Protocol of the Session on March 9, 2022

An dieser Stelle kann ich als Obmann der CDU-Landtagsfrak tion im Petitionsausschuss sagen, dass die Zusammenarbeit mit Ihnen sehr, sehr gut funktioniert, dass Sie in sehr engem Kontakt mit uns sind und sich auch sehr kollegial verhalten.

Wenn wir uns den Bericht und die Zahlen anschauen, dann se hen wir, dass wir im Jahr 2020 748 Eingaben hatten, im Jahr 2021 waren es 853. Im Bericht steht noch die Zahl mit Stand November; diese hat sich noch einmal erhöht. Wir sehen also eine zunehmende Zahl von Eingaben aus unterschiedlichen Bereichen: Ordnungsrecht, soziale Angelegenheiten, Bauen und Wohnen.

Sie beschreiben in Ihrem Bericht auch – da lohnt es sich auf jeden Fall für alle, die das noch nicht gemacht haben, einmal hineinzuschauen – konkrete Beispiele, Fallbeispiele. Diese führen Sie aus und legen genau dar, was Sie gemacht haben. So haben Sie sich z. B. bei einer Studentin eingeschaltet, bei deren Pkw Benzin oder irgendetwas – sie konnte es nicht ein schätzen – ausgelaufen ist und die die Feuerwehr gerufen hat. Deren Anliegen war, ihre Rechnung nicht zahlen zu müssen, die sich auf mehrere Hundert Euro belief, und Sie haben es hinbekommen, dass die Studentin die Rechnung letztlich nicht zahlen musste, sondern eine Spende an die Jugendfeuerwehr machen konnte. Denn sie hat diesen Einsatz, den sie eigent lich gar nicht wollte, einfach nicht verstanden. Man sieht: Auf sehr niederschwelligem Niveau können Sie sehr schnell hel fen.

Sie stärken auch das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürger und Polizei. Wir haben dies vorhin auch schon gehört. Wenn wir uns aber auch hier die Zahlen anschauen, dann fällt auf, dass Sie einmal nach innen, innerhalb der Polizei, aber auch nach außen, bei Problemen mit Polizistinnen und Poli zisten, wirken und dass die Zahlen auf einem sehr niedrigen Niveau sind. Im Jahr 2021 wurden nach innen sieben Fälle und nach außen 99 Fälle mitgeteilt. Man muss dazu aber auch sagen: Natürlich hat das Innenministerium diese Aufgabe auch sehr hoch und sehr wichtig adressiert. Die Landespolizeiprä sidentin, der Minister und der Staatssekretär nehmen sich die ser Aufgabe ebenfalls sehr stark an. Die Stärkung der Füh rungs- und Wertekultur in der Polizei Baden-Württemberg ist dem Innenministerium sehr wichtig. Vielleicht sind auch des halb die Zahlen dankenswerterweise bei Ihnen so gering.

Insgesamt können wir feststellen: Es gibt einen erfreulichen Anstieg der Zahlen insgesamt. Sie haben immer mehr zu tun. Wir haben daher im Haushalt 2022 die Zahl Ihrer Stellen auch noch einmal erhöht, sogar verdoppelt. Sie haben jetzt doppelt so viel Personal.

Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit, viel Erfolg bei der Beantwortung der vielen Fragen, und vielen Dank für die Zusammenarbeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Für die Fraktion der SPD erhält das Wort der Kollege Dr. Boris Weirauch.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte auch ich mich im Namen der gesamten SPD-Fraktion bei Ihnen, Frau Böhlen, und Ihrem gesamten Team für Ihre Arbeit und Ihren umfangreichen Tätigkeitsbericht bedanken.

Ziel des Landtags war es damals, eine unabhängige Ombuds funktion zu etablieren, an die sich Bürgerinnen und Bürger wenden können, wenn sie sich durch Maßnahmen von Behör den ungerechtfertigt belastet fühlen. Der Landtag als Gesetz geber hat der Bürgerbeauftragten eine Reihe von Rechten an die Hand gegeben. Beispielsweise kann sie sich über ein Akteneinsichtsrecht einen Überblick über den Fall und den Verfahrensgang verschaffen. Im besten Fall gelingt es auch, für die Betroffenen zufriedenstellende Lösungen herbeizufüh ren.

Darüber hinaus veranschaulicht der vorliegende Tätigkeitsbe richt durchaus auch, dass die Bürgerbeauftragte bereits da durch eine nicht zu unterschätzende Funktion wahrnimmt, dass sie Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern lediglich an die dafür zuständige Behörde platziert und dadurch im sprich wörtlichen Verwaltungsdschungel die Aufgabe einer Lotsin wahrnimmt. Das sollte man gerade auch in Anbetracht einer Pandemie nicht unterschätzen. Die erratische Coronapolitik der Landesregierung und das damit einhergehende Verord nungs- und Kommunikationschaos hat der Bürgerbeauftrag ten nachweislich zusätzliche Arbeit beschert.

