Protocol of the Session on December 5, 2002

Es ist deutlich gesagt worden, dass das Familiengeld erst eingeführt werden kann, wenn die Wirtschaft wieder angekurbelt ist.

(Maget (SPD): Das ist schlicht falsch!)

Das lässt sich exakt belegen.

(Maget (SPD): Völliger Schmarrn! Sie haben sich dagegen gewendet, dass die Steuerreform verschoben wird!)

Nun zitiere ich aus dem „Spiegel“ vom 2. September. Die „Spiegel“-Frage lautete:

Uns fällt nur auf, dass Ihre Ideen immer sehr kostspielig sind. Sie wollen jeder Familie die ersten drei Jahre monatlich 600 e für jedes Kind zahlen, was sich am Ende zu einem 25-Milliarden-Paket entwickelt. Sie versprechen mehr Geld für die Bundeswehr. Sie kündigen Steuersenkungen an. Wollen Sie als Schuldenkanzler in die Geschichte eingehen?

Antwort Stoiber:

Nein. Wir haben eine klare Priorität. Zuerst müssen wir den Aufschwung schaffen und die Arbeitslosigkeit reduzieren.

(Lachen bei der SPD)

Wer da lacht, hat überhaupt noch nicht begriffen, was das Schlüsselproblem in unserem Lande ist.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Die Fraktionsführung der SPD, die kollektiv an dieser Stelle lacht, ist Beleg dafür, dass man überhaupt nicht kapiert hat, was die Schlüsselprobleme unseres Landes sind.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Ich fahre mit dem Zitat der Antwort von Herrn Stoiber im „Spiegel“ fort:

Den ersten Handlungsspielraum werden wir nutzen, im Jahr 2004 mit dieser Steuerreform das wirtschaftliche Wachstum weiter zu erhöhen. Wirtschaft ist ja auch zur Hälfte Psychologie.

Ich könnte noch mit weiteren Zitaten belegen, dass der Kanzlerkandidat Stoiber immer wieder auf die Probleme

hingewiesen hat und darauf, dass das Finanzkonzept weitgehend zusammenbricht. Ich zitiere noch aus dem so genannten Print-Duell von Schröder und Stoiber in der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Welt“ vom 13. August. Stoiber sagte:

Schröders Schlussbilanz ist, dass Deutschland in diesem Jahr mit seinen Haushaltsdefiziten ganz eindeutig über die Drei-Prozent-Grenze der MaastrichtKriterien kommen wird. Die rot-grüne Wirtschaftspolitik führt dazu, dass der blaue Brief dieses Mal von Brüssel definitiv kommen wird. Die Lage ist ernst und macht mir Sorge. Rot-Grün wird leider nicht die Neuverschuldung auf die von Eichel angenommenen 2,5% begrenzen können, allein aufgrund von 500000 Arbeitslosen mehr, als Herr Schröder versprochen hat. Dies allein sind etwa 11 Milliarden Kostenbelastung für den Haushalt und die sozialen Sicherungssysteme. Die Steuerschätzung bricht zudem um über 11 Milliarden ein, und die Ausfälle bei der Körperschaftsteuer schlagen mit weiteren 9 Milliarden minus im Haushalt zu Buche. Das heißt: Ich muss die Menschen heute darauf aufmerksam machen, dass wir im Grunde eine zerrüttete Situation bei den öffentlichen Finanzen übernehmen müssen.

Auf all diese Aussagen haben Schröder, Eichel und Co. immer erklärt: falsch, stimmt nicht, die Probleme haben wir nicht. Das ist der eigentliche Wahlbetrug, der in Deutschland begangen worden ist.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Maget (SPD): Eine neue Dolchstoßlegende!)

Deswegen halte ich es persönlich für völlig richtig, dass es dazu einen Untersuchungsausschuss geben soll, vor dem Sie jetzt Angst haben. Sie taktieren und zögern.

(Lachen der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD) – Kaul (CSU): So wie Sie sich anstellen, haben Sie Angst!)

