Protocol of the Session on June 25, 2003

Kommen wir zu den rechtlichen Konsequenzen. Aus Sicht meiner Fraktion möchte ich zwei Schlüsse für die künftigen An- und Aberkennungsverfahren hervorheben. Erstens. Unsere Fraktion geht davon aus, dass die Anerkennung von Glaubensgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausreichend durch das Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geregelt ist. Eine bis ins kleinste Detail gehende gesetzliche Regelung für die Anerkennung ist nicht notwendig und auch nicht hilfreich. Ein solcher Versuch würde nur zu einer unsystematischen und starren Kasuistik führen. Ein solch enges rechtliches Korsett würde der Vielfalt der verschiedenen Orden und anderen Glaubensgemeinschaften nicht gerecht werden. Wir haben auch Bedenken, ob eine solche Regelung nicht gegen die verfassungsrechtliche Religionsfreiheit verstößt.

Zweitens. Die Anerkennungsbehörde muss aber auf die strikte Trennung zwischen Glaubensausübung und wirtschaftlicher Betätigung achten, um so dem Risiko des Missbrauchs entgegenzuwirken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies kann durch eine entsprechende Auflage geschehen, nachdem etwa der Glaubensgemeinschaft zur Bedingung gemacht wird, dass sie die Tätigkeiten, die nicht unmittelbar der Glaubensverwirklichung dienen, in privatrechtlicher Form ausüben muss. Eine solche Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da das Grundgesetz den besonderen Schutz der Körperschaft des öffentlichen Rechts nur für den Glaubensbereich manifestiert hat. Vorteil einer solchen Auflage ist, dass der Anerkennungsbehörde damit eine Möglichkeit eingeräumt wird, die Körperschaftsrechte bei Verstoß gegen die Auflagen wieder zu entziehen.

Führt eine Glaubensgemeinschaft einen Wirtschaftsbetrieb, gebietet auch der Gedanke der Wettbewerbsgleichheit, dass dieser zum Beispiel in Form einer GmbH geführt wird. Damit ist Mitarbeitern, Geschäftspartnern und auch Banken klar, dass dem Betrieb keine unerschöpflichen Geldquellen zur Verfügung stehen. Geschäfte und Darlehen werden dann an den am Markt üblichen Kriterien gemessen werden und nicht mehr von der Hoffnung beflügelt werden, dass der Staat schon einspringen werde.

Wir sehen uns in unserem Antrag vom 26. 04. 2001 bestätigt, in dem wir eine gesetzliche Regelung bzw. eine Verwaltungspraxis fordern, die es ermöglicht, Glaubensgemeinschaften den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abzuerkennen, wenn diese die ihnen verliehenen Rechte missbrauchen, zumal es üblich ist, dass der Staat Vorteile, die er gewährt, auch rückgängig machen kann. Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns einig.

Meine Damen und Herren, die CSU kommt in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, der Untersuchungsausschuss sei nicht notwendig gewesen. Dieser Aussage könnten wir nur dann zustimmen, wenn wir es als Normalität akzeptieren würden, dass nach 40 Jahren Alleinregierung der CSU in Bayern schon die Mitglied

schaft des Ministerpräsidenten in einer Organisation ausreicht, dass die Ministerialbürokratie – um mit Staatsminister Sinner zu sprechen – in vorausstolperndem Gehorsam reagiert und dieser Organisation – in diesem Fall dem Deutschen Orden – eine Sonderbehandlung zuteil werden lässt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen das aber weder als Normalität an noch wollen wir uns damit abfinden. Deshalb war der Untersuchungsausschuss nicht überflüssig. Es war kein Untersuchungsausschuss der großen Knalleffekte, aber er hat uns gezeigt, dass es in Bayern nach wie vor eine Verflechtung von Privatinteressen und ministeriellem Handeln gibt, was man gemeinhin wohl als Filz bezeichnet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schultz. – Nein? – Herr Kollege von Rotenhan, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen allen ist bekannt, dass es Institutionen gibt, die sich ein Motto geben, dass es Firmen gibt, die einen Leitspruch haben. Der Papst hat sogar einen Wappenspruch, wie ich mir habe sagen lassen. Da habe ich mir überlegt: Was könnte der Leitspruch gewesen sein, den sich die SPDFraktion gegeben hat, als sie auf die Schnapsidee kam, diesen Untersuchungsausschuss zu beantragen? Nach langem Überlegen bin ich darauf gekommen, und ich will es Ihnen sagen: „Viel Geschrei und wenig Wolle, sagte der Hanswurst, als er das Schwein schor.“

(Heiterkeit bei der CSU)

Ich will es noch einmal sagen: „Viel Geschrei und wenig Wolle, sagte der Hanswurst, als er das Schwein schor.“

(Zurufe von der SPD)

Wissen Sie, was Sie gedacht haben? – Die SPD hat gedacht, sie hat ein fettes wollenes Schaf vor sich, das sie scheren kann, um sich aus der Wolle einen wärmenden Mantel für den Landtagswahlkampf zu weben. Im Büßerhemd stehen Sie hier!

