Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Kolleginnen und Kollegen der CSU werden es uns, der SPD, sicher nachsehen, dass wir mit einem guten Stück Genugtuung und Freude auf das jetzt vorliegende Gesetzeswerk blicken. Genugtuung und Freude empfinden wir deshalb, weil drei der Punkte, die in diesem Gesetzgebungsvorhaben enthalten sind, jetzt endlich Wirklichkeit werden sollen, nachdem wir dies schon seit Jahren gefordert und versucht haben, darüber mit Ihnen zu verhandeln, und nachdem wir diese Forderungen auch immer wieder in Anträge hineingeschrieben haben. Es handelt sich um die Kinderrechte, um das Konnexitätsprinzip, abgesichert durch ein Konsultationsverfahren, und um das Recht des Parlaments auf Information durch die Staatsregierung, welches nun auch in der Verfassung festgeschrieben werden soll.
Die Kinderrechte finden sich nun erstmals in der Bayerischen Verfassung. Das Kind ist nun endlich ein eigenes Rechtssubjekt und nicht mehr nur Objekt der Erziehung.
Natürlich finden sich Kinderrechte auch in Bundesgesetzen und insbesondere im Grundgesetz. Die Festschreibung der Kinderrechte in der Bayerischen Verfassung drückt aber die Wertigkeit aus, die wir diesem Grundrecht in Bayern geben. Die Aussage, materiell ändere sich an der Rechtslage nichts, ist nicht ganz richtig. Selbstverständlich ist die Bayerische Verfassung bei der Auslegung von Gesetzen und insbesondere bei der Bildung eines Bewusstseins in der Bevölkerung mit ausschlaggebend. Wenn wir die Kinderrechte erstmals in der Verfassung verankern, bedeutet dies auch eine Änderung in der Wertordnung im Freistaat Bayern, und das wollten wir erreichen. Nicht umsonst hat sich ein Teil dieses Hauses noch vor einem Jahr gegen die Festschreibung dieser Rechte gewehrt, weil sie genau das nicht wollte. Man musste diesen Teil des Hauses sozusagen zum Jagen tragen, aber mit dem jetzt erzielten Ergebnis können wir gut leben.
Wichtig ist es im Zusammenhang mit den Kinderrechten auch, dass wir noch einmal klarstellen und betonen, dass Kinder und Jugendliche durch Staat und Gemeinden vor Misshandlungen und körperlicher Gewalt zu schützen sind. Es ist wichtig, dies gerade in Zeiten zu betonen, in denen zunehmend über sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche, aber auch über allgemeine Gewaltverbrechen berichtet wird, und in denen auch das Thema der häuslichen Gewalt und der Gewalt in der Erziehung in der Diskussion einen immer breiteren Raum einnimmt. Deswegen empfinden wir Freude und Genugtuung darüber, dass es uns gelungen ist, diese Rechte im Paket der Verfassungsänderungen unterzubringen.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist das Thema: „Wer anschafft, muss auch zahlen“. Fast mustergültig ist es uns gelungen, in der Verfassung ein striktes Konnexitätsprinzip festzuschreiben und einen Konsultationsmechanismus zu verankern, welcher den kommunalen Spitzenverbänden eine rechtzeitige Information, eine Mitsprache und eine Vorlage ihrer Vorstellungen zum Beispiel vor Entscheidungen der Staatsregierung ermöglicht. Auch im Parlament werden wir entsprechende Regelungen zu schaffen haben. Das, was für die Staatsregierung gilt, muss umso mehr für den Gesetzgeber gelten. Auch wir binden uns mit dieser Verfassungsänderung, die kommunalen Spitzenverbände stärker, früher und intensiver als bisher zu beteiligen und ihre Argumente anzuhören, abzuwägen und dann erst die Entscheidung zu treffen.
Die Position der Kommunen wird hierdurch eindeutig gestärkt. Herr Kollege Bernhard hat richtigerweise gesagt – darauf haben wir uns auch in der Begründung des Gesetzentwurfs geeinigt –, dass kein Nullsummenspiel stattfinden darf. Es muss zwar nicht für jede Aufgabe „fresh money“ zur Verfügung stehen, es darf aber nicht dazu kommen, dass wir mit den Aufgaben den Gemeinden, Landkreisen und Bezirken Mittel übertragen, gleichzeitig aber die Schlüsselzuweisungen kürzen. Das wird es nicht geben, und so steht es auch ausdrücklich in der Begründung. Auch das ist ein Vorteil für die Kommunen.
