Sie wissen, dass man in einer Koalition manchmal etwas mittragen muss, das kein eigenes Anliegen ist, sondern das der Partner unbedingt will. Eine Erfindung der GRÜNEN war dieses Programm nicht.
Sie sehen, dass wir emanzipiert genug sind, um eigene Vorschläge einzubringen. Wir gehen hier einen anderen Weg. Fazit ist, dass Staatsregierung und CSU sich davor drücken, den Kommunen eine wirksame Hilfe zuteil wer
den zu lassen. Sie meinen, Sie kommen damit davon, dass Sie nur mit dem Finger auf die Bundesregierung deuten müssen und dann wäre schon alles erledigt. So geht es nicht, Kolleginnen und Kollegen! Sie haben eine Verpflichtung, und daran werden wir Sie erinnern – Tag für Tag, Woche für Woche.
Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe- rium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Haus ist immer für Überraschungen gut. Frau Kollegin Kellner hat gerade gesagt, sie schlage vor, die Steigerungen der Gewerbesteuerumlage, die in den nächsten Jahren absehbar sind, einzufrieren. Das heißt also: keine weiteren Erhöhungen. Großartig! Frau Kollegin Kellner, bitte fordern Sie doch Ihre grünen Kollegen im Deutschen Bundestag in Berlin dazu auf, einen derartigen Antrag einzubringen. Ich garantiere Ihnen: Die Union und die FDP werden mitstimmen; dann haben wir eine Mehrheit, und dann wird diese unsägliche Steigerung der Gewerbesteuerumlage gestoppt. Danke für diese Initiative!
Es nutzt aber nichts, wenn Sie hier einen Vorschlag machen und in Berlin nichts unternehmen. Dort wird gehandelt, dort sind die Mehrheiten, dort ist die Verantwortlichkeit.
Frau Kollegin Kellner, Sie haben vorhin so locker gesagt: Gebt doch den Kommunen in ihrer Finanznot das Steuerfindungsrecht. Das bedeutet die Einführung von Bagatellsteuern. Da gibt es überlegenswerte Ansätze, etwa bei der Zweitwohnungsteuer. Was kommt aber dabei heraus, wenn das so verwirklicht wird, wie Sie das vorgeschlagen haben? – Sicher mag das die Lage der einen oder anderen Kommune erleichtern, zwar nicht in großem Umfang, aber es hilft. Zahlen muss das aber der Bürger. Dem Bürger ist es völlig gleichgültig, ob er Geld an das Land, den Bund, die Sozialversicherung oder die Kommunen bezahlt. Das ist eine Steuererhöhung, und in diesem Land muss endlich mit Steuererhöhungen Schluss sein.
Herr Kollege Maget, Sie haben den Beweis dafür angetreten, wie man durch unpräzise Darlegungen etwas Falsches sagen kann. Näher will ich das jetzt nicht erläutern. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass gewissermaßen im Koalitionsvertrag das Konnexitätsprinzip verankert ist.
Frau Kollegin, wenn ich das vorlese, werden Sie sehen, dass ich nicht lüge; regen Sie sich doch nicht so auf.
Wir treten dafür ein, dass Aufgabenverlagerungen im Verhältnis der staatlichen Ebenen Bund und Länder einschließlich ihrer Gemeinden im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs berücksichtigt werden (Konnexitätsprinzip).
Wenn man etwas nach einem Text in Klammern schreibt, heißt das gewissermaßen, der Text vorher legt das Konnexitätsprinzip im Sinne dieser Koalitionsvereinbarung aus.
(Widerspruch bei der SPD – Frau Biedefeld (SPD): Bei Ihrer Interpretation stehen einem die Haare zu Berge!)
Nein, ich bin noch nicht am Ende. Was bedeutet „im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs“? Ist dies ein eindeutiger Hinweis auf Artikel 106 Absatz 3 und Absatz 4 des Grundgesetzes, wonach Bund und Ländern entsprechend ihrer Aufgabenstellung die Finanzen zuordnen? Das ist die Stellschraube, die Umsatzsteuer. Da wird geregelt, wie viel der Bund bekommt, wie viel die Länder bekommen. Vorweg werden die Mittel für die Rente und 2,2% für die Kommunen abgezogen, dann wird das Geld zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Das ist in der Deckungsquotenregelung festgelegt; genau das ist der bundesstaatliche Finanzausgleich.
Meine Damen und Herren, wer das so in den Koalitionsvertrag hineinschreibt, schreibt damit fest, dass er das Konnexitätsprinzip, wie es dieses Haus mittlerweile einhellig meint, nicht will. Ich wiederhole: Das ist die Festschreibung des Status quo, dass man also über Artikel 106 des Grundgesetzes die Verteilung regeln will und nicht über eine punktuelle Regelung gemäß dem Konnexitätsprinzip. Das ist genau das Gegenteil dessen, was das Haus nun Gott sei Dank einvernehmlich will. Für die Verteilung zwischen Land und Bund steht da genau das Gegenteil drin. Herr Maget, das ist keine wilde Interpretation; ich werde Ihnen das noch schriftlich geben.