Der Tätigkeitsbericht zeigt auch, dass es oftmals die vermeint lich kleinen Dinge sind, die den Menschen das Leben schwer machen und bei denen sie Hilfe benötigen. Es sind aber auch gravierende Situationen, wie etwa – das war für mich sehr ein drücklich – der Fall der gescheiterten Wiedereingliederung ei ner Frau in den Schuldienst nach ihrer Transition. Ich rechne es der Bürgerbeauftragten wirklich hoch an, dass sie dieser Frau zur Seite stand.

Ich finde es auch gut, dass die Art und Weise der Berichter stattung deutlich an Qualität hinzugewonnen hat und einen Fall wie den geschilderten zusätzlich aus profunder fachwis senschaftlicher Perspektive einordnet. Auch das fördert das politische, aber auch das gesamtgesellschaftliche Verständnis für menschliche Schicksale.

Der Fall der Lehrerin macht aber auch die Grenzen der Om budsfunktion der Bürgerbeauftragten deutlich: Im Ergebnis hat sich die Situation der Frau nicht verbessert. Sie wartet of fenkundig noch immer auf eine Unterstützung durch das zu ständige Regierungspräsidium. Dieses Beispiel macht deut lich, dass auch für die Bürgerbeauftragte die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Die Bürgerbeauftragte steht zudem – der Kollege Miller hat es schon gesagt; da machen wir uns nichts vor – schon von Gesetzes wegen in der Konkurrenz mit dem Zentralelement legislativer Hilfestellung: dem Petitionsrecht nach Artikel 17 des Grundgesetzes bzw. Artikel 35a der Landesverfassung. Aber im Gegensatz zur Bürgerbeauftragten hat der Petitions ausschuss des Landtags immerhin Verfassungsrang.

Es sind auch immer wieder Stimmen vernehmbar, die die Dopplung von Kompetenzen für überflüssig halten. Nicht zu letzt hat die Bürgerbeauftragte selbst – Frau Böhlen, das müs sen Sie sich auch zuschreiben – in ihrem Bericht 2019 das par lamentarische Petitionswesen als zeitaufwendig und teuer be zeichnet. Dem schließe ich mich ausdrücklich nicht an. Für uns, die SPD, ist klar, dass der Petitionsausschuss, besetzt mit gewählten Abgeordneten des Landtags, weiterhin eine heraus gehobene Stellung haben muss.

(Beifall bei der SPD)

Immerhin haben die Abgeordneten in der vergangenen Legis laturperiode – ich hatte die Ehre, einen Teil der Legislaturpe riode auch Mitglied des Petitionsausschusses zu sein – ca. 5 500 Petitionen bearbeitet und konnten in 20 % der Fälle zur Zufriedenheit der Petenten Abhilfe schaffen. Ich finde, das kann sich wirklich sehen lassen.

Vor diesem Hintergrund lehnen wir insbesondere die ange kündigte Erweiterung Ihrer Zuständigkeit auf den Bereich des

Strafvollzugs ab. Aus Ihrer Einlassung im Innenausschuss am 9. Februar 2022, es stünde so im grün-schwarzen Koalitions vertrag und die Ausgestaltung sei den Koalitionsfraktionen überlassen, können wir keine inhaltliche Notwendigkeit ab leiten, zumal diese Aufgabe bereits umfassend und mehr als kompetent von den vom Landtag gewählten Strafvollzugsbe auftragten der Fraktionen wahrgenommen wird.

Ähnliches gilt für die Federführung der Bürgerbeauftragten im Zusammenhang mit dem sogenannten runden Tisch „Ab schiebehaft“. Ein konzeptioneller Ansatz, warum sich gerade eine Bürgerbeauftragte mit einer Abschiebeeinrichtung be schäftigen soll, ist beim besten Willen nicht erkennbar. Ent weder trauen die Grünen ihrem Koalitionspartner gerade auf dem für die grüne Basis hochsensiblen Feld der Abschiebun gen nicht so richtig über den Weg, oder sie wollen dieses The ma mit Koalitionssprengpotenzial einfach auf die Bürgerbe auftragte outsourcen, weil man sich scheut, diese Debatte in nerhalb der Koalition zu führen.

Wir begrüßen es indes ausdrücklich, dass Sie im Austausch mit den Polizeigewerkschaften das Angebot rund um die Auf arbeitung der Vorwürfe der sexuellen Belästigung in der Po lizei erweitert haben. Uns, der SPD, war es von Anfang an ein wichtiges Anliegen, dass es für die Betroffenen ein nieder schwelliges Angebot und eine Anlaufstelle gibt, die unabhän gig ist. Diesbezüglich können wir auch Ihren Ärger, Frau Böh len, über das Innenministerium sehr gut nachvollziehen, dass die Polizeiangehörigen nicht von Beginn an auch auf Sie als unabhängige Anlaufstelle verwiesen worden sind, sondern le diglich auf die interne Meldestelle des Innenministeriums.