So läuft es momentan im Deutschen Bundestag ab. – Worum geht es im Kern? Ich will das mit einem Vergleich deutlich machen. Es geht nicht um einen Irrtum, etwa mit Blick auf künftige Entwicklungen. Alle Handelnden werden immer wieder einmal einem Irrtum unterliegen. Es geht auch nicht um das Verschweigen von Sachverhalten, sondern darum, dass in Kenntnis der Fakten nicht einmal nicht bloß geschwiegen wurde, sondern dass aktiv, laut und wiederholt das Gegenteil von Wahrheit behauptet wurde, um die Menschen zu täuschen und ihre Stimmen zu bekommen.

(Beifall bei der CSU – Kaul (CSU): Wider besseres Wissen!)

Im Hinblick auf die künftige politische Kultur in Deutschland müssen wir uns Folgendes überlegen: Was passiert, wenn zum Beispiel in einer Versammlung einer Aktiengesellschaft der Vorstand erklärt, die Geschäfte seien blühend, die Anleger bräuchten überhaupt keine Sorge zu haben, obwohl der Vorstand schon weiß, dass die Zahlen nicht stimmen?

Dieser Sachverhalt hat einige Herren in Deutschland mittlerweile vor Gericht gebracht. Wohin führt es, wenn wir so tun, als seien derart gravierende Vorgänge zwar im Privatleben nicht zu akzeptieren, aber in der Politik durchaus tragbar? – Das führt dazu, dass wir alle miteinander in der Gesellschaft moralisch ins Abseits geraten.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen geht es auch nicht um Rechthaberei. Es geht auch im Kern nicht um Vergangenheitsbewältigung. Es geht um Zukunftsvorsorge. Es geht darum, dass sich ein solcher dreister Wählerbetrug und eine solche Wählertäuschung in Deutschland nicht wiederholen dürfen, weil klar ist, dass man dafür belangt wird.

Meine Damen und Herren, bezüglich der Rolle der SPD in der Landespolitik ist festzustellen, dass Alternativen in der Sache über Jahrzehnte nicht erkennbar sind. Deswegen flüchten Sie immer wieder in den Versuch einer Ersatzbefriedigung durch Untersuchungsausschüsse. Was haben Sie nicht alles versucht nach dem Motto „Stoiber muss beschädigt werden“? Das war Ihr politischer Schwerpunkt in diesem Jahr. Ihnen ging es nicht um das Thema „Wie kann man Politik in Bayern besser machen“ und nicht um Überlegungen betreffend bessere Alternativen. Beide Oppositionsparteien haben sich – sicher im Auftrag ihrer Parteizentralen – vielmehr darauf konzentriert, wie man Stoiber am besten beschädigen kann. Daraus hat man Strategien entwickelt, die geradezu Rufmordcharakter hatten.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch lächerlich!)

Wie war es denn im Schreiber-Untersuchungsauschuss? Der Untersuchungsausschuss des Bundestags war hier. Alle Fakten waren klar. Sie aber haben immer wieder krampfhaft versucht, den Ministerpräsidenten vielleicht doch ins Zwielicht zu rücken nach dem Motto: Irgendetwas bleibt schon hängen.

Ähnlich war es beim Deutschen Orden. Meine Damen und Herren, Ihr Parteimitglied und Bürgermeister von Weyarn, Herr Pelzer, hat Ihnen deutlich ins Stammbuch geschrieben, was von Ihrem Politikverständnis und Ihrer Wahrheitsliebe zu halten ist. Er kennt sicher die Situation am besten, weil in seiner Gemeinde der Sitz des Deutschen Ordens ist. Im Untersuchungsausschuss hat er sich darüber beklagt, dass Sie kein Interesse daran hatten – Herr Dr. Kaiser am allerwenigsten –, etwas über die Fakten zu erfahren. Herr Dr. Kaiser hat sich so verhalten wie der Bundeskanzler in der Irak-Frage. Mit Bush nicht reden, weil man sonst nicht mehr auf dem Marktplatz polemisieren kann. Herr Dr. Kaiser und die Mitglieder der SPD im Untersuchungsausschuss wollten keine Fakten, weil sie dann nicht mehr hemmungslos hätten diffamieren und polemisieren können.

(Beifall bei der CSU)

Was ist das für ein Politikverständnis?

(Zuruf von der CSU)

Es ist wahr, es ist unangemessen, Kaiser und Bush miteinander zu vergleichen. Aber Kaiser und Schröder zu vergleichen, weil beide eine Strategie der Verfälschung und Unwahrheit praktizieren, das ist richtig. Ich habe auch nicht Kaiser und Bush verglichen, sondern Kaiser und Schröder, die in diesem Punkt sehr viel gemeinsam haben, weil es ihnen nicht um die Fakten geht.

