Wir fahren im Tagesordnungspunkt fort. Nun komme ich zum Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU, Drucksache 17/8508, der vorschlägt, dem Antrag Drucksache 17/8344 der SPD-Fraktion einen Abschnitt II mit zehn Handlungsersuchen anzufügen. Ich stelle diesen Antrag insgesamt zur Abstimmung. – Sie sind damit einverstanden. Wer dem Antrag der beiden Regierungsfraktionen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstim men? – Danke schön. Enthaltungen? – Damit ist dieser Än derungsantrag mehrheitlich beschlossen worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir treten heute für einen kürzeren Zeitraum in die Mittagspause ein und treffen uns hier wieder um 14:30 Uhr zu Tagesordnungspunkt 4.
Ich darf Sie aber darauf hinweisen, dass sich jetzt die Mitglie der des Bildungsausschusses treffen, und zwar im EugenBolz-Saal. Ich schaue zur Vorsitzenden – im Eugen-Bolz-Saal, genau. Also für die Mitglieder des Bildungsausschusses kei ne Mittagspause, für alle anderen eine Stunde. Um 14:30 Uhr sind wir wieder hier. Ich unterbreche die Sitzung.
Liebe Kolleginnen und Kol legen! Wir haben wieder die Opposition gefunden und setzen unsere Sitzung fort.
Vielen Dank. – Herr Prä sident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Waffen gehören nicht in die Hände von Verfas sungsfeinden.
Wir müssen alles dafür tun, Verfassungsfeinden ihre Waffen zu entziehen, denn sie stellen eine große Bedrohung für die Bevölkerung, unsere Sicherheit und unsere Demokratie dar. Es ist notwendig, dass wir auf allen Ebenen wachsam sind und dass wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats konsequent ein schreiten.
Ich begrüße ganz ausdrücklich, dass die Entwaffnung von Ver fassungsfeinden von der Landesregierung, von den Sicher heitsbehörden und von den Waffenbehörden in Baden-Würt temberg als wichtige Daueraufgabe verstanden wird.
Vorhandene waffenrechtliche Erlaubnisse zu entziehen und bislang besessene Waffen einzuziehen, das ist zweifelsohne richtig und wichtig. Noch besser wäre es aber, diesen Men schen den Zugang zu Waffen und Munition effektiv zu ver wehren. Es darf gar nicht erst dazu kommen, dass Rechtsex tremisten, Reichsbürger und andere Verfassungsfeinde in den Besitz von Waffen kommen können. Dafür müssen Sicher heitslücken im Waffengesetz geschlossen werden; das muss der Bund zügig angehen. Auch hier ist diese Landesregierung sehr aktiv und wird auch eine neue Bundesregierung daran er innern, dass diese Aufgabe nach wie vor ungelöst ist.
Ich frage die Landesregierung: Wie viele Extremistinnen und Extremisten waren zum Stichtag 31. Dezember 2024 in Ba den-Württemberg im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaub nis? Wie verteilt sich die Gesamtzahl auf die einzelnen Phä nomenbereiche? Wie viele waffenrechtliche Erlaubnisse wur den im Jahr 2024 durch die Waffenbehörden in Baden-Würt temberg entzogen? Vor welchen Herausforderungen stehen die Sicherheits- und Waffenbehörden beim Entzug waffen rechtlicher Erlaubnisse von Extremistinnen und Extremisten?
Vielen Dank, Herr Abgeord neter. – Ich darf den Herrn Innenminister um die Beantwor tung der Fragen bitten.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Da men und Herren Abgeordnete! Oberstes Ziel ist es, dass Waf
fen nicht in den Besitz von unzuverlässigen Personen gelan gen. Insbesondere haben Waffen in den Händen von Verfas sungsfeinden nichts zu suchen. Hier stimme ich mit Herrn Abg. Hildenbrand wirklich zu 100 % überein.
Deswegen setzt das Innenministerium auch alles daran, sol chen Verfassungsfeinden den Zugang zu Waffen zu verweh ren. Das machen wir sehr konsequent. Das haben wir im Üb rigen sehr frühzeitig begonnen zu tun, und das machen wir, wenn Sie etwa den Blick auf die Bundesgesetzgebung rich ten, über die Innenministerkonferenz und auf andere Art und Weise, auch als bundespolitische Avantgarde. Daran können Sie erkennen, dass das ein Thema ist, das uns sehr, sehr wich tig ist.
Wir haben frühzeitig damit begonnen. Bereits im Jahr 2017 habe ich alle Waffenbehörden im Land angewiesen, an Extre misten keine waffenrechtlichen Erlaubnisse mehr zu erteilen und bereits erteilte Erlaubnisse konsequent zurückzunehmen. So konnten seit Anfang 2017 bis zum 31. Dezember 2024 ins gesamt 252 Extremisten 351 waffenrechtliche Erlaubnisse be standskräftig entzogen werden. Davon waren 619 erlaubnis pflichtige Schusswaffen umfasst.
Da hier vor allem Fachleute sitzen, weiß ich, dass ich das nicht zu erklären brauche. Da wir aber eine Öffentlichkeit haben, will ich kurz einen Satz dazu sagen. Eine waffenrechtliche Er laubnis kann durchaus die Erlaubnis für den Besitz mehrerer Schusswaffen beinhalten. Auf einer Waffenbesitzkarte können zwei, drei, vier, fünf Waffen eingetragen werden. Deswegen ist der Entzug einer solchen Erlaubnis nicht unbedingt gleich zusetzen mit der Zahl der Waffen, die dann eingezogen wer den. Das Letztere können mehr sein. In diesem Fall waren es 619 erlaubnispflichtige Schusswaffen.
Man kann natürlich sagen, das sei nicht arg viel, oder so. Ich bin völlig anderer Auffassung; denn jede Schusswaffe, jede Waffe, die wir einem Extremisten wegnehmen, ist zunächst einmal ein Sicherheitsgewinn in unserem Land.
Um die Entwaffnung von Extremisten noch effizienter voran zutreiben, hat das Innenministerium die waffenbezogenen Er hebungen im Zusammenhang mit Extremisten im vergange nen Jahr grundlegend überarbeitet. Obwohl wir hier sehr gut auch bundesweit unterwegs sind, wollen wir es immer noch mal besser machen. Die neue Datenerhebung ermöglicht ei nen breiteren und noch genaueren Überblick. Dadurch rücken die betroffenen Personen noch stärker in den Fokus.
Nach Rückmeldung der Waffenbehörden waren bis zum Stich tag 31. Dezember 2024 insgesamt 214 Extremisten im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis. Das ist eine zunächst groß und hoch erscheinende Zahl. Das hängt aber damit zusammen, dass wir durch die Neuaufstellung auch Personen in den Fo kus nehmen, die wir vorher so nicht im Fokus hatten, insbe sondere auch Personen – ich sage es jetzt mal mit meinen Wor ten – in den Fokus nehmen, von denen wir noch keine ge richtsfesten Erkenntnisse haben, um eine Waffe zu entziehen, aber andere Erkenntnisse. Deswegen konzentrieren wir uns auf diese Personen, auch wenn wir noch nicht unmittelbar so weit sind, ihnen gerichtsfest ihre Waffenbesitzerlaubnis zu nehmen und die Waffen entsprechend einzuziehen.
Nach Rückmeldung der Waffenbehörden waren zum Stichtag 31. Dezember 2024 214 Extremisten im Besitz einer waffen
rechtlichen Erlaubnis. Bei 25 dieser 214 Erlaubnisinhaber ist ein Widerrufsverfahren bereits eingeleitet worden. Bei weite ren 30 Erlaubnisinhabern ist ein Widerrufsverfahren in der Prüfung. Nach Einschätzung der Waffenbehörden reichen bei weiteren 64 Personen die Erkenntnisse derzeit noch nicht aus, um eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen. Bei 85 Erlaubnisinhabern liegen keine offenen gerichtsver wertbaren Erkenntnisse vor, und in zehn Fällen befindet sich die Erkenntnislage noch in der Prüfung.
Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass nach Mitteilung der Waffenbehörden 112 der 214 Erlaubnisinhaber ausschließlich über einen kleinen Waffenschein verfügen. Das ist der Waf fenschein, der zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen berechtigt. 100 Personen verfügen zumindest auch über eine Waffenbesitzkarte, welche zum Besitz von er laubnispflichtigen Schusswaffen berechtigt. Bei zwei Perso nen handelt es sich um sogenanntes Bewachungspersonal, welches über eine Waffenführungsberechtigung – das ist also das, was der Volksmund unter einem Waffenschein versteht – verfügt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Entwaffnung von Extremisten ist eine Daueraufgabe. Die Si cherheitsbehörden erhalten laufend neue Erkenntnisse zu Ex tremisten, die Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind oder eine solche begehren. Es ist also immer ein dynamischer Prozess; deswegen entwickeln sich auch die Zahlen ständig und unterliegen einer Veränderung. Die Waffen- und Sicher heitsbehörden stehen in einem intensiven Austausch, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Noch einmal: Jede Waffe, die wir entziehen, ist ein Mehr an Sicherheit, und die aktuelle Erhe bung macht deutlich, wie wichtig es ist, dass wir hier keinen Millimeter nachlassen. Das tun wir auch nicht. Wir setzen auch weiterhin alles daran, dass Extremisten nicht an Waffen gelangen und konsequent entwaffnet werden. Waffen haben in den Händen von Extremisten nichts, aber auch gar nichts zu suchen.
Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen Nachfragen vor. Zunächst Herr Abg. Hildenbrand von der Fraktion GRÜNE.
Vielen Dank, Herr Prä sident. – Vielen Dank auch an Sie, Herr Minister, für Ihre Ant worten. Wir sind tatsächlich gemeinsam der Auffassung: Waf fen haben in den Händen von Extremisten nichts verloren. Deshalb ist jede einzelne Waffe – wie Sie es gesagt haben –, die entzogen wird, ein Gewinn für die Sicherheit.
Ich habe zwei Nachfragen. Erstens: Sie haben deutlich ge macht, dass es aktuell 214 Verfassungsfeinde sind, die im Be sitz von waffenrechtlichen Erlaubnissen sind. Können Sie et was dazu sagen, wie sich diese 214 Personen auf die verschie denen extremistischen Phänomenbereiche verteilen?
Zweitens: Ich begrüße sehr dieses konsequente und zielge richtete Vorgehen von den Sicherheits- und Waffenbehörden hier in Baden-Württemberg, auch im Zusammenwirken. Ein ganz wichtiger Punkt ist aber aus meiner Sicht noch das The ma Sprengstoff. Ich weiß, dass Ihr Haus für dieses Thema
nicht zuständig ist; die Federführung liegt beim Umweltmi nisterium. Meine Frage ist aber, ob Sie im Kontext dieser stichtagsbezogenen Erhebungen zum Waffenbesitz von Ext remisten auch die Frage nach sprengstoffrechtlichen Erlaub nissen mit einbeziehen.
Vielen Dank, Herr Abg. Hildenbrand, für diese beiden Fragen, die wir Ihnen schriftlich beantworten müssen, weil ich das so aus der Hüfte heraus nicht sagen kann. Insbesondere beim zweiten Punkt kann ich nur vermuten, dass wir eine solche Abfrage machen, kann es Ihnen aber nicht de finitiv sagen. Deswegen nehmen Sie das Schriftliche als Ant wort.
Das gilt auch für Ihre zuerst gestellte Frage. Es gibt im Be reich des Rechtsextremismus, im Bereich der Delegitimierung des Staates in der Szene der Reichsbürger und Selbstverwal ter eine besonders hohe Waffenaffinität, eine besonders hohe Affinität zu Schuss- und auch Kriegswaffen. Das ist nach mei nem Eindruck der größere Teil, aber es gibt durchaus auch an dere extremistische Bereiche, bis hinein in den Linksextre mismus, wo diese Dinge – Waffen, Sprengstoff usw. – durch aus eine Rolle spielen. Es liegt also ein Schwerpunkt im Be reich Rechtsextremismus, Reichsbürger, Selbstverwalter – Phänomen: Delegitimierung des Staates. Die genauen Zahlen können wir Ihnen – ich sehe Kopfnicken – präzise und exakt schriftlich nachliefern.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, wenn wir darüber sprechen, dass Waffen nicht in die Hände von Extremisten gehören, betrifft das auf der ei nen Seite die Entwaffnung von bisherigen Legalwaffenbesit zern, die sich radikalisiert haben. Auf der anderen Seite ge hört aber natürlich genauso dazu, zu verhindern, dass Extre misten eine Waffenberechtigung erteilt wird.
Jetzt haben wir global gesehen gewisse Bewegungen. Sie ha ben es gerade schon angesprochen. Bei uns sind es die Reichs bürger, die Identitären, die Selbstverwalter. In den USA, wo diese Welle den Ausgang genommen hat, sind es die Proud Boys, die Oath Keepers und wie sie alle heißen, die sich auch alle in Richtung Miliz verstehen, wo eine solche Affinität vor handen ist.
Ich höre jetzt von meiner örtlichen Waffenbehörde, dass hier der Eindruck entsteht, dass hier gesteigerte Zahlen von Anträ gen vorliegen, dass solche Kreise versuchen, in Waffenbesitz zu kommen. Meine Frage ist, ob Sie das bestätigen können und wie die Waffenämter darauf reagieren, ob sie da mehr Per sonal benötigen, um das zu bearbeiten.
Vielen Dank, Herr Abg. Bückner. – Wenn wir eine Abfrage machen würden, ob die Waffenbehörden mehr Personal brauchen,
kann ich Ihnen die Antwort natürlich voraussagen. Selbstver ständlich würden die Waffenbehörden uns – im Übrigen auch mit guten Gründen – darlegen, dass sie mehr Personal benö tigen. Aber ich könnte Ihnen viele andere Bereiche nennen, bei denen das gleiche Ergebnis herauskäme, wenn man dort ähnliche Umfragen machen würde.
Ob es da eine Zunahme aus den von Ihnen angesprochenen Kreisen gibt, kann ich nicht beantworten. Vermutlich können wir es auch gar nicht beantworten, wie ich dem Kopfschüt teln der Mitarbeiter entnehme.