Das strikte Konnexitätsprinzip wird jedoch nur für die Zukunft wirken. Das heißt, bei den jetzigen Fehlfinanzierungen sowohl auf Bundesebene – das sage ich ausdrücklich – als auch auf Landesebene -
Herr Faltlhauser, die gibt es schon. Vielleicht hat es sich nur noch nicht bis zu Ihnen durchgesprochen. Ich erwähne als Beispiele nur die Schülerbeförderungskosten, die R 6 oder die Lehrerpersonalkosten. Es sind nur einige Stichworte, vielleicht haben Sie sie hier im Plenum schon gehört. Hier gab es in den letzten Jahren ganz deutliche Fehlentwicklungen. Diese werden durch die Verfassungsänderung nicht nachträglich geheilt. Hier gilt es für alle Parteien in diesem Hause, weiterhin für eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen zu streiten. Das Konnexitätsprinzip wird nur für die Zukunft helfen.
Großen Wert haben wir bei den Verhandlungen auch darauf gelegt, dass die kommunalen Spitzenverbände mit einbezogen werden. Das, was der Kollege gesagt hat, ist richtig: Es gibt Signale, dass alle Spitzenverbände mit der jetzt gefundenen Regelung einverstanden sind und dass diese Regelungen auch wesentlich klarer und präziser formuliert sind als das, was die freien Wähler zunächst vorgeschlagen haben. Ich glaube, es läge im Interesse der Kommunen, dass sich alle unter diesem Mantel des gemeinsamen Gesetzentwurfes wiederfinden, denn dann könnten wir für den 21. September alle gemeinsam – gleich, welche Parteifarbe wir haben – um Zustimmung zu den beiden Gesetzespaketen werben.
Geradezu rührend ist der Dringlichkeitsantrag, den die CSU hinsichtlich des Konnexitätsprinzips auf Bundesebene eingebracht hat. Ich kann Sie beruhigen: Wir arbeiten auf dieser Ebene schon lange. Die rot-grüne Koalition hat als erste dieses Wort in einer Koalitionsvereinbarung aufgenommen. Das haben andere, die diese Republik jahrzehntelang vorher regiert haben, nicht geschafft. Wir haben auch erste Gesetze – wie das Grundsicherungsgesetz – erlassen, die eine Überprüfung der Finanzierung bereits nach einem bestimmten Zeitraum vorsehen. Wir wollen noch mehr, wir wollen innovativ sein und weitergehen, belehren brauchen wir uns von Ihnen in diesem Punkt nicht zu lassen. Wer das Konnexitätsprinzip in Bayern über Jahrzehnte abgelehnt hat – zuletzt in der Enquete-Kommission Föderalismus im Februar des Jahres 2002 –, der braucht nicht erzählen, was es auf Bundesebene geben soll. Nichtsdestotrotz ist die Formulierung des Antrags richtig. In dieser Formulierung kann man sich auch ohne Probleme zusammenfinden.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass neben dem Konnexitätsprinzip auch eine zweite Ebene mit ins Spiel kommt, nämlich die Stärkung der Rechte des Parlaments gegenüber der Bayerischen Staatsregierung. Die verfassungsmäßige Verankerung dieses Rechts – wir haben derzeit auch das Parlamentsinformationsgesetz in den Beratungen – ist für uns eine wichtige Angelegenheit, um auf gleicher Augenhöhe zu sein. Vielleicht erlangt der Verfassungsgrundsatz, wonach keine Gewalt gegenüber der anderen ein Übergewicht erlangen darf, durch diese Festlegung ein Stück mehr Realität. Wir hoffen darauf und darum ist uns auch diese Festlegung so wichtig.
Mit der Änderung, mit der wir die Formulierung zur Menschenwürde aus Artikel 1 des Grundgesetzes in die Bayerische Verfassung übernehmen, wollen wir einer absurden Debatte Einhalt gebieten, die von interessierter Seite angestoßen wird und so tut, als wäre nach der Bayerischen Verfassung in der heutigen Fassung das Klonen von Menschen zulässig. Das ist absurd; es gibt für den Nichtjuristen aber vielleicht die eine oder andere Auslegungsschwierigkeit, und deshalb ist es nur konsequent, dieses Thema dadurch zu erledigen, dass wir die Formulierung des Grundgesetzes übernehmen, zu der es eine eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfas
sungsgerichts und auch Gesetze wie das Embryonenschutzgesetz gibt, die das Klonen von Menschen verbieten. Dies gilt selbstverständlich auch im Freistaat Bayern.
Ich darf mit einem Dank an alle Fraktionen, die bei den Verhandlungen beteiligt waren, enden. Es war ein zeitaufwändiger, aber ein durch die gute Mitarbeit und Zuarbeit unserer Fraktionsmitarbeiter geprägter Prozess, der schnell zu einer Lösung geführt hat, wie ich sie vor einem Jahr noch nicht für möglich gehalten hätte. Es bleibt zu hoffen, dass die Bürgerinnen und Bürger am 21. September beiden Paketen die notwendige Zustimmung geben. Lassen Sie uns gemeinsam mit der gleichen Einigkeit, mit der wir jetzt das Gesetz verabschieden, für die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger in Bayern werben.
Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erfreulich schnell sind die Beratungen in der interfraktionellen Arbeitsgruppe über die Bühne gegangen. Erfreulich war auch der breite Konsens hinsichtlich der geplanten Verfassungsänderungen. So stelle ich mir eine Fortentwicklung gemeinsamer Werte vor. Ich wünsche mir, dass die Werte, auf die wir alle uns berufen, tatsächlich von einer großen Mehrheit im Hause getragen werden, und zwar gleich welcher politischen Position man anhängt. Wir hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler die Notwendigkeit dieser Fortentwicklung – wir wollen, dass die Verfassung lebt, wir wollen, dass sich die Verfassung den Realitäten und dem Alltag anpasst – am 21.09. für genauso wichtig einschätzen wie wir es tun und dieser Verfassungsänderung zustimmen.
Nach Artikel 75 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung ist es so, dass Überlegungen, die wir im Landtag angestellt haben bzw. die Lösung, die wir gefunden haben, dem Volk vorgelegt werden sollen und müssen und vom bayerischen Volk abzusegnen sind. Unsere Aufgabe in den nächsten Monaten wird es sein – ich sehe in diesem Zusammenhang eine intensive Arbeit auf uns zukommen –, für diese Änderungen bei unserem Souverän, dem bayerischen Volk, zu werben und um Zustimmung zu bitten. Wir sind uns jedoch sicher, dass der Handlungsbedarf von den Wählerinnen und Wählern hinsichtlich der Verbesserung der Gemeindefinanzen erkannt wird, obwohl uns ganz klar ist, dass damit die Reform nur ansatzweise angestoßen wurde. Über die Gemeindefinanzreform muss noch viel intensiver diskutiert werden.
Die Wählerinnen und Wähler müssen erkennen, dass der Schutz der Kinder besser zu gewährleisten ist. Es ist richtig und wichtig, dass Jugendliche früh Verantwortung für ihr Leben übernehmen und dass sie rechtzeitig und früh an der demokratischen Willensbildung beteiligt werden. Wir wollen deshalb die Änderung des passiven Wahlrechts. Im Übrigen sind wir das vorletzte Bundesland, das auf diesem Feld eine Änderung einführen
würde. Auf der Bundesebene und in den anderen Bundesländern mit Ausnahme Hessens gilt schon ein verändertes passives Wahlrecht. Um eine ordentliche Arbeit leisten zu können ist für uns als Landtag wichtig, dass das Parlamentsinformationsgesetz verabschiedet wird und Verfassungsrang erhält. Auf diese Weise werden die Rechte des Parlaments als Volksvertretung gestärkt.
Die drei Fraktionen greifen mit dem Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung auch zwei laufende Volksbegehren auf. Das eine befasst sich mit dem Konnexitätsprinzip. Dieses Begehren ist damit obsolet geworden. Wir müssen jedoch im Hinterkopf behalten, dass die Gemeindefinanzreform vorangetrieben werden muss. Zum anderen wird ein Volksbegehren aufgegriffen, das sich mit dem Klonverbot befasst. Ein Volksentscheid zu den jeweiligen Initiativen wird, so meinen wir, überflüssig. Wir sagen sogar im Fall des Klonverbots, dass es ein schädliches Volksbegehren ist, weil es Gräben aufreißt, die mittlerweile glücklicherweise zugeschüttet sind. Außerdem schießt das Volksbegehren in seiner Formulierung über das Ziel hinaus, bedroht den mühsam errungenen Kompromiss zum Schwangerschaftsabbruch und stellt die Selbstbestimmungsrechte der Frauen erneut in Frage. Endlich hat sich die gesellschaftliche Debatte beruhigt. Jetzt werden wieder gesellschaftliche Gräben aufgerissen und die Kluft zwischen den einzelnen gesellschaftlichen Gruppen vertieft.
