Protocol of the Session on March 9, 2022

Herr Minister, welche Chancen sehen Sie in hybrider Land nutzung, wie Sie sie angesprochen haben? Wo sind Potenzia le, die wir neu erschließen müssen?

Wir haben sicherlich große Poten ziale im Bereich dessen, was Sie schon angesprochen haben, wenn wir Naturschutzkomponenten in die landwirtschaftliche Produktion hineinbringen. Das müssen wir allerdings dann verrechtlichen, das heißt, die müssen dann auch als solche an erkannt werden. Im Naturschutzausgleich generell, auch dann, wenn ein neues Wohnbaugebiet beispielsweise mit regenera tiven Energien beheizt wird und man die Energie dadurch ge winnt, dass beispielsweise eine Biogasanlage Zulieferer ist, sehe ich das auch als Flächenkompensationsmöglichkeit an.

Das Thema „Hybride Landwirtschaft“ endet da aber nicht. Wir diskutieren über 2-%-Ziele im Bereich der Windkraft und der Fotovoltaik; da stehe ich voll dahinter. Aber ich sage auch ganz klar: Wir können es uns eigentlich nicht leisten, produk tive Ackerflächen mit Agrifotovoltaik zu überbauen. Die Er träge aus der Fotovoltaik waren bisher höher als die Weizener träge. Das können wir uns auf keinen Fall mehr leisten. In den benachteiligten Gebieten, auf Hangflächen oder auf weniger guten Böden sieht es anders aus.

Die bisherige betriebswirtschaftliche Rechnung hat durchaus Sinn gemacht. Man hätte theoretisch auch auf den Fildern ei ne Agrifotovoltaikanlage bauen können. Das hätte unter Um ständen Ertrag oder jedenfalls ein Auskommen gesichert. Ich glaube, da müssen wir Barrieren einführen, damit uns diese hoch produktiven Böden am Ende nicht verloren gehen, son dern wir es hybrid machen, am besten in Form von Agrifoto voltaik. Wir haben 10 000 ha Obst- und Beerenobstbau in Ba den-Württemberg. Der Obstbau und der Beerenobstbau sind prädestiniert dafür, mit Fotovoltaik überdacht zu werden, auch als Hagelschutz, als Schutz vor zu intensiver Sonnenstrahlung, als Schutz vor zu intensivem Regen und dergleichen mehr.

Wir müssen solche Systeme implementieren, wo wir Energie erzeugung und landwirtschaftliche Nutzung in Einklang brin gen. Da müssen wir auch investieren, damit wir wirklich vo rankommen. Ich bin froh, dass der Landtag von Baden-Würt temberg für dieses Haushaltsjahr entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt hat – hoffentlich stellt er auch für das nächste Haushaltsjahr entsprechende Mittel zur Verfügung –, um einmal einige Pilotanlagen zu erstellen, um es auch als Modell voranzubringen. Die Agrifotovoltaik ist mir allemal lieber als die Freiflächenfotovoltaik, bei der im Prinzip nicht vom Ackerbau genutzte Flächen mit Fotovoltaikanlagen über stellt werden.

Die nächste Frage kommt vom Kollegen Weber von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister! Ge richtet an die Kollegen der CDU: Es ist ja Ihr Recht, zu fra gen, was Sie fragen wollen, aber in Woche 2 des Krieges über die Stilllegungen von Flächen, die im Jahr 2023 anstehen, zu sprechen, finde ich schon etwas schwierig. Unser Ziel heute Morgen war doch eigentlich, dass wir zunächst erst einmal Frieden in Europa erreichen, und das möglichst bald. Dann hätten sich die Fragen auch nicht gestellt. Sie, Herr Minister, haben gesagt, die Versorgungssicherheit sei derzeit gewähr leistet. Das ist eine wichtige Botschaft.

Für uns, Herr Kollege, für uns. Für die Tunesier im Herbst und Winter nicht.