Unser Fazit nach fünf Jahren Bürgerbeauftragter, insbesonde re in den vergangenen zwei Jahren, lautet deshalb: Die SPDFraktion wird Ihre Arbeit weiterhin konstruktiv begleiten und Sie auch in Ihrer Arbeit unterstützen. Aber wir sehen keine Notwendigkeit, weitere Doppelstrukturen zu schaffen bzw. Ihr Tätigkeitsspektrum aus politischen Opportunitätsgründen und ohne nachvollziehbare Konzeption zu erweitern. Wir hoffen aber trotz der leisen Kritik

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Leise?)

auf eine weitere gute Zusammenarbeit mit Ihnen zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger des Landes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVPFraktion hat das Wort der Kollege Nico Weinmann.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Landtag und bei der Regierung ausreichend Gehör finden. Sie, liebe Frau Böhlen, zeigen sich dabei nach unserer Überzeugung sehr engagiert, was durchaus unseren Dank erweckt und auch Anerkennung findet. Deswegen ist es auch für uns nachvollziehbar, dass Sie versuchen, Ihr Amt weiter auszubauen und neue Aufgaben zu übernehmen.

Allerdings kann Ihr durchaus löbliches Engagement nicht da rüber hinwegtäuschen, dass das Amt der Bürgerbeauftragten

nach unserer Überzeugung eigentlich nicht notwendig ist. Denn angesichts von Doppelstrukturen werden prozentual nur ganz wenige Einzelfälle bearbeitet. Eine regelmäßige Erhö hung der Zahl der Stellen, die erforderlich wären, wenn das Amt in Ihrem Sinn allumfassend verstanden würde, ist aus un serer Sicht nicht zu rechtfertigen. Denn tatsächlich haben wir neben den zuvor genannten Strukturen, die Kollege Dr. Wei rauch angesprochen hat, bereits 154 Bürgerbeauftragte, näm lich die Abgeordneten selbst, die – sofern ich mir hier ein Vo tum erlauben darf – durchaus einen guten und bürgernahen Job leisten.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. An ton Baron AfD)

Herr Kollege Baron, wenn ich Sie gerade so reden höre, dann formuliere ich es so: die einen überwiegend guten Job leisten können.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Ach!)

Allein bei mir im Büro sind über 60 Anfragen oder Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern eingegangen, die allesamt be arbeitet wurden und – soweit ich dies aus der Rückkopplung vernommen habe – auch befriedigend einer Lösung zugeführt wurden. Das zeigt, dass hier von den Abgeordneten durchaus ein prima Job geleistet wird – ich weiß ja, dass dies auch bei anderen Kolleginnen und Kollegen entsprechend stattfindet.

Schließlich können sich die Bürgerinnen und Bürger auch je derzeit an den Petitionsausschuss des Landtags wenden.

Eine besondere Stellung käme der Bürgerbeauftragten als Po lizeibeauftragte zu. Insbesondere – das ist unsere Überzeu gung – innerhalb der Polizei braucht es dringend eine unab hängige Beschwerdestelle, wie nicht zuletzt der Vorfall um den Inspekteur der Polizei deutlich vor Augen geführt hat. Doch die Zahlen zeigen – das ist angesprochen worden –: Le diglich 3 % der Anliegen an die Bürgerbeauftragte im Jahr 2020 waren mit Polizeibezug; im Jahr 2021 waren es 7 %. Dies zeigt leider, dass gerade vonseiten der Polizei die Bür gerbeauftragte in der Vergangenheit eben nicht als die vertrau ensvolle Ansprechstelle wahrgenommen wurde.

Hier, sehr geehrte Frau Böhlen, gilt es, zum einen über die Rhetorik, aber zum anderen natürlich auch über verlässliche Kärrnerarbeit das Vertrauen der Polizei zu gewinnen. Dafür, aber auch für die weitere Arbeit wünsche ich Ihnen, auch im Namen der FDP/DVP-Fraktion, alles Gute und viel Erfolg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Für die AfDFraktion spricht Herr Abg. Anton Baron.

(Zuruf: Red Baron!)

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr ge ehrte Frau Böhlen, zunächst möchten wir uns bei Ihnen und

Ihrem gesamten Team für das wirklich gute Miteinander in der Urbanstraße bedanken, das immer durch Freundlichkeit und gegenseitigen Respekt geprägt ist.

(Beifall des Abg. Bernd Gögel AfD)

Wir schätzen zwar Ihr Engagement, dennoch halten wir Ihre Position für entbehrlich, und wir halten sie mit jeder neuen Stellenbewilligung, wie sie ja nun auch wieder angekündigt wurde, für noch entbehrlicher.

Die Begründungen liegen ja auf der Hand – Herr Weinmann hat es gerade schon vorgebracht –: Wir, die Abgeordneten, die wir tagtäglich mit den Nöten und Sorgen der Bürger konfron tiert sind, sind doch wirklich die wahren Bürgerbeauftragten von Baden-Württemberg.

(Beifall bei der AfD)

Ich erinnere hierbei sehr gern an die Worte der mit einem Restrückgrat gespickten CDU aus dem Jahr 2015, bevor diese zum Erfüllungsgehilfen der Grünen verkommen ist. Ich zitiere den damaligen Fraktionsvorsitzenden Hauk zum Gesetzentwurf zur Einrichtung des Bürgerbeauftragten:

Er zeichnet sich durch ein tiefgründiges Misstrauen ge genüber jedem Abgeordneten... aus, und dies betrifft auch die Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss.