Die Inlandsnachfrage ist massiv rückläufig. Die Arbeitslosigkeit steigt weiter. Jeden Tag werden 6000 bis 7000 Menschen zusätzlich arbeitslos. Da kann man doch keine Steuern erhöhen. Man kann doch keine Maßnahmen ergreifen, die die Konjunktur weiter abschwächen. Die Finanzierung unserer Sozialsysteme ist ernsthaft in Gefahr, daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Was wir aber brauchen, sind Reformen und keine Überbrückung durch höhere Steuern, die uns nur wenige Monate Luft lässt. Besserung ist nirgendwo in Sicht. Deshalb siecht Deutschland dahin. Das wollen wir so nicht weiter hinnehmen. Wir wollen nicht, dass Deutschland dauerhaft zum kranken Mann Europas wird. Deshalb können wir Ihren Steuererhöhungen nicht zustimmen. Wir wollen, dass Wohlstand und soziale Sicherheit auch in Zukunft in Deutschland wieder ein Markenzeichen sind.
Wer dem Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 14/11822 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr
Wer dem Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/11870 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist der Antrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag der SPD auf der Drucksache 14/11871 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Der Antrag ist dann abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Paulig, Dr. Runge und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In unserem Dringlichkeitsantrag fordern wir die Staatsregierung auf, schnellstmöglichst eine flächendeckende historische Erkundung der Altlasten in Bayern durchzuführen und damit das Altlastenkataster auf einen aktuellen Stand zu bringen. Hintergrund ist, dass in Bayern beabsichtigt ist, nur 50% der Altlastverdachtsflächen bis zum Jahr 2010 zu klären. Die 100-prozentige Klärung soll bis zum Jahr 2020 gegeben sein. Das geht so nicht an, das zeigt eine Petition, die wir im Februar im Umweltausschuss behandelt haben. Diese Petition wurde einstimmig der Staatsregierung zur Berücksichtigung überwiesen. Ich darf diesen Fall kurz darstellen, weil er die Brisanz unseres Antrags deutlich macht.
Es geht dabei um die, wie im Ausschuss gesagt wurde, größte in Bayern bewohnte Altlast. Es handelt sich um den Ort Schonungen in Unterfranken. Dort haben Petenten ein Haus mit Grundstück erworben, das sie seit zwölf Jahren bewohnen. Sie haben einen Brunnen betrieben und ihren Nutzgarten mit dem Wasser gegossen. Es hat sich dann herausgestellt, dass sie auf einer Altlast wohnen, die eine Belastung mit dem unglaublichen Spitzenwert von 135 Gramm Arsen pro Kilogramm Boden aufweist. Das ist eine gigantische Belastung, die man sich eigentlich nicht mehr vorstellen kann.
Es handelt sich dabei um die Altlast des Industriellen Sattler, der hier bis 1930 das sogenannte Schweinfurter
Grün herstellte. Der Herstellungsprozess führte zu erheblichen Belastungen des Bodens mit Arsen, Kupfer, Blei und Chrom. Davon sind etwa 200 Bewohner und circa 64 Grundstücke betroffen. Es handelt sich um eine gigantische Verseuchung eines Altstandorts.
Unter Altstandorten versteht man die Flächen ehemaliger Gewerbe- oder Industriebetriebe, die die Böden und das Wasser mit ihren Chemikalien verseucht haben. In Bayern gibt es derzeit etwa 14200 altlastenverdächtige Flächen. Darunter gibt es circa 4200 so genannte Altstandorte. Ich mache es knapp, Herr Kollege Hofmann, aber ich denke, man muss die Relevanz hier aufzeigen.
Ganz Bayern hat also 4200 Altstandorte, genauso viele wie das Saarland. Es gibt aber mit Sicherheit eine weitaus größere Zahl von Altlasten gerade durch alte Gewerbe- und Industriegebiete, aber auch durch Altdeponien und sonstige Altlastenablagerungen.
Den Sachverhalt gilt es jetzt umfassend zu klären; denn mehr solche Fälle wie den Fall in Schonungen in Unterfranken können wir uns nicht leisten. Sie wissen, dass die Sanierungskosten gigantisch sind. Es geht um über 60 Grundstücke; 200 Bürger sind betroffen. Wir sind uns einig, dass es einer gemeinsamen Anstrengung bedarf, um die Sanierungskosten übernehmen zu können. Nach unserer Einschätzung hat die Kommune eine Mitverantwortung, weil hier gebaut wurde, obwohl es sich um einen Altstandort handelt. Wir sagen, in diesem Fall muss der Altlastensanierungsfonds für die Kommune herangezogen werden.