(Hofmann (CSU): Beide sind Flaschen!)

Meine Damen und Herren, es sollte Ihnen eigentlich zu denken geben, dass der Ministerpräsident, nachdem Sie über ein Jahr permanent versucht haben, ihn zu beschädigen, einen überragenden Vertrauensbeweis von der bayerischen Bevölkerung erhalten hat.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie menschliche Größe hätten, dann würden Sie sich insbesondere nach dem Desaster im Untersuchungsausschuss zum Deutschen Orden beim Ministerpräsidenten für Ihre Verdächtigungsstrategie entschuldigen.

(Beifall bei der CSU – Frau Radermacher (SPD): Wenn Sie menschliche Größe hätten, dann würden Sie damit klarkommen, dass Sie die Wahl verloren haben!)

Kommen wir zur Haushaltspolitik der SPD. Herr Maget, Sie haben leider im Hinblick auf die Haushaltsberatungen die Version des Herrn Strasser übernommen. Die Presse hat Ihnen deswegen schon bescheinigt, dass Sie offenbar nicht wissen, was die elementare Rechtsgrundlage für die Haushaltsaufstellung ist. Die rechtlich verbindliche Grundlage ist nämlich die jeweilige Steuerschätzung.

Der Finanzminister hat wiederholt auch in öffentlichen Äußerungen auf das Risiko der Ergebnisse der Steuerschätzung vom November hingewiesen. Ihre Antwort war immer, das sei ungerechtfertigte Panikmache. Von daher kann überhaupt keine Rede davon sein, dass man mit irgendwelchen falschen Grundlagen operiert hätte.

Meine Damen und Herren, Sie haben allein für diesen Haushalt 3500 neue Stellen gefordert. Gleichzeitig klagen Sie über den zu hohen Personalkostenanteil. Das kann man nur nach dem Motto tun: Mein Geschwätz von gestern interessiert mich nicht mehr; heute habe ich eine neue Idee. Aber es kann nicht sein, dass man damit eine solide Politik macht. Dass unser Land nicht gelähmt ist wie Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, ist darauf zurückzuführen, dass wir seit Jahrzehnten eine solide Haushaltspolitik betreiben und uns Spielräume erhalten haben. Der Herr Ministerpräsident hat die notwendigen Prioritäten, die auch in schwieriger Zeit für unseren Haushalt weiter gelten, dargestellt. Ich brauche das nicht zu wiederholen.

Damit Sie sich darauf einstellen können, darf ich Ihnen schon jetzt ankündigen, dass wir Ihnen in der nächsten Woche gern die Gelegenheit geben, sich in der Frage der Vermögensteuer zu positionieren. Wir werden in

Bayern weiter eine Politik gestalten, die dieses Land interessant für Investitionen und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen macht.

(Beifall bei der CSU)

Das allein ist der Weg für die Zukunft. Deshalb werden wir vonseiten der Fraktion in der nächsten Woche einen Antrag zur Vermögensteuer mit folgendem Inhalt einbringen: Erstens. Wir unterstützen, dass die Vermögensteuer zur freien Verfügung der Länder gegeben wird. Zweitens. Der Bayerische Landtag gibt das klare Signal, dass die Vermögensteuer in Bayern nicht eingeführt wird.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin sehr gespannt, ob Sie nun auf der Seite von Bundeskanzler Schröder stehen, der gestern erklärt hat, er sei gegen die Vermögensteuer, oder ob Sie auf der Seite der Herren Gabriel und Steinbrück stehen, die sich auch nach der neuesten dpa-Meldung darin einig sind, dass die Vermögensteuer eingeführt werden muss.

Meine Damen und Herren, die Freigabe der Vermögensteuer in die Verfügungsmasse und Entscheidungskompetenz der Landtage wäre ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Handlungsspielräumen für die Landesparlamente und zu mehr Eigenverantwortlichkeit der Landespolitik. Bayern jedenfalls tritt dann gern in einen Wettbewerb der Bundesländer ein, wer die besseren Bedingungen bietet für Wachstum, Arbeitsplätze und alles, was damit in Deutschland verbunden ist.