Protocol of the Session on March 9, 2022

Er zeichnet sich durch ein tiefgründiges Misstrauen ge genüber jedem Abgeordneten... aus, und dies betrifft auch die Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss.

Und weiter:

Dieses Gesetz ist eine linke Machenschaft, und einer sol chen Machenschaft stimmen wir nicht zu.

Dem ist von unserer Seite nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Jede neu geschaffene Organisation ist bemüht, sich zu behaup ten, zu vergrößern und zu erweitern. Das ist bei Ihrer Einrich tung nicht anders. Das ist ein Naturgesetz und sozusagen der Geburtskanal der Bürokratie. Als Geburtshelfer betätigen sich jene, die angeblich an allen Fronten gegen die Bürokratie kämpfen, namentlich die Mitglieder dieser Landesregierung. So wurden vorausschauend schon viele neue Aufgaben für die Parteifreunde in den Koalitionsvertrag geschrieben – runder Tisch „Abschiebehaft“, Zuständigkeit für den Justizvollzug, für Abschiebehaft usw. –, ein Arbeitsbeschaffungsprogramm de luxe für Politologen in der Lebensfindungsphase oder an derweitig überflüssig gewordene Parteifreunde ohne jeglichen Abschluss in der grünen Regierungspartei.

Ein Blick in den vorliegenden Bericht bestätigt diese eintöni ge, einseitige Ausrichtung der Bürgerbeauftragten an der ge samtlinken gesellschaftlichen Agenda: keine Minderheit, die nicht genannt wird, kein angebliches Diskriminierungsopfer, das nicht umsorgt wird.

Die Sichtweise der Bürgerbeauftragten ist völlig einseitig auf die angeblich Betroffenen gepolt. Deren Darstellungen wer den völlig unkritisch als wahr unterstellt, während die Dar stellung der Behörden stets und ständig angezweifelt wird, ob wohl häufig für keine der beiden Darstellungen ein Beweis vorliegt.

Das größte Versagen dieser Institution allerdings liegt ohne Zweifel in der gleichzeitigen Beauftragung für die Landespo lizei. Hat sich hier irgendjemand in diesem Saal mal das Ka pitel 6 des Berichts durchgelesen? Liegt da vielleicht ein Druckfehler vor? Sollte es nicht „Beauftragte gegen die Lan despolizei“ heißen? Ganz im Sinne der Auftraggeber schim mert nicht nur ein bodenloses Misstrauen durch die Zeilen – um nicht ein noch schlimmeres Wort zu nennen.

Ja, Frau Böhlen, Sie haben den zuerst von uns erhobenen Vor wurf, dass Sie die Polizei des strukturellen Rassismus beschul digen, in den Ausschüssen wortreich zurückgewiesen und werden das auch wieder tun. Um es kurz zu erläutern: Der Vorwurf des strukturellen Rassismus wird immer dann erho ben, wenn kein konkreter Rassismus nachweisbar ist. Denn struktureller Rassismus bedarf keines Beweises. Die Behaup tung ist der Beweis.

Aber wie anders soll man es verstehen, wenn eine fette Über schrift – ich zitiere gern aus dem Bericht – „Rassismus, Dis kriminierung, Machtmissbrauch?“ lautet? Ein Fragezeichen als Alibi macht es nicht besser. Sie sprechen der Polizei nur we nig verklausuliert die Fähigkeit und den Willen ab, diskrimi nierungsfrei zu handeln. Sie stellen die Polizei unter General verdacht. Sie konstatieren wörtlich eine „Mauer des Schwei gens“.

Und wenn Sie Ihren ominösen Verdacht trotz aller Bemühun gen der Polizeiführung nicht ausgeräumt sehen – – Sie glau ben ja dem Beschuldiger alles, dem Beschuldigten nichts. Das ist unwürdig, das ist einseitig, parteiisch, voreingenommen und auch polizeifeindlich und macht wie nichts anderes deut lich, wie überflüssig und wie falsch diese Aufgabe bei Ihnen angesiedelt ist.

Kein Wunder, dass Sie von den Grünen so hofiert und mit neu en Stellen überhäuft werden. Diese Landesregierung gibt erst Ruhe, wenn die Polizei restlos demotiviert und entkernt ist – es sei denn, es geht gegen friedliche Demonstranten oder Spa ziergänger, die von der Regierung den selbst geschnitzten Stempel „rechts“ verpasst bekommen. Dann ist allerdings kei ne Maßnahme autoritär und einschüchternd genug, und die Hunde werden von der Kette gelassen.

Das Amt der Bürgerbeauftragen ist ein Mosaikstein in dieser Strategie des vollständigen Triumphs linker Dominanz über alle Andersdenkenden. Wir bleiben uns treu und werden die sen Missbrauch einer Aufgabenübertragung immer und im mer wieder anprangern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, ich erteile nun der Bürgerbeauftragten des Landes Ba den-Württemberg, Frau Beate Böhlen, das Wort. – Bitte sehr, Frau Bürgerbeauftragte.

Die Bürgerbeauftragte des Landes Baden-Württemberg Beate Böhlen: Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr ge ehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Bürgerinnen und Bürger! Ja, nach dem Gesetz erstatte ich jedes Jahr Bericht. Sie haben es gemerkt: Es sind diesmal zwei Jahre. Aber wir haben den Bericht pünktlich abgegeben. Deswegen sind im

Bericht auch die Zahlen bis 15. November 2021 genannt. Und die Zahlen zum 31. Dezember 2021 haben wir dann im Innen ausschuss nachgereicht. Deswegen auch die Zahlen. Aber da rauf wurde ja auch schon abgestellt.

Bei der Frage nach einem Einstieg in den Bericht dachte ich eigentlich erst: Nein, das wäre eine Wiederholung. Aber jetzt habe ich gemerkt: Vielleicht ist es doch ganz wichtig, noch einmal zu wiederholen, wie die Implementierung von Bürger beauftragten in unserem föderalen Staat jeweils vonstatten ging: 1974 durch Ministerpräsident Helmut Kohl in Rhein land-Pfalz – heute 20,75 Beschäftigte –, 1988 durch Björn Engholm in Schleswig-Holstein – dort sind es 19 Beschäftig te –, 1991 in Mecklenburg-Vorpommern durch CDU-Minis terpräsident Gomolka – 14 Beschäftigte –, 2000 in Thüringen unter Ministerpräsident Bernhard Vogel – acht Beschäftigte. 2016 kam Baden-Württemberg hinzu durch Ministerpräsident Kretschmann – also durch das Landesparlament, aber ich sa ge immer den Ministerpräsidenten dazu; natürlich sind wir vom Landesparlament gewählt. Dort gibt es bis jetzt drei Be schäftigte, und ich möchte mich herzlich bei der CDU-Frak tion und bei der Fraktion GRÜNE bedanken, dass wir jetzt noch drei Stellen hinzubekommen; sie sind tatsächlich sehr notwendig, herzlichen Dank dafür. 2020 wurde in Hessen un ter Ministerpräsident Bouffier die Funktion des/der Bürgerbe auftragten geschaffen – über die Zahl der Stellen ist noch nichts bekannt –, beim Land Berlin durch den Regierenden Bürgermeister Müller sind es voraussichtlich 20 Beschäftig te, und das Land Bremen hat unter Bürgermeister Andreas Bo venschulte SPD ein sehr gutes Polizei- und Feuerwehrbeauf tragtengesetz mit 15 ausgewiesenen Stellen gemacht.

Jetzt – dies auch zum Thema Polizei – hat die Bundesregie rung – also SPD, GRÜNE und FDP – in ihrem Koalitionsver trag festgelegt, dass auf Bundesebene ein Polizeibeauftragter installiert werden soll. Dazu kann man nur sagen: Herr Abg. Rudolph SPD vom Hessischen Landtag sagte, ein Bürgerbe auftragter solle die Hemmschwelle senken, sich an staatliche Behörden und Institutionen zu wenden; er solle nicht in eine Verwaltungshierarchie eingebunden sein, sondern die Mög lichkeit haben, frei und unabhängig zu agieren. Der AfD-Ab geordnete Bernd Vohl im Hessischen Landtag sagte, Bürger beauftragter bedeute direkte Demokratie und eine sinnvolle Ergänzung zum Petitionsausschuss.

In all diesen Fällen sind die handelnden und verantwortlichen Personen keine Gefahr für das scharfe Schwert der Legislati ve, den Petitionsausschuss.

(Mehrere Abgeordnete führen Gespräche. – Unruhe)

Es tut mir leid. Ich bin es nicht mehr gewohnt, hier zu re den. Mich irritiert das wahnsinnig.

(Glocke des Präsidenten)

Danke. – Ich habe schon lange nicht mehr hier gesprochen, und das hat mich jetzt wirklich sehr irritiert. Danke schön.

Das scharfe Schwert der Legislative, der Petitionsausschuss: Auch mein Team und ich haben in unserem Bericht hinrei chend dargelegt, dass wir keine Konkurrenz für den Petitions ausschuss oder die Leistungen der Abgeordneten sein wollen. Dafür war ich selbst lange genug Abgeordnete und Petitions

ausschussvorsitzende. Der Petitionsausschuss ist der wichtigs te Ausschuss. Er hat Verfassungsrang.

(Vereinzelt Beifall)

Das, denke ich, sollten wir alle auch wissen. Die Bürgerbe auftragte ist weder eine Doppelstruktur noch eine Konkurrenz dazu, sondern eine sinnvolle Ergänzung, damit die Mitglieder des Petitionsausschusses – da kenne ich auch ganz viele, die darin waren und eine hervorragende Arbeit gemacht haben oder noch immer machen; Entschuldigung, natürlich noch im mer machen –

(Beifall der Abg. Andrea Bogner-Unden GRÜNE)

sich tatsächlich mit den Petitionen beschäftigen sollten, wo für sie nämlich zuständig sind. Das können sie dann, wenn im Vorfeld die kleineren, diejenigen, die einfacher abgeräumt werden können – – Und glauben Sie mir: Meine Erfahrung aus acht Jahren Arbeit als Petitionsausschussvorsitzende hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, dass die Abgeordneten sich mit Legislativeingaben beschäftigen können, auch mit großen Infrastrukturprojekten, und nicht mit der – Entschuldigung – abgerissenen Mauer im Hochwasserschutzgebiet. Das sind einfach die Dinge. Ich glaube, dass es diesem Haus sehr, sehr guttut, dass die Abgeordneten im Petitionsausschuss dieses scharfe Schwert der Legislative besser nutzen können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir erleben sehr oft, dass Menschen durch bürokratische Hür den eingeschüchtert sind oder sich einer gefühlten Übermacht hilflos ausgeliefert sehen. Deshalb sind wir sehr gespannt auf die Ergebnisse der Enquetekommission, deren Einsetzung Sie heute Nachmittag beschlossen haben.

Im Jahr 2020 – die Zahlen wurden hier auch genannt – hatten wir sehr viele Eingaben, wobei ich bitte noch einmal betonen möchte: Wir haben die Eingaben, die wir telefonisch bearbei ten konnten, zu Coronaregelungen usw., nicht in die Statistik aufgenommen, weil das einfach verwaltungstechnisch ein noch höherer Aufwand gewesen wäre. Wir haben sehr viel einfach per Mail oder per Telefon beantworten können. Da bei waren auch sehr viele Menschen, Herr Fraktionsvorsitzen der Gögel, die bestimmt eher in Ihre Richtung tendierten. Auch die haben wir ganz normal behandelt.

Herr Gögel, ich bin ein bisschen enttäuscht. Wir hatten so ein gutes Gespräch. Die Rede, die ich eben von Ihrem Abgeord netenkollegen gehört habe – das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen –, ist nicht Ausfluss dieses guten Gesprächs gewesen, das wir hatten – oder auch nicht –, oder der Zusammenarbeit, die ich z. B. mit dem Abgeordnetenkollegen Rottmann hatte. Aber das nur ganz kurz gesagt.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Bürgerbe auftragte, ich muss Sie trotzdem auch an die Redezeit erin nern.

Die Bürgerbeauftragte des Landes Baden-Württemberg Beate Böhlen: Bin ich jetzt schon darüber?

(Zuruf von der AfD: Sie sind ja gelobt worden!)

Zu dem Punkt Polizei danke ich Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie dazu noch einmal diese Initiative und die Koopera tion mit der Gewerkschaft angesprochen haben. Ich glaube, dass es sehr hilfreich ist, dass wir in diesem Bereich weiter kommen. Denn die Kritik ist hier tatsächlich, dass wir so we nige Zahlen haben. Aber wir gehen in die richtige Richtung.

Darf ich mich noch ganz kurz bedanken? Ich bedanke mich zunächst sehr bei meinem Team, bei meinem Stellvertreter und bei unserem Referenten. Das sind hervorragende Leis tungsträger. Sie haben unheimlich viel Arbeit geleistet. Des wegen – so denke ich – sind wir ihnen allen zu großem Dank verpflichtet. Und ich persönlich bedanke mich ganz, ganz herzlich.

Ihnen allen sage ich herzlichen Dank, vor allem auch den Kol leginnen und Kollegen, die zu uns gekommen sind. Herr Ba ron, ich freue mich, wenn Sie demnächst auch einmal vorbei kommen. Mit vielen anderen Kollegen von Ihnen habe ich ja schon gesprochen. Aber das wäre schön.

Ebenfalls danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien, der Regierungspräsidien, der Landratsämter, der Stadtkreisverwaltungen sowie der Landtagspräsidentin, der Landtagsdirektorin, den beiden Landtagsvizepräsidenten. Auch da ist die Zusammenarbeit wirklich ganz hervorragend.

Jetzt hoffe ich, dass ich das gut hinbekomme: Mein Team und ich bedanken uns und gedenken des Vordenkers und geistigen Vaters der Stelle der Bürgerbeauftragten, Uli Sckerl.

Danke.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Frau Bürgerbe auftragte, im Namen des Hauses sage ich vielen Dank für Ih re wertvolle Arbeit.

Wir haben keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, sodass wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Stän digen Ausschusses, Drucksache 17/1706, kommen. Der Stän dige Ausschuss empfiehlt Ihnen, von der Mitteilung der Bür gerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg Kenntnis zu nehmen. – Sie stimmen zu.

Damit ist Punkt 8 der Tagesordnung erledigt.

Meine Damen und Herren, wir sind jetzt auch am Ende der heutigen Tagesordnung angelangt.