Das Problem ist, dass derzeit sehr zögerlich vorgegangen wird. Ich habe schon gesagt, man will die Hälfte der Altlastenfälle bis 2010 erfassen und den Rest bis 2020. Ich glaube, das kann so nicht angehen.
Ich möchte Ihnen neben der Belastung der auf Altlasten wohnenden Bürger, die das Gift möglicherweise täglich in sich aufnehmen, noch einen Grund für ein schnelleres Vorgehen nennen. Es geht darum, dass das Wissen um Altstandorte in Bayern ausstirbt. Die Mitbürger Bayerns, die über alte Industrie- und Gewerbestandorte Bescheid wissen, sind leider schon etwas älter. Wir müssen ihr Wissen in den Kommunen umgehend abfragen. Es muss in einem ersten Schritt gar nichts kosten, wenn wir über den Städtetag und den Gemeindetag die Kommunen auffordern, eine historische Erhebung durchzuführen und ältere Mitbürger zu befragen.
Lieber Herr Kaul, das wird derzeit leider nicht gemacht. Ich habe Ihnen gerade den Zeitrahmen dargestellt. Der Beschluss des Kabinetts geht dahin, bis zum Jahr 2010 die Hälfte der Fälle zu erfassen.
Ich habe das heute angesprochen, um klarzumachen, dass Handlungsbedarf besteht. Wir haben die Chance, in der Sache schneller voranzukommen, den Bürgerinnen und Bürgern mehr Schutz zu gewähren und Finanzen einzusparen.
Ich darf darauf hinweisen, dass wir fraktionsübergreifend die Überweisung in den Ausschuss vereinbart haben, weil der Herr Minister bei der Debatte nicht anwesend sein kann. Ich gehe davon aus, dass wir den Antrag mit weiteren positiven Redebeiträgen im Ausschuss zu einer positiven Verabschiedung bringen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Frau Paulig ausführlich Stellung genommen hat, werde ich doch ein paar Worte zu dem Antrag sagen. Frau Kollegin, man kann die schwierige Problematik der Altlastensanierung im Plenum nicht so darstellen, dass sich die Kolleginnen und Kollegen, die nicht ständig mit dem Thema befasst sind, das Ganze vorstellen wie eine Schatzsuche: Man bekommt eine Schatzkarte, dann buddelt man das aus, und dann ist die Sache erledigt.
Die Erkundung von belasteten Flächen wird in Bayern sukzessive durchgeführt. Wenn Sie es nicht wissen, dann sage ich es Ihnen gern: Die Erkundung wird mit Nachdruck betrieben, und zwar in einem Verfahren, das nicht so einfach und unkompliziert ist, wie Sie es dargestellt haben. Nach dem Bundesbodenschutzgesetz und dem Bayerischen Bodenschutzgesetz erfolgen die Erfassung und die Aufnahme in den Kataster.
Für die interessierten Kolleginnen und Kollegen: So einfach ist das Ganze natürlich nicht. Da gibt es die historische Erkundung nach § 9 Absatz 1 des Bundesbodenschutzgesetzes. Dann kommen die orientierende Untersuchung, die Detailuntersuchung, die Sanierungsuntersuchung, die Sanierungsplanung, die Sanierung und schließlich die Nachsorge.
Es ist schön, dass Sie mir einmal Recht geben. Wir kommen hier an den Punkt, wo wir sagen müssen, das Ganze zieht sich lang hin und ist im Detail auch problematisch. Darauf komme ich gleich.
Sie sprechen die Finanzierung an. Diese ist während der einzelnen Schritte grundsätzlich gesichert. Die Förderung erfolgt über FAG-Mittel und anderes. Es fließt viel Geld aus unserem Staatshaushalt in die Sache hinein.
