlägen und Forderungen der SPDFraktion. Dann schaffen wir gemeinsam eine tragfähige, fruchtbare Basis für das Verhältnis unseres Freistaates Bayern zur katholischen Kirche mit ihren Orden.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sprinkart.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich zunächst dem Dank meiner Vorredner an die Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses anschließen.

Eines hat der Untersuchungsausschuss aus unserer Sicht deutlich gemacht: Allein die allseits bekannte Tatsache, dass der Ministerpräsident Familiare beim Deutschen Orden ist, hat ganz offensichtlich ausgereicht, dass von Anfang an nicht untersucht wurde, ob der Deutsche Orden als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden kann, sondern untersucht wurde nur, wie diese Anerkennung bewerkstelligt werden kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Ministerpräsident hat immer wieder betont, dass seine Mitgliedschaft als Familiare seine Privatsache gewesen sei und mit dem Amt des Ministerpräsidenten überhaupt nichts zu tun hätte. Unabhängig davon, ob wir diese Aussage als richtig akzeptieren oder nicht: Die Realität war eine andere. Nicht Edmund Stoiber als Privatperson wurde wahrgenommen, sondern immer der Ministerpräsident. Das lässt sich mit einer Reihe von Aussagen belegen. So hat sein persönlicher Referent immer wieder davon gesprochen, dass der Ministerpräsident Familiare ist, ebenso die Spiegelreferentin für das Kultusministerium. In vielen Schreiben – darauf hat Kollege Kaiser schon hingewiesen – und in Aktenvermerken wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Ministerpräsident Stoiber Familiare des Deutschen Ordens ist.

Darüber hinaus gab es das Schreiben des Ministerpräsidenten an Kultusminister Zehetmair, in dem er ihn bittet, die Anerkennung des Ordens als Körperschaft des öffentlichen Rechts positiv zu beurteilen. Nun wurde von der Regierungspartei immer wieder versucht, diesen Brief herunterzuspielen. Ich meine, das ist wenig glaubhaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erstens ist nämlich die Bitte, etwas positiv zu beurteilen, eine deutliche Steigerung gegenüber der üblichen Formulierung der wohlwollenden Prüfung. Darauf weist auch der zuständige Referatsleiter im Kultusministerium indirekt hin, indem er äußert, dass es nichts Besonderes gewesen sei, dass sich der Ministerpräsident mit der Bitte um wohlwollende Prüfung an das zuständige Ministerium gewendet habe. Er spricht von wohlwollender Prüfung, nicht aber von der Bitte um positive Beurteilung. Der Ministerpräsident hat in diesem Punkt eindeutig einen Schritt über das normal übliche Maß hinaus getan.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens beschreibt der zuständige Sachbearbeiter des Kultusministeriums selbst den Einfluss dieses Schreibens, indem er als Zeuge sagt: Das Schreiben des Ministerpräsidenten war etwas, was dazu beigetragen hat, eine zu drei viertel schon offene Tür vollends zu öffnen. Jetzt können wir sagen: Der Anteil des Schreibens des Ministerpräsidenten war nicht besonders hoch. Er war aber nach Aussage des zuständigen Sachbearbeiters eindeutig vorhanden. Der Ministerpräsident als Familiare und sein Schreiben an den Kultusminister, wobei ich die eben zitierte Gewichtung durchaus akzeptieren kann, hatten, um im Bild zu bleiben, die Wirkung, dass nur noch gefragt wurde: Wie kann dem Deutschen Orden die Tür geöffnet werden?

Der deutlichste Beleg dafür ist die Aussage des zuständigen Sachbearbeiters, der in einem Aktenvermerk formulierte, das Hauptproblem der geringen Mitgliederzahl ließe sich umgehen. Meine Damen und Herren, man umgeht etwas nur, wenn man ein bestimmtes Ziel vor Augen hat. In einem ergebnisoffenen Prozess – das sollte ein Anerkennungsverfahren normalerweise sein – wird man es nicht umgehen.

Während man anderen Orden mit geringerer Mitgliederzahl gewissermaßen zur Abschreckung, wie der zuständige Ministerialrat erläuterte, ein Merkblatt geschickt hat, in dem es heißt, um den Orden eventuell erfolglose Aufwendungen zu ersparen, sei der Hinweis angezeigt, dass die Antragstellung geringe Aussicht auf Erfolg habe, wenn die Zahl der Ordensmitglieder in Bayern weniger als 200 betrage, wurde beim Deutschen Orden überlegt, wie man dieses Problem umgehen kann. In der Tat wurde die Tatsache der niedrigen Mitgliederzahl umgangen, indem man auf Oblaten zurückgriff, die aber nicht existent waren, sondern die in Aussicht gestellt wurden, und indem man die Familiaren mit einbezog.

