Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Bernhard, die Situation der Kommunen wird nicht dadurch besser, dass Sie von Seiten der CSU in jedem Plenum einen Dringlichkeitsantrag mit immer den gleichen Forderungen einbringen, der Bund solle mehr zahlen, und im Übrigen sei er sowieso an allem schuld.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernhard (CSU): Solange er nicht zahlt, müssen wir einen Antrag stellen.)
Ich vermisse hier eine ernsthafte Betrachtung der Gesamtsituation. Ich finde es lächerlich, wenn Sie fordern, der Bund solle da und dort zahlen.
(Dr. Bernhard (CSU): Wir zahlen schon bei der Gewerbesteuerumlage und bei der Umsatzsteuer mit, das hat die Kollegin doch schon gebracht!)
Tatsache ist, dass eine ernsthafte Betrachtung der gesamten Situation fehlt. Wir müssen doch einfach einmal sehen, wie groß die Nöte in der Bundesrepublik insgesamt sind. Alle – Bund, Länder und Kommunen – sind aufgefordert, ihre Haushalte zu konsolidieren, nicht zuletzt deshalb, um den Stabilitätspakt einhalten zu können.
Ich verlange von Ihnen hier im Bayerischen Landtag schon, dass Sie sich in erster Linie um die bayerischen Belange kümmern, bei denen Sie selbst handeln können. Hier aber ist – das muss ich Ihnen sagen, Herr Kollege Bernhard – Feigheit das Motto der CSU. Sie drücken sich genau um die grundsätzliche Aussage, welches Reformmodell der Gewerbesteuer Sie denn wollen.
Sie wissen doch, dass alle Behelfsmaßnahmen – hier auf ein Jahr befristet 0,4% mehr und da oder dort viel
leicht noch ein bisschen mehr – die Probleme nicht lösen. Wir brauchen eine grundsätzliche Verbesserung der Situation. Hier geht es um die Zukunft der Gemeindefinanzierung. Davor aber kneifen Sie vor der Wahl. Das sage ich Ihnen voraus, denn Sie trauen sich nicht, vor der Wahl die falsche Lösung zu verkünden. Sie sind im Grunde Ihres Herzens für das BDI-Modell, wonach die Gewerbesteuer abgeschafft werden soll und der normale Bürger und Einkommensbezieher den Zuschlag und somit die Zeche bezahlen soll. Das wollen Sie.
Jetzt winden Sie sich hindurch und hoffen, dass die Sommerpause im Bundestag kommt, sodass kein Vorschlag mehr zur Debatte gestellt werden kann. Herr Huber, Sie warten, bis die Landtagswahl vorbei ist, und dann ist für die Bürgerinnen und Bürger auch hier im Freistaat Bayern Zahltag. Denn Sie wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger bezahlen. Vor dieser Aussage drücken Sie sich jetzt noch.
Mit Ihrem Modell werden Sie nicht nur die Normalbürger belasten, sondern Sie werden auch Verwerfungen herbeiführen. Die Kommunen, die jetzt schon viel Geld haben, können es sich dann leisten, einen geringeren Zuschlag zur Einkommensteuer zu verlagen. Die reichen Kommunen werden damit noch reicher werden, weil die Karawane der Bezieher höherer Einkommen dort hinziehen wird, die anderen Kommunen dagegen werden noch mehr ausgelaugt werden. Das ist das Ende Ihres glorreichen Vorschlages. Wenn Sie dieses Modell wollen, sollten Sie auch Manns genug sein, es so darzustellen. Sie sollten nicht versuchen, das bis nach dem 21. September auszusitzen.
Sie haben kein Wort mehr darüber verloren, als der Bund darauf verzichtet hat, die Gemeinden zur Flutopferhilfe heranzuziehen. Der Bund hat den Gemeindeanteil den Gemeinden zurückgegeben. Das hätten Sie auch einmal erwähnen können, nachdem Sie zuerst ein halbes Jahr durch die Lande gezogen sind und gegen den Bund gehetzt, geschürt und so getan haben, als müssten die Gemeinden die Flutopferhilfe bezahlen. Tatsache war doch, dass der Bürger die Flutopferhilfe bezahlen musste, weil die Einkommensteuerreform um ein Jahr hinausgeschoben worden ist. Was ist nicht alles landauf, landab in den Zeitungen gestanden? So etwas nennt man Vernebelung, so etwas ist einfach unanständig.
Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, bei der Grundsicherung bin ich der Meinung, dass man eine vierteljährliche Abschlagszahlung leisten kann. Der Bund hat sich geäußert, dass er am 1. Juli zahlen will. Ich glaube, es wäre nicht zu verantworten, dass man die Gemeinden so lange Zeit vorfinanzieren lässt. Die Grundsicherung ist auch sehr leicht zu berechnen. Das können wir sogar ohne E-Government machen.
Nun zur Mehrwertsteuer. Herr Kollege Dr. Bernhard, hier haben Sie wieder dem Bund in die Tasche gegriffen. Sie haben sich bereiterklärt, 0,4% zu bezahlen, und der Bund solle dasselbe tun. Das haben Sie zumindest gesagt. Zu der in Ihrem Antrag vorgeschlagenen Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe – Modell Stoiber – gibt es eine deutliche Aussage des Bayerischen Städtetags, welche lautet: So nicht! Die Kommunen werden am Ende draufzahlen. Soviel nur in aller Kürze.
Hier haben Sie zunächst angekündigt, etwas zu tun. Dann haben Sie gemerkt, dass die Gemeindefürsten den Aufstand gegen Sie proben. Deshalb sind Sie ganz schnell zurückgerudert. Ich bin der Auffassung, dass die Kosten ermittelt werden können und auch erstattet werden müssen. Natürlich wird keiner zustimmen und freiwillig mehr zahlen. Die gleiche Diskussion führen wir doch auch bei den Kinderkrippen, wo wir jahraus, jahrein auf freiwillige Vereinbarungen setzen und verhandeln. Die Zeche aber müssen die zentralen Orte, die Städte und ihre Bürgerinnen und Bürger bezahlen.
Nun zu Ihren Möglichkeiten: Schlüsselmasse erhöhen – die Diskussion ist schon sehr alt. Das Thema muss diskutiert werden und ich gehe davon aus, das Sie in der nächsten Legislaturperiode etwas tun werden. Es wird nicht die große Masse betreffen. Es wird keine Erhöhung auf 15 Prozent erfolgen, aber ich könnte mir vorstellen, Herr Staatsminister Huber, dass Sie von 11,54 auf 12 oder auf 13 Prozent erhöhen werden, und zwar ganz einfach deshalb, weil es keine Alternative dazu gibt und weil Sie in dieser Frage schlechte Karten haben. Auf diesem Feld müssen Sie sich bewegen und Sie müssen sich auch im Rahmen der Spreizung bewegen, sprich Einwohnerveredelung oder Zentralitätszuschlag. Wenn wir vom Zentralitätszuschlag reden, sollten wir auch wieder die Abundanz-Umlage zumindest diskutieren.
Sie sagen: „O mei“, aber ich sehe schon, dass es gerade im Landkreis München reiche Münchner Umlandgemeinden gibt, Herr Kollege Kupka, die schon gar nicht mehr wissen, was sie mit ihrem Geld tun sollen, während im Grenzland die Betroffenen schauen müssen, wie sie über die Runden kommen. Auch das muss zumindest angesprochen werden.
Wo Sie von der CSU und der Staatsregierung noch schlechte Karten haben, sind die Ausgaben für Schule, Bildung, Kinder- und Jugendhilfe. Es gibt keinen Grund, sich davor zu drücken, den Gemeinden die Kosten zu erstatten, die diese mit ihren Schulen haben. Sie setzen sich einfach hin und sagen: „EDV-Ausstattung? Das sollen die Gemeinden machen. Das ist nicht unsere Sache.“ Sie verkünden notwendige Programme wie Ganztagsbetreuung und schicken die Rechnung den Kommunen. Wo sind wir denn? Wer Maßnahmen
Wenn wir von der Jugendhilfe reden: Wenn man sagt, die Standards seien zu hoch und man müsste einfach kürzen, ist das leicht dahingesagt. Man muss auch darüber reden, worum und um welche Einzelmaßnahmen es geht. Man kann nicht sagen: „Das kostet uns zuviel! In Zukunft gibt es nur noch die Hälfte!“ Man muss sich genau ansehen, was gebraucht wird. Ob es uns gefällt oder nicht, es gibt leider viele Kinder und Jugendliche, die unabhängig vom Elternhaus einer Hilfe bedürfen. Man kann nicht einfach sagen: „Derjenige, der keine Eltern hat, die ausreichend für ihn sorgen, hat Pech gehabt und soll schauen, wo er bleibt.“ So geht es schlicht und einfach nicht. Hier hat die Gesellschaft und hier haben wir Verantwortung zu tragen.