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD)

Im Büßerhemd stehen Sie hier, und das Büßerhemd ist kaum geeignet, Ihre Blöße zu bedecken.

Meine Damen und Herren, man fragt sich nach den Ausführungen des Kollegen Dr. Kaiser, ob er überhaupt im selben Untersuchungsausschuss war. Er wirft uns vor, wir wären nicht bereit gewesen, unsere überhaupt nicht vorhandene vorherige Meinung zu ändern. Wer ist denn, bevor der Untersuchungsausschuss überhaupt stattgefunden hat, mit Schaum vor dem Mund durch den Landtag gerannt und hat pausenlos zu diesem Thema gesprochen? – Die Reden, die Sie damals gehalten haben,

Herr Dr. Kaiser, unterscheiden sich in nichts von dem, was Sie heute gesagt haben.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen eines:

(Zuruf von der SPD)

Zur Masse hat Herr Kollege Welnhofer gesprochen. Ich will ein paar Sachen ansprechen, die mich geärgert haben. Meine Damen und Herren, der Deutsche Orden ist ein ehrwürdiges Institut, das seit 800 Jahren besteht.

(Gartzke (SPD): Und pleite ist! – Zuruf von der SPD: Treten Sie doch bei!)

Das würde ich vielleicht, wenn ich katholisch wäre.

Die SPD hat vor wenigen Wochen mit Singsang und Gepränge ihren 140. Geburtstag gefeiert.

(Gartzke (SPD): Da muss man Geld haben! – Heiterkeit bei der SPD)

Ich gestehe neidlos zu, Sie sind die älteste demokratische Partei in Deutschland. Aber auch in diesen 140 Jahren hat es Höhepunkte und unbestreitbare Tiefpunkte gegeben. Im Vergleich zum Deutschen Orden, dem das auch passiert ist, sind Sie aber doch allenfalls ein pubertärer Junge. Entschuldigung.

(Heiterkeit bei der CSU)

Ich wehre mich dagegen, dass hier so getan wird, als sei der Deutsche Orden ein Fußballverband, ein Karnickelzüchterverein oder sonst etwas. Das ist er eben nicht. Ich erwarte, so wie wir Respekt vor Ihrer Geschichte haben, dass Sie vor einer solch ehrwürdigen Geschichte ebenso Respekt haben.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, ich weiß, ich habe nur fünf Minuten, aber Herr Kollege Sprinkart hat kürzer gesprochen. Kann man mir das anrechnen, Herr Präsident?

(Allgemeine Heiterkeit)

Das ist nicht der Fall.

Also: Die Opposition hält verzweifelt an ihren Vorurteilen fest, obwohl der Ausschuss ergeben hat, dass das schlicht und ergreifend nicht wahr ist. Beispiel: Im Minderheitenbericht steht, die wirtschaftliche Schieflage des Ordens sei bereits 1998 erkennbar gewesen. – Falsch. Alle Zeugen haben das Gegenteil berichtet.

(Fischer (CSU): So ist es!)

Im Minderheitenbericht steht, der Deutsche Orden oder seine Stiftung habe steuerliche Vorteile durch die Verleihung der Körperschaftsrechte erhalten. – Falsch. Das stimmt so nicht.

Aber Sie haben gedacht, dass Sie mit diesen Lügen die Öffentlichkeit erreichen. Dazu kann ich Ihnen eine lus

tige Geschichte erzählen. In meinem Stimmkreis wurde ich gefragt: „Herr Abgeordneter, was machen Sie eigentlich im Landtag?“ Ich habe erzählt, was ich so mache und dass ich unter anderem im Untersuchungsausschuss „Deutscher Orden“ bin. Da hat in der Versammlung einer in wunderbarem Fränkisch gesagt: „Ach Gott, Herr Abgeordneter, da sind Sie jetzt in dem Ausschuss, der darüber entscheidet, wer das Bundesverdienstkreuz kriegt.“

(Heiterkeit bei der CSU)

Das ist die Öffentlichkeitswirkung, die Ihr Ausschuss erzielt hat. Das muss man sich einmal klarmachen.

Meine Damen und Herren, vor wenigen Tagen hat in der „Süddeutschen Zeitung“ im Zusammenhang mit einem anderen Skandal ein wunderbarer Spruch gestanden.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Skandal also!)

Da stand: „Wenn Skandale dahinschmelzen, ist es klüger, zu schweigen.“ Meine Damen und Herren von der SPD, das hätten Sie sich hinter die Ohren schreiben können.

Lieber Herr Kollege Dr. Kaiser – –

(Zurufe von der SPD)

Dann höre ich auch auf.

Die Redezeit ist für Sie in der Tat zu Ende, Herr Kollege.

Herr Dr. Kaiser, wir Unterfranken sind es gewohnt, auswärts zusammenzuhalten. Das fällt bei Ihnen schwer. Deswegen sage ich abschließend: Die Bugwelle, die Sie vor sich herschieben, steht in keinem Verhältnis zum Dampfer, der hinterherkommt.

(Beifall und Heiterkeit bei der CSU)