Das ist richtig. Aber auch das wer den wir in den nächsten zwei Wochen hoffentlich auf ande rem Weg erreichen, indem wir Frieden in Europa schaffen.

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben von neuen Antworten gesprochen. Da ging es jetzt ein bisschen in verschiedene Res sorts. Der erste Teil meiner Frage lautet: Haben Sie denn mit Ihrer Ressortkollegin des Bereichs Umwelt und mit Ihrer Res sortkollegin des Bereichs Bau darüber gesprochen, dass Sie offensichtlich andere Pläne mit der Fläche haben, die Sie im Koalitionsvertrag schon verteilt haben?

Mit Blick auf die Wortmeldung vom Kollegen Hahn: Haben Sie auch mit der Fraktion GRÜNE über Ihre neuen Antwor ten in dieser Frage, die Sie nicht näher definiert haben, ge sprochen?

Vielen Dank.

Deshalb habe ich die neuen Antwor ten, Herr Kollege Weber, auch noch gar nicht näher definiert.

(Lachen der Abg. Gabriele Rolland SPD)

Ich habe nur mal Zielsetzungen genannt. Der Kollege Hahn hat es wunderbar zusammengefasst mit dem Thema „Hybri de Landwirtschaft“, weil wir, glaube ich, in diese Richtung stärker einsteigen müssen, als es bisher der Fall war.

Natürlich werden wir – darüber brauchen Sie sich keine Ge danken zu machen – innerhalb der Koalition miteinander da rüber sprechen und auch Übereinkünfte erzielen. Sie brauchen

sich da keine Gedanken zu machen über unser Binnenverhält nis. Sie dürfen aber beruhigt sein, dass wir uns über diese Fra gen Gedanken machen. Ich lasse mir nicht nachsagen, dass wir wie das Kaninchen vor der Schlange stehen. Wenn es in 14 Tagen keinen Frieden gibt,

(Zuruf des Abg. Rudi Fischer FDP/DVP)

bestehen die Probleme nämlich mit jedem Tag verschärft. Wir haben die Probleme bereits im nächsten Winter.

Ich sage noch einmal: Verantwortung für andere und auch für die Menschen vor unserer europäischen Haustür haben wir sehr wohl. Wir können nicht nur innerhalb unseres Garten zauns schauen, ob es uns wohl gut geht, sondern wir müssen auch zwangsläufig danach schauen, wie es gesellschaftspoli tisch in anderen Ländern der Erde und vor allem in unseren Nachbarländern weiterläuft. Da sehe ich alle Mittelmeeran rainerländer als Nachbarländer an. Und die sind alle vom Krieg in der Ukraine betroffen, und zwar ganz persönlich be troffen, weil diese alle von dort Getreide beziehen.

Die nächste Frage kommt vom Kollegen Heitlinger von der FDP/DVP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Minis ter, vielen Dank für die Stellungnahme vorhin. Ich habe auch mit zwei Kollegen von der FDP/DVP geklatscht. Ich weiß nicht, ob es aufgefallen ist. Ich fand es gut.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Jonas Weber SPD)

Ausnahmsweise.

Herr Kollege, das Protokoll vermerkt alles. Seien Sie sich da ganz sicher.

(Abg. Sascha Binder SPD: Nur nicht namentlich!)

Okay, alles klar. Ich bin neu im Landtag, sehen Sie es mir nach. – Ich bin ja aktiver Landwirt. Ich denke, wir brauchen in Zukunft jeden Quadrat meter Fläche für die Lebensmittelproduktion.

(Abg. Udo Stein AfD: Bravo!)

Deswegen war auch die Frage zur hybriden Landnutzung hier gut. Ich denke, man darf nicht die Äcker mit Freiflächenfoto voltaik zubauen und dann keine Lebensmittel mehr produzie ren. Das wäre der falsche Weg.

Meine Frage ist aber eine andere. In der Tierhaltung gehen uns jetzt die Futtermittel im GVO-freien Bereich, also ohne Gentechnik, aus. Wir werden hier kurzfristig auf brasiliani sches gentechnisch behandeltes Soja umschwenken müssen und bräuchten hier die Unterstützung seitens der Landesre gierung, weil wir das auch im LEH machen. Wir haben ja ei gentlich ein Versprechen als Lieferant gegeben, dass wir oh ne Gentechnik liefern. Das will auch der deutsche Verbrau cher. Aber man kann das schlichtweg nicht mehr einhalten. Da brauchen wir die politische Unterstützung. Ist da etwas von Ihnen geplant?

Wir geben natürlich für die Produk tion alle politische Unterstützung. Aber ich sage ganz klar:

Die Vertragsbeziehungen sind private Vertragsbeziehungen. Sie schließen einen Vertrag mit dem Lebensmitteleinzelhan del. Nach dem Vertrag müssen Sie liefern bzw. bezahlt dieser Ihnen das. Das ist zunächst mal kein Problem des Staates.

Es ist ein allgemeines Problem, dass wir 50 % des GVO-frei en Sojas bisher aus der Ukraine bezogen haben. Das wird jetzt zum Problem, weil es im Herbst vermutlich kein Soja geben wird. Das heißt, da gibt es erhebliche Ausfälle. Da machen wir uns gar nichts vor. Da müssen auch der Lebensmittelein zelhandel und die Lebensmittelproduzenten eine Übereinkunft treffen. Das ist zunächst mal nicht Aufgabe des Staates, das zu machen.

Anders sieht es dort aus, wo es um Vorschriften des Staates geht, beispielsweise im Ökobereich. Da muss man darüber re den, ob wir dort diesbezüglich Ausnahmeregelungen machen

(Zuruf: Sicher nicht!)

oder ob wir dort letztendlich puristisch vorgehen. Aber da sa ge ich Ihnen: 14 Tage nach Ausbruch des Krieges bin ich in dieser Frage noch nicht sprechfähig, weil ich ja noch gar nicht weiß, wie die anderen Ebenen – wir sind da ja nicht die Ent scheider – das bewerten.

Ich kann nur eines sagen: dass bei den Verhandlungen des Mi nisterrats, bei denen der Bundesminister letzte Woche war, zu mindest dort eine gewisse Offenheit signalisiert worden ist und dass auch die Europäische Kommission eine gewisse Of fenheit signalisiert hat, auch was beispielsweise die Frage der Zwangsstilllegung und der Bebauung dieser Flächen angeht.

Inwieweit die Offenheit dann in eine pragmatische Umsetzung mündet, das weiß ich nicht. Aber ich sage auch klar dazu: Ich bin dagegen, dass man jetzt alle Ziele über Bord wirft.

(Zuruf)

„Farm to Fork“ ist trotzdem richtig. Der Green Deal ist von der Zielsetzung her trotzdem richtig. Den müssen wir auch vollziehen und umsetzen. Ich sage einmal: Wenn es dazu kommt, dann müssen alle ein Stück weit dazu beitragen. Auch die Landwirte werden nicht 120 % Produktion erhalten kön nen, genauso wenig wie die Naturschützer 120 % Naturschutz erhalten werden. Da muss jeder ab und zu geben, um am En de zum Ziel zu kommen, dass wir auf ein und derselben Flä che alle Funktionalitäten erfüllen, nämlich vorrangig die der Produktion und die der Biodiversität.

Die nächste Frage kommt vom Kollegen Dr. Hellstern von der AfD-Fraktion.

Ich habe zwei Fragen. Die ers te Frage: Zu der Kombi, der Agrifotovoltaik, die in der Höhe ist, haben mir die Landwirte gesagt, dass sie, wenn man es auf einem Acker macht, den Fruchtwechsel einschränken würde. Es gibt Kulturen, mit denen das gut vereinbar ist, es gibt aber auch Kulturen, mit denen es von der Verarbeitung her gar nicht gut vereinbar ist. Die Landwirte sollen jetzt Pflanzenschutz mittel und alles Mögliche reduzieren, aber wenn sie ihren Fruchtwechsel durchführen und wieder mehr mechanisch auf den Acker gehen, dann wäre diese Hochfotovoltaik ein Hin dernis. Haben Sie das auch schon gehört? Das ist die erste Fra ge.

Zweite Frage: Die Landwirte haben mir erklärt, dass sie teil weise 60 % ihres Landes zugepachtet haben und gar nicht Ei gentümer dieser Flächen sind und dass sie jetzt sehr große Sor ge haben, durch die Konkurrenz von irgendwelchen Projek tierern oder Leuten, die Fotovoltaikanlagen bauen sollen, die se Pachtgrundstücke, die für ihren Betrieb und ihre Größe le benswichtig sind, zu verlieren, weil ihnen diese zu Preisen weggepachtet werden, die sie natürlich selbst bei der Nah rungsmittelerzeugung nicht bezahlen können. Wie sehen Sie das?

Um auf die letzte Frage einzugehen: Das ist eine Frage des Marktes. Wenn wir uns klar zu Eigen tum bekennen, was ich tue, dann bekenne ich mich auch zum Kleineigentum und dann selbstverständlich auch dazu, dass der Eigentümer zunächst einmal Herr über seine Flächen ist und er diese im Rahmen der Vertragsfreiheit an jeden verpach ten kann, an den er verpachten will. Das ist so.

(Abg. Dr. Uwe Hellstern AfD: Ja!)

Das gilt umgekehrt natürlich auch. Das ist ein großer Schutz für Eigentumsflächen. Das war bisher noch nicht das Rie senthema. Wir hatten das vor 20 Jahren in Oberschwaben, als mit der ersten EEG-Förderung, die damals ohne Deckelung stattgefunden hat, die Biogasanlagen regelrecht aus dem Gras, aus der Wiese geschossen sind. Zum Teil wurde dann Mais aus einer Entfernung von über 50 km herbeigekarrt, bis dann ein Deckel eingezogen wurde. Damit waren dann auch diese großen Biogasanlagen und die damit einhergehenden Markt verwerfungen weg. Es war damals auch so, dass Flächen zu hohen Preisen verpachtet wurden. Das hat das ganze Pacht preisgefüge durcheinandergebracht. Aber das lässt sich nicht verhindern. Wenn Fläche zu einem knappen Gut wird, dann wird sie überall ein Stück weit teurer.

(Abg. Dr. Uwe Hellstern AfD: Aber Sie subventio nieren doch diese Flächen! – Gegenruf des Staatsse kretärs Dr. Andre Baumann: Nichts subventionieren wir!)

Herr Kollege Dr. Hellstern, wir führen hier jetzt keinen Dialog. Wir haben noch andere Fragen zu beantworten.

Insofern glaube ich, da wird man nicht helfen können.

Zum Thema „Agrifotovoltaik auf Ackerflächen“: Dazu gibt es Versuchsanlagen. Das finde ich auch ganz spannend. Aber ich sage einmal, dass das nicht die erste Zielrichtung ist. Da bei stellt sich die Frage, ob man das dann vereinbaren kann. Aus den Versuchen wissen wir heute, dass wir da im Prinzip beim Obstbau und beim Beerenobstbau bessere Erfolge ha ben als beim Ackerbau. Da muss man hochständern, es muss befahrbar sein – bei den anderen muss es auch befahrbar sein –, es muss pflugbefahrbar sein. Das ist beim Obstbau und beim Beerenobstbau nicht der Fall. Insofern ist das leichter hand habbar. Mit dem Förderprogramm zur Agrifotovoltaik ist das Ministerium daher auch beim Obstbau und Beerenobstbau und weniger beim Ackerbau unterwegs.

Beim Grünland haben wir das Thema „Vertikale Fotovoltaik“. Dafür bin ich auch sehr. Darin stecken auch Potenziale. Da