Ich darf aus der „Mittelbayerischen Zeitung“, Ausgabe Amberg, vom heutigen Tag eine Überschrift zitieren: „Grafenwöhr schüttelt 1000 Wohnungen aus dem Ärmel für eine US-Siedlung.“ Meine Damen und Herren, ich glaube, allein am Beispiel Grafenwöhr kann man ganz klar nachweisen, dass es ohne die amerikanischen Soldaten größte Schwierigkeiten bezüglich Arbeitsplätze und Kaufkraft für die Gemeinden im Umland gäbe. Die Investitionen, die dort in den letzten Jahren getätigt wurden, und die Investitionen, die versprochen wurden und wohl auch kommen werden, sind für den Mittelstand und vor allem die Bauwirtschaft in dieser Region unerlässlich.
Deswegen bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen und in diesem Landtag einmütig zu dokumentieren, dass wir hinter der Bundeswehr, aber auch hinter unseren amerikanischen Freunden stehen und dass wir diese Standorte brauchen. Deswegen stellen wir beide Elemente dar.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich werden wir diesem Antrag zustimmen, weil auch wir der Meinung sind, dass die US-Armee hier in Bayern ein Wirtschaftsfaktor ist und dass es vor allem um Arbeitsplätze geht. Selbstverständlich wünschen wir auch, dass diese Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das vorweg.
Aber, Herr Kollege Sackmann, wenn ich die Begründung lese, kommen mir fast die Tränen. Ich habe den Eindruck, dass Sie die neueste sicherheitspolitische Entwicklung nicht mitbekommen haben.
Sie schreiben: „Bayern steht damit unter dem militärischen Schutz der USA...“, „Diesen Schutz darf Bayern auch in Zukunft nicht verlieren.“
Damit beleidigen Sie schon einmal die Bundeswehr. Wir stehen in erster Linie unter dem Schutz der Bundeswehr und dann unter dem Schutz der europäischen Armeen.
Lieber Herr Kollege Sackmann, Sie wissen auch, dass wir im Augenblick nur noch von Freunden umgeben sind und nicht zu befürchten haben, dass hier ein Krieg geführt wird. Ich bin selbstverständlich dafür, dass wir unsere NATO-Verbindungen mit den USA aufrechterhalten. Ich will keinen Streit mit den USA, aber auf diese Art und Weise sozusagen unter den Rockschoß der USA zu kriechen, halte ich nicht für richtig.
Herr Kollege Sackmann, das Zweite, was ich Ihnen dazu sagen muss, ist Folgendes: Das ist nun wirklich ein Wahlkampfantrag. So kurz vor den Wahlen einen solchen Antrag zu stellen, wenn es überhaupt keine konkreten Anzeichen dafür gibt, dass so etwas passieren könnte – –
Ich komme gleich darauf. Der Herr Huber war zwar drüben, aber im „Who is who“ ist er nicht aufgetaucht. Ich will damit nur sagen: Da drüben wird sich um den Beschluss des Landtags niemand kümmern. Das werde ich gleich noch ausführen.
Sie wollen im Augenblick die Menschen verunsichern, um sich mit diesem Antrag als Retter Bayerns aufzuspielen. Das halte ich für unanständig; denn hinter den Planungen der Amerikaner steckt etwas anderes. Da wird auch Herr Huber nach seinem jüngsten Besuch in den USA nichts anderes sagen können. Auch die Vereinigten Staaten gliedern ihr Heer um. Lesen Sie einmal die amerikanischen Militärzeitungen mit den Untersuchungen darüber. Amerika will seine Truppen um 25% reduzieren. Wenn aber 25% der Standorte in Amerika geschlossen werden, was meinen Sie dann, was die amerikanischen Bürger sagen, wenn Arbeitsplätze verloren gehen? In Amerika wird über die Frage anders diskutiert. Die amerikanischen Bürger sagen: Schließt in Deutschland die Standorte, aber nicht bei uns in den USA. Diese Argumentation kann man aus der Sicht der amerikanischen Staatsbürger durchaus verstehen.