Sie drücken sich vor der entscheidenden Frage, wie es mit der Gewerbesteuer und der Gemeindefinanzreform weitergehen soll. Sie wollen dieses Thema bis nach dem Wahltag aussitzen.
Wir werden den Antrag der CSU-Fraktion ablehnen, weil er in der Sache nicht weiterführt und weil wir in manchen Punkten anderer Meinung sind als Sie. Bei der Abstimmung über den SPD-Antrag werden wir uns enthalten, weil wir das Vorgehen hinsichtlich Aussetzung Solidarumlage und der Tatsache, dass man manchen Kommunen weniger abverlangt als anderen, nicht für zielführend halten. Wir wollen erstens das Verhandlungspaket von damals nicht antasten; es war mühevoll genug eine Regelung zu finden. Zweitens haben wir bereits mit der Grenzlandförderung 5 b und später der Ziel-2-Förderung schlechte Erfahrungen gemacht, soweit unterschiedliche Sätze bestehen. Wir halten es, Frau Kollegin SchmittBussinger, für gerechtfertigt, wenn man an die Kommunen, die in der Tat bisweilen Schwierigkeiten haben, zum Beispiel an der Grenze zu Tschechien, zielgenaue Bedarfszuweisungen aufgabenentsprechend verteilt anstatt zu sagen: Sie bekommen alle bei der Solidarumlage in gleichem Maße eine Ermäßigung. Eine solche Ermäßigung müsste andernorts wieder herbeigeschafft werden, was Kürzungen an anderer Stelle zur Folge hätte. Die Grünen sind grundsätzlich immer dafür, aufgaben- und zielorientiert zu fördern.
Im Übrigen bin ich der Auffassung: Wenn wir eine ordentliche Gemeindefinanzreform hinbekommen – da brauchen wir die Unterstützung der Unionsparteien im Bund –, dann würden sich manche Probleme von selber lösen und man müsste nicht entsprechende Stützungsmaßnahmen ergreifen. Deshalb ist unser hauptsächliches Ziel, eine Gemeindefinanzreform bis zum 01. 01.
2004 über die Bühne zu bringen, damit die Kommunen in Zukunft wieder verlässliche Planungsdaten haben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns in der Analyse weitestgehend einig: Die Finanzsituation der Kommunen ist insgesamt schlecht bis miserabel. Es ist dringend notwendig, dass eine dauerhafte und stabile Verbesserung der kommunalen Finanzsituation eintritt, dass rasche Hilfe geboten ist und dass sowohl das Land als auch der Bund in der Verantwortung sind. Soweit besteht wohl Konsens.
Ich muss mich allerdings sehr wundern, Frau Kollegin, dass Sie die gegenwärtige schwierige Lage der Kommunalfinanzen auf die 16 Jahre der Regierung Kohl zurückführen.
Ich habe die Vermutung, Sie haben eine Platte, die Sie immer abspielen, wenn Sie nicht weiter wissen, und die haben Sie heute wieder aufgelegt.
Ich darf Ihnen einmal die Verschlechterung der letzten Jahre anhand von zwei Zahlen vor Augen führen: Im Jahre 1999 hatten die bayerischen Kommunen einen positiven Finanzierungssaldo von 330 Millionen Euro. Im Jahre 2002 hatten die bayerischen Kommunen einen negativen Finanzierungssaldo von 1,4 Milliarden Euro. Das heißt, in diesen drei Jahren hat sich die Situation dramatisch verschlechtert. Von 1997 bis 2002 sind die Sozialhilfeausgaben der Kommunen in Bayern um fast 13 Prozent gestiegen. Ich will damit nur sagen: Es ist absolut lächerlich, in diesem Zusammenhang zu sagen, die Union habe 16 Jahre lang regiert und deswegen sei sie an dieser Situation schuld. Das ist doch nur ein oberflächliches parteipolitisches Geplänkel. Das sollten Sie lassen.
Im CSU-Antrag ist sehr stark eine Aufforderung an den Bund enthalten. Das liegt nicht daran, dass wir über RotGrün herfallen wollen.
Das mache ich auch. Ich mache das sogar sehr gerne, ich mache es am liebsten jeden Tag, aber im Moment reden wir über die schwierige finanzielle Situation der Kommunen.
Tatsache ist: Alle Parameter im Bereich der Steuergesetzgebung berühren die Gesetzgebung des Bundes.