Wir haben in der interfraktionellen Arbeitsgruppe eine maßvolle Präzisierung vorgenommen, das heißt, Artikel 100 der Bayerischen Verfassung wird an den Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes angepasst. Auch die katholische Kirche hat eine ähnliche maßvolle Formulierung vorgeschlagen. Hinsichtlich eines Klonverbots sind wir uns doch alle einig. Klonen ist ein Verbrechen. Es ist in der Bundesgesetzgebung verboten und verstößt gegen die Menschenwürde. Damit deutlich wird, dass ein Verstoß gegen die Menschenwürde vorliegt, nehmen wir den Begriff Menschenwürde explizit in die Bayerische Verfassung auf. Wir sind der Auffassung, der bisherige Begriff Würde der menschlichen Persönlichkeit könnte missverstanden werden.
Bereits in der letzten Legislaturperiode gab es von unserer Seite, wie auch von Seiten der SPD, eine Reihe von Vorschlägen zur Einführung des Konnexitätsprinzips sowie zum Anhörungsrecht der Kommunen, zu den Kinderrechten und zum Wahlrecht. Wir haben nicht aufgegeben und – wie sich heute zeigt – es war gut, an diesen Themen zu bleiben und weiter zu verhandeln.
Damals war die Zeit noch nicht reif. Dieses Mal könnte uns eine wirklich gute und von Allen getragene Reform gelingen. Ich bitte hiermit gleichzeitig auch den Volkssouverän, am 21. September den hier im Landtag von den Fraktionen erarbeiteten Vorschlägen zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Ver
fassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu über weisen. Ich sehe, damit besteht Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.
Maget und Fraktion (SPD), Stahl Christine, Dr. Dürr, Köhler Elisabeth und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
(Heiterkeit – Dr. Hahnzog (SPD): Heute Nachmittag! – Gabsteiger (CSU): Freuen Sie sich nicht zu früh!)
Ich will einen gemeinsamen Gesetzentwurf begründen, der sich mit der Altersversorgung der Abgeordneten befasst. Es ist so, dass im Beamtenbereich, aber auch im Angestelltenbereich, das Rentenniveau bzw. das Versorgungsniveau abgesenkt wurde. Wir waren uns hier im Hohen Haus einig: Wenn wir der Bevölkerung Einschnitte und Kürzungen zumuten, dann müssen wir uns selbstverständlich bei vergleichbaren Sachverhalten genauso behandeln. Ich denke, das ist auch ein Signal dafür, dass wir trotz anstehender Kürzungen gesamtgesellschaftliche Gerechtigkeit anstreben. Wir Abgeordnete stehen da immer im Rampenlicht. Wir leisten damit einen Beitrag zur Akzeptanz solcher notwendigen Schritte.
Unser Vorschlag ist weitgehend dem Beamtenrecht nachgebildet und sieht im Einzelnen Folgendes vor: zum einen, dass der Höchstsatz des Versorgungsniveaus der Altersentschädigung von 75% auf 71,75% abgesenkt wird. Entsprechendes gilt für die Versorgungsbezüge. Bei den Kollegen, die bereits Altersentschädigung beziehen, wird in acht Stufen eine Absenkung vorgenommen, indem die jeweiligen Steigerungen modifiziert werden, sodass voraussichtlich nach acht Jahren ebenfalls eine Absenkung auf 71,75% erreicht wird.
Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf auch die Witwenversorgung von 60% auf 55% absenken, verbunden mit einigen Besonderheiten, wie das auch im Beamtenrecht geschehen ist.
Wir haben diese Regelung im Hohen Haus einvernehmlich in Angriff genommen, auch im Einvernehmen mit der Diätenkommission, die diesem Gesetzentwurf ebenfalls
Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Wir kommen jetzt entsprechend der Verabredung zwischen den Fraktionen zur Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge.