Protocol of the Session on March 9, 2022

Wir haben die Cybersicherheitsarchitektur in Baden-Württem berg neu gebaut. Eine zentrale Konsequenz ist die Gründung der Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg. Gerade die aktuellen Ereignisse zeigen uns sehr deutlich, dass wir mit der Gründung der Cybersicherheitsagentur zur richtigen Zeit den richtigen Weg eingeschlagen haben. Das haben der Kollege Seimer und der Kollege Mayr hier auch ausgeführt. Ich be danke mich bei den Koalitionsfraktionen für die vorausschau ende Unterstützung bei diesem Projekt. Wenn wir seinerzeit nicht miteinander begonnen hätten, wären wir jedenfalls heu te nicht da, wo wir ja immerhin schon sind.

Herr Kollege Binder, herzlichen Dank für Ihre persönlichen Worte, die ich auch genauso empfinde und dankbar annehme, wie Sie sie gesagt und, glaube ich, auch gemeint haben.

(Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Ich habe festgestellt, dass Sie auch inhaltlich, behutsam je denfalls, eine neue Positionierung für Ihre Fraktion eingenom men haben. Denn bisher haben Sie ja, wenn ich mich recht er innere, auch hier in den Debatten des Landtags die Cybersi cherheitsagentur als solche bekämpft. Sie waren gegen die Cybersicherheitsagentur gewesen.

(Zuruf des Abg. Peter Seimer GRÜNE)

Jetzt kritisieren Sie, dass sie noch nicht unter Volllast und noch nicht so arbeitet, wie Sie sich das gern wünschen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Sascha Binder SPD: Das habe ich wiederum so nicht ge meint! – Vereinzelt Heiterkeit)

Also, ich will mal so sagen: Immer dann, wenn die Oppositi on sagt, das, was die Regierung macht, sei zu spät und sei nicht genug, heißt das ziemlich genau, dass die Regierung

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das Richtige macht!)

exakt das Richtige macht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Insofern vielen Dank, Herr Kollege Binder, auch für diese Kurskorrektur, die Sie vorgenommen haben.

(Lachen des Abg. Sascha Binder SPD – Zuruf der Abg. Gabriele Rolland SPD)

Ich habe ja schon oft genug eingeräumt, auch auf Anfragen, die Sie richtigerweise und legitimerweise machen: Wir haben round about 80 Stellen für die Cybersicherheitsagentur, und davon sind 50 Stellen besetzt. Aber wenn Sie mal auch in an dere Länder schauen, wo es ja ähnliche Entwicklungen gibt, stellen Sie fest: Überall tut man sich schwer, inklusive der pri vaten Wirtschaft, Cybersecurityspezialisten zu bekommen. Es ist ganz unumstritten, dass das auch für das Land Baden-Würt temberg nicht trivial ist. Aber immerhin 50 von 80 Stellen ha ben wir besetzt.

Es ist auch nicht ganz richtig, dass die Cybersicherheitsagen tur überhaupt nicht im operativen Geschäft wäre.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Sie ist im operativen Geschäft, aber noch nicht unter Volllast, noch nicht so, wie wir es gern haben wollen. Das ist ein Pro zess in diesem Jahr. Aber ich bin sehr froh, dass wir inzwi schen gerade in diesen schwierigen Zeiten schon in einer ope rativen Phase mit der Cybersicherheitsagentur arbeiten kön nen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Karrais, die FDP/DVP weiß es noch nicht so ganz genau. Sie hat ja auch die Cybersicherheitsagentur hef tig bekämpft. Ich habe den Eindruck, Sie wissen noch nicht ganz genau, ob Sie jetzt auch dafür sind oder dafür sein dür fen.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Daniel Karrais FDP/ DVP: Ich weiß das sehr genau!)

Jedenfalls wird sich, denke ich, auch die FDP/DVP in dieser Frage noch finden.

Jedenfalls: Mit der CSBW, der Cybersicherheitsagentur Ba den-Württemberg, mit dem in der Bekämpfung von Cyber crime bundesweit anerkannten Landeskriminalamt und dem Landesamt für Verfassungsschutz mit seiner Spionage- und Cyberabwehr sowie seiner Präventionsarbeit im Bereich Wirt schaftsschutz sind wir in Baden-Württemberg ganz gut auf gestellt. Mit der im Dezember 2021 – also vor dem Russland Krieg in der Ukraine – verabschiedeten Cybersicherheitsstra tegie hat Baden-Württemberg als eines der ersten Länder in der Republik klargemacht, dass wir auch im Bereich Cyber sicherheit eine umfassende Strategie brauchen. Und wir ha ben selbige ja auch formuliert und verabschiedet.

(Zuruf des Abg. Daniel Karrais FDP/DVP)

Daran können Sie erkennen, dass wir in langen Linien arbei ten – nicht nur in augenblicklichen Erregungszuständen, wenn irgendwie irgendwas passiert. Vielmehr ist das für uns ein Dauerthema,

(Zuruf des Staatssekretärs Dr. Patrick Rapp)

bei dem wir auch bundesweit versuchen, die Nase immer ein Stück weit vorn zu haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Pe ter Seimer GRÜNE)

Lieber Herr Kollege Karrais, wenn Sie sagen, beim Thema „Desinformation im Netz“ – also nicht bei den klassischen Cyberattacken – könnten wir uns staatlicherseits noch besser aufstellen, haben Sie mich da ganz auf Ihrer Seite.

(Abg. Daniel Karrais FDP/DVP: Gut!)

Die Desinformationskampagnen, die aus anderen Staaten, na mentlich natürlich aus Russland, seit vielen Jahren und jetzt ganz besonders gefahren werden, sind mir ein Gräuel. Sie zu bekämpfen ist allerdings nicht trivial. Und wir sind uns ganz sicher auch einig, dass es nicht nur eine Aufgabe des Landes Baden-Württemberg sein kann, solche Desinformationskam pagnen anderer Staaten in Deutschland zu stoppen, zu korri gieren, zu erwidern, sondern dass das eine bundesweite Auf gabe ist.

Ich freue mich, da die FDP in dieser Frage jetzt eine beson dere Verantwortung übernimmt, wie der zuständige Bundes minister die Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage auf stellen wird. Meine Unterstützung jedenfalls wird er bei die sem Thema ganz sicher haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Daniel Karrais FDP/DVP: Danke!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bedrohungen im Cyberraum sind real. Wir müssen von einem erhöhten Ri siko von Cyberangriffen gegen Stellen des Bundes und unse res Landes und damit – das will ich an dieser Stelle sagen – auch gegenüber dem Landtag von Baden-Württemberg und den Mitgliedern des Landtags ausgehen. Die mutmaßlich rus sische Cybergruppierung „Ghostwriter“ hat gerade in der Ver gangenheit erfolgreich Daten auch von Mandatsträgern und sonstigen politischen Zielen erbeutet und versucht, sie für be vorstehende Angriffe zu missbrauchen.

Begleitend zur Invasion der russischen Streitkräfte kamen vielfach auch Datenlöschprogramme, sogenannte Wiperpro gramme, zum Einsatz. Der CSBW, Herr Kollege Binder, ist es sehr zeitnah gelungen, eine technische Lösung zur frühzei tigen Erkennung dieser Schadsoftware zu entwickeln und sie zusammen mit dem Sicherheitszentrum IT in der Finanzver waltung den Rechenzentren des Landes verfügbar zu machen. Das ist nur ein kleines Beispiel, aber ein Beispiel, das die Si cherheit in unserem Land konkret erhöht.

Ich möchte noch einmal sagen, dass die Entscheidung, die CSBW aufzubauen, richtig war. Wenn es die CSBW in Ba den-Württemberg nicht gäbe, müssten wir sie spätestens heu te erfinden. Und ich bin ganz sicher: Wenn wir sie nicht schon vor einiger Zeit an den Start gebracht hätten, hätte die Oppo sition sie heute ganz sicher lautstark gefordert.

Die in den vergangenen Haushalten angemeldeten Mittel und Stellen für die Themen Cyber, IT, Informationssicherheit – im Übrigen nicht nur in meinem Ressort, sondern in allen Res sorts – orientieren sich bisher am absoluten Mindestbedarf. Die Umsetzung der Cybersicherheitsstrategie steht unter Haus haltsvorbehalt. Das habe ich auch immer so gesagt.

Seit dem Angriff Putins auf die Ukraine und der damit ver bundenen Zuspitzung der Cybersicherheitslage ist allerdings klar: Wir dürfen uns nicht mehr nur am Mindestmaß und da ran orientieren, welchen Schaden mögliche Cyberkriminelle bei uns verursachen können. Zur Erhaltung der digitalen Sou veränität unseres Landes und damit der Aufrechterhaltung von grundlegenden Voraussetzungen unserer freiheitlichen Gesell schaft müssten wir uns auch gegenüber mächtigen Staaten – also nicht nur gegenüber Kriminellen – wehrhaft und resili ent aufstellen.

Wir müssen sehen, dass ein hohes Maß an Cybersicherheit uns auch etwas kosten wird. Es ist ganz einfach: Sicherheit kostet Geld. Freilich sind diese Kosten gering im Vergleich zu den Auswirkungen nicht mehr funktionierender Anwen dungen, Infrastrukturen oder Systeme.

Deswegen werden weitere Anstrengungen und, meine Damen und Herren, weitere Investitionen zur Stärkung der Cybersi cherheit und Spionageabwehr im Land für die Landesverwal tung, für die Polizei, für den Verfassungsschutz, aber auch für die Kommunen in unserem Land sowie für Wirtschaft und Ge sellschaft erforderlich sein. Diesen Herausforderungen kön nen und werden wir uns sehr gern auch gemeinsam stellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bedrohung ist real, und der Cyberraum kennt keine Schlagbäume. Das Mot to der NATO lautet: Vigilia pretium libertatis – Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit.

Das gilt nicht nur für die Sicherheitsbehörden, sondern das gilt auch für jeden Einzelnen von uns, für jede einzelne Bür gerin und jeden einzelnen Bürger, für alle, die IT machen, und selbstverständlich für jedes Unternehmen unabhängig von der Größe.

Deswegen: Seien Sie bitte alle wachsam, als Parlamentarier, als Medienschaffende, als Angehörige des öffentlichen Diens tes, einfach auch als Bürgerin oder Bürger. Ist die Software auf dem aktuellen Stand? Ist eine Mail, die man anklickt, tat sächlich vertrauenswürdig, wenn ich sie weiterleite oder auf einen Link klicke? Sind meine Passwörter sicher? Darauf hat Herr Abg. Karrais zu Recht hingewiesen: „01234567“ ist eben kein sicheres Passwort,

(Zuruf: Und „Passwort“?)

sondern auch für staatliche Eindringlinge ein großes Scheu nentor, um in bestimmte Systeme gelangen zu können.

Hundertprozentige Sicherheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann auch in diesem Bereich niemand garantie ren, aber Sie alle, wir alle können mithelfen, die Welt wenigs tens im Cyberraum ein bisschen sicherer zu machen. Die Lan desregierung hat das Thema seit fünf Jahren priorisiert. Gut, dass wir uns frühzeitig auf den Weg gemacht haben.

(Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU)

Danke für die Unterstützung dafür.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir sind auf dem richtigen Weg, und mit Ihrer Unterstützung, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir unsere

Anstrengungen für mehr Cybersicherheit in Baden-Württem berg gern noch intensivieren.

Herzlichen Dank für die Unterstützung.