Protocol of the Session on March 7, 2024

Der Stellenaufwuchs zur Bearbeitung und Abrechnung von Projekten des GVFG und des LGVFG – Herr Kollege Schu ler hat die hohen Förderquoten des Bundes, die auch an das Land gehen, angesprochen – hat aber in keiner Weise Schritt gehalten mit der gestiegenen Menge an Fördermitteln, die nach Baden-Württemberg geflossen sind. Die Strategie für den Rad verkehr, immer nach der perfekten Lösung zu suchen, braucht viel Zeit und Geld. Nach acht Jahren RadSTRATEGIE haben wir noch immer 500 km Netzlücken. Über 50 % des Radnet zes liegen bei uns noch unterhalb des Zielstandards, und das ist eben ganz klar eine Folge der Fokussierung auf teure Rad schnellwege. Bei den einfachen Lückenschlüssen ziehen die Kommunen mittlerweile ihre Förderanträge zurück, weil ein fach eine mittelfristige Umsetzung nicht in Aussicht steht. An spruch des Ministers und Wirklichkeit klaffen auch hier weit auseinander.

Zum Thema „Sicherheit im Radverkehr“ – auch das wurde schon angedeutet –: Trotz zahlreicher Kampagnen und Ein zelinitiativen ist die Zahl der Verkehrsunfälle zwischen 2017 und 2019 um 23 % gestiegen. Also auch hier gilt: keine Ver besserung der Sicherheit im Radverkehr. Die Zahl der Schu len mit Radschulwegeplänen ist ebenfalls weiterhin ausbau fähig. Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.

Ob die Landesregierung den hohen Investitionsbedarf tatsäch lich bei der drohenden Unterdeckung des kommenden Haus halts realisieren wird, das werden wir dann noch sehen.

Was wir für die erfolgreiche RadSTRAGEGIE des Landes brauchen, ist ein weiterer Ausbau der Infrastruktur mit Maß und wenn nötig auch mal mit Abstrichen, wie es ja auch bei anderen Verkehrsträgern gepredigt wird. Was wir hingegen

nicht brauchen, sind noch mehr Koordinatorinnen und Koor dinatoren auf Kreisebene und auf der Ebene der Regierungs präsidien. Wir brauchen stattdessen Planer,

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Und wo krie gen wir die her?)

Bauingenieure, die dann vielleicht nicht in enger Abstimmung mit dem Ministerium oder unter klarer Aufsicht der Ministe rien schöne Pläne malen. Aber sie planen konkrete Radwege, schließen damit Lücken, und das, meine Damen und Herren, bringt dann auch den Radverkehr im Land von Karl Drais tat sächlich voran.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Jung.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen und vor allem der Grünen-Verkehrsminister Winfried Hermann verstehen sich als oberste Radfahrer im Land. Deshalb zuerst ein kleines Quiz für Winfried Hermann. Der Hauptgewinn – wenn Sie es richtig beantworten – ist ein Fahrradhelm für Herrn Katzenstein für seinen Bürgermeisterwahlkampf in Neckargmünd.

Also, die Frage: Welches Ministerium ist als einziges in Ba den-Württemberg vom ADFC als fahrradfreundlicher Arbeit geber zertifiziert? Es ist das

(Der Redner schaut zu Minister Winfried Hermann.)

Finanzministerium – interessant, und trotzdem merkwürdig. Das Bundesverkehrsministerium ist übrigens selbstverständ lich zertifiziert. Sogar beim Thema Radfahren ist also die FDP besser, als es die Grünen sind.

(Beifall bei der FDP/DVP – Lachen des Abg. Her mann Katzenstein GRÜNE – Abg. Hermann Katzen stein GRÜNE: Sehr weit hergeholt!)

Bei der grünen RadSTRATEGIE habe ich mir die von einer Agentur aus Niedersachsen erstellte Wirkungskontrolle ange sehen. Da sieht man in den Unterlagen leider zu viele rote Fähnchen. Diese bedeuten: Es ist zu wenig passiert. Herr Mi nister Hermann, Sie wissen selbst, dass es noch große Lücken und mangelhafte Qualität von Radwegen gibt. Das Fehlen von sicheren Abstellmöglichkeiten und die Angst vor Diebstählen sind große Hemmschuhe.

Beim Radverkehr verfolgen Sie aber große Ziele. Die vorlie genden Anmeldungen belaufen sich auf 600 km Rad- und Fuß wege und 27 500 Fahrradabstellanlagen, und es gibt Mach barkeitsstudien für sage und schreibe 62 Radschnellverbin dungen. Merkwürdig nur, dass diese Versiegelung von Quad ratkilometern von Flächen offenbar gar kein Problem ist, wenn darauf Fahrräder fahren. Bei solchen Flächen für den PkwVerkehr wissen wir alle, wie da die Haltung von Herrn Her mann von den Grünen wäre.

Die Radschnellwege werden vom Bundesverkehrsministeri um sehr gut gefördert. Das ist zu begrüßen. Die CDU hat das ja auch herausgestellt.

Ohnehin gibt der Bund in diesem Jahr 360 Millionen € für den Bereich Radverkehr aus, 148 Millionen € für das Sonderpro gramm „Stadt und Land“ sowie 22,8 Millionen € für Rad schnellwege ohne Bundesstraßen in Baulast des Bundes. Der Radverkehr ist für uns sinnvoll, eine Form von individueller Mobilität. Wenig sinnvoll sind aber seine Überbewertung und das Ausspielen der Verkehrsträger gegeneinander.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir müssen den Verkehr der Zukunft vernetzt denken und die Attraktivität aller Verkehrsträger steigern. Vor allem müssen wir uns davor hüten, den Wirtschaftsstandort Baden-Württem berg zu benachteiligen. Deshalb, Herr Hermann: Finger weg von einer Landes-Sonder-Lkw-Maut auf den Landes- und Kommunalstraßen!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Denn das Geld, das Sie verbauen wollen, müssen wir hier erst einmal verdienen.

Wenn es heißt, Fahrradfahren sei so gesund und umwelt freundlich, dann muss das Riesenproblem der deutlich anstei genden Unfallzahlen bei Radfahrerinnen und Radfahrern an gegangen werden. Es hilft nichts, Herr Katzenstein, wenn Sie den Ermittlungsbehörden in Bezug auf den tragischen Vorfall in der Nähe von Pforzheim vorgreifen. Niemand weiß genau, was da passiert ist.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Habe ich nicht gemacht!)

Deswegen ist es völlig unredlich, hier Mutmaßungen anzu stellen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hermann Katzen stein GRÜNE: Habe ich nicht gemacht, mit keinem Wort!)

Wie gesagt: Es ist nicht sinnvoll, hier irgendwelche Mutma ßungen anzustellen.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Habe ich nicht getan!)

Wenn Sie Bürgermeister in Neckargmünd werden wollen, wis sen Sie, dass man diesbezüglich keine Mutmaßungen vorneh men sollte.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Schauen Sie im Protokoll nach, was ich gesagt habe!)

Wenn Ihnen die Umwelt so wichtig wäre, sehr geehrter Herr Verkehrsminister Hermann, wie Sie immer vorgeben, dann sollten Sie damit anfangen, die Dienstfahrzeuge des Landes endlich mit HVO 100 zu betanken.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das wäre auch einmal ein Thema für den noch amtierenden Innenminister Strobl, bei dem er sich verdient machen könn te. Denn HVO 100, dieser synthetisierte und umweltfreund liche Kraftstoff aus Altfetten, ermöglicht eine CO2-Einsparung von bis zu 90 %.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Was hat das mit der RadSTRATEGIE zu tun?)

Ich rufe deshalb dazu auf, dass wir in der Verkehrspolitik mehr faktenbasiert und sachlich miteinander diskutieren. So errei chen wir mehr für die Menschen im Land. Mit der Ideologie, die wir hier immer vor allem von grüner Seite hören, schaf fen wir überhaupt nichts. Im Hinblick auf unsere Landesinf rastruktur im Verkehrsbereich war Ihre Politik der letzten 13 Jahre – auch unter der SPD sowie zusammen mit der CDU – leider verfehlt, weil Sie einfach zu wenige investive Mittel be reitstellen.

Das müssen wir ändern. Dann können wir auch zusammen ganzheitlich denken und den Radverkehr zusammen fördern – aber nicht ausschließlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Klauß das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolle gen! Ein bisschen erschreckend, dieses Thema in diesen Zei ten; das muss ich einmal ganz klar feststellen. Diese Aktuel le Debatte bzw. vorgezogene Initiative zeigt eigentlich eines, liebe Kollegen von der Fraktion GRÜNE: Sie haben, denke ich, den Ernst der Lage überhaupt nicht verstanden, was in diesem Land eigentlich gerade los ist.

Sie sind zu meinem Leidwesen die größte Fraktion. Sie stel len den Ministerpräsidenten und die meisten Minister in der Landesregierung. Zur Debatte und Diskussion zur Primetime, so sage ich einmal, nehmen Sie die Fahrradstrategie – ein blanker Hohn gegenüber den Bürgern. Wir haben da draußen multiple Krisen, die meisten von Ihnen selbst verursacht. Wir haben ein abgehörtes Telefonat von deutschen Luftwaffenof fizieren, die vielleicht eine stärkere deutsche Kriegsbeteili gung aufzeigen.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Was hat das mit dem Landtag zu tun? – Gegenruf von der AfD: Nichts!)

Wir haben eine Deindustrialisierung, haben explodierende Energiekosten, verursacht durch Ihre Energiewende.

(Zuruf der Abg. Silke Gericke GRÜNE)

Bürger verlieren da draußen ihren Job oder haben Angst, ih ren Job zu verlieren. Absturz der Ergebnisse der PISA-Studie im Bildungsbereich, auch das wäre hier ein Thema. Die Ne benkosten explodieren, die Bürger haben Angst vor Nachzah lungen beim Stromversorger. Aber Sie reden über Fahrradwe ge, über eine Fahrradstrategie.

(Heiterkeit bei der AfD)

Ich will zur illegalen Massenmigration gar nichts sagen; auch dazu haben Sie keine Lösung und spalten die Gesellschaft. Aber es geht heute um eine Fahrradstrategie. Wenn der Bür ger erfährt, worüber Sie hier in diesen Zeiten diskutieren – und ich verspreche Ihnen, ich werde dafür sorgen, dass die Bürger es erfahren –,

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Danke schön!)

dann müssen Sie, liebe Grüne, sich doch nicht über den Un mut in der Bevölkerung wundern, den Sie schüren, über den Unmut, den Sie von Landwirten, von Spediteuren, von Hand werkern bekommen, wenn Sie als Landesregierung, als Frak tion, als Landtagsfraktion, die hier die Landesregierung stellt, solche Themen hier zur Debatte stellen.

(Beifall bei der AfD – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Was denn jetzt? Regierung oder Fraktion?)