Ein zweiter Punkt, bei dem sich die Mitgliedschaft des Ministerpräsidenten ausgewirkt hat, war zum Beispiel

die Frage nach dem Sitz des Ordens. Er lag zum Zeitpunkt der Antragstellung und auch der Anerkennung schlicht und ergreifend nicht in Bayern. Um es transparent zu machen: Wenn Sie sich als normaler Bürger an irgendetwas beteiligen wollen, wofür Voraussetzung ist, dass Sie in einer bestimmten Gemeinde Ihren Wohnsitz haben, wird es nicht ausreichen, dass Sie in Aussicht stellen, den Wohnsitz dort zu beziehen, sondern Sie werden zu diesem Zeitpunkt schlicht und ergreifend in der Gemeinde oder in der Stadt gemeldet sein müssen. Das Gleiche müsste in diesem Fall auch für eine Organisation wie den Deutschen Orden gelten. Es galt aber nicht.

Nächster Punkt: Prüfung der Wirtschaftsbetriebe. Sie erfolgt anhand der Testate von Wirtschaftsprüfern durch einen Mann, der von sich selber sagt, dass er kein Fachmann auf diesem Gebiet ist. Es geht weiter, dass der Verein bei der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts hätte aufgelöst werden müssen. Der Verein lief weiter, ganz entgegen den üblichen Gepflogenheiten. Ministeriumsvertreter verstiegen sich zu der Äußerung, der Verein sei ein materiell-rechtliches Nullum, das allerdings noch Bürgschaften übernahm.

Diese Sonderbehandlung, diese Nachsichtigkeit bis an die Grenzen des Erlaubten und teilweise auch darüber hinaus zog sich durch den gesamten Untersuchungsausschuss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich gebe zu: Für sich allein genommen hätten all diese Vorkommnisse, diese Vorfälle durchaus unter der Rubrik abgeheftet werden können: So etwas kann passieren, sollte aber nicht passieren. In der Summe zeigt das Ganze aber System.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das geht bis hin zum Ermittlungsverfahren gegen den Deutschen Orden und seine Führungspersonen. Der zuständige Kriminalhauptkommissar erklärte, dass er bei der Beschlagnahme einen halbvollen Lastwagen mit Akten habe wieder ausräumen müssen; das sei ihm in seiner Laufbahn noch nie passiert. Zufälligerweise, aber wirklich ganz zufälligerweise telefonierte genau zu diesem Zeitpunkt oder kurz davor der anwaltliche Vertreter des Deutschen Ordens, unser ehemaliger Kollege Gauweiler, mit dem Generalstaatsanwalt Froschauer, uns auch kein Unbekannter, und siehe da: Die Akten blieben beim Deutschen Orden. Es mag Leute geben, die an das Christkind glauben – für diejenigen war das vermutlich wirklich Zufall.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch ein Wort zum Zeugen Lang-Rose. Ich kann Ihnen ein Psychogramm relativ einfach aufzeigen. Es war das Bild eines Mannes, der sich um sein Lebenswerk betrogen gefühlt hatte und genauso agierte. Er hat das sogar noch richterlich bestätigt bekommen; es wird ihm aber leider nichts helfen. Die zum Teil etwas wirren Ausführungen, die offensichtlich waren, halte ich daher für eine eher traurige Angelegenheit.

Kommen wir zu den rechtlichen Konsequenzen. Aus Sicht meiner Fraktion möchte ich zwei Schlüsse für die künftigen An- und Aberkennungsverfahren hervorheben. Erstens. Unsere Fraktion geht davon aus, dass die Anerkennung von Glaubensgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausreichend durch das Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geregelt ist. Eine bis ins kleinste Detail gehende gesetzliche Regelung für die Anerkennung ist nicht notwendig und auch nicht hilfreich. Ein solcher Versuch würde nur zu einer unsystematischen und starren Kasuistik führen. Ein solch enges rechtliches Korsett würde der Vielfalt der verschiedenen Orden und anderen Glaubensgemeinschaften nicht gerecht werden. Wir haben auch Bedenken, ob eine solche Regelung nicht gegen die verfassungsrechtliche Religionsfreiheit verstößt.