Ich erwarte Ihre schriftliche Äußerung dazu, wie Sie das meinen. Ich wiederhole: In der Koalitionsvereinbarung ist
der Status quo festgeschrieben. Das bedeutet, dass diese Koalition in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt hat, dass sie kein Konnexitätsprinzip haben will. Das ist die Wahrheit.
Sowohl Herr Maget als auch Frau Kollegin Kellner haben hier mit Tremolo in der Stimme gesagt: Hier und heute ist die Stunde, dass die Bundesregierung und die CSUFraktion sagen, welches Modell der Gemeindefinanzreform man haben will.
(Maget (SPD): Das mit der Bundesregierung ist leider nichts geworden! – Zuruf von der SPD: Mit der Bundesregierung ist es leider nichts!)
Der Bundeskanzler hat am 14. März eine Ruckrede gehalten, weil er mittlerweile meint, man könnte Reformen in diesem Land durch Ruckreden bewirken. Handeln muss man! In dieser Ruckrede sagt der Bundeskanzler:
Im Mittelpunkt wird eine erneuerte Gewerbesteuer stehen, die die Einnahmen verstetigt und den Gemeinden mehr Eigenverantwortung gibt.
Ich habe das zusammen mit anderen sofort so interpretiert: Das ist eine Vorfestlegung für ein Revitalisierungsmodell der Gewerbesteuer. So stand es auch in den Zeitungen, weil es auch andere so interpretiert haben. Flugs kam natürlich ein Dementi aus dem Kanzleramt und dem Bundesfinanzministerium: Das ist keine Vorfestlegung, die Bundesregierung legt sich nicht fest. Das wurde ausdrücklich auf die Kommission bezogen, die unter Einbindung der Länder, der Wirtschaft, der kommunalen Spitzenverbände und überflüssigerweise auch der Gewerkschaften noch tätig wird.
Meine Damen und Herren, diese Bundesregierung, die für die Gesetzgebung hinsichtlich der Gewerbesteuer zuständig ist, will sich unter Hinweis auf die Kommission ausdrücklich noch nicht auf ein Modell festlegen. Sie aber verlangen hier von der Bayerischen Staatsregierung, sie solle sich auf ein Modell festlegen, bevor diese Kommission mit ihrer Arbeit weiterkommt.
Seit einem dreiviertel Jahr bin ich Mitglied dieser Kommission. Bis jetzt wurden wir zweimal zusammengeru
fen. Dabei wurden nur allgemeine Reden von der Bundesregierung gehalten. Einmal habe ich den Bundesfinanzminister nachdrücklich dazu aufgefordert, auch in dieser Kommission die Frage der Konnexität zu lösen. Er hat das von sich gewiesen und gesagt, man könne zwar darüber reden, aber regeln werde man das mit Sicherheit nicht. So ungefähr hat er sich ausgedrückt. Dort tagt nicht nur eine Kommission, sondern ein Berg von Kommissionen und Unterkommissionen und Arbeitsgruppen. Der Berg kreißt, aber bis jetzt ist noch nichts herausgekommen.
Ich habe die Terminlisten gesehen. Herr Kollege Maget, damit wird die Deutsche Lufthansa gefördert; so oft müssen die Leute zu den Kommissionssitzungen hin- und herfliegen. In der Sache ist bis jetzt nichts vorangegangen.
Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Herr Staatsminister, ist es jetzt das neue Motto der Staatsregierung, sich hinter der Bundesregierung zu verstecken?
Nein, nein! Ich bedanke mich für diese Frage. Ich darf den Ablauf noch einmal darstellen. Zunächst hat die Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode in ihre Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben, dass sie die Kommunalfinanzen regeln wollte. Nach dreieinhalb Jahren war nichts passiert. Daraufhin hat der hier stehende Finanzminister – ich glaube, als erster – gefordert, dass endlich etwas passieren muss. Das Ergebnis war, dass fünf Minuten vor Schluss der letzten Legislaturperiode eine Kommission einberufen wurde. Darauf haben wir „bravo, endlich!“ gerufen. Diese Kommission hat dann dieses erwähnte Kommissionsgebirge nach sich gezogen. Bis jetzt ist wirklich nichts vorangegangen. Das kann ich nur feststellen.
Hinter der Bundesregierung verbergen wir uns nicht. Wenn man aber eine Sachverständigenkommission mit einem riesigen Apparat einrichtet, sollte man zumindest die Chance eröffnen, dass diese Kommission etwas zustande bringt. Man sollte zumindest die Erkenntnisse anderer oder die Zahlen, welche eruiert wurden, zur Kenntnis nehmen, bevor man sich endgültig festlegt, und genau daran halten wir uns. Wenn die Arbeit der Kommission aber länger dauert, werden wir unsere Positionen auf den Tisch legen. Damit haben wir keinerlei Probleme. Wenn die Bundesregierung schon so ungeheuerlich darum bemüht ist, jeden Eindruck einer Vorfestlegung zu vermeiden, dann können Sie von der Staatsregierung nicht erwarten, dass sie ihrerseits erklärt, welches Modell sie will. Auch der Bundeswirtschaftsminister Clement hat sich einmal so geäußert, als hätte er sich festgelegt, aber auch das wurde wieder sofort dementiert. Legen Sie doch Ihr Modell einmal vor.