Hinzu kommt, dass in den USA gerade eine Umgliederung des Heeres erfolgt. Man hat auch dort erkannt, dass bei den Einsätzen, die wir in der jüngsten Vergangenheit gehabt haben, kleine, schlagkräftige und mobile Einheiten gebraucht werden. Deswegen wird es eine totale Reform der amerikanischen Armee geben, was zur Folge haben wird, dass Reduzierungen vorgenommen werden müssen, die an uns nicht vorübergehen werden. Deswegen kann ich nur sagen: Das, was Sie machen, ist eine Verunsicherung des Bürgers. Verteidigungsminister Rumsfeld hat in einer seiner Reden etwas Schönes gesagt, nämlich dass die Entscheidungen, die in Europa fallen werden, erstens ausschließlich militärisch motiviert sein werden. Herr Huber, da werden Sie nicht widersprechen können. Zweitens hat er gesagt, wir werden dabei auf Wirtschaftsfaktoren in den betroffenen Ländern keine Rücksicht nehmen können.
Entscheidend ist außerdem, dass die Amerikaner auch Politik machen. Das haben Sie nicht erwähnt. – Sie haben nur gesagt, die Amerikaner gehen in die osteuropäischen Länder, die neu zur EU kommen. Warum hat aber Amerika vor, nach Polen zu gehen? – Ganz einfach: Polen hat amerikanische Flugzeuge bestellt, was bedeutet, Polen hat Arbeitsplätze in Amerika gesichert und geschaffen. Also bedankt sich Amerika damit, dass dort Truppen stationiert werden. Sollen wir in Deutschland jetzt den Eurofighter nicht mehr in den Dienst stellen – was wir diese Woche tun werden – und damit Arbeitsplätze vernichten, damit die anderen erhalten bleiben? – Nein.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas Entscheidendes sagen. Sie haben diesen Antrag gestellt, um den Menschen Angst davor zu machen, dass in den betroffenen Gebieten Arbeitslosigkeit entstehen könnte. Ich sage Ihnen eines: Kehren Sie erst einmal vor Ihrer eigenen Tür. Die Staatsregierung soll sich dafür einsetzen, dass Firmen wie BMW, Audi und Infineon nicht ins Ausland gehen und dort Arbeitsplätze schaffen statt bei uns.
Sie sollten sich dafür einsetzen, dass Großfirmen wie Maxhütte, Dornier-Fairchild oder Kirch nicht Pleite gehen und damit Arbeitsplätze vernichtet werden. Sie sollten auch dafür sorgen, dass LWS und Landesbank nicht Milliardenverluste einfahren, die sich auf den Arbeitsmarkt niederschlagen. Kehren Sie erst einmal vor Ihrer eigenen Tür, und dann können wir uns unterhalten.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, Sie werden mit mir einer Meinung sein: Es ist schon erfreulich, dass wir nun endlich zu einem landespolitisch relevanten Thema kommen, das in unserer Kompetenz liegt. Man muss sehen, dass die Truppenstandorte der US-Armee, so wie wir sie in Bayern haben, eine Folge des Zweiten Weltkriegs sind und keineswegs eine strukturpolitische Glanzleistung der CSU-Regierung.
Ich habe Ihren Antrag gelesen und bin gleich über den Satz gestolpert, den mein Vorredner bereits zitiert hat. Einen größeren Blödsinn habe ich in letzter Zeit nicht lesen können. Herr Sackmann, ich glaube, Sie sind noch jünger als ich. Wie kann man so einen Quatsch schreiben? Man kann doch nicht sagen, Bayern braucht den Schutz der US-Armee. Also bitte!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Prof. Dr. Gantzer (SPD): Und Herr Glück hat das unterschrieben!)
Truppenstationierungen sind, egal wo, ob in Bayern oder sonst wo in der Welt, nur zu rechtfertigen, wenn sie der Erhaltung des Friedens dienen. Sie sind keine Form von Wirtschaftspolitik, und sie sollten auch nicht unter der Überschrift „Wirtschaftsfaktor“ abgehandelt werden.
Keine Angst, ich habe genau das meinem SPD-Bürgermeister in Bayreuth gesagt, als es um die Schließung des Bundeswehrstandortes ging. Das können Sie gern nachlesen. Die Meinung vertrete ich überall, und ich habe auch viel Zustimmung von den Bürgerinnen und Bürgern erhalten. Es ist nämlich keineswegs so, dass das alles überall widerspruchslos hingenommen wird, wie es hier dargestellt wird.
Die Anwesenheit der US-Truppen in Deutschland und in Bayern dient heute keineswegs dem Schutz Bayerns; sie dient einzig und allein der strategischen Außenpolitik der USA. Genauso ist es.
Wie die das sehen, ist mir egal. Ich sage Ihnen, wie ich das sehe und wie ich das deute. Wir haben es erlebt: Die USA betreiben zur Zeit eine unilaterale Politik gegenüber der Welt und gegenüber Europa. Ihnen ist völlig egal, was wir hier in Bayern über ihre US-Truppenstandorte denken. Sie machen Politik aus ihrem Interesse heraus, und das ist ihr gutes Recht. Das können sie machen, soweit sie das Völkerrecht berücksichtigen. Also: Welche Aufgabe haben heute diese Standorte bei uns? – Sie dienen den USA und der Umsetzung ihrer Politik, aber sie sind nicht erforderlich für den Schutz Bayerns.
Sie haben Recht, natürlich stellen die Standorte in der Region einen wirtschaftlichen Faktor dar. Nur: Sich als die regierenden Politiker in diesem Land darauf zu berufen, dass wir dies auch noch brauchen, ist eine Bankrotterklärung Ihrer Strukturpolitik, die Sie in diesem Land betreiben, und ein Armutszeugnis.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Prof. Dr. Gantzer (SPD): Die Gebirgsschützen haben wir auch noch!)
Ich komme aus Trier, wo mit 30000 Franzosen die größte Garnison außerhalb Frankreichs war. RheinlandPfalz hat die Konversion längst erfolgreich hinter sich. Trier ist immer noch eine wunderbare Stadt, die die Konversion gut bewältigt hat; die Franzosen sind längst weg. Tun Sie also nicht so, als stünde der Weltuntergang vor der Tür, wenn 25000 US-Soldaten abgezogen oder verlegt werden.
Setzen Sie sich dafür ein, dass eine vernünftige Konversionspolitik betrieben wird, dass der auch aus vielen anderen Gründen insbesondere in den Grenzregionen Bayerns dringend benötigte Strukturwandel vom Landtag aus begleitet wird und dass es nicht zu einem abrupten Einbruch kommt, wenn Truppen abgezogen oder Standorte geschlossen werden, sondern dass man
darauf vorbereitet ist und Konzepte in der Schublade hat, welche strukturpolitischen Maßnahmen und sinnvolle zukunftsfähige Wirtschaftspolitik man in den Flächen als Ersatz anbietet.
Sie sollten diese Aufgabe wahrnehmen, anstatt blumige Appelle an die rot-grüne Regierung zu richten.
Sie verschweigen, dass die Standorte für die bayerischen Bürgerinnen und Bürger natürlich eine große Belastung darstellen. Schauen Sie sich einmal die Standorte an. Es gibt Lärm- und Umweltbelastungen, denn die Truppen lassen nach ihrem Weggang verseuchte Flächen zurück. All diese Dinge müssen wir mit unseren Steuergeldern bezahlen.
Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass es für eine Region durchaus ein großer Gewinn sein kann, wenn sie den Strukturwandel erfolgreich bewältigt und zu einer Wirtschaftspolitik kommt, die zukunftsfähiger ist und mit weniger Umwelt- und Lärmbelastung einhergeht.
Ich habe für diesen Antrag überhaupt kein Verständnis. Anscheinend haben weder Herr Huber noch Herr Stoiber bei ihren Reisen in die Vereinigten Staaten etwas erreicht, da sie jetzt ihre Appelle an die rot-grüne Regierung richten müssen. Wir werden das natürlich nicht mittragen. Ich bin froh, dass der Kalte Krieg zu Ende ist.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung begrüßt diesen Antrag nachhaltig. Es ist auch heute die Zeit, ein Jahresvotum abzugeben. Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer, ich wundere mich sehr, dass dieses Thema von der SPD heruntergespielt wird.
Sie haben sehr widersprüchlich argumentiert. Zu sagen, die Amerikaner hätten ihre Standorte im eigenen Land um 25% reduziert, deshalb müsse man Verständnis haben, wenn es in Europa vielleicht noch weiter heruntergehe, ist eine Argumentationslinie. Auf der anderen Seite zu sagen, der Antrag wäre Verunsicherung, für die Standorte bestünde keine Gefahr, ist ein glatter Widerspruch. Entweder stimmt das eine oder das andere.