Der Kataster, den Sie ansprechen, ist kein starrer Datenpool, der einmal erstellt wird und dann abschließend für ganz Bayern vorhanden ist, sondern er wird sukzessive aktualisiert. Frau Kollegin Paulig, Sie haben Schonun
gen angesprochen, worauf ich gleich eingehen will. Das ist natürlich ein schwieriger Fall, der aber auch zeigt, dass der Kataster flexibel sein muss, weil man ständig neu über die Bearbeitungsprioritäten nachdenken muss, wenn neue Belastungen festgestellt werden.
Ich komme zum Fall Schonungen. Frau Kollegin Paulig, irgendjemand von Ihrer Fraktion hätte sich schon die Zeit nehmen können, bei dem Ortstermin, den Herr Kollege Boutter und ich im Rahmen einer Petition wahrgenommen haben, dabei zu sein. Fest steht, dass das Landratsamt Schweinfurt die Gemeinde schon Mitte der Achtzigerjahre darauf angesprochen hat. Tatsache ist auch, erst seitdem das Wasserwirtschaftsamt Ende der Neunzigerjahre Alarm geschlagen hat – –
Herr Meißner, ich frage Sie: Ist Ihnen bekannt, dass ich trotz meiner Bitte leider nicht zu diesem Ortstermin eingeladen wurde und nicht benachrichtigt wurde? Das Ganze hat sich als ein Versehen des Landtagsamts herausgestellt. Ich würde Sie bitten, das zur Kenntnis zu nehmen.
Frau Kollegin, das wußte ich nicht. Ich entschuldige mich in aller Form und werde gern die wesentlichen Ergebnisse des Ortstermins zusammenfassen.
Tatsache ist, seit das Wasserwirtschaftsamt Alarm geschlagen hat, wird die Untersuchung vorangetrieben. An staatlichen Mitteln sind mittlerweile 170000 e verbraucht, um die Belastung genau zu ermessen und die Schäden festzustellen. Spannend wird es jetzt; deswegen ist es gut, dass Sie erwähnen, dass Sie bei dem Ortstermin nicht dabei sein konnten. Jetzt kommen die Detailuntersuchungen, die nach dem Bundesbodenschutzgesetz die Eigentümer der belasteten Flächen ganz allein finanzieren müssten. Es wäre schön gewesen, wenn Sie gesagt hätten – wenn Sie es nicht sagen, dann sage ich es eben –, dass der Freistaat Bayern versucht, die finanzielle Belastung durch eine gemeinsame Vereinbarung zwischen den Bürgern, der Gemeinde, dem Landkreis und dem Staat deutlich abzumildern. Soviel zu Schonungen. Dort geht es vorwärts. Ich glaube, ich spreche auch für den Kollegen Boutter, wenn ich sage, dass wir dort mit den Bürgern eine vernünftige Lösung zumindest diskutiert haben.
Wenn Sie über die ungleiche Belastung mit Altlasten in den Bundesländern sprechen, müssen Sie berücksichtigen, dass Bayern verhältnismäßig spät industrialisiert worden ist. Wir haben frühzeitig Einrichtungen zur Sondermüllentsorgung geschaffen. Sie können das Problem auch nicht nur an Zahlen festmachen, wie Sie das immer wieder gern tun. Die Zahl registrierter Altstandorte gibt keinen Aufschluss über den Erfassungsgrad und über die Belastung der Flächen.
Ich weiß nicht, ob Sie die Zahl erwähnt haben, die in Ihrem Antrag steht. Sie sagen, in Mittelfranken gibt es nur 59 Altstandorte.
Haben Sie gesagt, dass das überholt ist? Frau Kollegin Stahl hat mitgeteilt bekommen, es sind mittlerweile 461. Da hatten Sie Kommunikationsprobleme. Es sind also deutlich mehr, als in Ihrem Antrag erwähnt sind; das nur zur Information.
Was die nicht verbrauchten Zinserträge aus dem Altlastensanierungsfonds betrifft, finde ich es vernünftig, dass die Staatsregierung mit der Wirtschaft verhandelt hat und dass im Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart werden soll, dass diese Zinserträge – es ist wirklich schade, wenn sie nicht abgerufen werden – zur Entlastung der Kommunen in Altlastenfällen verwendet werden. Das halte ich für einen richtigen Schritt. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Wir sind uns einig, dass wir den Antrag nach unseren kurzen Anmerkungen im Umweltausschuss mit der uns eigenen Gründlichkeit diskutieren.